Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 673/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 210/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 2. März 2004 der Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2002 insoweit aufgehoben als eine Neufeststellung der Höhe der Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Anrechnung von bezogenem Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 25.05.2001 bis 28.10.2001 und erneut ab 02.01.2002 bis 08.05.2002 erfolgte und insoweit ein Erstattungsanspruch festgesetzt wurde.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Neufeststellung des Zahlbetrages einer gewährten Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Anrechnung von Arbeitslosengeldansprüchen.
Mit Bescheid vom 13.04.1999 gewährte die Beklagte ab 14.10.1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Durch Aufhebungsvertrag vom 4. Mai 1999 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber zum 31.10.1999 wegen gesundheitlicher Einschränkungen des Arbeitnehmers beendet. Die Arbeitsagentur S. zahlte dem Kläger Arbeitslosengeld. Als Anspruchsbeginn ist der 01.11.1999 vermerkt (Neubewilligung). Durch Urlaubsabgeltung nach § 143 SGB III begann die Leistung nach Ablauf des Ruhenszeitraumes am 08.12.1999 (789 Tage Anspruchsdauer). Nach dem Inhalt der Akte der Arbeitsagentur endete der Anspruch auf Arbeitslosengeld am 08.05.2002. Sie teilte der Beklagten mit, dass der Leistungsanspruch aufgrund einer Anwartschaft bestehe, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden sei.
In der Zeit vom 26.04.2001 bis 24.05.2001 befand sich der Kläger auf einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme der LVA und bezog Übergangsgeld (Bescheid vom 11.05.2001). In dieser Zeit wurde Arbeitslosengeld nicht gezahlt.
Ab dem 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 kam es wieder zum Alg-Bezug.
Vom 29.10.2001 bis 01.01.2002 bezog er durch die AOK Bayern Krankengeld aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit. In dieser Zeit wurde das Arbeitslosengeld erneut nicht gezahlt, der Leistungsbezug danach bis zur Anspruchserschöpfung fortgesetzt.
Mit Bescheid vom 26.07.2002 wurde der Rentenzahlbetrag wegen Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes ab 01.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 neu festgestellt. Grund für die Neufeststellung war u.a. die Anrechnung 1.) des Übergangsgeldes, 2.) des Krankengeldes sowie 3.) des Alg-Bezuges ab 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 sowie ab 02.01.2002 gemäß §§ 96a, 313a, 313 SGB VI.
Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf einen Beschluss der Beitrags- und Rentendezernenten der Bayer. Landesversicherungsanstalten, der LVA Sachsen und der BfA vom 20.10.1999. Darin wird die Ansicht vertreten, dass durch den Bezug von Krankengeld der Arbeitslosengeldanspruch mangels Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt erloschen sei und nach Arbeitsunfähigkeitsende ein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstünde, so dass die Übergangsvorschrift des § 313a SGB VI die Anrechnung des Arbeitslosengeldes nicht verhindern könne, weil nach dem 31.12.2000 ein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass nach § 313a Satz 1 und 2 SGB VI das Arbeitslosengeld nicht anzurechnen sei, weil dieses aufgrund einer Anwartschaftszeit geleistet werde, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden sei und demnach das Arbeitslosengeld nicht nach dem 31.12.2000 entstanden sei. Der Krankengeld- oder Übergangsgeldbezug habe den Arbeitslosengeldanspruch nicht zum Erlöschen, sondern nur zum Ruhen gebracht. Er bringt in Vorlage ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt C. , vom 30.09.2002, in dem bestätigt wird, dass der Versicherte aufgrund Übergangs- und Krankengeldbezug keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben habe. Bei der Zahlung des Arbeitslosengeldes habe es sich um eine Weiterbewilligung des am 01.11.1999 entstandenen Anspruches gehandelt.
