Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 50/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 14/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. April 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1941 geborene Klägerin begehrt die ungekürzte Auszahlung ihrer Witwenrente neben ihrer Rente aus eigener Versicherung. Sie ist am 27.12.1998 in das Bundesgebiet eingereist und als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt. Der mit ihr eingereiste Ehemann V. F. ist am 12.09.1999 verstorben.
Mit Bescheid vom 25.11.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag vom 20.09.1999 hin ab 01.10.1999 große Witwenrente, begrenzt nach § 22b Fremdrentengesetz (FRG) auf 25 Entgeltpunkte (EP) statt der tatsächlich ermittelten 41,3239 EP des Versicherten.
Ab 01.02.2001 leistete die LVA Unterfranken auf Antrag der Klägerin Altersrente für Frauen mit insgesamt 24,1495 EP, woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2000 ihren Bescheid vom 25.11.1999 hinsichtlich der Begrenzung der EP insoweit abänderte, als ab 01.02.2001 die Hinterbliebenenrente der Beklagten nach 0,8505 EP gezahlt wurde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001, der von der Klägerin nicht angefochten wurde, zurück.
Unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.08.2001, Az.: B4 RA 118/00 R, stellte die Klägerin am 27.11.2001 einen Antrag auf ungekürzte Zahlung ihrer Hinterbliebenenrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.2002/ Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 nach Erhebung einer Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Würzburg ablehnte. Dem Bundessozialgericht (BSG) werde - so die Begründung der Beklagten - über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber Hinterbliebene anders behandeln wollte als andere Alleinstehende.
Die inzwischen zum Sozialgericht München (SG) verwiesene und von diesem zum Ruhen gebrachte Klage ist nach Aufnahme des Verfahrens im September 2004 (Az.: S 4 KN 50/05) vom SG durch Urteil vom 26.04.2005 abgewiesen worden. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass gemäß § 22b FRG ab Bezug der eigenen Rente nur ein Anspruch auf insgesamt 25 EP (Hinterbliebenenrente und Rente aus eigener Versicherung) bestehe. Die Neufeststellung mit Bescheid vom 06.12.2000 sei daher rechtmäßig und der Antrag im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X unbegründet gewesen. Aus § 44 Abs. 1 SGB X folge nur der Anspruch, rechtlich so ge-stellt zu werden, als hätte die Behörde von vornherein richtig entschieden. Die Beurteilung der Rücknahme richte sich nach der Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Bescheids in der Interpretation durch das BSG, auch wenn diese erst später erfolge ("geläuterte Rechtsauffassung"). Die maßgebliche Rechtslage in diesem Sinn ergebe sich nach dem zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültigen und gem. § 300 Abs. 1 SGB VI zu beachtenden Rechtszustand des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG i. d. F. des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz - RVNG) vom 21.07.2004 mit seiner rückwirkenden Geltung zum 07.05.1996 (vgl. Art. 9 Nr. 2 RVNG). § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der ebenfalls rückwirkend zum 07.05.1996 in Kraft gesetzten Fassung des Art. 3 Nr. 5, Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (WFG) vom 28.09.1996, geändert durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.1997 (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F.), habe damit seine Gültigkeit verloren und sei von Anfang an durch § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. ersetzt worden.
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 4. August 1998 habe damit § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der Fassung des RV Nachhaltigkeitsgesetzes zu gelten. Dies bewirkte, dass der Verwaltungsakt als von Anfang an als rechtmäßig anzusehen sei mit der Folge, dass der Überprüfungsanspruch gem. § 44 Abs. 1 SGB X unbegründet sei. Damit werde eine Besserstellung desjenigen vermieden, der zunächst einen Verwaltungsakt bindend werden lasse und über § 44 SGB X eine Begünstigung vor einer rückwirkenden Änderung erreiche, gegenüber demjenigen, der den ursprünglichen Verwaltungsakt sofort anficht und das Verfahren so lange offen halte, bis eine rückwirkende Änderung erfolge.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein rückwirkendes Inkrafttreten von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. bestünden nicht, weswegen eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht komme. Durch die rückwirkende Inkraftsetzung von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. habe sich die bisher bestehende Rechtslage nicht geändert, vielmehr sei eine authentische Interpretation erfolgt.
