Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 272/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Klägers, den Kassenanteil für eine eingegliederte Oberkieferversorgung zurückzuerstatten.
Der Kläger ist als Zahnarzt in L-O niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Ausweislich eines Heil- und Kostenplanes vom 27.03.2002 gliederte er am 30.05.2002 bei dem bei der Beigeladenen Versicherten T, geb. 00.00.1938, eine Brücke 23 - 25 ein. Unter dem 08.11.2002 reichte er bei der Beigeladenen erneut einen Heil- und Kostenplan für eine Versorgung der Zähne 22 - 26 ein, nachdem er am 16.08.2002 den Brückenpfeiler 23 extrahiert hatte. Die Beigeladene veranlasste daraufhin eine Planungsbegutachtung durch G, L, der in seinem Gutachten vom 14.11.2002 den Behandlungsplan nicht befürwortete. Zur Begründung führte er aus, der Brückenpfeiler 23 sei zeitnah nach Neuanfertigung aus zahnmedizinisch nicht nachvollziehbaren Gründen extrahiert worden. Ausgangsröntgenaufnahmen seien nicht angefertigt worden. Die Neuplanung könne aus statischen Gründen und wegen fehlender Röntgenaufnahmen nicht befürwortet werden. Nachdem der Gutachter selbst Röntgenaufnahmen gefertigt hatte, befürwortete er unter dem 22.11.2002 mit Einschränkung ("Zahn 27: tiefe distale Karies") den Behandlungsplan.
Die Beigeladene wandte sich daraufhin an die Beklagte und machte einen Schadensersatzanspruch in Höhe des Kassenanteils für die am 30.05.2002 eingegliederte Brücke geltend. Der Kläger, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, führte hierzu aus, er habe den Zahn 23 auf dringendes Verlangen des Patienten extrahiert, da dieser eine ähnliche Situation auf der rechten Seite schon einmal erlebt habe und den Zahn 13 mit gleicher Symptomatik in einer anderen Praxis als Notfall habe entfernen lassen müssen. Mit diesem Erlebnis habe der Patient keine andere eventuell zeit-intensivere Behandlung erdulden wollen, auch eine Wurzelbehandlung sei für ihn nicht in Frage gekommen. Aus welchen Gründen sich 2 ½ Monate nach Eingliederung der Brücke eine derart heftige Schmerzsituation ergeben habe, die sich zudem noch innerhalb von 2 Tagen entwickelt habe, sei ihm unerklärlich.
Mit Rückforderungsbescheid vom 19.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2004 forderte die Beklagte den von dem Kläger abgerechneten Kassenanteil in Höhe von 569,03 EUR für die mit Heil- und Kostenplan am 30.05.2002 eingegliederte Brücke 23 - 25 zurück. Die Brücke sei bereits 2 ½ Monate nach Eingliederung - innerhalb des Gewährleistungszeitraumes des § 136b Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) (a.F. § 135 Abs. 4 SGB V) - von dem Kläger entfernt worden, weil der Brückenpfeiler 23 von ihm extrahiert worden sei. Eine medizinische Indikation, warum die Extraktion erforderlich geworden sei, werde in keiner seiner Stellungnahmen aufgeführt. Vielmehr führe er aus, dass in seinem Medizinverständnis Wurzelbehandlungen obsolet und für ihn nicht vertretbar seien. Die Extraktion sei seinen Ausführungen zufolge zudem ausschließlich auf Wunsch des Patienten erfolgt. Der Wunsch des Patienten könne jedoch nicht Grundlage einer medizinischen Entscheidung sein. Im Übrigen wurde auf die Darlegungen des Gutachters Bezug genommen. Dass die eingegliederte Brücke innerhalb der Gewährleistungspflicht erneuert werden müsse, liege somit im Verantwortungsbereich des behandelnden Zahnarztes.
Hiergegen richtet sich die am 23.07.2004 erhobene Klage.
Der Kläger trägt vor, die Ursache für die Schmerzen des Versicherten während der Behandlung sei in einer nicht vorhersehbaren und unvermeidbaren pulpitischen Reizung durch Schleifung zu sehen. Das Risiko einer solchen pulpitischen Reizung sei durch Röntgenaufnahmen nicht abzuklären. Selbst wenn eine Wurzelbehandlung indiziert gewesen wäre, sei sie im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gegen dessen Wunsch nicht möglich gewesen. Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 19.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und wirft dem Kläger zahlreiche Verstöße gegen die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vor. Es sei nicht davon auszugehen, dass die erkrankte Pulpa für eine endodontische und chirurgische Therapie nicht zugänglich gewesen sei. Auch die Trepanation des Zahnes sei nicht in Erwägung gezogen worden.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese nicht rechtswidrig sind.