Mit Urteil vom 02.03.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach § 126 Abs.1 SGB III verliere ein Arbeitsloser den Arbeitslosengeldanspruch für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nicht. Nach dem Ablauf dieser sechs Wochen sei der Anspruch auf Arbeitslosengeldzahlung erloschen. Bei Weitergewährung habe der Sozialleistungsträger neu zu entscheiden. Spätestens nach der Pause vom 29.10.2001 bis 01.01.2002 sei somit ein neuer Antrag auf Arbeitslosengeld ab dem 02.01.2002 entstanden. Zum Arbeitslosengeldzeitraum 25.05.2001 bis 28.10.2001 wird nichts ausgeführt, die Klage jedoch insgesamt abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, die unter Hinweis auf § 142 SGB III begründet wird. Der Kläger, der zunächst die belastenden Bescheide vollunmfänglich angefochten hatte, beschränkte im Termin zur mündlichen Verhandlung die Berufung auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Anrechnung des Arbeitslosengeldes.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 02.03.2004 den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 insoweit aufzuheben als eine Neufeststellung der Höhe der Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Anrechnung von bezogenem Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 25.05.2001 bis 28.10.2001 und erneut ab 02.01.2002 bis 08.05.2002 erfolgte und insoweit ein Erstattungsanspruch festgesetzt wurde.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
Sie verweist darauf, dass mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr bestehe und somit Arbeitslosigkeit nicht vorliegen könne. Dies sei auch die Auffassung der anderen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in Bayern.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Arbeitsagentur S. sowie der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz, der Streitakte des Sozialgerichts Regensburg und der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung erweist sich vollumfänglich als begründet. Die Beklagte durfte die Neufeststellung des Rentenzahlbetrages nicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld stützen. Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts Regensburg rechtlich unzutreffend. Infolge Berufungsbeschränkung ist die auf Anrechnung des Kranken- und Übergangsgeldes berufende Neufeststellung nicht mehr streitgegenständlich.
Eine Anrechnung des in den Zeiträumen vom 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 sowie vom 02.01.2002 bis zum 08.05.2002 bezogenen Arbeitslosengeldes verstößt gegen die dazu erlassenen Regelungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -.
Nach § 313 SGB VI ist bezüglich der Anrechnung von Hinzuverdienst bei Renten wegen Berufsunfähigkeit die Vorschrift des § 96a SGB VI unter Beachtung der besonderen Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen Berufsunfähigkeit entsprechend gelten (§ 313 Abs.1 SGB VI). Nach § 96a Abs.1, Abs.3 Nr.4 SGB VI i.V.m. § 18a Abs.3 Satz 1 Nr.1 SGB VI ist Arbeitslosengeld als dem Arbeitsentgelt gleichstehende Geldleistung im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen anzurechnen.
Allerdings enthält § 313a SGB VI eine Ausnahmevorschrift für solche Versicherten, die bereits am 31.12.1998 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hatten. Seit ihrem In-Kraft-Treten zum 01.01.1999 (BGBl.I 2998, Gesetz vom 06.12.1997) wurde die Regelung zweimal geändert (Gesetz vom 19.06.2001 BGBl.I 1046; Bek. vom 19.02.2002 BGBl.I 754). In Anwendung des hier zu beurteilenden Sachverhalts haben sich jedoch keine Änderungen des Gesetzeswortlauts ergeben. Satz 1 enthält eine Anrechnungsvorschrift dergestalt, dass das geleistete Arbeitslosengeld des maßgeblichen Zeitraums auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen ist. Nach Satz 2 erfolgt als Ausnahme von Satz 1 eine Anrechnung nicht, wenn das Arbeitslosengeld aufgrund einer Anwartschaft geleistet wird, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden ist. Als Unterausnahme davon findet nach Satz 3 die Nichtanrechnungsregel des Satzes 2 mit der Folge der Anrechenbarkeit im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 SGB VI Anwendung, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem 31.12.2000 entstanden ist. Die Anwendbarkeit des § 313a verdrängt als Übergangsvorschrift die §§ 313, 96a SGB VI. Sie trägt Vertrauens- und Bestandsschutzgesichtspunkten Rechnung, da § 95 SGB VI i.d. bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung eine Nichtanrechenbarkeit unter gleichen Voraussetzungen vorsah.
Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 313a Sätze 1 und 2 SGB VI liegen vor. Dem Kläger war durch Bescheid vom 13.04.1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 14.10.1998 auf Dauer zuerkannt worden. Aufgrund der ab dem 01.11.1999 eingetretenen Arbeitslosigkeit wurde ihm Arbeitslosengeld gewährt, wobei der Grundanspruch ab 01.11.1999 bestand und infolge Urlaubsabgeltung bis zum 07.12.1999 ruhte. Die Bewilligung stützte sich auf die §§ 117, 118 i.V.m. 123 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist neben der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung die Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderlich, die ein zwölfmonatiges versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in einer zweijährigen Rahmenfrist vorsieht. Da der Kläger vor der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.10.1999 in den vorangegangenen zwölf Monaten ununterbrochen versicherungspflichtig beschäftigt war, hat er die Anwartschaftszeit im Sinne des § 313a Satz 2 Nr.2 SGB VI insgesamt nach der Gewährung der BU-Rente erfüllt (01.11.1998 bis 31.10.1999).
Indes ist Satz 3 nicht anwendbar, mit der Folge der Nichtanrechenbarkeit des Arbeitslosengeldes auf die Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 313a Sätze 1 und 2 SGB VI. Weder durch den Kuraufenthalt mit Übergangsgeldbezug noch durch die Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug ist dieser Anspruch erloschen und danach jeweils neu entstanden.
Sowohl der Umstand der Gewährung von Übergangsgeld als auch die Tatsache der Krankengeldgewährung führt zwar zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches, jedoch nicht zu seinem Erlöschen. Dies ergibt sich aus § 142 Abs.1 Satz 1 Ziffer 2 SGB III. Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Krankengeld oder Übergangsgeld nach diesem oder einem anderen Gesetz zuerkannt ist. Das Ruhen des Anspruches bewirkt, dass der Arbeitslosengeldanspruch während des Ruhenszeitraumes nicht verbraucht wird und insbesondere der bewilligte Anspruch mit Eintritt des Ruhens nicht entfällt (BSG SozR 4100 § 125 Nr.2, § 105b Nr.1 ).
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt auch nicht aufgrund des Eintritts der (dem Krankengeldbezug zugrunde liegenden) Arbeitsunfähigkeit. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Erkrankung des Arbeitslosen nicht zwangsläufig die Verfügbarkeit entfallen lässt, selbst wenn diese Erkrankung Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Dies deshalb, weil sich die Arbeitsunfähigkeit im Krankenversicherungsrecht grundsätzlich nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit richtet, während in die Beurteilung der Verfügbarkeit auch andere Beschäftigungen einzubeziehen sind, auf die der Arbeitslose zumutbar verwiesen werden und die er trotz der Krankheit ausüben kann. Im Falle einer Erkrankung fehlt die Verfügbarkeit deshalb nur dann, wenn die Krankheit dazu führt, dass der Arbeitslose auch alle ihm zuzumutenden unterwertigen Beschäftigungen nicht mehr verrichten kann (Gagel, SGB III § 119 Rdnr.193 m.w.N.).
Selbst dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auch einen Wegfall der Verfügbarkeit zur Folge hätte, fingiert § 126 SGB III entgegen den tatsächlichen Verhältnissen die Verfügbarkeit für einen Zeitraum von sechs Wochen, sofern den Versicherten - was hier nicht erkennbar ist - nicht ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit trifft.
