Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AL 382/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 38/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei flexibler Arbeitszeit richtet sich das Bemessungsentgelt nach dem Entgelt, das für die geleistete Arbeit ohne Vereinbarung eines Freizeitausgleichs zu zahlen wäre. Für die Zeit der Freistellung ist das tatsächlich gezahlte Entgelt zu berücksichtigen. Liegen im Bemessungszeitraum Zeiten der Beschäftigung und Zeiten des Freizeitausgleichs, sind ebenso für die geleistete Arbeit das Entgelt, das ohne Freizeitausgleich zu zahlen wäre, und für die Freistellungsphase das tatsächlich gezahlte Entgelt heranzuziehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Freistellung nicht die Mehrarbeit im Bemessungszeitraum ausgeglichen hat. Hierbei ist der Freizeitausgleich zunächst der zeitlich am weitesten zurückliegenden Mehrarbeit zuzuordnen.
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 7. März 2003 wird abgeändert und der Bescheid vom 22. März 2001 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 17. August 2001 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 8. Dezember 2000 und die Folgebescheide abzuändern und der Klägerin Arbeitslosengeld nach einem anfänglichen Bemessungsentgelt von 1220 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Zehntel zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes, das die Klägerin ab 1. Oktober 2000 von der Beklagten zu beanspruchen hat.
Die am 1943 geborene Klägerin meldete sich am 21. September 2000 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 1. Oktober 2000. Nach der Arbeitsbescheinigung des Staatlichen Schulamtes G. vom 26. September 2000 war sie vom 12. Juni 1963 bis 30. September 2000 als Lehrerin an der Grundschule T. beschäftigt gewesen. Die tarifliche Arbeitszeit habe vom 1. August 1997 bis 30. September 2000 21,87 Stunden betragen. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten betrage 27 Stunden pro Woche. Die Arbeit sei durch Kündigung der Arbeitnehmerin vom 30. März 2000 zum 30. September 2000 aus gesundheitlichen Gründen beendet worden. Das Arbeitsentgelt betrug in der Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 31. Juli 2000 monatlich gleichbleibend 4.715,66 DM und in den Monaten August und September 2000 je 4.838,47 DM. Die Beklagte gab dem Antrag statt und bewilligte der Klägerin ab 1. Oktober 2000 Arbeitslosengeld in der Leistungsgruppe D/0 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.200,00 DM in Höhe von 285,39 DM (Bescheid vom 8. Dezember 2000).
Mit Schreiben vom 1. März 2001 teilte das Regierungspräsidium Dessau der Beklagten mit, die Klägerin habe im Monat Februar 2001 eine beitragspflichtige Einmalzahlung in Höhe von 12.552,43 DM erhalten. Hierbei handele es sich um die Auszahlung eines Wertguthabens, welches im Sinne von § 7 Abs. 1a des Sozialgesetzbuches – Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) erarbeitet, aber nicht vereinbarungsgemäß verwendet worden sei (§ 23b SGB IV). Am 16. März 2001 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag und verlangte die Berücksichtigung der Einmalzahlung. Diese habe sie als Nachzahlung für die geleisteten Überstunden in den 21 Monaten vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erhalten. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. März 2001 die Überprüfung ihres Bescheides vom 8. Dezember 2000 ab, weil das Wertguthaben für eine zuvor erbrachte Arbeitsleistung, das wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während der Arbeitsphase in der noch vorgesehenen Zeit der Freistellung nicht mehr gezahlt werden könne, bei der Bemessung der Leistung unberücksichtigt bleibe. Die Klägerin erhob am 28. März 2001 Widerspruch und erklärte, es dürfe sich nicht zu ihrem Nachteil auswirken, dass ihr Arbeitgeber die Vergütung für die Überstunden nicht früher ausgezahlt habe. Sie verwies auf eine Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2000 von einem Nettoverdienst in Höhe von 7.993,00 DM ausgehe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2001 zurück, weil das Wertguthaben aus einer zuvor erbrachten Arbeitsleistung, das nicht laufend für eine Zeit der Freistellung bezahlt worden sei oder wegen vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während der Arbeits- oder Freistellungsphase in der noch vorgesehenen Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung nicht mehr gezahlt werden könne, bei der Bemessung der Leistung unberücksichtigt bleibe.
Hiergegen richtet sich die am 28. August 2001 beim Sozialgericht Dessau eingegangene Klage. Die Klägerin hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und den Tarifvertrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts (Arbeitsplatzsicherung TV Schulen LSA) vorgelegt, auf dem die Arbeitszeitregelung beruht.
