Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 22/98 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1997 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1938 geborene Kläger war in den Jahren 1953 bis 1977 und von 1988 an versicherungspflichtig beschäftigt und seit dem 16. Dezember 1991 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte lehnte seinen im August 1992 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit Bescheid vom 15. September 1992 mit der Begründung ab, der Kläger sei zwar seit 16. Dezember 1991 erwerbsunfähig und habe zu diesem Zeitpunkt auch die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, nicht jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 1246 Abs 2a, 1247 Abs 2a RVO. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 16. Oktober 1985 bis zum 15. Dezember 1991 habe er lediglich 29 von den erforderlichen 36 Kalendermonaten mit Pflichtbeiträgen erreicht. Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger vorbrachte, er sei erst zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erwerbsunfähig gewesen und unter Einschluß des Krankengeldbezugs ab 29. Dezember 1991 habe er auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente erfüllt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 1993 zurück. Im anschließenden Klageverfahren hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. , Direktor der Hautklinik der H. -H. -Universität D. , vom 10. Februar 1995 eingeholt. Dieser hat befunden: Der Kläger könne infolge einer chronischen venösen Insuffizienz mit Schwellungen und rezidivierenden Geschwüren an beiden Unterschenkeln nur noch halb- bis vollschichtig für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten eingesetzt werden, wenn diese im Sitzen bzw im Umhergehen ausgeübt werden könnten und eine konsequente dermatologische Therapie durchgeführt werde bzw im derzeitigen Gesundheitszustand im Sitzen die Möglichkeit zur Beinhochlagerung gegeben sei. Er könne Wegstrecken zu Fuß am Stück 100 m ohne Stock und 300 m mit Stock gehen und öffentliche Verkehrsmittel problemlos benutzen, sofern diese eine halbwegs behindertengerechte Ein- und Ausstiegsmöglichkeit böten. Diese Leistungseinschränkungen bestünden bereits seit dem Zeitpunkt eines stationären Aufenthalts in der Hautklinik im Oktober 1990. Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage durch Urteil vom 28. September 1995 abgewiesen, weil der Versicherungsfall bereits im Oktober 1990 eingetreten sei und es zu diesem Zeitpunkt an der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gefehlt habe.
Auf die Berufung hat das LSG eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. R. und ein Sachverständigengutachten des Gefäßchirurgen Dr. B. , M. , eingeholt. Prof. Dr. R. hat sein Gutachten in seiner Stellungnahme vom 6. August 1996 dahin ergänzt, daß sich seine Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf die Begutachtung im Jahre 1995 beziehe und dessen Zustand im Jahre 1990 als etwas besser anzusehen sei, da es sich im allgemeinen und bei unzureichender Behandlung und Kooperation des Patienten um ein progredientes Geschehen handele. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 8. November 1996 folgende Gesundheitsstörungen angegeben: Fehlhaltung und Verschleiß der Wirbelsäule, Kreuzbein-Darmbeingelenkverschleiß beidseits, Bauchwandschwäche und Nabelbruch sowie Funktionsstörung der tiefen Beinblutadern beidseits mit Weichteilschwellung und Hautveränderungen beidseits sowie Geschwürsbildung links und ferner einen Senk-Spreizfuß beidseits. Zum Leistungsvermögen hat Dr. B. ausgeführt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten wechselweise im Gehen und Sitzen mit gelegentlichem kurzfristigem Stehen in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Diesem Leistungsvermögen werde eine Tätigkeit als Bürohilfsarbeiter oder Pförtner gerecht. Der Kläger könne ferner Wegstrecken von mindestens 1000 m innerhalb von etwa 20 Minuten bewältigen, Voraussetzung dafür sei allerdings das Tragen von angepaßtem Schuhwerk und eine dauerhafte Kompressionsbehandlung beider Beine. Bei Benutzung eines Sitzplatzes könne er auch öffentliche Verkehrsmittel uneingeschränkt nutzen. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit habe bereits im August 1992 vorgelegen und entspreche in etwa auch der im September 1990, als es zum ersten Auftreten von Hautdefekten an beiden Unterschenkeln gekommen sei. Unter stationären Behandlungsbedingungen könnten die Geschwüre am linken Unterschenkel dauerhaft abheilen. Auch die Weichteilschwellung beider Unterschenkel könne dabei vermindert werden. Zur Vermeidung eines Wiederauftretens des Geschwürs sei die konsequente Mitarbeit des Betroffenen unerläßlich.