Aber auch nach Ablauf dieses Zeitraumes bringt die ggf. weiterbestehende fehlende Verfügbarkeit den ursprünglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechtes nicht zum Erlöschen. Vielmehr entfällt nur der Zahlungsanspruch in der Zeit der fehlenden Verfügbarkeit nach Ablauf der Leistungsfortzahlung. Denn nach den Grundsätzen des Arbeitsförderungsrechtes entsteht mit Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen des § 117 ff. SGB III ein nach Tagen oder Monaten bemessener Leistungsanspruch, sofern nicht einer der numerativ geregelten Erlöschenstatbestände eintritt. Der später eintretende Wegfall der Verfügbarkeit nach Ablauf der Leistungsfortzahlung führt nicht zum Untergang des Stammrechtes. Vielmehr setzt sich die Ausschöpfung des zeitlichen Arbeitslosengeldanspruches und der Zahlungsanspruch fort, sofern die Verfügbarkeit wieder besteht und ein Erlöschenstatbestand nicht verwirklicht wurde.
Die Erfüllung eines Erlöschenstatbestandes ist nicht erkennbar. Weder hat der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet (§ 117 Abs.2 SGB III) noch ist ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden (§ 147 Abs.1 Ziffer 1 SGB III). Dies wäre nur dann der Fall, wenn erneut alle Voraussetzungen des § 117 SGB III vorlägen. Dazu müsste die Anwartschaftszeit des § 123 SGB III erneut erüllt worden sein. Nachdem der Kläger keine versicherungspflichtige Beschäftigung seit Beginn des Arbeitslosengeldbezuges ausgeübt hat und auch ein gleichgestellter Tatbestand nicht vorliegt, ist unerfindlich, warum hier vom Entstehen eines neuen Anspruches ausgegangen worden ist. Auch ist die Verfallfrist des § 147 Abs.2 SGB III nicht verstrichen.
Mithin darf nach § 313a Satz 2 Ziffer 2 SGB VI das im Zeitraum 25.05. bis 28.10.2001 bzw. ab 02.01. bis zum 08.05.2002 (Anspruchserschöpfung) bezogene Arbeitslosengeld zu keiner Zeit auf die durch den Beklagten gewährte Berufsunfähigkeitsrente angerechnet werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung lässt der Senat die Revision zu (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Neufeststellung des Zahlbetrages einer gewährten Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Anrechnung von Arbeitslosengeldansprüchen.
Mit Bescheid vom 13.04.1999 gewährte die Beklagte ab 14.10.1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Durch Aufhebungsvertrag vom 4. Mai 1999 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber zum 31.10.1999 wegen gesundheitlicher Einschränkungen des Arbeitnehmers beendet. Die Arbeitsagentur S. zahlte dem Kläger Arbeitslosengeld. Als Anspruchsbeginn ist der 01.11.1999 vermerkt (Neubewilligung). Durch Urlaubsabgeltung nach § 143 SGB III begann die Leistung nach Ablauf des Ruhenszeitraumes am 08.12.1999 (789 Tage Anspruchsdauer). Nach dem Inhalt der Akte der Arbeitsagentur endete der Anspruch auf Arbeitslosengeld am 08.05.2002. Sie teilte der Beklagten mit, dass der Leistungsanspruch aufgrund einer Anwartschaft bestehe, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden sei.
In der Zeit vom 26.04.2001 bis 24.05.2001 befand sich der Kläger auf einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme der LVA und bezog Übergangsgeld (Bescheid vom 11.05.2001). In dieser Zeit wurde Arbeitslosengeld nicht gezahlt.
Ab dem 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 kam es wieder zum Alg-Bezug.
Vom 29.10.2001 bis 01.01.2002 bezog er durch die AOK Bayern Krankengeld aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit. In dieser Zeit wurde das Arbeitslosengeld erneut nicht gezahlt, der Leistungsbezug danach bis zur Anspruchserschöpfung fortgesetzt.