Das Sozialgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 7. März 2003 abgewiesen und dazu ausgeführt, die Klägerin habe ein Wertguthaben im Sinne des § 7 Abs. 1a SGB IV erhalten. Grundlage sei die Arbeitszeitvereinbarung im Tarifvertrag gewesen, der vom 1. August 1997 bis 31. Juli 2003 gelte. Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages sei die regelmäßige Arbeitszeit zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten ab 1. August 1997 an Grundschulen auf 81 v. H. herabgesetzt worden (durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit). Nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages erhalte der Arbeitnehmer, für den eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach Abs. 1 vereinbart worden sei, von der Summe der Vergütung den in Abs. 1 bestimmten Vomhundertsatz. § 3 Abs. 1 des Tarifvertrages räume dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein, die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfs auf Anordnung bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Lehrkraft ohne Anwendung des Tarifvertrages zu überschreiten. Entsprechend § 4 des Tarifvertrages würden für diesen Fall Konten über den Arbeitszeitausgleich eingerichtet. Auf dem Konto über den Arbeitszeitausgleich seien die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit und die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit zu verbuchen. Überschreite die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, so ergebe die Differenz die Höhe des Zeitguthabens. Der Arbeitszeitausgleich solle bis zum Ende des Vertragszeitraumes erfolgen. Sei dies aus Gründen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten habe, nicht möglich, so sei der Geldwert des Arbeitszeitguthabens spätestens drei Monate nach Ende des Zeitraumes der Führung von Arbeitszeitkonten bzw. nach dem Ausfall auszuzahlen. Der Geldwert werde durch den Bruchteil der Vergütung für die der Fälligkeit vorausgehenden zwölf Monate einschließlich der Zuwendung, der der Stundenzahl des Zeitguthabens entspreche, bestimmt. Wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Arbeitszeitausgleich für die Klägerin nicht mehr erfolgen können. Das Zeitguthaben sei als Einmalbetrag in Geld ausgezahlt worden. Dieser Betrag solle nach § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches – Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) auf die Berechnung des Arbeitslosengeldes keinen Einfluss haben, weil es nicht zum laufenden Arbeitsentgelt gehöre. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung komme es nicht an.
Gegen das ihr am 4. April 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. April 2003 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor, auf die Gehaltsnachzahlung seien Beiträge einschließlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden. Sie habe tatsächlich voll gearbeitet und sei nur zu 81 % bezahlt worden. Es handele sich nicht um ein Wertgutachten für Mehrstunden bzw. Überstunden, sondern um Arbeitsentgelt für nicht bezahlte regelmäßige Arbeitszeit innerhalb der Regelstundenzahl (Differenz von 100 % Arbeitsleistung zu 81 % Entlohnung der Leistung). Sie habe in der Zeit von 1997 bis 2000 nachweislich 300 Unterrichtsstunden unentgeltlich geleistet. Vor ihrem Ausscheiden zum 30. September 2000 habe sie 118 Stunden durch Freizeit abbauen dürfen. Obwohl seit dem 30. März 2000 ihr Ausscheiden bekannt gewesen sei, sei ihr entgegen dem Tarifvertrag der Abbau von weiteren 181 Stunden durch Freizeit nicht genehmigt worden. Es sei nicht rechtens, dass sie für die geleistete "Mehrarbeit" von 181 Unterrichtsstunden und die dafür erfolgte Gehaltsnachzahlung von 12.552,00 DM die Arbeitslosenversicherung habe zahlen müssen und im konkreten Fall der Arbeitslosigkeit dieser Betrag bei der Höhe des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 7. März 2003 und den Bescheid vom 22. März 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. Dezember 2000 sowie die Folgebescheide abzuändern und ihr Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer weiteren Arbeitszeit von 20,79 Unterrichtsstunden im Bemessungszeitraum zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei der Einmalzahlung von 12.552,43 DM handele es sich unzweifelhaft um ein Wertguthaben im Sinne von § 7 Abs. 1a SGB IV; der überwiegende Teil des Guthabens sei im Zeitraum vor dem Bemessungszeitraum erarbeitet worden. Die Berücksichtigung des Wertguthabens sei nach der gesetzlichen Regelung insgesamt nicht möglich, auch nicht anteilig.
Auf Anfrage des Senats hat die Oberfinanzdirektion mitgeteilt, auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin seien
für das Schuljahr 1997/1998 119,57 Stunden für das Schuljahr 1998/1999 156,11 Stunden für das Schuljahr 1999/2000 23,44 Stunden und für das Schuljahr 2000/2001 -118,10 Stunden erfasst.
Daraus ergebe sich ein Zeitguthaben in Höhe von 181,02 Stunden.
Das Landesverwaltungsamt hat mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 die von der Klägerin geleistete Mehrarbeit mit 0,63 Stunden/Woche im Schuljahr 1999/2000 angegeben. Für das gesamte Schuljahr ergaben sich damit 23,44 Stunden Mehrarbeit. Nach einem Erlass des Kultusministers vom 22. Juli 1999 waren in B. in der Grundschule im Schuljahr 1999/2000 wöchentlich 22,5 Stunden zu unterrichten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte des Gerichts und die Verwaltungsakte verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, da der Streitwert die Beschwerdegrenze von 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag ist die Berufung begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtwidrig, soweit bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts das Arbeitsentgelt für die Mehrarbeit im Bemessungszeitraum nicht berücksichtigt worden ist. Die Beklagte hat es deshalb mit Bescheid vom 22. März 2001 zu Unrecht abgelehnt, den Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin ab 1. Oktober 2000 neu zu berechnen.
