L 6 B 8/05 SF

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 11 SF 826/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 8/05 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Weicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuungunsten des Antragstellers von dem Kostenantrag nach § 128 Abs. 1 BRAGO ab, muss er die Gründe mit begründetem Beschluss mitteilen.

2. In Streitigkeiten über Leistungen der Pflegeversicherung nach den Pflegestufen ist grundsätzlich von einer erheblichen Bedeutung für den Betroffenen auszugehen.

3. Nimmt der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt ein "Teilanerkenntnis" an und erklärt den Rechtsstreit für erledigt, kommt eine Erhöhung der Gebühren nach § 116 Abs. 4 BRAGO nur in Betracht, wenn er ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung an den Tag gelegt hat. Dies muss aus der Sitzungsniederschrift oder den Akten ersichtlich sein. Die Fertigung der Klagebegründung und Stellungnahmen auf gerichtliche Anfragen reicht hierfür nicht aus (vgl. BVerwG vom 4. Oktober 1985 - Az.: 8 C 68/83, BayVGH vom 14. Februar 1996 - Az.: 26 B 91.1092 und vom 2. Mai 1990 - Az.: 23 C 90.1087).
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2. wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Dezember 2004 aufgehoben und die der Beschwerdeführerin zu 1. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 505,00 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2. zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. wird zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor der 11. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen (Az.: S 11 P 767/03) streitig, in dem die Klägerin Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch begehrte.

Deren Betreuerin erhob gegen den Widerspruchsbescheid der Pflegekasse bei der AOK – Die Gesundheitskasse in Thüringen vom 29. April 2003 beim Sozialgericht Klage. Am 17. Juni 2003 zeigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin deren Vertretung unter Vorlage einer Vollmacht an und beantragten Akteneinsicht. Am 15. August 2003 begründete Rechtsanwalt R. die Klage und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Am 18. August 2003 gingen beim Sozialgericht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und zusätzliche Unterlagen ein. Mit Schriftsätzen vom 20. Oktober und 5 Dezember 2003 sowie 2. Februar 2004 beantwortete die Beschwerdeführerin zu 1. Anfragen des Gerichts und bat unter dem 26. Februar 2004 um Bescheidung des PKH-Antrags. Mit Beschluss vom 1. März 2004 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin PKH ohne Ratenzahlung und ordnete die Beschwerdeführerin zu 1. bei.

Mit Verfügung vom 19. März 2004 erkannte die Beklagte mit "Teilanerkenntnis" Leistungen der Pflegestufe I ab 1. Februar 2003 und der Pflegestufe II ab 28. März 2003 an. Mit Schriftsatz vom 2. April 2004 nahm die Beschwerdeführerin zu 1. das Anerkenntnis für die Klägerin an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Am 26. April 2004 beantragte sie eine Kostenfestsetzung und -erstattung von 811,42 EUR (679,50 EUR nach § 116 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 BRAGO, 20,00 EUR nach § 26 BRAGO, 111,92 EUR nach § 25 Abs. 2 BRAGO). Mit Anweisung vom 3. Mai 2004 verfügte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Zahlung von 566,08 EUR. Auf dem Anweisungsformular kreuzte er folgenden Passus an: "Ein Abweichen von der Mittelgebühr ist hier nicht angezeigt, es handelt sich um ein durchschnittliches Verfahren". Eine Kopie des Formulars wurde Rechtsanwalt A. (Mitarbeiter der Kanzlei der Beschwerdeführerin zu 1.) mit Empfangsbekenntnis zugestellt.

Gegen die Festsetzung legte die Beschwerdeführerin zu 1. am 14. Mai 2004 "Beschwerde" ein und trug vor, der Rechtsstreit sei vergleichsweise beigelegt worden. Dies erhöhe den Gebührenrahmen. Angesichts der finanziellen Bedeutung der Angelegenheit (bereits angelaufene Rückstände aufgrund von Leistungen des Pflegedienstes) und der Auseinandersetzung mit ärztlichen Berichten sei eine über der Mittelgebühr liegende Gebühr berechtigt. Der Beschwerdeführer zu 2. hat mit Schriftsatz vom 10. Juni 2004 eingewandt, angesichts einer leicht überdurchschnittlichen Bedeutung der Sache und der weit unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse komme eine Gebühr von 468,00 EUR nach § 116 Abs. 1 und 4 BRAGO in Betracht.