Zu dem Gutachten haben sich die Beteiligten im Januar bzw Februar 1997 schriftlich geäußert. Die Beklagte hat dabei die Auffassung vertreten, das Gutachten berücksichtige nicht alle beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen. Der - dem Kläger im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete - klägerische Prozeßbevollmächtigte hat angeregt, die Sachverständigen erster und zweiter Instanz zu einem Termin zu laden und zu ihren widersprüchlichen Aussagen zu befragen. Mit der Terminsmitteilung des Vorsitzenden zum Mittwoch, dem 11. Juni 1997 - dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 22. Mai 1997 und dem Kläger durch Niederlegung bei der Post am 23. Mai 1997 zugestellt - hat das LSG das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet und darauf hingewiesen, daß im Fall seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden und auch eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen könne. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 22. Mai 1997 Terminsverlegung beantragt und zur Begründung vorgetragen: Der Termin kollidiere mit einem abschließenden Termin in einem langwierigen und schwierigen anderen Verfahren vor dem SG Detmold. Eine Vertretung sei nicht möglich, weil der einzige Kollege in seiner Sozietät, der gelegentlich Termine vor dem SG wahrnehme, zum angegebenen Termin verreist sei. Im Hinblick auf die Schwierigkeit des vorliegenden Verfahrens sei aber auch hier eine Vertretung geboten. Mit der Begründung, es handele sich um einen einfach gelagerten, rein medizinische Fragen betreffenden Fall, mit der Wahrnehmung des Termins könne ein anderer Rechtsanwalt beauftragt werden, ist die Terminsverlegung durch Entscheidung des Vorsitzenden vom 28. Mai 1997 (dem Prozeßbevollmächtigten zugegangen am 2. Juni 1997) abgelehnt worden. Mit Schriftsatz vom 2. Juni 1997 hat der Prozeßbevollmächtigte mitgeteilt, der Kläger müsse ab 2. Juni 1997 für ca sechs Wochen ins Krankenhaus; da sein persönliches Erscheinen angeordnet sei und der Kläger auch im Termin erscheinen werde, sei auch aus diesem Grund Terminsverlegung erforderlich. Am 4. Juni 1997 hat der Vorsitzende zur Nachricht an den Kläger, seinen Prozeßbevollmächtigten und die Beklagte ohne Angabe von Gründen verfügt, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers werde aufgehoben; der Termin bleibe bestehen. Die Nachricht ist dem Prozeßbevollmächtigten am 5. Juni 1997 zugegangen. Mit Schreiben vom 6. Juni 1997 hat dieser erneut beantragt, den Termin aufzuheben und vorgetragen, für ihn sei der Fall nicht "einfach gelagert". Er könne nicht erkennen, wie anhand der unterschiedlichen Gutachten die Angelegenheit zu entscheiden sei; deshalb sei fraglich, wie ein Kollege, der nie vor dem SG auftrete, diese Sache bewältigen könne. Er weise darauf hin, daß er im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnet und das Mandat ihm im Hinblick darauf erteilt worden sei, daß sein Mandant zu ihm als Fachanwalt für Sozialrecht ein gewisses Vertrauen habe. Er betrachte es als Verstoß gegen seine Berufspflichten, wenn er leichtfertig jemanden, der vom Sozialrecht überhaupt keine Kenntnis habe, zum Termin in Untervollmacht bitten würde. In einem solchen Fall ohne Kläger und ohne fachkundigen Anwalt zu entscheiden, halte er für keine ordnungsgemäße und faire Verhaltensweise.
Auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 1997, in der der Kläger weder anwesend noch vertreten gewesen ist, hat das LSG auf den Antrag der Beklagten die Berufung des Klägers zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen des Urteils hat es ausgeführt: Es habe in Abwesenheit des Klägers entscheiden können, da in der Ladung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden sei. Den Termin am 11. Juni 1997 wegen der Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten oder des Krankenhausaufenthalts des Klägers aufzuheben oder die Streitsache zu vertagen, habe kein Anlaß bestanden. Den dahingehenden erneuten Antrag habe der Senat abgelehnt. Der Prozeßbevollmächtigte sei auf die Möglichkeit zu verweisen, einen anderen Rechtsanwalt, zB aus seiner Sozietät, mit der Vertretung zu beauftragen. Die Einarbeitung des Vertreters in den vorliegenden Fall, der die Frage der Erwerbsunfähigkeit betreffe, die sich aufgrund einer Würdigung der medizinischen Gutachten beantworte, sei ohne weiteres möglich und zumutbar. Ebensowenig sei der Termin wegen des Krankenhausaufenthalts des Klägers aufzuheben gewesen, nachdem die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden sei. Dieser habe selbst nicht geltend gemacht, seine persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei erforderlich; dafür sei auch nichts ersichtlich. In der Sache hat das LSG einen Rentenanspruch abgelehnt, weil der Kläger nach den überzeugenden Darlegungen des Gutachtens von Dr. B. nicht berufs- und mithin erst recht nicht erwerbsunfähig sei.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art 103 Abs 1 GG. Zur Begründung trägt er vor, das LSG habe die beantragte Terminsverlegung zu Unrecht abgelehnt. Es habe deshalb nicht in Abwesenheit des Klägers und seines Prozeßbevollmächtigten verhandeln und entscheiden dürfen. Wegen der widersprüchlichen Aussagen in den vorliegenden Sachverständigengutachten sei die mündliche Verhandlung von entscheidender Bedeutung und die Einschaltung eines nicht mit der Rechtsmaterie vertrauten Anwalts in der Kürze der Zeit nicht zumutbar gewesen. Vor der mündlichen Verhandlung sei nicht absehbar gewesen, welchem Gutachten das LSG möglicher-weise folgen und wie sich der weitere Verfahrensgang gestalten werde. Das Gericht habe auch nicht wie in ähnlich gelagerten Fällen darauf hingewiesen, daß weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und ein Antrag nach § 109 SGG anheimgestellt werde. Dagegen sei ein besonderes Beschleunigungsinteresse nicht ersichtlich gewesen; ferner sei zweifelhaft, wie die Honorierung bei Hinzuziehung eines anderen Anwalts hätte erfolgen sollen. Bei Vorlage des erneuten Verlegungsantrags habe das Gericht schon Kenntnis davon gehabt, daß der Kläger ebenfalls nicht habe erscheinen können; die Anordnung seines persönlichen Erscheinens sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen aufgehoben worden. Bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs wäre es ihm insbesondere möglich gewesen, auf Details der verschiedenen Gutachten einzugehen und das LSG von der Notwendigkeit eines weiteren, von Amts wegen einzuholenden Gutachtens zu überzeugen oder - auf entsprechenden Hinweis des Gerichts - einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 11. Juni 1997 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Einen Anhaltspunkt für die Verletzung des rechtlichen Gehörs sieht sie nicht. Das angefochtene Urteil hält sie auch sachlich für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
Der Kläger macht zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG; dazu näher BSG-Urteile vom 11. Februar 1982 - 11 RA 50/81 - BSGE 53, 83, 85 = SozR 1500 § 124 Nr 7 mwN; vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1). Die Verfahrensweise des LSG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem entgegen § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt worden ist, obwohl der Kläger eine Terminsverlegung beantragt hatte und eine solche "aus erheblichen Gründen" geboten gewesen wäre.