Die Rückwirkung, die der Gesetzgeber der Neufassung des § 22b Abs. 1 FRG beigemessen habe, widerspreche im Übrigen nicht der Verfassung. Das Rechtsstaatsprinzip erlaube in bestimmten Fallgruppen selbst eine echte Rückwirkung, insbesondere wenn - wie hier - das bisherige Recht unklar und verworren gewesen sei und sich deswegen und auch sonst kein Vertrauensschutz gebildet habe. Die Klägerin habe bis zum Urteil des BSG vom 30.08.2001 (Az.: B 4 RA 118/00 R) schon kein Vertrauen in eine andere Rechtslage entwickeln können, weil sie den Bescheid der Beklagten als rechtmäßig akzeptiert habe. Die genannte Entscheidung des BSG sei sofort massiv bestritten worden und zahlreiche Landessozialgerichte seien davon abgewichen. Schließlich seien aus besagter Entscheidung auch unterschiedliche Rechtsfolgen hinsichtlich der Anzahl der zu ermittelnden Entgeltpunkte gezogen worden, was wiederum eine verworrene Rechtslage belege.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die bislang noch nicht begründet worden ist.
Die Klägerin stellt den Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 26.04.2005 sowie des Bescheides vom 13.11.2002 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 05.02.2003 zu verpflichten, den Bescheid vom 06.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 abzuändern und ihr ungekürzte Hin-terbliebenenrente zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass ihr ablehnender Bescheid zumindest im Nachhinein durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz eine der Verfassung entsprechende Rechtsgrundlage erhalten habe. Die Rückwirkung sei zulässig gewesen, weil durch die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG eine unklare und verworrene Rechtslage geschaffen worden sei, auf die die Klägerin nicht habe vertrauen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
In der angefochtenen Entscheidung hat das SG im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Verwaltungsakt vom 13.11.2002 in der Gestalt, den er durch den Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 gefunden hat (§ 95 SGG) abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung einer höheren Hinterbliebenenrente zusteht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihren ablehnenden Bescheid vom 06.12.2000/Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 aufzuheben und der Klägerin eine monatliche Rente aus dem zuerkannten Recht auf Witwenrente im Umfang von 25 Entgeltpunkte zu zahlen.
Der zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgte Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Zugunstenbescheids richtet sich nach § 44 SGB X. Danach ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Verfassungsmäßige Rechte der Klägerin werden dadurch nicht verletzt.
Die Frage, inwieweit bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt worden ist, beurteilt sich nach dem bei Erlass des Verwaltungsakts anwendbaren Recht. Dieses ergab sich zum Zeitpunkt des Zuerkennungsbescheides vom 06.12.2000 hinsichtlich der Obergrenze der EP für FRG-Zeiten noch aus § 22b Abs. 1 FRG a.F., eingefügt durch Art. 3 Nr. 5 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I, 1461) und rückwirkend ergänzt um Satz 3 durch Art. 12 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16.12.1997 (BGBl I, 2998).