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2004 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Rechtsstreit habe für die Klägerin des Hauptsacheverfahrens allenfalls eine leicht überdurchschnittliche Bedeutung gehabt. Mit der Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung bestreite diese in der Hauptsache nicht ihr Einkommen, da sie über eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monatlich 687,96 EUR verfüge. Erst wenn durch die Dauerrente das Einkommen in der Hauptsache bestritten werde, sei nach der Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts (Beschluss vom 14. März 2001 – Az.: L 6 B 3/01 SF) die Höchstgebühr angemessen. Die Einkommensverhältnisse der Klägerin seien unterdurchschnittlich.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin zu 1. Beschwerde eingelegt und auf die finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin durch die Inanspruchnahme des Pflegedienstes und die daraus resultierende erhebliche Bedeutung hingewiesen.

Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Dezember 2004 aufzuheben und die durch die Staatskasse zu zahlende Gebühr auf 811,42 EUR festzusetzen.

Der Beschwerdeführer zu 2. beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Dezember 2004 aufzuheben und die durch die Staatskasse zu zahlende Gebühr auf 393,82 EUR festzusetzen.

Nach seiner Ansicht war die anwaltliche Tätigkeit bzgl. Umfang und Schwierigkeit leicht unterdurchschnittlich. Eine Erhöhung der Mittelgebühr scheide aus, da kein Vergleich geschlossen worden sei.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 11. Februar 2005) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Vorsitzende hat die Beteiligten mit Verfügung vom 22. Februar 2005 u.a. darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für eine besondere Mitwirkung der Beschwerdeführerin zu 1. am Zustandekommen des Anerkenntnisses nicht ersichtlich seien.

II.

Die Beschwerden sind zulässig.

Mit seinem Antrag im Schriftsatz vom 24. März 2005 auf Verringerung der Vergütung (393,82 EUR gegenüber 566,08 EUR) hat der Beschwerdeführer zu 2. eine eigenständige zulässige Beschwerde eingelegt. Unerheblich ist, dass diese erst ca. drei Monate nach Zustellung des Beschlusses vom 18. Dezember 2004 eingelegt worden ist. Entgegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des Sozialgerichts existiert keine Beschwerdefrist, denn § 128 Abs. 4 Satz 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) verweist nicht auf § 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO, in dem für die Einlegung der Beschwerde bei einer Wertfestsetzung für Rechtsanwaltsgebühren eine Zwei-Wochen-Frist genannt ist (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2004 – Az.: L 6 B 41/04 SF, 23. Februar 2004 – Az.: L 6 B 54/03 SF, 17. Juli 2000 – Az.: L 6 B 27/00 SF, 26. August 1999 - Az.: L 6 B 44/99 SF und 19. November 1999 - Az.: L 6 B 47/99 SF; Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage 2003, § 128 BRAGO Rdnr. 48). Der relevante Beschwerdegegenstand übersteigt hier in beiden Fällen 50,00 EUR.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2. ist teilweise begründet, die der Beschwerdeführerin zu 1. ist unbegründet.

Die aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung wird nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BRAGO auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des Rechtszuges festgesetzt. Weicht die Entscheidung zuungunsten von dem Antrag ab, müssen die Gründe dem Antragsteller mit begründetem Beschluss mitgeteilt werden (vgl. von Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Auflage 2002, § 128 Rdnr. 13; Hartmann, a.a.O., § 128 Rdnr. 25). Die Zustellung der internen Bankanweisung an einen in derselben Kanzlei wie die Beschwerdeführerin zu 1. tätigen Rechtsanwalt war zwar verfahrensfehlerhaft und die Vorinstanz hätte den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur nachträglichen Begründung in der Nichtabhilfeentscheidung auffordern können. Weitere Konsequenzen haben die Fehler aber nicht. Aus der Ankreuzung des Zusatzes auf dem Formular konnte die Beschwerdeführerin zu 1. zumindest in Ansätzen die Gründe für die Kürzung erkennen.