Mit Bescheid vom 26.07.2002 wurde der Rentenzahlbetrag wegen Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes ab 01.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 neu festgestellt. Grund für die Neufeststellung war u.a. die Anrechnung 1.) des Übergangsgeldes, 2.) des Krankengeldes sowie 3.) des Alg-Bezuges ab 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 sowie ab 02.01.2002 gemäß §§ 96a, 313a, 313 SGB VI.
Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf einen Beschluss der Beitrags- und Rentendezernenten der Bayer. Landesversicherungsanstalten, der LVA Sachsen und der BfA vom 20.10.1999. Darin wird die Ansicht vertreten, dass durch den Bezug von Krankengeld der Arbeitslosengeldanspruch mangels Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt erloschen sei und nach Arbeitsunfähigkeitsende ein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstünde, so dass die Übergangsvorschrift des § 313a SGB VI die Anrechnung des Arbeitslosengeldes nicht verhindern könne, weil nach dem 31.12.2000 ein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass nach § 313a Satz 1 und 2 SGB VI das Arbeitslosengeld nicht anzurechnen sei, weil dieses aufgrund einer Anwartschaftszeit geleistet werde, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden sei und demnach das Arbeitslosengeld nicht nach dem 31.12.2000 entstanden sei. Der Krankengeld- oder Übergangsgeldbezug habe den Arbeitslosengeldanspruch nicht zum Erlöschen, sondern nur zum Ruhen gebracht. Er bringt in Vorlage ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt C. , vom 30.09.2002, in dem bestätigt wird, dass der Versicherte aufgrund Übergangs- und Krankengeldbezug keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben habe. Bei der Zahlung des Arbeitslosengeldes habe es sich um eine Weiterbewilligung des am 01.11.1999 entstandenen Anspruches gehandelt.
Mit Urteil vom 02.03.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach § 126 Abs.1 SGB III verliere ein Arbeitsloser den Arbeitslosengeldanspruch für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nicht. Nach dem Ablauf dieser sechs Wochen sei der Anspruch auf Arbeitslosengeldzahlung erloschen. Bei Weitergewährung habe der Sozialleistungsträger neu zu entscheiden. Spätestens nach der Pause vom 29.10.2001 bis 01.01.2002 sei somit ein neuer Antrag auf Arbeitslosengeld ab dem 02.01.2002 entstanden. Zum Arbeitslosengeldzeitraum 25.05.2001 bis 28.10.2001 wird nichts ausgeführt, die Klage jedoch insgesamt abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, die unter Hinweis auf § 142 SGB III begründet wird. Der Kläger, der zunächst die belastenden Bescheide vollunmfänglich angefochten hatte, beschränkte im Termin zur mündlichen Verhandlung die Berufung auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Anrechnung des Arbeitslosengeldes.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 02.03.2004 den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 insoweit aufzuheben als eine Neufeststellung der Höhe der Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Anrechnung von bezogenem Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 25.05.2001 bis 28.10.2001 und erneut ab 02.01.2002 bis 08.05.2002 erfolgte und insoweit ein Erstattungsanspruch festgesetzt wurde.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
Sie verweist darauf, dass mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr bestehe und somit Arbeitslosigkeit nicht vorliegen könne. Dies sei auch die Auffassung der anderen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in Bayern.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Arbeitsagentur S. sowie der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz, der Streitakte des Sozialgerichts Regensburg und der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung erweist sich vollumfänglich als begründet. Die Beklagte durfte die Neufeststellung des Rentenzahlbetrages nicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld stützen. Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts Regensburg rechtlich unzutreffend. Infolge Berufungsbeschränkung ist die auf Anrechnung des Kranken- und Übergangsgeldes berufende Neufeststellung nicht mehr streitgegenständlich.
Eine Anrechnung des in den Zeiträumen vom 25.05.2001 bis zum 28.10.2001 sowie vom 02.01.2002 bis zum 08.05.2002 bezogenen Arbeitslosengeldes verstößt gegen die dazu erlassenen Regelungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -.