§ 22b Abs 1 FRG a.F. galt - entgegen der Auffassung des SG im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG - nicht für den Fall des Zusammentreffens einer Rente aus eigener Versicherung mit einer Hinterbliebenenrente, wenn für beide Renten FRG-Zeiten berücksichtigt sind, wie sich aus den Urteilen des BSG vom 05.10.2005 (Az.: B 5 RJ 57/03 R), 21.06.2005 (Az.: B 8 KN 1/05 R), vom 07.07.2004 (Az.: B 8 KN 10/03 R), 11.03.2004 (Az.: B 13 RJ 44/03 R, Az.: B 13 RJ 52/03 R und Az.: B 13 RJ 56/03 R) und vom 30.08.2001 (Az.: B 4 RA 118/00 R) sowie des Bayer. Landessozialgerichts vom 19.02.2003 (Az.: L 13 RA 177/02) ergibt. Das BSG hat insoweit seine Rechtsprechung auch in den Urteilen vom 05.10.2005 und 21.06.2005 (s.o.) nicht geändert. Dennoch begründet die unrichtige Rechtsanwendung durch die Beklagte keinen Rücknahmeanspruch.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X verlangt als weiteres Tatbestandsmerkmal, dass wegen der unrichtigen Rechtsanwendung Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Diese Frage beantwortet sich nach der materiellen Rechtslage, wie sie sich für den im Februar 2001 entstandenen Rentenanspruch der Klägerin zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung ergibt (vgl. BSG vom 21.06.2005 m.w.N.).
Für alle Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gilt, dass bis zur letzten mündlichen Verhandlung Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des anhängigen Rechtsstreits eintreten, zu beachten sind, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst. Das ist der Fall, weil § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG i.d.F. des WFG (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F.) durch Art. 9 Nr. 2 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz rückwirkend zum 07.05.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F.) ersetzt worden ist. Dabei wird bestimmt, dass für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zu Grunde gelegt werden. Dem steht auch § 300 Abs. 2 SGB VI nicht entgegen (vgl. Urteil des BSG vom 21.06.2005, Entscheidungsgründe 2c). Denn im Verhältnis von § 300 Abs. 1 zu Abs. 2 SGB VI bezeichnet der Begriff "Aufhebung" in § 300 Abs. 2 SGB VI nicht den tatsächlichen Akt der Aufhebung im Sinne der Verkündung des Änderungsgesetzes, sondern den Zeitpunkt für das Außerkrafttreten des alten Rechts, wie er durch Gesetz ausdrücklich oder durch den Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem altes Recht ersetzende neue Vorschriften i.S. von Art. 82 Abs. 2 GG in Kraft treten - wie hier § 22b n.F. ab 1996.
Die Rückwirkung, die der Gesetzgeber der geänderten Fassung des § 22 Abs. 1 FRG beigemessen hat, ist hier auch als echte Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen verfassungsrechtlich zulässig. In mehreren Fallgruppen kann trotz des Rechtsstaatsgebots des GG ausnahmsweise eine echte Rückwirkung erfolgen. Allen Fallgruppen gemeinsam ist, dass allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten eine Rückwirkung rechtfertigen. Das ist im vorliegenden Fall gegeben, weil das geltende Recht unklar und verworren war, so dass eine baldige Klärung erwartet werden musste (zuletzt BVerfGE 72, 200, 259). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des für die knappschaftliche Rentenversicherung ausschließlich zuständigen 8. Senats des BSG an, die zwischenzeitlich von dem für die Rentenversicherung der Arbeiter zuständigen 5. Senat des BSG bestätigt worden ist (Urteil vom 05.10.2005, Az.: B 5 RJ 57/03 R).
Bei einer unklaren Rechtslage ist Rechtssicherheit hinsichtlich des Normverständnisses erst ab der Klärung gegeben. Hier war durch die Rechtsprechung des 4. Senats erst ein Norminhalt erschlossen worden, der zuvor wegen der besonderen Auslegungsprobleme nicht erkannt wurde. Eine Klärung der Rechtslage war aber dadurch immer noch nicht eingetreten, da nach wie vor unklar war, wie die weitere Begrenzung vorzunehmen war (15 oder weitere 25 Entgeltpunkte etc.). Auch hatten andere Senat des BSG erst im Jahre 2004 entsprechende Entscheidungen getroffen (Urteile vom 11.03.2004 - B 13 RJ 44/03 R und vom 07.07.2004 - B 8 KN 10/03 R), so dass bis zum Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz am 11.03.2004 immer noch kein Vertrauen aufgebaut werden konnte. Danach konnte ohnehin niemand mehr auf einen Weiterbestand der alten Rechtslage vertrauen. Daher bedurfte es auch keiner Übergangsregelung. Zwingende Belange des Gemeinwohls hinsichtlich der Einbeziehung der Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs 1 FRG treten demgegenüber eher zurück.
Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin ein Vertrauen in die für sie günstige Rechtslage weder aufgrund der Gestaltung ihres Rechtsverhältnisses durch die Beklagte noch aufgrund eines sicheren Gesetzes Lage erwerben. Sie hat den Begrenzungsbescheid der Beklagten zwar noch mit einem Widerspruch angefochten, den Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 aber hingenommen. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 44 Abs. 1 SGB X sind, wie oben angeführt, nicht gegeben. Von der Gesetzeslage her war die Verwaltungspraxis der Beklagten bis zur Entscheidung des 4. Senats des BSG im August 2001 unangefochtenen. Die neue Auslegung von § 22b FRG durch die angeführte Entscheidung blieb stets umstritten und führte schließlich bereits am am 11.03.2004 zu einem korrigierenden Gesetzesbeschluss.
An der Begrenzung in § 22b Abs. 1 FRG a.F. bzw. § 22b Abs. 3 FRG auf 25 bzw. 15 EP selbst bestanden schon füher keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei Spätaussiedlern ist es in Abkehr von dem das frühere Fremdrentenrecht beherrschenden Eingliederungsprinzip für den Gesetzgeber als zulässig erachtet worden, einen Systemwechsel hin zu einer an der Höhe der Eingliederungshilfe orientierten Rentenleistungen vorzunehmen (vgl. Urteile des BSG vom 30.08.2001, 03.07.2002, 19.05.2004 und 07.07.2004). Dies ist letztlich Folge des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (KfbG) vom 21.12.1992, BGBl. I S. 2094). Dabei ist neben dem Personenkreis der Vertriebenen und Aussiedlern ein eigener Rechtsstatus für Spätaussiedler (zum Begriff vgl. § 4 BVFG in der Fassung durch das KfbG) geschaffen worden. Der Status als Aussiedler wurde grundsätzlich begrenzt auf Zuzüge vor dem 01.01.1993 und erstreckt sich nicht mehr auf den nicht deutschen Ehepartner. Seit dem 01.01.2002 sind Hinterbliebe, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, von der Anwendung des FRG ausgeschlossen (vgl. § 14a FRG). In Fortführung dieses Programms des Gesetzgebers bestehen auch keine Bedenken gegen die weitere Verschärfung durch die jetzt vorgenommene, rückwirkende Änderung von § 22b Abs. 1 FRG durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz.
Die Entscheidung des SG erging damit im Ergebnis zurecht. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Klägerin hat den Prozess verloren (§ 193 SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtslage ist durch zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts von verschiedenen Senaten nunmehr geklärt (Urteile vom 21.06.2005, mit dem Az.: B 8 KN 9/04 R und vom 05.10.2005 mit dem Az.: B 5 RJ 57/03 R). Die bloße Möglichkeit, dass ein anderer Senat des BSG zu einer von der Rechtsprechung des 5. und 8. Senats abweichenden Ansicht gelangt, reicht hierfür nicht aus. Der 8. Senat und 13. Senat des BSG haben sich in ihren vor Verkündung des RVNG ergangenen Urteilen (BSGE 93, 85 und 92, 248) lediglich mit der Zulässigkeit einer authentischen Interpretation des § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. auseinandergesetzt, die Zulässigkeit einer rückwirkenden In-Kraft-Setzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. unter dem Gesichtspunkt einer echten Rückwirkung aber ohne nähere Erörterung der Problematik dahinstehen lassen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1941 geborene Klägerin begehrt die ungekürzte Auszahlung ihrer Witwenrente neben ihrer Rente aus eigener Versicherung. Sie ist am 27.12.1998 in das Bundesgebiet eingereist und als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt. Der mit ihr eingereiste Ehemann V. F. ist am 12.09.1999 verstorben.