Rechtsgrundlage ist zunächst § 44 des Sozialgesetzbuches – Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, wenn deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Die Beklagte hat das Recht unrichtig angewandt, als sie das Arbeitslosengeld, das der Klägerin seit 1. Oktober 2000 zustand, ohne Berücksichtigung der Vergütung für Mehrarbeit im Bemessungszeitraum berechnet hat.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Nach § 129 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose ohne steuerlich berücksichtigungsfähige Kinder 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Klägerin hat sich zum 1. Oktober 2000 arbeitslos gemeldet. Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Nach der Arbeitsbescheinigung des Staatlichen Schulamtes G. war die gesamte Arbeitszeit der Klägerin bis zum 30. September 2000 bei ihrem Ausscheiden abgerechnet. Der Bemessungszeitraum umfasste deshalb die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000.
Nach § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III in der Fassung bis zum 31. Dezember 2004 (jetzt § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB III) ist als Entgelt zugrunde zu legen, für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a des Vierten Buches erzielt hätte; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt. § 7 Abs. 1a SGB IV bestimmt, dass während der Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung eine Beschäftigung gegen Entgelt besteht, wenn für Zeiten einer Freistellung Arbeitsentgelt fällig ist und 1. die Freistellung auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt und 2. die Höhe des für die Zeit der Freistellung und des für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate monatlich fälligen Arbeitsentgelts nicht unangemessen voneinander abweichen und diese Arbeitsentgelte 400 EUR übersteigen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen hier vor. Die Klägerin und das Land Sachsen-Anhalt haben durch eine schriftliche Vereinbarung Zeiten der Freistellung festgelegt. Die Klägerin ist durchgehend für eine Arbeitszeit von 81 % der Regelarbeitszeit bezahlt worden, auch soweit sie durch Freizeit von 118,10 Stunden die vorher geleistete Mehrarbeit ausgeglichen hat, so dass an der Angemessenheit der Bezahlung für die gesamte Zeit kein Zweifel besteht. Nach § 23b Abs. 1 Satz 1 SGB IV war das jeweils zu zahlende Arbeitsentgelt der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
Im Bemessungszeitraum hat die Klägerin nach der Arbeitsbescheinigung vom 5. Juli 2000 insgesamt 56.833,54 DM erhalten. Daraus errechnet sich ein Wochenbetrag in Höhe von 1.092,95 DM, der nach § 434c Abs. 1 SGB III um 10 % zu erhöhen war. Der sich daraus ergebende Betrag von 1.202,25 DM war auf 1.200,00 DM abzurunden (§ 132 Abs. 3 SGB III). Von diesem Bemessungsentgelt ist die Beklagte im Bescheid vom 8. Dezember 2000 ausgegangen und hat der Klägerin die ihr danach zustehende Leistung in der Leistungsgruppe D/0 (später C/0) bewilligt.
Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf höheres Bemessungsentgelt. Nach § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ist nicht das im Bemessungszeitraum erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Für Zeiten der Arbeitsleistung ist das Arbeitsentgelt heranzuziehen, das für die erbrachte Arbeit ohne die Vereinbarung eines Freizeitausgleichs zu zahlen gewesen wäre. Das ist hier das gezahlte Entgelt zuzüglich der Vergütung für Mehrarbeit, soweit diese in den Bemessungszeitraum fällt. Das Schuljahr 1999/2000 begann in Sachsen-Anhalt am 2. September 1999 und endete am 12. Juli 2000. In der Zeit vom 24. August bis 30. September 2000 hat die Klägerin keine Mehrarbeit mehr geleistet. Im Monat September 1999 hat sie an 21 Unterrichtstagen im Umfang von 22,50 Wochenstunden gearbeitet. Daraus errechnet sich eine Mehrarbeitszeit von 2,646 Stunden, die von der Mehrarbeit des Schuljahres 1999/2000 abzuziehen ist. Die Klägerin hat damit im Bemessungszeitraum 20,79 Stunden Mehrarbeit geleistet.
Nach dem Wortlaut des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ist für die Zeiten der Beschäftigung das erarbeitete Entgelt und für die Zeit der Freistellung das gezahlte Entgelt zu berücksichtigen. Damit sollen Nachteile bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes vermieden werden, wenn der Arbeitslose im Bemessungszeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis mit flexibler Arbeitszeit gestanden hat. Der Bemessung des Arbeitslosengeldes ist danach nicht das ursprünglich vereinbarte Arbeitsentgelt, sondern das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum für die geleistete Arbeitszeit erzielt hätte, wenn eine Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a SGB IV nicht geschlossen worden wäre. Umfasst der Bemessungszeitraum Zeiten einer Freistellung, ist für diese Zeiten das Arbeitsentgelt maßgeblich, das der Erhebung der Beiträge zugrunde lag (BT-Drs. 13/9818 S. 12 Zu Art. 2 Nr. 2). Danach ist bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung immer das im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt maßgeblich. Für eine Teilzeitbeschäftigung, bei der Blockarbeitszeiten mit Freizeiten wechseln, wird im Anschluss an eine Beschäftigungsphase das Arbeitsentgelt für eine Vollzeitbeschäftigung bzw. die tatsächlich geleistete Arbeitszeit berücksichtigt.