Die Beklagte hat den Kläger zu Recht zur Rückzahlung des Kassenanteils für die am 30.05.2002 bei dem Versicherten T eingegliederte Brücke 23 - 25 verpflichtet.
Gemäß § 136b Abs. 2 Sätze 3, 4 SGB V übernimmt der Zahnarzt für die Versorgung mit Zahnersatz eine zweijährige Gewähr. Die Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz einschließlich Zahnkronen sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die am 30.05.2002 eingegliederte Brücke 23 - 25 war am bereits am 16.08.2002 funktionsuntüchtig geworden, nachdem der Kläger den Brückenpfeiler 23 extrahiert hatte.
Der im Gesetz verwendete Terminus "Gewähr" lässt darauf schließen, dass der Zahnarzt nicht für die Dauer von zwei Jahren eine Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie (vgl. § 443 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) n.F.) übernimmt, sondern der Mangel des Zahnersatzes bereits bei Eingliederung vorhanden gewesen sein muss (vgl. §§ 640, 634, 633 BGB). Ein solcher Mangel lag nach den Regeln des Anscheinsbeweises im Zeitpunkt der Eingliederung der Brücke 23 - 25 am 30.05.2002 vor.
Der Anscheinsbeweis greift beweiserleichternd bei typischen Geschehensabläufen ein, und zwar in den Fällen, in denen ein gewisser Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist (BGH NVZ 1993, 225; BGH VersR 1985, 369; BGH NJW 1985, 1775). Wenn ein Zahnarzt bereits 2 ½ Monate nach Eingliederung einer Brücke einen der Pfeilerzähne extrahiert, so dass eine vollständig neue Versorgung notwendig wird, spricht dies nach der Lebenserfahrung dafür, dass die Indikation für eine Brücke mit dem extrahierten Zahn als Pfeiler nicht vorgelegen hat. Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht zu Fall gebracht.
Der Kläger hat jedenfalls die Bestimmungen der Ziffer II. 13 der Zahnersatz-Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen mißachtet. Danach ergibt sich die Indikation für die Versorgung mit Brücken aus dem klinischen und röntgenologischen Befund der zu überkronenden Zähne einschließlich ihrer Parodontalgewebe und aus statischen und funktionellen Gesichtspunkten. Diese Richtlinien binden den Vertragszahnarzt und präzisieren zugleich den Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber den Versicherten (st. Rspr. des BSG, vgl. BSGE 78, 70, 75 ff; 81, 54, 59 ff.; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 6). Die Beachtung und Einhaltung der Vorschriften der Zahnersatz-Richtlinien ist dabei nicht nur im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot von Bedeutung, sondern vor allem auch im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung (BayLSG, Urteil vom 28.11.2001 - L 12 KA 509/99 -). Wegen der entgegen den zwingenden Bestimmungen der Richtlinien unterlassenen Anfertigung der Röntgenaufnahmen bleibt der Kläger beweisfällig für seine Behauptung, die Extraktion des Pfeilerzahnes 23 sei aufgrund einer für ihn nicht vorhersehbaren und röntgenologisch nicht nachweisbaren pulpitischen Reizung erforderlich geworden.
Die Therapiefreiheit des Zahnarztes und der Wunsch des Patienten stellen keinen rechtlichen Grund dar, sich über die zwingenden Bestimmungen der Richtlinien hinwegzusetzen. Die Richtlinien konkretisieren das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V), nach dem der Versicherte allein Anspruch auf eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung hat, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Wünscht der Versicherte - wie hier - eine Leistung, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht, indem er endodontische und chirurgische Therapien, eine Trepanation und ggf. Wurzelbehandlung ablehnt, sondern allein die Extraktion des Pfeilerzahnes begehrt und dadurch eine vollständige Neuversorgung erforderlich macht, so hat er die Kosten hierfür selbst aufzubringen. Die Solidargemeinschaft der Versicherten hat hierfür nicht einzustehen, denn die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Verfassungsgut, das die Individualinteressen einzelner Versicherter auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen insoweit überwiegt (BVerfG, zuletzt Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - m.w.N.).
Ergibt sich somit die streitige Rückforderung bereits aus § 136b Abs. 2 SGB V, so bedarf es keiner Darlegungen mehr dazu, ob die Rückforderung auch aus dem Gesichtspunkt einer öffentlich-rechtlichen Schadensersatzpflicht des Vertragszahnarztes im Verhältnis zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung, die sich auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) stützt, begründet ist (vgl. dazu BSG, zuletzt Urteile vom 28.04.2004 - B 6 KA 63/03 R - und - B 6 KA 64/03 R - m.w.N.; zur dogmatischen Herleitung eines solchen Anspruchs im Sinne eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Einzelnen BSG SozR 3-5555 § 12 Nr. 1 m.w. N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-Änderungsgesetzes sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Klägers, den Kassenanteil für eine eingegliederte Oberkieferversorgung zurückzuerstatten.