Nach § 116 BRAGO i.d.F. bis 30. Juni 2004 erhält ein Rechtsanwalt in Verfahren vor dem Sozialgericht 50 bis 660 EUR (Absatz 1 Satz 1 Nr. 1) sowie in den Verfahren des Absatzes 1 keine besonderen Gebühren nach den §§ 23, 24 BRAGO (Absatz 4 Satz 1); die Höchstbeträge des Absatzes 1 erhöhen sich stattdessen um 50 v.H. (Absatz 4 Satz 2). Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält ein Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB -) fünfzehn Zehntel der vollen Gebühr (Vergleichsgebühr); er erhält die Vergleichsgebühr auch dann, wenn er nur bei den Vergleichsverhandlungen mitgewirkt hat, es sei denn, dass die Mitwirkung für den Abschluss des Vergleichs nicht ursächlich war (§ 23 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Erledigt sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes, erhält der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, nach § 24 BRAGO eine volle Gebühr.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisses des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten – oder sinngemäß von einem Vergütungsschuldner (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2003 – Az.: L 6 B 19/02 SF; LSG Schleswig-Holstein vom 13. Februar 1995 – Az.: L 1 SK 1/92 in: Breithaupt 1995, 738, 739) – zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO).

Die rechtmäßige Festsetzung der Gebühren ist häufig schwierig. Die sinnvolle Festlegung eines bestimmten Betrags im Einzelfall (und ggf. die Feststellung der Unbilligkeit) wird jedoch durch die vom Gesetzgeber vorgegebenen festen Anhaltspunkte (Mindest-, Mittel- und Höchstgebühr) sowie den von weiten Teilen der Rechtsprechung und Literatur akzeptierten Toleranzrahmen von bis zu 20 v.H. ermöglicht (vgl. u.a. BSG vom 26. Februar 1992 – Az.: 9a RVs 3/90, nach juris; Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 2004 – Az.: L 6 B 25/04 SF, 23. Februar 2004, a.a.O., 8. Februar 2000 – Az: L 6 B 71/99 SF und 21. April 1999 – Az: L 6 B 59/98 SF; Madert in Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, a.a.O., § 12 Rdnr. 9).

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls war die von der Beschwerdeführerin zu 1. beantragte Gebühr (566,06 EUR) unbillig im Sinne des § 12 Abs. 1 BRAGO. Sie übersteigt die angemessene Gebühr um mehr als 20 v.H.

Schon ein einziger Umstand im Sinne des § 12 BRAGO kann ein Abweichen von der Mittelgebühr rechtfertigen. Eine Automatik besteht nicht. Grundsätzlich kann ein im Einzelfall besonders ins Gewicht fallendes Kriterium die relevanten übrigen Umstände kompensierend zurückdrängen (sog. Kompensationstheorie; vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2000 – Az.: L 6 B 47/00 SF, 17. Juli 2000, a.a.O., 17. Mai 1999 – Az.: L 6 B 34/98 SF in: E-LSG B-139).

Der Senat hält angesichts der Umstände des Falls eine Erhöhung der (nach dem Einigungsvertrag i.V.m. § 1 der Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung vom 15. April 1996 (BGBl. I S. 604)) um 10 v.H. gekürzten Mittelgebühr um 30 v.H. für angemessen (355,00 EUR /. 35,50 EUR = 319,50 EUR + 95,85 EUR = 415,35 EUR).

Die Mittelgebühr ist in ausgesprochenen Normalfällen ohne Besonderheiten und ohne Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit und bei durchschnittlichen Vermögensverhältnissen des Klägers, für die regelmäßig drei volle Gebühren anfallen, zu erstatten (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2000, a.a.O. und vom 21. April 1999, a.a.O.; LSG Schleswig-Holstein vom 13. Februar 1995, a.a.O.; Hartmann, a.a.O., § 116 BRAGO Rdnr. 7). Hier hatte der Rechtsstreit für die Klägerin aber eine überdurchschnittliche Bedeutung. Relevant sind hierfür neben dem unmittelbaren Ziel der anwaltlichen Tätigkeit auch weitere Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers oder seine Stellung im öffentlichen Leben, sein Ansehen, seinen Namen und die rechtliche und tatsächliche Klärung für andere Fälle (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2000, a.a.O., 26. August 1999 - Az.: L 6 B 44/99 SF; Madert in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 12 Rdnr. 11). In Streitigkeiten über Leistungen der Pflegeversicherung nach den Pflegestufen ist grundsätzlich von einer erheblichen Bedeutung für den Betroffenen auszugehen, denn es handelt sich um zusätzliche und beim Einkommen nicht zu berücksichtigende Dauerleistungen. Gründe für eine unterschiedliche Behandlung gegenüber Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, bei denen der Senat dies bereits mehrfach bejaht hat (vgl. u.a Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2000, a.a.O., 20. April 2000 - Az.: L 6 B 12/99 SF in JurBüro 2000, 79, 80 und 20. April 1999 - Az.: L 6 B 38/98 SF), sind nicht ersichtlich.