Mit Bescheid vom 25.11.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag vom 20.09.1999 hin ab 01.10.1999 große Witwenrente, begrenzt nach § 22b Fremdrentengesetz (FRG) auf 25 Entgeltpunkte (EP) statt der tatsächlich ermittelten 41,3239 EP des Versicherten.
Ab 01.02.2001 leistete die LVA Unterfranken auf Antrag der Klägerin Altersrente für Frauen mit insgesamt 24,1495 EP, woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2000 ihren Bescheid vom 25.11.1999 hinsichtlich der Begrenzung der EP insoweit abänderte, als ab 01.02.2001 die Hinterbliebenenrente der Beklagten nach 0,8505 EP gezahlt wurde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001, der von der Klägerin nicht angefochten wurde, zurück.
Unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.08.2001, Az.: B4 RA 118/00 R, stellte die Klägerin am 27.11.2001 einen Antrag auf ungekürzte Zahlung ihrer Hinterbliebenenrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.2002/ Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 nach Erhebung einer Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Würzburg ablehnte. Dem Bundessozialgericht (BSG) werde - so die Begründung der Beklagten - über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber Hinterbliebene anders behandeln wollte als andere Alleinstehende.
Die inzwischen zum Sozialgericht München (SG) verwiesene und von diesem zum Ruhen gebrachte Klage ist nach Aufnahme des Verfahrens im September 2004 (Az.: S 4 KN 50/05) vom SG durch Urteil vom 26.04.2005 abgewiesen worden. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass gemäß § 22b FRG ab Bezug der eigenen Rente nur ein Anspruch auf insgesamt 25 EP (Hinterbliebenenrente und Rente aus eigener Versicherung) bestehe. Die Neufeststellung mit Bescheid vom 06.12.2000 sei daher rechtmäßig und der Antrag im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X unbegründet gewesen. Aus § 44 Abs. 1 SGB X folge nur der Anspruch, rechtlich so ge-stellt zu werden, als hätte die Behörde von vornherein richtig entschieden. Die Beurteilung der Rücknahme richte sich nach der Rechtslage zur Zeit des Erlasses des Bescheids in der Interpretation durch das BSG, auch wenn diese erst später erfolge ("geläuterte Rechtsauffassung"). Die maßgebliche Rechtslage in diesem Sinn ergebe sich nach dem zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültigen und gem. § 300 Abs. 1 SGB VI zu beachtenden Rechtszustand des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG i. d. F. des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz - RVNG) vom 21.07.2004 mit seiner rückwirkenden Geltung zum 07.05.1996 (vgl. Art. 9 Nr. 2 RVNG). § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der ebenfalls rückwirkend zum 07.05.1996 in Kraft gesetzten Fassung des Art. 3 Nr. 5, Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (WFG) vom 28.09.1996, geändert durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.1997 (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F.), habe damit seine Gültigkeit verloren und sei von Anfang an durch § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. ersetzt worden.
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 4. August 1998 habe damit § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der Fassung des RV Nachhaltigkeitsgesetzes zu gelten. Dies bewirkte, dass der Verwaltungsakt als von Anfang an als rechtmäßig anzusehen sei mit der Folge, dass der Überprüfungsanspruch gem. § 44 Abs. 1 SGB X unbegründet sei. Damit werde eine Besserstellung desjenigen vermieden, der zunächst einen Verwaltungsakt bindend werden lasse und über § 44 SGB X eine Begünstigung vor einer rückwirkenden Änderung erreiche, gegenüber demjenigen, der den ursprünglichen Verwaltungsakt sofort anficht und das Verfahren so lange offen halte, bis eine rückwirkende Änderung erfolge.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein rückwirkendes Inkrafttreten von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. bestünden nicht, weswegen eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht komme. Durch die rückwirkende Inkraftsetzung von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. habe sich die bisher bestehende Rechtslage nicht geändert, vielmehr sei eine authentische Interpretation erfolgt.