Aus der Gesetzesbegründung geht nicht hervor, ob der Gesetzgeber auch die Konstellation erfassen wollte, dass im Bemessungszeitraum Zeiten einer Vollbeschäftigung mit Zeiten eines bezahlten Freizeitausgleichs wechseln und dadurch das gesamte im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt tatsächlich auch gezahlt wird. Der Wortlaut des Gesetzes ist allerdings eindeutig und schreibt für die möglichen Zeiten ohne Einschränkung oder Saldierung der gesamten geleisteten Arbeitszeit im Bemessungszeitraum deren jeweilige Bewertung bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes vor (ebenso Pawlak in Kasseler Handbuch zum Arbeitsförderungsrecht, 2003 S. 711/712). Für die Ansicht Valgolios in Hauck/Noftz, SGB III, 5. Lfg. 1999 § 134 Rnr. 87, es sei nur das beitragspflichtige Entgelt für die gesamte Bemessungszeit maßgeblich, wenn im Bemessungszeitraum Beschäftigungszeiten mit Freizeiten wechseln (so auch Diller, NZA 1998 S. 792, 794), der Wortlaut der Vorschrift sei insoweit missverständlich, fehlt jeder Anhaltspunkt.
Gegen eine einschränkende Auslegung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut. Die Heranziehung des erarbeiteten Entgelts statt des erzielten Entgelts führt immer zu einer Abweichung von den allgemeinen Bemessungsgrundsätzen und bewirkt regelmäßig eine Begünstigung der Arbeitnehmer bei Teilzeitvereinbarungen. Auch wird wegen des Einsatzes des gezahlten Entgelts für die Freistellungsphase von dem Grundsatz abgewichen, dass in das Bemessungsentgelt nur das im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt eingeht. Diese Auslegung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III vermeidet auch die sich aus der Auszahlung des Wertguthabens ergebenden verfassungsrechtlichen Probleme, wenn das Wertguthaben für Arbeitszeiten innerhalb des Bemessungszeitraums bestimmt ist (Valgolio, a.a.O., Rdnr. 55). Für die wörtliche Anwendung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III spricht im vorliegenden Fall zusätzlich, dass die Zeit der Freistellung im Bemessungszeitraum nicht die gesamte Mehrarbeit der Klägerin auf ihrem Arbeitszeitkonto ausgeglichen hat, sondern nur etwa 30 %. Unter Anwendung des Rechtsgedankens aus § 366 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Freizeitausgleich nicht der Mehrarbeit im Bemessungszeitraum, sondern der im Schuljahr 1997/1998 zuzuordnen, so dass kein Freizeitausgleich für den Bemessungszeitraum erfolgt und die Berücksichtigung der Mehrarbeit bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts sachgerecht ist.
Zu dem im Bemessungszeitraum gezahlten Arbeitsentgelt von 56.833,54 DM ist deshalb die Bezahlung für die Mehrarbeit hinzuzurechnen. Die Unterrichtszeit betrug bei 21,87 Stunden pro Woche, die monatlich bezahlt worden sind, 94,77 Stunden monatlich. Bei einer Bezahlung von 4.715,66 DM für die Monat Oktober 1999 bis Juli 2000 errechnet sich ein Entgelt von 49,76 DM pro Unterrichtsstunde. Für die 20,79 berücksichtungsfähigen Mehrarbeitsstunden ergibt sich eine zusätzliche Entlohnung von 1.034,93 DM. Im Bemessungszeitraum sind somit 57.868,48 DM zu berücksichtigen. Bei 52 Wochen beträgt das ungerundete Bemessungsentgelt 1.112,86 DM. Nach Anwendung von § 434c Abs. 1 SGB III ergibt sich ein Betrag von 1.224,15 DM, der auf 1220 DM abzurunden ist (§ 132 Abs. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Arbeitsentgelt, als sich unter Berücksichtigung des Bemessungsentgelts von anfänglich 1220 DM ergibt. Insbesondere ist das Bemessungsentgelt nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in der bis zum 31. Januar 2000 geltenden Fassung nicht unter Berücksichtigung des Wertguthabens zu erhöhen, das ihr nachträglich ausgezahlt worden ist. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag auf die Berücksichtigung des Entgelts für die Mehrarbeit im Bemessungszeitraum beschränkt.
