S 2 KA 167/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 167/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KA 11/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 16/07 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Vergütung für ambulante Notfallbehandlungen im Krankenhaus für das Quartal 4/96.

Die Klägerin ist ein Krankenhaus, welches ambulante Notfallbehandlungen für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen erbrachte. Mit Quartalskonto/Abrechnungsbescheid für das Quartal 4/96 vom 23.04.1997 vergütete die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 50.325,27 DM. Der Bescheid schloss mit dem Satz: "Gegen diesen Abrechnungsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Zugang schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle Widerspruch einlegen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Bezirksstelle 47057 Duisburg, Mülheimer Straße 66".

Mit Schreiben vom 28.05.1997, gerichtet an die Bezirksstelle Duisburg der Beklagten und dort eingegangen am 04.06.1997, legte die Klägerin Widerspruch gegen den Abrechnungsteil der im Krankenhaus erbrachten Notfallbehandlungen ein. Die Vergütung für diese Leistungen habe im Primärkassenbereich 74,99 % und im Ersatzkassenbereich 82,85 % des Bewertungsmaßstabes für Ärzte betragen. Gemäß dem seit 01.01.1994 geltenden Vertrag seien bei der Honorierung indes 90 v.H. der für niedergelassene Vertragsärzte geltenden Vergütungssätze zugrunde zu legen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2002 wies der Vorstand der Beklagten den Widerspruch wegen Verfristung zurück, da der Widerspruch erst nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist eingegangen sei:

Hiergegen richtet sich die am 10.04.2002 zum Aktenzeichen S 00 KA 00/00 erhobene Klage. Der Rechtsstreit ist nach Ruhendstellung des Verfahrens und Auflösung der 17. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 0 KA 000/00 fortgesetzt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, für die Einlegung des Widerspruchs müsse die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gelten, da die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig sei. Sie enthalte den Zusatz: "Zur Niederschrift der Geschäftsstelle", der objektiv unrichtig sei, da eine Geschäftsstelle bei der Bezirksstelle nicht bestanden habe. Die Klägerin wäre daher nicht in der Lage gewesen, entsprechend dem Ausweis in der Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch bei der Beklagten einzulegen. Des Weiteren erschwere dieser Ausweis die Möglichkeit der Einlegung zur Niederschrift, da insoweit nicht auf die "Gesamtbehörde" abgestellt werde, sondern auf die Geschäftsstelle. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei nach der Rechtsprechung unrichtig, wenn eine Einschränkung auf eine Abteilung der Behörde erfolge. Gleiches gelte für Ämter, Referate, aber auch für die Geschäftsstelle. In der Sache selbst hält die Klägerin einen Neuvergütungsanspruch aus dem dreiseitigen Vertrag vom 07.01.1994 für begründet.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23. April 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 die Beklagte zu verurteilen, aus der Erbringung ambulanter Notfallbehandlungen für das Quartal IV/1996 der Klägerin unter Zugrundelegung der Punktwerte für den Primärkassenbereich in Höhe von 6,1644 Pf. und für den Ersatzkassenbereich in Höhe von 7,2293 Pf. zusätzlich 1.909,39 EUR (nachrichtlich: 3.734,45 DM) zu vergüten und zu zahlen und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, den Widerspruch zurecht als unzulässig zurückgewiesen zu haben. Die in der Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber § 84 Abs. 1 SGG ergänzte Formulierung "zur Niederschrift der Geschäftsstelle" werde nicht im Zusammenhang mit der Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen sei, verwendet, sondern allein im Zusammenhang mit der Form der Einlegung. Insoweit handele es sich um eine zulässige Ergänzung, zumal sie in Bezug auf die Form der Einlegung in keiner Weise irreführend sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Die Kammer hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie durch Gerichtsbescheid zu entscheiden beabsichtige.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da diese nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2002 den Widerspruch der Klägerin zurecht zurückgewiesen, da dieser verfristet ist.

Gemäß § 84 Abs. 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Als bekannt gegeben gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches übermittelt wird, mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 37 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren (SGB X)).

Danach galt der Abrechnungsbescheid vom 23.04.1997 als am 26.04.1997 zugegangen. Dass er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, hat die Klägerin nicht behauptet. Der Widerspruch hätte damit spätestens am 26.05.1997 (einem Montag) bei der Beklagten eingehen müssen. Tatsächlich ist er jedoch erst am 04.06.1997 eingegangen.

Die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG findet vorliegend keine Anwendung. Die den Abrechnungsbescheid vom 23.04.1997 abschließende Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig erteilt worden.

Der notwendige Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung ergibt sich aus § 66 Abs. 1 SGG. Danach ist der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich zu belehren. Diese Voraussetzungen erfüllt die streitige Rechtsbehelfsbelehrung. Sie belehrt über den Rechtsbehelf (Widerspruch), die Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist (Bezirksstelle), den Sitz (Duisburg mit konkreter Straßenanschrift) und die einzuhaltende Frist (innerhalb eines Monats).

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht deshalb unrichtig oder irreführend, weil bei der Bezirksstelle Duisburg keine "Geschäftsstelle" eingerichtet war. Die Formulierung "schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle" bezeichnet lediglich die Form, in welcher der Widerspruch eingelegt werden kann, nämlich schriftlich, d.h. durch Übersendung eines in Papierform verkörperten Widerspruchs, oder mündlich, d.h. durch verbale Äußerung, die in einer Stelle niedergeschrieben wird, die bei der Bezirksstelle Duisburg (d.h. der Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist) vorgehalten wird. Ob sich diese Stelle in Anlehnung an die bei den Sozialgerichten eingerichtete Geschäftsstelle (§ 4 SGG) ebenfalls "Geschäftsstelle" nennt oder ob sie eine andere Bezeichnung führt, ist ohne Belang. Denn jedenfalls ist unbestritten bei der Bezirksstelle Duisburg der Beklagten eine Stelle vorhanden gewesen, bei der ein Widerspruch hätte mündlich vorgetragen und niedergeschrieben werden können.

Eine Einengung der Möglichkeit zur Einlegung des Widerspruchs besteht in der Formulierung "zur Niederschrift der Geschäftsstelle" nicht. Eine solche Einengung wird zwar dann in Betracht kommen, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung aufgibt, den Widerspruch bei konkret bezeichneten Abteilungen, Ämtern, Referaten etc. einer Behörde, also den konkret sachbearbeitenden Stellen, einzulegen. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die streitige Rechtsbehelfsbelehrung gibt nicht auf, den Widerspruch bei der für die "Durchführung der Honorarverteilung" (vgl. § 10 Abs. 4 b lit. bf der seinerzeit geltenden Satzung der Beklagten) zuständigen Stelle einzulegen, also bei derjenigen Organisationseinheit, die den Widerspruch sachlich bearbeitet. Vielmehr beschreibt der Begriff "Geschäftsstelle" lediglich eine Stelle, in der - unabhängig von den einzelnen Abteilungen, in denen die der Bezirksstelle obliegenden Aufgaben erledigt werden - mündliche Widerspruchserklärungen entgegengenommen und niedergeschrieben werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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