Die Rückwirkung, die der Gesetzgeber der Neufassung des § 22b Abs. 1 FRG beigemessen habe, widerspreche im Übrigen nicht der Verfassung. Das Rechtsstaatsprinzip erlaube in bestimmten Fallgruppen selbst eine echte Rückwirkung, insbesondere wenn - wie hier - das bisherige Recht unklar und verworren gewesen sei und sich deswegen und auch sonst kein Vertrauensschutz gebildet habe. Die Klägerin habe bis zum Urteil des BSG vom 30.08.2001 (Az.: B 4 RA 118/00 R) schon kein Vertrauen in eine andere Rechtslage entwickeln können, weil sie den Bescheid der Beklagten als rechtmäßig akzeptiert habe. Die genannte Entscheidung des BSG sei sofort massiv bestritten worden und zahlreiche Landessozialgerichte seien davon abgewichen. Schließlich seien aus besagter Entscheidung auch unterschiedliche Rechtsfolgen hinsichtlich der Anzahl der zu ermittelnden Entgeltpunkte gezogen worden, was wiederum eine verworrene Rechtslage belege.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die bislang noch nicht begründet worden ist.
Die Klägerin stellt den Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 26.04.2005 sowie des Bescheides vom 13.11.2002 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 05.02.2003 zu verpflichten, den Bescheid vom 06.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 abzuändern und ihr ungekürzte Hin-terbliebenenrente zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass ihr ablehnender Bescheid zumindest im Nachhinein durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz eine der Verfassung entsprechende Rechtsgrundlage erhalten habe. Die Rückwirkung sei zulässig gewesen, weil durch die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG eine unklare und verworrene Rechtslage geschaffen worden sei, auf die die Klägerin nicht habe vertrauen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
In der angefochtenen Entscheidung hat das SG im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Verwaltungsakt vom 13.11.2002 in der Gestalt, den er durch den Widerspruchsbescheid vom 05.02.2003 gefunden hat (§ 95 SGG) abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung einer höheren Hinterbliebenenrente zusteht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihren ablehnenden Bescheid vom 06.12.2000/Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 aufzuheben und der Klägerin eine monatliche Rente aus dem zuerkannten Recht auf Witwenrente im Umfang von 25 Entgeltpunkte zu zahlen.
Der zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgte Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Zugunstenbescheids richtet sich nach § 44 SGB X. Danach ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Verfassungsmäßige Rechte der Klägerin werden dadurch nicht verletzt.
Die Frage, inwieweit bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt worden ist, beurteilt sich nach dem bei Erlass des Verwaltungsakts anwendbaren Recht. Dieses ergab sich zum Zeitpunkt des Zuerkennungsbescheides vom 06.12.2000 hinsichtlich der Obergrenze der EP für FRG-Zeiten noch aus § 22b Abs. 1 FRG a.F., eingefügt durch Art. 3 Nr. 5 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I, 1461) und rückwirkend ergänzt um Satz 3 durch Art. 12 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16.12.1997 (BGBl I, 2998).