In diesem Umfang war die Berufung erfolgreich und das Urteil des Sozialgerichts Dessau abzuändern. Der angefochtene Bescheid der Beklagte musste aufgehoben werden, weil die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld nach einem anfänglichen Bemessungsentgelt von 1.220 DM hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin ursprünglich die Berechnung ihres Arbeitslosengeldanspruchs unter Berücksichtigung des gesamten Wertguthabens angestrebt hat.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil über die Auslegung von § 134 Abs. 3 Nr. 4 SGB III a. F. bzw. § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB III n. F. beim Zusammentreffen von Beschäftigungszeiten und Freistellungszeiten im Bemessungszeitraum höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 8. Dezember 2000 und die Folgebescheide abzuändern und der Klägerin Arbeitslosengeld nach einem anfänglichen Bemessungsentgelt von 1220 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Zehntel zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes, das die Klägerin ab 1. Oktober 2000 von der Beklagten zu beanspruchen hat.
Die am 1943 geborene Klägerin meldete sich am 21. September 2000 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 1. Oktober 2000. Nach der Arbeitsbescheinigung des Staatlichen Schulamtes G. vom 26. September 2000 war sie vom 12. Juni 1963 bis 30. September 2000 als Lehrerin an der Grundschule T. beschäftigt gewesen. Die tarifliche Arbeitszeit habe vom 1. August 1997 bis 30. September 2000 21,87 Stunden betragen. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten betrage 27 Stunden pro Woche. Die Arbeit sei durch Kündigung der Arbeitnehmerin vom 30. März 2000 zum 30. September 2000 aus gesundheitlichen Gründen beendet worden. Das Arbeitsentgelt betrug in der Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 31. Juli 2000 monatlich gleichbleibend 4.715,66 DM und in den Monaten August und September 2000 je 4.838,47 DM. Die Beklagte gab dem Antrag statt und bewilligte der Klägerin ab 1. Oktober 2000 Arbeitslosengeld in der Leistungsgruppe D/0 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.200,00 DM in Höhe von 285,39 DM (Bescheid vom 8. Dezember 2000).
Mit Schreiben vom 1. März 2001 teilte das Regierungspräsidium Dessau der Beklagten mit, die Klägerin habe im Monat Februar 2001 eine beitragspflichtige Einmalzahlung in Höhe von 12.552,43 DM erhalten. Hierbei handele es sich um die Auszahlung eines Wertguthabens, welches im Sinne von § 7 Abs. 1a des Sozialgesetzbuches – Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) erarbeitet, aber nicht vereinbarungsgemäß verwendet worden sei (§ 23b SGB IV). Am 16. März 2001 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag und verlangte die Berücksichtigung der Einmalzahlung. Diese habe sie als Nachzahlung für die geleisteten Überstunden in den 21 Monaten vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erhalten. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. März 2001 die Überprüfung ihres Bescheides vom 8. Dezember 2000 ab, weil das Wertguthaben für eine zuvor erbrachte Arbeitsleistung, das wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während der Arbeitsphase in der noch vorgesehenen Zeit der Freistellung nicht mehr gezahlt werden könne, bei der Bemessung der Leistung unberücksichtigt bleibe. Die Klägerin erhob am 28. März 2001 Widerspruch und erklärte, es dürfe sich nicht zu ihrem Nachteil auswirken, dass ihr Arbeitgeber die Vergütung für die Überstunden nicht früher ausgezahlt habe. Sie verwies auf eine Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2000 von einem Nettoverdienst in Höhe von 7.993,00 DM ausgehe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2001 zurück, weil das Wertguthaben aus einer zuvor erbrachten Arbeitsleistung, das nicht laufend für eine Zeit der Freistellung bezahlt worden sei oder wegen vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während der Arbeits- oder Freistellungsphase in der noch vorgesehenen Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung nicht mehr gezahlt werden könne, bei der Bemessung der Leistung unberücksichtigt bleibe.
Hiergegen richtet sich die am 28. August 2001 beim Sozialgericht Dessau eingegangene Klage. Die Klägerin hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und den Tarifvertrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts (Arbeitsplatzsicherung TV Schulen LSA) vorgelegt, auf dem die Arbeitszeitregelung beruht.