Nach § 313 SGB VI ist bezüglich der Anrechnung von Hinzuverdienst bei Renten wegen Berufsunfähigkeit die Vorschrift des § 96a SGB VI unter Beachtung der besonderen Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen Berufsunfähigkeit entsprechend gelten (§ 313 Abs.1 SGB VI). Nach § 96a Abs.1, Abs.3 Nr.4 SGB VI i.V.m. § 18a Abs.3 Satz 1 Nr.1 SGB VI ist Arbeitslosengeld als dem Arbeitsentgelt gleichstehende Geldleistung im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen anzurechnen.
Allerdings enthält § 313a SGB VI eine Ausnahmevorschrift für solche Versicherten, die bereits am 31.12.1998 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hatten. Seit ihrem In-Kraft-Treten zum 01.01.1999 (BGBl.I 2998, Gesetz vom 06.12.1997) wurde die Regelung zweimal geändert (Gesetz vom 19.06.2001 BGBl.I 1046; Bek. vom 19.02.2002 BGBl.I 754). In Anwendung des hier zu beurteilenden Sachverhalts haben sich jedoch keine Änderungen des Gesetzeswortlauts ergeben. Satz 1 enthält eine Anrechnungsvorschrift dergestalt, dass das geleistete Arbeitslosengeld des maßgeblichen Zeitraums auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen ist. Nach Satz 2 erfolgt als Ausnahme von Satz 1 eine Anrechnung nicht, wenn das Arbeitslosengeld aufgrund einer Anwartschaft geleistet wird, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden ist. Als Unterausnahme davon findet nach Satz 3 die Nichtanrechnungsregel des Satzes 2 mit der Folge der Anrechenbarkeit im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 SGB VI Anwendung, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem 31.12.2000 entstanden ist. Die Anwendbarkeit des § 313a verdrängt als Übergangsvorschrift die §§ 313, 96a SGB VI. Sie trägt Vertrauens- und Bestandsschutzgesichtspunkten Rechnung, da § 95 SGB VI i.d. bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung eine Nichtanrechenbarkeit unter gleichen Voraussetzungen vorsah.
Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 313a Sätze 1 und 2 SGB VI liegen vor. Dem Kläger war durch Bescheid vom 13.04.1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 14.10.1998 auf Dauer zuerkannt worden. Aufgrund der ab dem 01.11.1999 eingetretenen Arbeitslosigkeit wurde ihm Arbeitslosengeld gewährt, wobei der Grundanspruch ab 01.11.1999 bestand und infolge Urlaubsabgeltung bis zum 07.12.1999 ruhte. Die Bewilligung stützte sich auf die §§ 117, 118 i.V.m. 123 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist neben der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung die Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderlich, die ein zwölfmonatiges versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in einer zweijährigen Rahmenfrist vorsieht. Da der Kläger vor der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.10.1999 in den vorangegangenen zwölf Monaten ununterbrochen versicherungspflichtig beschäftigt war, hat er die Anwartschaftszeit im Sinne des § 313a Satz 2 Nr.2 SGB VI insgesamt nach der Gewährung der BU-Rente erfüllt (01.11.1998 bis 31.10.1999).
Indes ist Satz 3 nicht anwendbar, mit der Folge der Nichtanrechenbarkeit des Arbeitslosengeldes auf die Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 313a Sätze 1 und 2 SGB VI. Weder durch den Kuraufenthalt mit Übergangsgeldbezug noch durch die Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug ist dieser Anspruch erloschen und danach jeweils neu entstanden.
Sowohl der Umstand der Gewährung von Übergangsgeld als auch die Tatsache der Krankengeldgewährung führt zwar zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches, jedoch nicht zu seinem Erlöschen. Dies ergibt sich aus § 142 Abs.1 Satz 1 Ziffer 2 SGB III. Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Krankengeld oder Übergangsgeld nach diesem oder einem anderen Gesetz zuerkannt ist. Das Ruhen des Anspruches bewirkt, dass der Arbeitslosengeldanspruch während des Ruhenszeitraumes nicht verbraucht wird und insbesondere der bewilligte Anspruch mit Eintritt des Ruhens nicht entfällt (BSG SozR 4100 § 125 Nr.2, § 105b Nr.1 ).
