Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AS 70/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 35/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 16.08.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Klägerin und Herrn B. im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005.
Die 1966 geborene Klägerin beantragte am 27.10.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In diesem Antrag benannte sie in der Rubrik "II. Persönliche Verhältnisse" Herrn B. und kreuzte die beiden Zeilen "Partner in eheähnlicher Gemeinschaft" und "nicht dauernd getrennt lebender Lebenspartner" an. Weiter ergibt sich aus dem Antrag, dass sie mit Herrn B. ein gemeinsames Kind hat, nämlich die 2003 geborene V. B. , geborene G. , die mit im gemeinsamen Haushalt lebt. Unter der Rubrik "III. Persönliche Verhältnisse der mit der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden weiteren Personen" ist Herr B. wiederum als "Partner!", geschieden seit März 2001 angeführt. Beigefügt war dem Antrag eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und Herrn B. vom 23.10.2004, wonach die Klägerin die Hälfte der vertraglichen Miete an Herrn B. sowie die Hälfte aller anfallenden Unkosten bezahle. Der ebenfalls beigefügte Mietvertrag vom 28.07.2004 wurde zwischen Herrn B. und den Vermietern über eine Sechszimmerwohnung mit einer Küche, einem Bad, einer Toilette mit Dusche, einem Balkon und einem Kellerraum, insgesamt mit einer Wohnfläche von 110 qm geschlossen. Das Mietverhältnis begann am 01.10.2004.
Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Herrn B. wurde eine betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum 01.08.2004 bis 31.08.2004 vorgelegt. Danach errechnete sich ein Überschuss in Höhe von 4.720,42 EUR aus seinem Betrieb. Bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.08.2004 ergab sich ein Jahresüberschuss in Höhe von 27.013,40 EUR.
Hinsichtlich der Unterhaltsleistungen für die gemeinsame Tochter V. B. besteht eine Vereinbarung vom 23.10.2004, wonach Herr B. ab Oktober 2003 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 147,00 EUR als Unterhalt an die Klägerin bezahlt.
Mit Bescheid vom 30.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 ab. Sie sei nach den von ihr nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 05.01.2005 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 zurückwies. Bei der Bedarfsberechnung sei das Einkommen von Herrn B. zu berücksichtigen, weil vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen sei. Herr B. habe am 28.07.2004 zum 01.10.2004 eine Sechszimmerwohnung mit einer Nettomiete von 600,00 EUR monatlich angemietet. Am 23.10.2004 habe er mit der Klägerin eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Klägerin die Hälfte der vertraglichen Miete und Nebenkosten an ihn zu bezahlen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Klägerin bereits bekannt gewesen, dass die Arbeitslosenhilfe bis zum 31.12.2004 befristet gewesen sei und dass sie ab dem 01.01.2005 auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sei. Über die Höhe dieser Leistungen habe sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen Bescheid erhalten, da sie ihren Antrag erst am 04.11.2004 abgegeben habe. Es sei daher davon auszugehen, dass sie darauf vertraut habe, Herr B. werde sie unterhalten.
Mit Schriftsatz vom 07.04.2005 erhob die Klägerin hiergegen Klage. Sie lebe mit Herrn B. nur in einer Zweckgemeinschaft. Bei Ausfüllung des Leistungsantrages sei ihr der Unterschied zur eheähnlichen Gemeinschaft nicht klar gewesen. Herr B. habe die Partnerschaft zwischen ihnen während der Schwangerschaft beendet und sie hätten erst wieder Kontakt seit Mai 2004. Sie habe auch das alleinige Sorgerecht für ihre Tochter und die Betreuung erfolge ausschließlich durch sie. Sie habe sich beim Arbeitsamt mehrmals mündlich erkundigt, wie die Angelegenheit für sie aussehe. Es habe geheißen, wenn sich an den vorliegenden Tatsachen nichts Gravierendes ändere, würde sie wohl mit einer Zahlung - wie bisher - rechnen können. Auf Grund dieser Aussage habe sie sich zu dem Umzug entschlossen. Bis dahin hätte jeder eine eigene Wohnung gehabt. In Zukunft werde das Einkommen der Firma des Herrn B. niedriger ausfallen. Nachdem Herr B. zurzeit die ganze Miete, Heizkosten usw. alleine bestreiten müsse, könne er nicht auch noch Unterhalt für V. bezahlen, da er seinen finanziellen Verpflichtungen nur in Höhe seines Einkommens nachkommen könne.