Nachdem die Beschwerdeführerin nicht die Erstattung der Höchstgebühr begehrt hatte, kommt es nicht darauf an, ob durch diese Leistungen das Einkommen in der Hauptsache bestritten wird. Im Übrigen hat der Senat diese Forderung niemals aufgestellt. Er hat lediglich entschieden, dass (jedenfalls) in Fällen der Dauerrente eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung anzunehmen ist, wenn durch sie das Einkommen in der Hauptsache bestritten wird (vgl. u.a. Beschlüsse vom 12. Juli 2004, a.a.O., 14. März 2001 – Az.: L 6 B 3/01 SF in: MDR 2002, 606 = NJ 2002, 278 = NZS 2002, 49 = JurBüro 2002, 420 und 6. Oktober 2000, a.a.O.). Daraus kann eine notwendige Voraussetzung für alle Fälle nicht hergeleitet werden.

Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit waren hier als (noch) durchschnittlich einzuschätzen. Abzustellen ist auf die Tätigkeit ab Einreichung des vollständigen PKH-Antrags (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juli 2004 – Az.: L 6 B 25/04 SF) am 18. August 2003. In dieser Zeit fertigte die Beschwerdeführerin zu 1. vier – teilweise recht kurze - Schriftsätze. Hierfür waren ein eingehendes Aktenstudium und die Einarbeitung in medizinische Fragen notwendig. Einen Termin vor dem Sozialgericht musste sie nicht wahrnehmen.

Die bei der Gewährung von PKH grundsätzlich schlechten Einkommensverhältnisse rechtfertigen allein nicht, nur die Mittelgebühr zu erstatten. Grundsätzlich können zwar bessere wirtschaftliche Verhältnisse eine höhere Vergütung und schlechtere wirtschaftliche Verhältnisse eine Mäßigung der Gebühr begründen (vgl. Madert in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 12 Rdnr. 14), eine automatische und schematische Reduzierung in jedem Fall entspricht aber nicht dem Sinn des Gesetzes (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2000, a.a.O., 26. April 1999 - Az.: L 6 B 17/98 SF und 20. April 1999 - Az.: L 6 B 38/98 SF). Das "billige Ermessen" verpflichtet grundsätzlich dazu, alle Umstände zu berücksichtigen. Anderenfalls könnte ein Rechtsanwalt bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe selbst in außergewöhnlich komplizierten Fällen nie den Höchstsatz erhalten.

Entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und der Vorinstanz kommt eine Erhöhung der Gebühr nach § 116 Abs. 4 BRAGO nicht in Betracht. Das Hauptsacheverfahren wurde nicht durch einen materiell-rechtlichen Vergleich (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB -) erledigt (§ 23 BRAGO). Vielmehr erklärte die Beschwerdeführerin zu 1. nach Abgabe des "Teilanerkenntnisses" der Beklagten den Rechtsstreit für erledigt. In dem damit vorliegenden Fall des § 24 BRAGO wird von der herrschenden Meinung verlangt, dass der Rechtsanwalt ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung an den Tag legt (vgl. BSG vom 22. Februar 1993 – Az.: 14b/4 Reg 12/91 m.w.N., nach juris; von Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 24 Rdnr. 7), was aus der Sitzungsniederschrift oder den Akten ersichtlich sein muss (vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2001 - Az.: L 6 B 2/01 SF, a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall. Die Fertigung der Klagebegründung und der Stellungnahmen auf gerichtliche Anfragen war keine "Mitwirkung an der Erledigung" in diesem Sinne (h.M., vgl. BVerwG vom 4. Oktober 1985 – Az.: 8 C 68/83, BayVGH vom 14. Februar 1996 – Az.: 26 B 91.1092 und vom 2. Mai 1990 – Az.: 23 C 90.1087, alle nach juris; a.M. vgl. Zusammenfassung bei von Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 24 Rdnr. 7). Diese Tätigkeiten werden mit der Gebühr nach § 116 Abs. 1 BRAGO abgegolten.

Zusätzlich zu erstatten sind die Postgebühren nach § 26 BRAGO und die Mehrwertsteuer nach § 25 BRAGO.

Damit werden folgende Kosten erstattet: Rechtsanwaltsgebühren nach § 116 Abs. 1 BRAGO 415,35 EUR Auslagen 20,00 EUR 435,35 EUR MWSt 69,65 EUR Insgesamt 505,00 EUR

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 128 Abs. 4 Satz 3 BRAGO).
Rechtskraft
Aus
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