Das Sozialgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 7. März 2003 abgewiesen und dazu ausgeführt, die Klägerin habe ein Wertguthaben im Sinne des § 7 Abs. 1a SGB IV erhalten. Grundlage sei die Arbeitszeitvereinbarung im Tarifvertrag gewesen, der vom 1. August 1997 bis 31. Juli 2003 gelte. Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages sei die regelmäßige Arbeitszeit zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten ab 1. August 1997 an Grundschulen auf 81 v. H. herabgesetzt worden (durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit). Nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages erhalte der Arbeitnehmer, für den eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach Abs. 1 vereinbart worden sei, von der Summe der Vergütung den in Abs. 1 bestimmten Vomhundertsatz. § 3 Abs. 1 des Tarifvertrages räume dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein, die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfs auf Anordnung bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Lehrkraft ohne Anwendung des Tarifvertrages zu überschreiten. Entsprechend § 4 des Tarifvertrages würden für diesen Fall Konten über den Arbeitszeitausgleich eingerichtet. Auf dem Konto über den Arbeitszeitausgleich seien die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit und die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit zu verbuchen. Überschreite die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, so ergebe die Differenz die Höhe des Zeitguthabens. Der Arbeitszeitausgleich solle bis zum Ende des Vertragszeitraumes erfolgen. Sei dies aus Gründen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten habe, nicht möglich, so sei der Geldwert des Arbeitszeitguthabens spätestens drei Monate nach Ende des Zeitraumes der Führung von Arbeitszeitkonten bzw. nach dem Ausfall auszuzahlen. Der Geldwert werde durch den Bruchteil der Vergütung für die der Fälligkeit vorausgehenden zwölf Monate einschließlich der Zuwendung, der der Stundenzahl des Zeitguthabens entspreche, bestimmt. Wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Arbeitszeitausgleich für die Klägerin nicht mehr erfolgen können. Das Zeitguthaben sei als Einmalbetrag in Geld ausgezahlt worden. Dieser Betrag solle nach § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches – Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) auf die Berechnung des Arbeitslosengeldes keinen Einfluss haben, weil es nicht zum laufenden Arbeitsentgelt gehöre. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung komme es nicht an.
Gegen das ihr am 4. April 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. April 2003 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor, auf die Gehaltsnachzahlung seien Beiträge einschließlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden. Sie habe tatsächlich voll gearbeitet und sei nur zu 81 % bezahlt worden. Es handele sich nicht um ein Wertgutachten für Mehrstunden bzw. Überstunden, sondern um Arbeitsentgelt für nicht bezahlte regelmäßige Arbeitszeit innerhalb der Regelstundenzahl (Differenz von 100 % Arbeitsleistung zu 81 % Entlohnung der Leistung). Sie habe in der Zeit von 1997 bis 2000 nachweislich 300 Unterrichtsstunden unentgeltlich geleistet. Vor ihrem Ausscheiden zum 30. September 2000 habe sie 118 Stunden durch Freizeit abbauen dürfen. Obwohl seit dem 30. März 2000 ihr Ausscheiden bekannt gewesen sei, sei ihr entgegen dem Tarifvertrag der Abbau von weiteren 181 Stunden durch Freizeit nicht genehmigt worden. Es sei nicht rechtens, dass sie für die geleistete "Mehrarbeit" von 181 Unterrichtsstunden und die dafür erfolgte Gehaltsnachzahlung von 12.552,00 DM die Arbeitslosenversicherung habe zahlen müssen und im konkreten Fall der Arbeitslosigkeit dieser Betrag bei der Höhe des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 7. März 2003 und den Bescheid vom 22. März 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. Dezember 2000 sowie die Folgebescheide abzuändern und ihr Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer weiteren Arbeitszeit von 20,79 Unterrichtsstunden im Bemessungszeitraum zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei der Einmalzahlung von 12.552,43 DM handele es sich unzweifelhaft um ein Wertguthaben im Sinne von § 7 Abs. 1a SGB IV; der überwiegende Teil des Guthabens sei im Zeitraum vor dem Bemessungszeitraum erarbeitet worden. Die Berücksichtigung des Wertguthabens sei nach der gesetzlichen Regelung insgesamt nicht möglich, auch nicht anteilig.
Auf Anfrage des Senats hat die Oberfinanzdirektion mitgeteilt, auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin seien
für das Schuljahr 1997/1998 119,57 Stunden für das Schuljahr 1998/1999 156,11 Stunden für das Schuljahr 1999/2000 23,44 Stunden und für das Schuljahr 2000/2001 -118,10 Stunden erfasst.
Daraus ergebe sich ein Zeitguthaben in Höhe von 181,02 Stunden.
Das Landesverwaltungsamt hat mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 die von der Klägerin geleistete Mehrarbeit mit 0,63 Stunden/Woche im Schuljahr 1999/2000 angegeben. Für das gesamte Schuljahr ergaben sich damit 23,44 Stunden Mehrarbeit. Nach einem Erlass des Kultusministers vom 22. Juli 1999 waren in B. in der Grundschule im Schuljahr 1999/2000 wöchentlich 22,5 Stunden zu unterrichten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte des Gerichts und die Verwaltungsakte verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, da der Streitwert die Beschwerdegrenze von 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
Mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag ist die Berufung begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtwidrig, soweit bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts das Arbeitsentgelt für die Mehrarbeit im Bemessungszeitraum nicht berücksichtigt worden ist. Die Beklagte hat es deshalb mit Bescheid vom 22. März 2001 zu Unrecht abgelehnt, den Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin ab 1. Oktober 2000 neu zu berechnen.