Die Beklagte trug dagegen vor, es lasse sich nicht mehr feststellen, welche Auskünfte die Klägerin bezüglich des SGB II erhalten habe. Hätte sie seinerzeit angegeben, sie ziehe mit dem Vater ihrer Tochter zusammen, hätte sie mit Sicherheit die Auskunft erhalten, dass sie ungefähr die gleichen Leistungen wie bei der Arbeitslosenhilfe erhalten werde. Die Klägerin könne nach § 1615 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Unterhalt für sich nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes vom Kindsvater verlangen. Dieser Anspruch sei vorrangig vor den Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin brachte in Erwiderung dazu unter dem 23.05.2005 vor, sie habe selbstverständlich angegeben, dass sie mit Herrn B. in eine Wohnung ziehe. Da sie eine gemeinsame Tochter hätten, hätten sie es für richtig gehalten, diese auch soweit wie möglich zusammen aufzuziehen, ohne offizielle Besuchsregelung und Umgangsrecht. Herr B. sei als Berufskurierfahrer teilweise zwölf Stunden und mehr unterwegs und sehe eben dann bei Gelegenheit, sehr unregelmäßig allerdings, bei seinem Kind vorbei.
Nach Aufforderung des Gerichts legte die Klägerin eine neue betriebswirtschaftliche Auswertung hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn B. vor. Daraus ergibt sich für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 ein Jahresüberschuss von 8.301,69 EUR.
Daraufhin erließ die Beklagte den zum Gegenstand des Klageverfahrens erklärten Änderungsbescheid vom 22.07.2005, in dem sie erneut den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 29.10.2004 ablehnte. Mit weiterem mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und zwischenzeitlich bestandkräftig gewordenen Bescheid vom 22.07.2005 lehnte die Beklagte auf erneuten Antrag der Klägerin vom 01.07.2005 Leistungen ab 01.07.2005 ab.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2005 wies das SG die Klage ab. Es liege eine eheähnliche Gemeinschaft gemäß § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II vor. Die Klägerin sei mit Herrn B. zusammengezogen, um das gemeinsame Kind aufzuziehen. Die zusätzlichen Erwägungen, Kosten zu ersparen, sprächen deshalb nicht gegen das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft habe zwischen den Beteiligten bereits in der Vergangenheit bestanden. Die Beklagte habe deshalb das Einkommen von Herrn B. zutreffend herangezogen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe versehentlich das Antragsformular falsch ausgefüllt. Sie habe die zwei Kreuzchen auch nicht in den zugehörigen Kästchen sondern hinter der Zeile gemacht. Sie empfinde es als Unverschämtheit, wenn ihr unterstellt werde, dass sie über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herrn B. bestens informiert sei. Sie habe keinerlei Zugang zu dessen Unterlagen. Die Beziehung zu Herrn B. sei schon immer eine Zweckgemeinschaft gewesen. Sinn und Art der Gemeinschaft liege in ihrem persönlichen Ermessen. Wie und warum sie so lebe, sei ganz allein ihre Sache. Herr B. habe bereits eine Scheidung mit Kind hinter sich und wisse deshalb, welche Probleme das mit sich bringe. Seinem zweiten Kind habe er dies ersparen wollen und sie hätten deshalb versucht, ohne juristische Schritte und Besuchs- und Umgangsrecht, Jugendamt etc. eine andere, für alle Beteiligten annehmbare Lösung zu finden. Nachdem sie große gesundheitliche Probleme habe, sei ihr das eine echte Hilfe. Das Zusammenziehen habe auch den Zweck, ohne Besuchs- und Umgangsrecht die gemeinsame Tochter aufwachsen zu sehen. Ab dem 01.08.2005 habe sie zusätzlich einen Neffen in die Wohnung aufgenommen. Auch er werde dauerhaft in der Wohnung wohnen. Nachdem im Haus demnächst eine Wohnung frei werde, werde Herr B. zum 01.01.2006 die andere Wohnung beziehen. Es handle sich dann um eine separate Wohnung mit eigenem Eingang. Es bestehe auch keine Verbindungstür. Sie werde deshalb ab Januar 2006 mit ihrer Tochter und ihrem Neffen allein die bisherige Wohnung benutzen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 16.08.2005, den Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 22.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, ohne dabei vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich auf die bisherigen Ausführungen berufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der hier angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 und der Änderungsbescheid vom 22.07.