§ 22b Abs 1 FRG a.F. galt - entgegen der Auffassung des SG im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG - nicht für den Fall des Zusammentreffens einer Rente aus eigener Versicherung mit einer Hinterbliebenenrente, wenn für beide Renten FRG-Zeiten berücksichtigt sind, wie sich aus den Urteilen des BSG vom 05.10.2005 (Az.: B 5 RJ 57/03 R), 21.06.2005 (Az.: B 8 KN 1/05 R), vom 07.07.2004 (Az.: B 8 KN 10/03 R), 11.03.2004 (Az.: B 13 RJ 44/03 R, Az.: B 13 RJ 52/03 R und Az.: B 13 RJ 56/03 R) und vom 30.08.2001 (Az.: B 4 RA 118/00 R) sowie des Bayer. Landessozialgerichts vom 19.02.2003 (Az.: L 13 RA 177/02) ergibt. Das BSG hat insoweit seine Rechtsprechung auch in den Urteilen vom 05.10.2005 und 21.06.2005 (s.o.) nicht geändert. Dennoch begründet die unrichtige Rechtsanwendung durch die Beklagte keinen Rücknahmeanspruch.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X verlangt als weiteres Tatbestandsmerkmal, dass wegen der unrichtigen Rechtsanwendung Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Diese Frage beantwortet sich nach der materiellen Rechtslage, wie sie sich für den im Februar 2001 entstandenen Rentenanspruch der Klägerin zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung ergibt (vgl. BSG vom 21.06.2005 m.w.N.).
Für alle Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gilt, dass bis zur letzten mündlichen Verhandlung Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des anhängigen Rechtsstreits eintreten, zu beachten sind, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst. Das ist der Fall, weil § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG i.d.F. des WFG (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F.) durch Art. 9 Nr. 2 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz rückwirkend zum 07.05.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F.) ersetzt worden ist. Dabei wird bestimmt, dass für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zu Grunde gelegt werden. Dem steht auch § 300 Abs. 2 SGB VI nicht entgegen (vgl. Urteil des BSG vom 21.06.2005, Entscheidungsgründe 2c). Denn im Verhältnis von § 300 Abs. 1 zu Abs. 2 SGB VI bezeichnet der Begriff "Aufhebung" in § 300 Abs. 2 SGB VI nicht den tatsächlichen Akt der Aufhebung im Sinne der Verkündung des Änderungsgesetzes, sondern den Zeitpunkt für das Außerkrafttreten des alten Rechts, wie er durch Gesetz ausdrücklich oder durch den Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem altes Recht ersetzende neue Vorschriften i.S. von Art. 82 Abs. 2 GG in Kraft treten - wie hier § 22b n.F. ab 1996.
Die Rückwirkung, die der Gesetzgeber der geänderten Fassung des § 22 Abs. 1 FRG beigemessen hat, ist hier auch als echte Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen verfassungsrechtlich zulässig. In mehreren Fallgruppen kann trotz des Rechtsstaatsgebots des GG ausnahmsweise eine echte Rückwirkung erfolgen. Allen Fallgruppen gemeinsam ist, dass allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten eine Rückwirkung rechtfertigen. Das ist im vorliegenden Fall gegeben, weil das geltende Recht unklar und verworren war, so dass eine baldige Klärung erwartet werden musste (zuletzt BVerfGE 72, 200, 259). Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des für die knappschaftliche Rentenversicherung ausschließlich zuständigen 8. Senats des BSG an, die zwischenzeitlich von dem für die Rentenversicherung der Arbeiter zuständigen 5. Senat des BSG bestätigt worden ist (Urteil vom 05.10.2005, Az.: B 5 RJ 57/03 R).
Bei einer unklaren Rechtslage ist Rechtssicherheit hinsichtlich des Normverständnisses erst ab der Klärung gegeben. Hier war durch die Rechtsprechung des 4. Senats erst ein Norminhalt erschlossen worden, der zuvor wegen der besonderen Auslegungsprobleme nicht erkannt wurde. Eine Klärung der Rechtslage war aber dadurch immer noch nicht eingetreten, da nach wie vor unklar war, wie die weitere Begrenzung vorzunehmen war (15 oder weitere 25 Entgeltpunkte etc.). Auch hatten andere Senat des BSG erst im Jahre 2004 entsprechende Entscheidungen getroffen (Urteile vom 11.03.2004 - B 13 RJ 44/03 R und vom 07.07.2004 - B 8 KN 10/03 R), so dass bis zum Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz am 11.03.2004 immer noch kein Vertrauen aufgebaut werden konnte. Danach konnte ohnehin niemand mehr auf einen Weiterbestand der alten Rechtslage vertrauen. Daher bedurfte es auch keiner Übergangsregelung. Zwingende Belange des Gemeinwohls hinsichtlich der Einbeziehung der Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs 1 FRG treten demgegenüber eher zurück.
Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin ein Vertrauen in die für sie günstige Rechtslage weder aufgrund der Gestaltung ihres Rechtsverhältnisses durch die Beklagte noch aufgrund eines sicheren Gesetzes Lage erwerben. Sie hat den Begrenzungsbescheid der Beklagten zwar noch mit einem Widerspruch angefochten, den Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 aber hingenommen. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 44 Abs. 1 SGB X sind, wie oben angeführt, nicht gegeben. Von der Gesetzeslage her war die Verwaltungspraxis der Beklagten bis zur Entscheidung des 4. Senats des BSG im August 2001 unangefochtenen. Die neue Auslegung von § 22b FRG durch die angeführte Entscheidung blieb stets umstritten und führte schließlich bereits am am 11.03.2004 zu einem korrigierenden Gesetzesbeschluss.
An der Begrenzung in § 22b Abs. 1 FRG a.F. bzw. § 22b Abs. 3 FRG auf 25 bzw. 15 EP selbst bestanden schon füher keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei Spätaussiedlern ist es in Abkehr von dem das frühere Fremdrentenrecht beherrschenden Eingliederungsprinzip für den Gesetzgeber als zulässig erachtet worden, einen Systemwechsel hin zu einer an der Höhe der Eingliederungshilfe orientierten Rentenleistungen vorzunehmen (vgl. Urteile des BSG vom 30.08.2001, 03.07.2002, 19.05.2004 und 07.07.2004). Dies ist letztlich Folge des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (KfbG) vom 21.12.1992, BGBl. I S. 2094). Dabei ist neben dem Personenkreis der Vertriebenen und Aussiedlern ein eigener Rechtsstatus für Spätaussiedler (zum Begriff vgl. § 4 BVFG in der Fassung durch das KfbG) geschaffen worden. Der Status als Aussiedler wurde grundsätzlich begrenzt auf Zuzüge vor dem 01.01.1993 und erstreckt sich nicht mehr auf den nicht deutschen Ehepartner. Seit dem 01.01.2002 sind Hinterbliebe, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, von der Anwendung des FRG ausgeschlossen (vgl. § 14a FRG). In Fortführung dieses Programms des Gesetzgebers bestehen auch keine Bedenken gegen die weitere Verschärfung durch die jetzt vorgenommene, rückwirkende Änderung von § 22b Abs. 1 FRG durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz.
Die Entscheidung des SG erging damit im Ergebnis zurecht. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Klägerin hat den Prozess verloren (§ 193 SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtslage ist durch zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts von verschiedenen Senaten nunmehr geklärt (Urteile vom 21.06.2005, mit dem Az.: B 8 KN 9/04 R und vom 05.10.2005 mit dem Az.: B 5 RJ 57/03 R). Die bloße Möglichkeit, dass ein anderer Senat des BSG zu einer von der Rechtsprechung des 5. und 8. Senats abweichenden Ansicht gelangt, reicht hierfür nicht aus. Der 8. Senat und 13. Senat des BSG haben sich in ihren vor Verkündung des RVNG ergangenen Urteilen (BSGE 93, 85 und 92, 248) lediglich mit der Zulässigkeit einer authentischen Interpretation des § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. auseinandergesetzt, die Zulässigkeit einer rückwirkenden In-Kraft-Setzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. unter dem Gesichtspunkt einer echten Rückwirkung aber ohne nähere Erörterung der Problematik dahinstehen lassen.
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