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt auch nicht aufgrund des Eintritts der (dem Krankengeldbezug zugrunde liegenden) Arbeitsunfähigkeit. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Erkrankung des Arbeitslosen nicht zwangsläufig die Verfügbarkeit entfallen lässt, selbst wenn diese Erkrankung Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Dies deshalb, weil sich die Arbeitsunfähigkeit im Krankenversicherungsrecht grundsätzlich nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit richtet, während in die Beurteilung der Verfügbarkeit auch andere Beschäftigungen einzubeziehen sind, auf die der Arbeitslose zumutbar verwiesen werden und die er trotz der Krankheit ausüben kann. Im Falle einer Erkrankung fehlt die Verfügbarkeit deshalb nur dann, wenn die Krankheit dazu führt, dass der Arbeitslose auch alle ihm zuzumutenden unterwertigen Beschäftigungen nicht mehr verrichten kann (Gagel, SGB III § 119 Rdnr.193 m.w.N.).
Selbst dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auch einen Wegfall der Verfügbarkeit zur Folge hätte, fingiert § 126 SGB III entgegen den tatsächlichen Verhältnissen die Verfügbarkeit für einen Zeitraum von sechs Wochen, sofern den Versicherten - was hier nicht erkennbar ist - nicht ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit trifft.
Aber auch nach Ablauf dieses Zeitraumes bringt die ggf. weiterbestehende fehlende Verfügbarkeit den ursprünglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechtes nicht zum Erlöschen. Vielmehr entfällt nur der Zahlungsanspruch in der Zeit der fehlenden Verfügbarkeit nach Ablauf der Leistungsfortzahlung. Denn nach den Grundsätzen des Arbeitsförderungsrechtes entsteht mit Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen des § 117 ff. SGB III ein nach Tagen oder Monaten bemessener Leistungsanspruch, sofern nicht einer der numerativ geregelten Erlöschenstatbestände eintritt. Der später eintretende Wegfall der Verfügbarkeit nach Ablauf der Leistungsfortzahlung führt nicht zum Untergang des Stammrechtes. Vielmehr setzt sich die Ausschöpfung des zeitlichen Arbeitslosengeldanspruches und der Zahlungsanspruch fort, sofern die Verfügbarkeit wieder besteht und ein Erlöschenstatbestand nicht verwirklicht wurde.
Die Erfüllung eines Erlöschenstatbestandes ist nicht erkennbar. Weder hat der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet (§ 117 Abs.2 SGB III) noch ist ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden (§ 147 Abs.1 Ziffer 1 SGB III). Dies wäre nur dann der Fall, wenn erneut alle Voraussetzungen des § 117 SGB III vorlägen. Dazu müsste die Anwartschaftszeit des § 123 SGB III erneut erüllt worden sein. Nachdem der Kläger keine versicherungspflichtige Beschäftigung seit Beginn des Arbeitslosengeldbezuges ausgeübt hat und auch ein gleichgestellter Tatbestand nicht vorliegt, ist unerfindlich, warum hier vom Entstehen eines neuen Anspruches ausgegangen worden ist. Auch ist die Verfallfrist des § 147 Abs.2 SGB III nicht verstrichen.
Mithin darf nach § 313a Satz 2 Ziffer 2 SGB VI das im Zeitraum 25.05. bis 28.10.2001 bzw. ab 02.01. bis zum 08.05.2002 (Anspruchserschöpfung) bezogene Arbeitslosengeld zu keiner Zeit auf die durch den Beklagten gewährte Berufsunfähigkeitsrente angerechnet werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung lässt der Senat die Revision zu (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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