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist der von der Klägerin gegenüber der Beklagten weiterhin geltend gemachte Anspruch, ihr Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Einkommens von Herrn B. zu bewilligen. Dieser Anspruch umfasst den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005. Eine solche zeitliche Eingrenzung des geltend gemachten Leistungsanspruches ergibt sich im Falle der Leistungsgewährung aus dem im Bescheid genannten Bewilligungszeitraum (vgl. dazu § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II). Im Falle der Leistungsversagung ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes der gesetzlich vorgesehene Bewilligungszeitraum (= Soll-Vorschrift) nicht ohne weiteres maßgebend (vgl. dazu BSG vom 25.05.2005 Az: B 11a/AL 73/04 R, zur Arbeitslosenhilfe). Die Klägerin hat hier aber für den Zeitraum ab dem 01.07.2005 am 01.07.2005 einen neuen Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II gestellt, der wiederum verbeschieden worden ist; auf Grund des neuen Antrags endet der frühere und beginnt ein neuer - nicht streitgegeständlicher - Zeitraum. Der weitere Bescheid vom 22.07.2005 für den Bewilligungszeitraum ab dem 01.07.2005 ist mithin nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden, da er den vorausgegangenen Bescheid weder ändert, ersetzt noch ergänzt.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 22.07.2005 sind rechtsfehlerfrei ergangen.
Die Beklagte konnte bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgehen, dass die Klägerin mit Herrn B. in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst.b SGB II und damit in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs 3 SGB II lebt. Sie hat deshalb zu Recht bei der Berechnung der Leistungen, die sie an die Klägerin zu erbringen hat, gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II das Einkommen des Herrn B. mit herangezogen.
Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Bust b SGB II).
Der Begriff der eheählichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.
Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitsuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherig Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.
Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).
Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER)- Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts (BSG) eine Orientierung an den Vorschriften des BGB an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 Nr 15). Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.
Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.
Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.
Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 87, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.
Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des Erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).
Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Leistungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.
Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).
Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19 a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40).
Ob im Einzelfall ("non liquet") hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breith 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.
Denn wendet man die vorstehenden Überlegungen hier an, kommt man auf Grund der Gesamtwürdigung aller Hinweistatsachen ohne weiteres zur Feststellung, dass zwischen der Klägerin und Herrn B. im streitgegenständlichen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft bestand.
Nach dem Vortrag der Klägerin soll ihr Zusammenleben beiden Elternteilen die Möglichkeit einräumen, das gemeinsame Kind aufwachsen zu sehen, ohne dass es eines besonderen Besuchs- oder Umgangsrechtes bedarf. Dieses Zusammenleben war im Bewilligungszeitraum auf Dauer angelegt, auch wenn Herr B. beabsichtigt, des Leistungsbezuges wegen ab dem 01.01.2006 eine eigene Wohnung im selben Haus anzumieten. Auch die Größe der ab dem 01.10.2004 von Herrn B. angemieteten Wohnung deutet darauf hin, dass er von Anfang an mit der Klägerin und seinem Kind zusammenleben wollte und will. Die Klägerin beteiligte sich im Bewilligungszeitraum an den Miet- und sonstigen Kosten zur Hälfte. Im Gegenzug besteht eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und Herrn B. vom 23.10.2004, wonach dieser einen finanziellen Unterhaltsbeitrag für seine Tochter leistet. Der Senat schließt hieraus auf eine gegenseitige Einstehensgemeinschaft.