Rechtsgrundlage ist zunächst § 44 des Sozialgesetzbuches – Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, wenn deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Die Beklagte hat das Recht unrichtig angewandt, als sie das Arbeitslosengeld, das der Klägerin seit 1. Oktober 2000 zustand, ohne Berücksichtigung der Vergütung für Mehrarbeit im Bemessungszeitraum berechnet hat.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Nach § 129 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose ohne steuerlich berücksichtigungsfähige Kinder 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Klägerin hat sich zum 1. Oktober 2000 arbeitslos gemeldet. Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Nach der Arbeitsbescheinigung des Staatlichen Schulamtes G. war die gesamte Arbeitszeit der Klägerin bis zum 30. September 2000 bei ihrem Ausscheiden abgerechnet. Der Bemessungszeitraum umfasste deshalb die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000.
Nach § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III in der Fassung bis zum 31. Dezember 2004 (jetzt § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB III) ist als Entgelt zugrunde zu legen, für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a des Vierten Buches erzielt hätte; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt. § 7 Abs. 1a SGB IV bestimmt, dass während der Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung eine Beschäftigung gegen Entgelt besteht, wenn für Zeiten einer Freistellung Arbeitsentgelt fällig ist und 1. die Freistellung auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt und 2. die Höhe des für die Zeit der Freistellung und des für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate monatlich fälligen Arbeitsentgelts nicht unangemessen voneinander abweichen und diese Arbeitsentgelte 400 EUR übersteigen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen hier vor. Die Klägerin und das Land Sachsen-Anhalt haben durch eine schriftliche Vereinbarung Zeiten der Freistellung festgelegt. Die Klägerin ist durchgehend für eine Arbeitszeit von 81 % der Regelarbeitszeit bezahlt worden, auch soweit sie durch Freizeit von 118,10 Stunden die vorher geleistete Mehrarbeit ausgeglichen hat, so dass an der Angemessenheit der Bezahlung für die gesamte Zeit kein Zweifel besteht. Nach § 23b Abs. 1 Satz 1 SGB IV war das jeweils zu zahlende Arbeitsentgelt der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
Im Bemessungszeitraum hat die Klägerin nach der Arbeitsbescheinigung vom 5. Juli 2000 insgesamt 56.833,54 DM erhalten. Daraus errechnet sich ein Wochenbetrag in Höhe von 1.092,95 DM, der nach § 434c Abs. 1 SGB III um 10 % zu erhöhen war. Der sich daraus ergebende Betrag von 1.202,25 DM war auf 1.200,00 DM abzurunden (§ 132 Abs. 3 SGB III). Von diesem Bemessungsentgelt ist die Beklagte im Bescheid vom 8. Dezember 2000 ausgegangen und hat der Klägerin die ihr danach zustehende Leistung in der Leistungsgruppe D/0 (später C/0) bewilligt.
Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf höheres Bemessungsentgelt. Nach § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ist nicht das im Bemessungszeitraum erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Für Zeiten der Arbeitsleistung ist das Arbeitsentgelt heranzuziehen, das für die erbrachte Arbeit ohne die Vereinbarung eines Freizeitausgleichs zu zahlen gewesen wäre. Das ist hier das gezahlte Entgelt zuzüglich der Vergütung für Mehrarbeit, soweit diese in den Bemessungszeitraum fällt. Das Schuljahr 1999/2000 begann in Sachsen-Anhalt am 2. September 1999 und endete am 12. Juli 2000. In der Zeit vom 24. August bis 30. September 2000 hat die Klägerin keine Mehrarbeit mehr geleistet. Im Monat September 1999 hat sie an 21 Unterrichtstagen im Umfang von 22,50 Wochenstunden gearbeitet. Daraus errechnet sich eine Mehrarbeitszeit von 2,646 Stunden, die von der Mehrarbeit des Schuljahres 1999/2000 abzuziehen ist. Die Klägerin hat damit im Bemessungszeitraum 20,79 Stunden Mehrarbeit geleistet.
Nach dem Wortlaut des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ist für die Zeiten der Beschäftigung das erarbeitete Entgelt und für die Zeit der Freistellung das gezahlte Entgelt zu berücksichtigen. Damit sollen Nachteile bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes vermieden werden, wenn der Arbeitslose im Bemessungszeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis mit flexibler Arbeitszeit gestanden hat. Der Bemessung des Arbeitslosengeldes ist danach nicht das ursprünglich vereinbarte Arbeitsentgelt, sondern das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum für die geleistete Arbeitszeit erzielt hätte, wenn eine Vereinbarung nach § 7 Abs. 1a SGB IV nicht geschlossen worden wäre. Umfasst der Bemessungszeitraum Zeiten einer Freistellung, ist für diese Zeiten das Arbeitsentgelt maßgeblich, das der Erhebung der Beiträge zugrunde lag (BT-Drs. 13/9818 S. 12 Zu Art. 2 Nr. 2). Danach ist bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung immer das im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt maßgeblich. Für eine Teilzeitbeschäftigung, bei der Blockarbeitszeiten mit Freizeiten wechseln, wird im Anschluss an eine Beschäftigungsphase das Arbeitsentgelt für eine Vollzeitbeschäftigung bzw. die tatsächlich geleistete Arbeitszeit berücksichtigt.