Der Kläger ist als Zahnarzt in L-O niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Ausweislich eines Heil- und Kostenplanes vom 27.03.2002 gliederte er am 30.05.2002 bei dem bei der Beigeladenen Versicherten T, geb. 00.00.1938, eine Brücke 23 - 25 ein. Unter dem 08.11.2002 reichte er bei der Beigeladenen erneut einen Heil- und Kostenplan für eine Versorgung der Zähne 22 - 26 ein, nachdem er am 16.08.2002 den Brückenpfeiler 23 extrahiert hatte. Die Beigeladene veranlasste daraufhin eine Planungsbegutachtung durch G, L, der in seinem Gutachten vom 14.11.2002 den Behandlungsplan nicht befürwortete. Zur Begründung führte er aus, der Brückenpfeiler 23 sei zeitnah nach Neuanfertigung aus zahnmedizinisch nicht nachvollziehbaren Gründen extrahiert worden. Ausgangsröntgenaufnahmen seien nicht angefertigt worden. Die Neuplanung könne aus statischen Gründen und wegen fehlender Röntgenaufnahmen nicht befürwortet werden. Nachdem der Gutachter selbst Röntgenaufnahmen gefertigt hatte, befürwortete er unter dem 22.11.2002 mit Einschränkung ("Zahn 27: tiefe distale Karies") den Behandlungsplan.
Die Beigeladene wandte sich daraufhin an die Beklagte und machte einen Schadensersatzanspruch in Höhe des Kassenanteils für die am 30.05.2002 eingegliederte Brücke geltend. Der Kläger, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, führte hierzu aus, er habe den Zahn 23 auf dringendes Verlangen des Patienten extrahiert, da dieser eine ähnliche Situation auf der rechten Seite schon einmal erlebt habe und den Zahn 13 mit gleicher Symptomatik in einer anderen Praxis als Notfall habe entfernen lassen müssen. Mit diesem Erlebnis habe der Patient keine andere eventuell zeit-intensivere Behandlung erdulden wollen, auch eine Wurzelbehandlung sei für ihn nicht in Frage gekommen. Aus welchen Gründen sich 2 ½ Monate nach Eingliederung der Brücke eine derart heftige Schmerzsituation ergeben habe, die sich zudem noch innerhalb von 2 Tagen entwickelt habe, sei ihm unerklärlich.
Mit Rückforderungsbescheid vom 19.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2004 forderte die Beklagte den von dem Kläger abgerechneten Kassenanteil in Höhe von 569,03 EUR für die mit Heil- und Kostenplan am 30.05.2002 eingegliederte Brücke 23 - 25 zurück. Die Brücke sei bereits 2 ½ Monate nach Eingliederung - innerhalb des Gewährleistungszeitraumes des § 136b Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) (a.F. § 135 Abs. 4 SGB V) - von dem Kläger entfernt worden, weil der Brückenpfeiler 23 von ihm extrahiert worden sei. Eine medizinische Indikation, warum die Extraktion erforderlich geworden sei, werde in keiner seiner Stellungnahmen aufgeführt. Vielmehr führe er aus, dass in seinem Medizinverständnis Wurzelbehandlungen obsolet und für ihn nicht vertretbar seien. Die Extraktion sei seinen Ausführungen zufolge zudem ausschließlich auf Wunsch des Patienten erfolgt. Der Wunsch des Patienten könne jedoch nicht Grundlage einer medizinischen Entscheidung sein. Im Übrigen wurde auf die Darlegungen des Gutachters Bezug genommen. Dass die eingegliederte Brücke innerhalb der Gewährleistungspflicht erneuert werden müsse, liege somit im Verantwortungsbereich des behandelnden Zahnarztes.
Hiergegen richtet sich die am 23.07.2004 erhobene Klage.
Der Kläger trägt vor, die Ursache für die Schmerzen des Versicherten während der Behandlung sei in einer nicht vorhersehbaren und unvermeidbaren pulpitischen Reizung durch Schleifung zu sehen. Das Risiko einer solchen pulpitischen Reizung sei durch Röntgenaufnahmen nicht abzuklären. Selbst wenn eine Wurzelbehandlung indiziert gewesen wäre, sei sie im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gegen dessen Wunsch nicht möglich gewesen. Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 19.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und wirft dem Kläger zahlreiche Verstöße gegen die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vor. Es sei nicht davon auszugehen, dass die erkrankte Pulpa für eine endodontische und chirurgische Therapie nicht zugänglich gewesen sei. Auch die Trepanation des Zahnes sei nicht in Erwägung gezogen worden.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese nicht rechtswidrig sind.