Der fehlende gemeinsame Abschluss eines Mietvertrages steht der eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen. Ebenso ist es gleichgültig, dass Herr B. berufsbedingt teilweise zwölf Stunden täglich oder mehr unterwegs ist und sich so nur unregelmäßig um sein Kind kümmern kann. Ebenso wenig sprechen die Intentionen des Herrn B. nach seiner Scheidung, sein Umgangsrecht mit seinem weiteren Kind nicht durch das Jugendamt regeln zu lassen, nicht gegen eine eheähnliche Gemeinschaft.
Die Angaben der Klägerin im Antragsformular runden vor diesem Hintergrund das Bild nur noch ab. Dass sie die entsprechenden Kreuze nicht in dem dafür vorgesehenen Kästchen, sondern hinter den Eintragungen "Partner in eheähnlicher Gemeinschaft" und "nicht dauernd getrennt lebender Lebenspartner" gemacht hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Klägerin hat den Sachverhalt in ihrer Laiensphäre im Ergebnis zutreffend gewürdigt.
Da die Bedarfs- und die Einkommensberechnungen jedenfalls nach dem Änderungsbescheid vom 22.07.2005 nicht mehr beanstandet werden und insoweit auch keine Fehler ersichtlich sind, kann die Klage keinen Erfolg haben.
Da der Senat darüberhinaus auch keine durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Bedarfsgemeinschaften hat, ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, eine Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Klägerin und Herrn B. im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005.
Die 1966 geborene Klägerin beantragte am 27.10.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In diesem Antrag benannte sie in der Rubrik "II. Persönliche Verhältnisse" Herrn B. und kreuzte die beiden Zeilen "Partner in eheähnlicher Gemeinschaft" und "nicht dauernd getrennt lebender Lebenspartner" an. Weiter ergibt sich aus dem Antrag, dass sie mit Herrn B. ein gemeinsames Kind hat, nämlich die 2003 geborene V. B. , geborene G. , die mit im gemeinsamen Haushalt lebt. Unter der Rubrik "III. Persönliche Verhältnisse der mit der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden weiteren Personen" ist Herr B. wiederum als "Partner!", geschieden seit März 2001 angeführt. Beigefügt war dem Antrag eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und Herrn B. vom 23.10.2004, wonach die Klägerin die Hälfte der vertraglichen Miete an Herrn B. sowie die Hälfte aller anfallenden Unkosten bezahle. Der ebenfalls beigefügte Mietvertrag vom 28.07.2004 wurde zwischen Herrn B. und den Vermietern über eine Sechszimmerwohnung mit einer Küche, einem Bad, einer Toilette mit Dusche, einem Balkon und einem Kellerraum, insgesamt mit einer Wohnfläche von 110 qm geschlossen. Das Mietverhältnis begann am 01.10.2004.
Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Herrn B. wurde eine betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum 01.08.2004 bis 31.08.2004 vorgelegt. Danach errechnete sich ein Überschuss in Höhe von 4.720,42 EUR aus seinem Betrieb. Bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.08.2004 ergab sich ein Jahresüberschuss in Höhe von 27.013,40 EUR.
Hinsichtlich der Unterhaltsleistungen für die gemeinsame Tochter V. B. besteht eine Vereinbarung vom 23.10.2004, wonach Herr B. ab Oktober 2003 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 147,00 EUR als Unterhalt an die Klägerin bezahlt.