Aus der Gesetzesbegründung geht nicht hervor, ob der Gesetzgeber auch die Konstellation erfassen wollte, dass im Bemessungszeitraum Zeiten einer Vollbeschäftigung mit Zeiten eines bezahlten Freizeitausgleichs wechseln und dadurch das gesamte im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt tatsächlich auch gezahlt wird. Der Wortlaut des Gesetzes ist allerdings eindeutig und schreibt für die möglichen Zeiten ohne Einschränkung oder Saldierung der gesamten geleisteten Arbeitszeit im Bemessungszeitraum deren jeweilige Bewertung bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes vor (ebenso Pawlak in Kasseler Handbuch zum Arbeitsförderungsrecht, 2003 S. 711/712). Für die Ansicht Valgolios in Hauck/Noftz, SGB III, 5. Lfg. 1999 § 134 Rnr. 87, es sei nur das beitragspflichtige Entgelt für die gesamte Bemessungszeit maßgeblich, wenn im Bemessungszeitraum Beschäftigungszeiten mit Freizeiten wechseln (so auch Diller, NZA 1998 S. 792, 794), der Wortlaut der Vorschrift sei insoweit missverständlich, fehlt jeder Anhaltspunkt.
Gegen eine einschränkende Auslegung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut. Die Heranziehung des erarbeiteten Entgelts statt des erzielten Entgelts führt immer zu einer Abweichung von den allgemeinen Bemessungsgrundsätzen und bewirkt regelmäßig eine Begünstigung der Arbeitnehmer bei Teilzeitvereinbarungen. Auch wird wegen des Einsatzes des gezahlten Entgelts für die Freistellungsphase von dem Grundsatz abgewichen, dass in das Bemessungsentgelt nur das im Bemessungszeitraum erarbeitete Entgelt eingeht. Diese Auslegung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III vermeidet auch die sich aus der Auszahlung des Wertguthabens ergebenden verfassungsrechtlichen Probleme, wenn das Wertguthaben für Arbeitszeiten innerhalb des Bemessungszeitraums bestimmt ist (Valgolio, a.a.O., Rdnr. 55). Für die wörtliche Anwendung des § 134 Abs. 2 Nr. 4 SGB III spricht im vorliegenden Fall zusätzlich, dass die Zeit der Freistellung im Bemessungszeitraum nicht die gesamte Mehrarbeit der Klägerin auf ihrem Arbeitszeitkonto ausgeglichen hat, sondern nur etwa 30 %. Unter Anwendung des Rechtsgedankens aus § 366 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Freizeitausgleich nicht der Mehrarbeit im Bemessungszeitraum, sondern der im Schuljahr 1997/1998 zuzuordnen, so dass kein Freizeitausgleich für den Bemessungszeitraum erfolgt und die Berücksichtigung der Mehrarbeit bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts sachgerecht ist.
Zu dem im Bemessungszeitraum gezahlten Arbeitsentgelt von 56.833,54 DM ist deshalb die Bezahlung für die Mehrarbeit hinzuzurechnen. Die Unterrichtszeit betrug bei 21,87 Stunden pro Woche, die monatlich bezahlt worden sind, 94,77 Stunden monatlich. Bei einer Bezahlung von 4.715,66 DM für die Monat Oktober 1999 bis Juli 2000 errechnet sich ein Entgelt von 49,76 DM pro Unterrichtsstunde. Für die 20,79 berücksichtungsfähigen Mehrarbeitsstunden ergibt sich eine zusätzliche Entlohnung von 1.034,93 DM. Im Bemessungszeitraum sind somit 57.868,48 DM zu berücksichtigen. Bei 52 Wochen beträgt das ungerundete Bemessungsentgelt 1.112,86 DM. Nach Anwendung von § 434c Abs. 1 SGB III ergibt sich ein Betrag von 1.224,15 DM, der auf 1220 DM abzurunden ist (§ 132 Abs. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Arbeitsentgelt, als sich unter Berücksichtigung des Bemessungsentgelts von anfänglich 1220 DM ergibt. Insbesondere ist das Bemessungsentgelt nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in der bis zum 31. Januar 2000 geltenden Fassung nicht unter Berücksichtigung des Wertguthabens zu erhöhen, das ihr nachträglich ausgezahlt worden ist. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag auf die Berücksichtigung des Entgelts für die Mehrarbeit im Bemessungszeitraum beschränkt.
In diesem Umfang war die Berufung erfolgreich und das Urteil des Sozialgerichts Dessau abzuändern. Der angefochtene Bescheid der Beklagte musste aufgehoben werden, weil die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld nach einem anfänglichen Bemessungsentgelt von 1.220 DM hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin ursprünglich die Berechnung ihres Arbeitslosengeldanspruchs unter Berücksichtigung des gesamten Wertguthabens angestrebt hat.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil über die Auslegung von § 134 Abs. 3 Nr. 4 SGB III a. F. bzw. § 131 Abs. 3 Nr. 2 SGB III n. F. beim Zusammentreffen von Beschäftigungszeiten und Freistellungszeiten im Bemessungszeitraum höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.
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