Die Beklagte hat den Kläger zu Recht zur Rückzahlung des Kassenanteils für die am 30.05.2002 bei dem Versicherten T eingegliederte Brücke 23 - 25 verpflichtet.
Gemäß § 136b Abs. 2 Sätze 3, 4 SGB V übernimmt der Zahnarzt für die Versorgung mit Zahnersatz eine zweijährige Gewähr. Die Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz einschließlich Zahnkronen sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die am 30.05.2002 eingegliederte Brücke 23 - 25 war am bereits am 16.08.2002 funktionsuntüchtig geworden, nachdem der Kläger den Brückenpfeiler 23 extrahiert hatte.
Der im Gesetz verwendete Terminus "Gewähr" lässt darauf schließen, dass der Zahnarzt nicht für die Dauer von zwei Jahren eine Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie (vgl. § 443 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) n.F.) übernimmt, sondern der Mangel des Zahnersatzes bereits bei Eingliederung vorhanden gewesen sein muss (vgl. §§ 640, 634, 633 BGB). Ein solcher Mangel lag nach den Regeln des Anscheinsbeweises im Zeitpunkt der Eingliederung der Brücke 23 - 25 am 30.05.2002 vor.
Der Anscheinsbeweis greift beweiserleichternd bei typischen Geschehensabläufen ein, und zwar in den Fällen, in denen ein gewisser Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist (BGH NVZ 1993, 225; BGH VersR 1985, 369; BGH NJW 1985, 1775). Wenn ein Zahnarzt bereits 2 ½ Monate nach Eingliederung einer Brücke einen der Pfeilerzähne extrahiert, so dass eine vollständig neue Versorgung notwendig wird, spricht dies nach der Lebenserfahrung dafür, dass die Indikation für eine Brücke mit dem extrahierten Zahn als Pfeiler nicht vorgelegen hat. Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht zu Fall gebracht.
Der Kläger hat jedenfalls die Bestimmungen der Ziffer II. 13 der Zahnersatz-Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen mißachtet. Danach ergibt sich die Indikation für die Versorgung mit Brücken aus dem klinischen und röntgenologischen Befund der zu überkronenden Zähne einschließlich ihrer Parodontalgewebe und aus statischen und funktionellen Gesichtspunkten. Diese Richtlinien binden den Vertragszahnarzt und präzisieren zugleich den Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber den Versicherten (st. Rspr. des BSG, vgl. BSGE 78, 70, 75 ff; 81, 54, 59 ff.; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 6). Die Beachtung und Einhaltung der Vorschriften der Zahnersatz-Richtlinien ist dabei nicht nur im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot von Bedeutung, sondern vor allem auch im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung (BayLSG, Urteil vom 28.11.2001 - L 12 KA 509/99 -). Wegen der entgegen den zwingenden Bestimmungen der Richtlinien unterlassenen Anfertigung der Röntgenaufnahmen bleibt der Kläger beweisfällig für seine Behauptung, die Extraktion des Pfeilerzahnes 23 sei aufgrund einer für ihn nicht vorhersehbaren und röntgenologisch nicht nachweisbaren pulpitischen Reizung erforderlich geworden.
Die Therapiefreiheit des Zahnarztes und der Wunsch des Patienten stellen keinen rechtlichen Grund dar, sich über die zwingenden Bestimmungen der Richtlinien hinwegzusetzen. Die Richtlinien konkretisieren das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V), nach dem der Versicherte allein Anspruch auf eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung hat, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Wünscht der Versicherte - wie hier - eine Leistung, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht, indem er endodontische und chirurgische Therapien, eine Trepanation und ggf. Wurzelbehandlung ablehnt, sondern allein die Extraktion des Pfeilerzahnes begehrt und dadurch eine vollständige Neuversorgung erforderlich macht, so hat er die Kosten hierfür selbst aufzubringen. Die Solidargemeinschaft der Versicherten hat hierfür nicht einzustehen, denn die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Verfassungsgut, das die Individualinteressen einzelner Versicherter auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen insoweit überwiegt (BVerfG, zuletzt Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - m.w.N.).
Ergibt sich somit die streitige Rückforderung bereits aus § 136b Abs. 2 SGB V, so bedarf es keiner Darlegungen mehr dazu, ob die Rückforderung auch aus dem Gesichtspunkt einer öffentlich-rechtlichen Schadensersatzpflicht des Vertragszahnarztes im Verhältnis zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung, die sich auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) stützt, begründet ist (vgl. dazu BSG, zuletzt Urteile vom 28.04.2004 - B 6 KA 63/03 R - und - B 6 KA 64/03 R - m.w.N.; zur dogmatischen Herleitung eines solchen Anspruchs im Sinne eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Einzelnen BSG SozR 3-5555 § 12 Nr. 1 m.w. N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-Änderungsgesetzes sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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