Mit Bescheid vom 30.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 ab. Sie sei nach den von ihr nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 05.01.2005 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 zurückwies. Bei der Bedarfsberechnung sei das Einkommen von Herrn B. zu berücksichtigen, weil vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen sei. Herr B. habe am 28.07.2004 zum 01.10.2004 eine Sechszimmerwohnung mit einer Nettomiete von 600,00 EUR monatlich angemietet. Am 23.10.2004 habe er mit der Klägerin eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Klägerin die Hälfte der vertraglichen Miete und Nebenkosten an ihn zu bezahlen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Klägerin bereits bekannt gewesen, dass die Arbeitslosenhilfe bis zum 31.12.2004 befristet gewesen sei und dass sie ab dem 01.01.2005 auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sei. Über die Höhe dieser Leistungen habe sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen Bescheid erhalten, da sie ihren Antrag erst am 04.11.2004 abgegeben habe. Es sei daher davon auszugehen, dass sie darauf vertraut habe, Herr B. werde sie unterhalten.
Mit Schriftsatz vom 07.04.2005 erhob die Klägerin hiergegen Klage. Sie lebe mit Herrn B. nur in einer Zweckgemeinschaft. Bei Ausfüllung des Leistungsantrages sei ihr der Unterschied zur eheähnlichen Gemeinschaft nicht klar gewesen. Herr B. habe die Partnerschaft zwischen ihnen während der Schwangerschaft beendet und sie hätten erst wieder Kontakt seit Mai 2004. Sie habe auch das alleinige Sorgerecht für ihre Tochter und die Betreuung erfolge ausschließlich durch sie. Sie habe sich beim Arbeitsamt mehrmals mündlich erkundigt, wie die Angelegenheit für sie aussehe. Es habe geheißen, wenn sich an den vorliegenden Tatsachen nichts Gravierendes ändere, würde sie wohl mit einer Zahlung - wie bisher - rechnen können. Auf Grund dieser Aussage habe sie sich zu dem Umzug entschlossen. Bis dahin hätte jeder eine eigene Wohnung gehabt. In Zukunft werde das Einkommen der Firma des Herrn B. niedriger ausfallen. Nachdem Herr B. zurzeit die ganze Miete, Heizkosten usw. alleine bestreiten müsse, könne er nicht auch noch Unterhalt für V. bezahlen, da er seinen finanziellen Verpflichtungen nur in Höhe seines Einkommens nachkommen könne.
Die Beklagte trug dagegen vor, es lasse sich nicht mehr feststellen, welche Auskünfte die Klägerin bezüglich des SGB II erhalten habe. Hätte sie seinerzeit angegeben, sie ziehe mit dem Vater ihrer Tochter zusammen, hätte sie mit Sicherheit die Auskunft erhalten, dass sie ungefähr die gleichen Leistungen wie bei der Arbeitslosenhilfe erhalten werde. Die Klägerin könne nach § 1615 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Unterhalt für sich nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes vom Kindsvater verlangen. Dieser Anspruch sei vorrangig vor den Leistungen nach dem SGB II.
Die Klägerin brachte in Erwiderung dazu unter dem 23.05.2005 vor, sie habe selbstverständlich angegeben, dass sie mit Herrn B. in eine Wohnung ziehe. Da sie eine gemeinsame Tochter hätten, hätten sie es für richtig gehalten, diese auch soweit wie möglich zusammen aufzuziehen, ohne offizielle Besuchsregelung und Umgangsrecht. Herr B. sei als Berufskurierfahrer teilweise zwölf Stunden und mehr unterwegs und sehe eben dann bei Gelegenheit, sehr unregelmäßig allerdings, bei seinem Kind vorbei.
Nach Aufforderung des Gerichts legte die Klägerin eine neue betriebswirtschaftliche Auswertung hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn B. vor. Daraus ergibt sich für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 ein Jahresüberschuss von 8.301,69 EUR.
Daraufhin erließ die Beklagte den zum Gegenstand des Klageverfahrens erklärten Änderungsbescheid vom 22.07.2005, in dem sie erneut den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 29.10.2004 ablehnte. Mit weiterem mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und zwischenzeitlich bestandkräftig gewordenen Bescheid vom 22.07.2005 lehnte die Beklagte auf erneuten Antrag der Klägerin vom 01.07.2005 Leistungen ab 01.07.2005 ab.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2005 wies das SG die Klage ab. Es liege eine eheähnliche Gemeinschaft gemäß § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II vor. Die Klägerin sei mit Herrn B. zusammengezogen, um das gemeinsame Kind aufzuziehen. Die zusätzlichen Erwägungen, Kosten zu ersparen, sprächen deshalb nicht gegen das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft habe zwischen den Beteiligten bereits in der Vergangenheit bestanden. Die Beklagte habe deshalb das Einkommen von Herrn B. zutreffend herangezogen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe versehentlich das Antragsformular falsch ausgefüllt. Sie habe die zwei Kreuzchen auch nicht in den zugehörigen Kästchen sondern hinter der Zeile gemacht. Sie empfinde es als Unverschämtheit, wenn ihr unterstellt werde, dass sie über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herrn B. bestens informiert sei. Sie habe keinerlei Zugang zu dessen Unterlagen. Die Beziehung zu Herrn B. sei schon immer eine Zweckgemeinschaft gewesen. Sinn und Art der Gemeinschaft liege in ihrem persönlichen Ermessen. Wie und warum sie so lebe, sei ganz allein ihre Sache. Herr B. habe bereits eine Scheidung mit Kind hinter sich und wisse deshalb, welche Probleme das mit sich bringe. Seinem zweiten Kind habe er dies ersparen wollen und sie hätten deshalb versucht, ohne juristische Schritte und Besuchs- und Umgangsrecht, Jugendamt etc. eine andere, für alle Beteiligten annehmbare Lösung zu finden. Nachdem sie große gesundheitliche Probleme habe, sei ihr das eine echte Hilfe. Das Zusammenziehen habe auch den Zweck, ohne Besuchs- und Umgangsrecht die gemeinsame Tochter aufwachsen zu sehen. Ab dem 01.08.2005 habe sie zusätzlich einen Neffen in die Wohnung aufgenommen. Auch er werde dauerhaft in der Wohnung wohnen. Nachdem im Haus demnächst eine Wohnung frei werde, werde Herr B. zum 01.01.2006 die andere Wohnung beziehen. Es handle sich dann um eine separate Wohnung mit eigenem Eingang. Es bestehe auch keine Verbindungstür. Sie werde deshalb ab Januar 2006 mit ihrer Tochter und ihrem Neffen allein die bisherige Wohnung benutzen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 16.08.2005, den Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 22.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, ohne dabei vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich auf die bisherigen Ausführungen berufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der hier angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 und der Änderungsbescheid vom 22.07.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist der von der Klägerin gegenüber der Beklagten weiterhin geltend gemachte Anspruch, ihr Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Einkommens von Herrn B. zu bewilligen. Dieser Anspruch umfasst den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005. Eine solche zeitliche Eingrenzung des geltend gemachten Leistungsanspruches ergibt sich im Falle der Leistungsgewährung aus dem im Bescheid genannten Bewilligungszeitraum (vgl. dazu § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II). Im Falle der Leistungsversagung ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes der gesetzlich vorgesehene Bewilligungszeitraum (= Soll-Vorschrift) nicht ohne weiteres maßgebend (vgl. dazu BSG vom 25.05.2005 Az: B 11a/AL 73/04 R, zur Arbeitslosenhilfe). Die Klägerin hat hier aber für den Zeitraum ab dem 01.07.2005 am 01.07.2005 einen neuen Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II gestellt, der wiederum verbeschieden worden ist; auf Grund des neuen Antrags endet der frühere und beginnt ein neuer - nicht streitgegeständlicher - Zeitraum. Der weitere Bescheid vom 22.07.2005 für den Bewilligungszeitraum ab dem 01.07.2005 ist mithin nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden, da er den vorausgegangenen Bescheid weder ändert, ersetzt noch ergänzt.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 22.07.2005 sind rechtsfehlerfrei ergangen.
Die Beklagte konnte bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgehen, dass die Klägerin mit Herrn B. in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst.b SGB II und damit in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs 3 SGB II lebt. Sie hat deshalb zu Recht bei der Berechnung der Leistungen, die sie an die Klägerin zu erbringen hat, gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II das Einkommen des Herrn B. mit herangezogen.
Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Bust b SGB II).
Der Begriff der eheählichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.
Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitsuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherig Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.
Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).
Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER)- Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts (BSG) eine Orientierung an den Vorschriften des BGB an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 Nr 15). Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.
Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.
Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.
Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 87, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.
Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des Erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).
Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Leistungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.
Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).
Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19 a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40).
Ob im Einzelfall ("non liquet") hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breith 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.
Denn wendet man die vorstehenden Überlegungen hier an, kommt man auf Grund der Gesamtwürdigung aller Hinweistatsachen ohne weiteres zur Feststellung, dass zwischen der Klägerin und Herrn B. im streitgegenständlichen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft bestand.
Nach dem Vortrag der Klägerin soll ihr Zusammenleben beiden Elternteilen die Möglichkeit einräumen, das gemeinsame Kind aufwachsen zu sehen, ohne dass es eines besonderen Besuchs- oder Umgangsrechtes bedarf. Dieses Zusammenleben war im Bewilligungszeitraum auf Dauer angelegt, auch wenn Herr B. beabsichtigt, des Leistungsbezuges wegen ab dem 01.01.2006 eine eigene Wohnung im selben Haus anzumieten. Auch die Größe der ab dem 01.10.2004 von Herrn B. angemieteten Wohnung deutet darauf hin, dass er von Anfang an mit der Klägerin und seinem Kind zusammenleben wollte und will. Die Klägerin beteiligte sich im Bewilligungszeitraum an den Miet- und sonstigen Kosten zur Hälfte. Im Gegenzug besteht eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und Herrn B. vom 23.10.2004, wonach dieser einen finanziellen Unterhaltsbeitrag für seine Tochter leistet. Der Senat schließt hieraus auf eine gegenseitige Einstehensgemeinschaft.
Der fehlende gemeinsame Abschluss eines Mietvertrages steht der eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen. Ebenso ist es gleichgültig, dass Herr B. berufsbedingt teilweise zwölf Stunden täglich oder mehr unterwegs ist und sich so nur unregelmäßig um sein Kind kümmern kann. Ebenso wenig sprechen die Intentionen des Herrn B. nach seiner Scheidung, sein Umgangsrecht mit seinem weiteren Kind nicht durch das Jugendamt regeln zu lassen, nicht gegen eine eheähnliche Gemeinschaft.
Die Angaben der Klägerin im Antragsformular runden vor diesem Hintergrund das Bild nur noch ab. Dass sie die entsprechenden Kreuze nicht in dem dafür vorgesehenen Kästchen, sondern hinter den Eintragungen "Partner in eheähnlicher Gemeinschaft" und "nicht dauernd getrennt lebender Lebenspartner" gemacht hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die Klägerin hat den Sachverhalt in ihrer Laiensphäre im Ergebnis zutreffend gewürdigt.
Da die Bedarfs- und die Einkommensberechnungen jedenfalls nach dem Änderungsbescheid vom 22.07.2005 nicht mehr beanstandet werden und insoweit auch keine Fehler ersichtlich sind, kann die Klage keinen Erfolg haben.
Da der Senat darüberhinaus auch keine durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Bedarfsgemeinschaften hat, ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, eine Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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