1. Die mündliche Verhandlung verfolgt den Zweck, im Gedankenaustausch zwischen dem Gericht und den Beteiligten den Streitstoff erschöpfend zu erörtern; sie ist die umfassenste Form der Gewährung rechtlichen Gehörs (BSG Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 79/76 - BSGE 44, 292 = SozR 1500 § 124 Nr 2 mwN). Wird daher nach dem in § 124 Abs 1 SGG enthaltenen Grundsatz aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muß den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftsätzlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der mündlichen Verhandlung darzulegen (BSG Urteil vom 27. April 1962 - 7 RAr 25/60 - BSGE 17, 44 = SozR Nr 16 zu § 62 SGG und vom 19. Dezember 1991 - 4 RA 88/90 - NJW 1992, 1190 sowie Beschluss vom 28. August 1991 - 7 BAr 50/91 - = SozR 3-1500 § 160a Nr 4 mwN).
Ein Antrag auf Terminsverlegung ist nach § 227 ZPO zu beurteilen. Diese Vorschrift ist im sozialgerichtlichen Verfahren über § 202 SGG entsprechend anzuwenden; denn der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, daß Entscheidungen möglichst rasch herbeigeführt werden sollen, gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSG Urteil vom 26. Oktober 1955 - 3 RJ 34/54 - BSGE 1, 277, 278). Für die nach § 202 SGG gebotene entsprechende Anwendung des § 227 ZPO ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Erscheinungen, die für beschleunigende Verfahrensregelungen im Zivilprozeß Anlaß gegeben haben, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht in gleicher Weise und in gleichem Umfang bedeutsam sind (vgl BSG Urteil vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1).
2. Nach § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Nach § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ZPO sind erhebliche Gründe insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, daß die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Diese Bestimmungen schränken das subjektive Interesse der Rechtssuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz durch Gewährung rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung ein. Bei ihrer Anwendung, insbesondere bei Ausfüllung der darin enthaltenen Ermessens- und Beurteilungsspielräume sind daher die vom BVerfG entwickelten Grundsätze zur Tragweite des Grundrechts auf wirkungsvollen Rechtsschutz sowie das Prozeßgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 19 Abs 4 und Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) zu beachten (BVerfG Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 125). Zu diesen Grundsätzen gehört, daß sich der Richter nicht widersprüchlich verhalten darf und allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet ist (BVerfG Beschluss vom 26. April 1988 - 1 BvR 669, 686, 687/87 - BVerfGE 78, 123, 126 mwN sowie Kammerbeschluß vom 15. August 1996 - 2 BvR 2600/95 - SGb 1997, 165). Dazu gehört ferner, daß bei der notwendigen Abwägung des allgemeinen Interesses an Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung mit dem subjektiven Interesse des Rechtssuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz die betroffenen Belange angemessen zu gewichten sind und in bezug auf die Auswirkung der Regelung auf den einzelnen Rechtssuchenden der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (BVerfG Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 124 f).
In Einklang mit diesen Verfassungsgeboten sieht die Rechtsprechung bei Vorliegen eines erheblichen Grundes das in § 227 Abs 1 ZPO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert und nimmt einen erheblichen Grund für die Aufhebung oder Verlegung eines Termins immer dann an, wenn sonst der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wäre (stRspr BSG Urteile vom 26. Oktober 1955 - 3 RJ 34/54 - BSGE 1, 277, 279 f, vom 27. April 1962 - 7 RAr 25/60 - BSGE 17, 44, 47 = SozR Nr 16 zu § 62 SGG, vom 25. Januar 1974 - 10 RV 375/73 - SozR 1750 § 227 Nr 1 -, vom 19. Dezember 1991 - 4 RA 88/90 - NJW 1992, 1190 und vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1; vgl auch BGH Urteil vom 28. April 1958 - III ZR 43/56 - BGHZ 27, 163, 167 und BVerwG Urteile vom 25. Januar 1974 - VI C 7/73 - BVerwGE 44, 307, 309 und vom 10. Dezember 1976 - VI C 40.76 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr 102 sowie Beschluss vom 23. Januar 1995 - 9 B 1/95 - NJW 1995, 1231). Ein erheblicher Grund ist danach allerdings nicht immer schon dann gegeben, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt oder der anwaltlich vertretene Kläger verhindert ist, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Ein Anspruch darauf, daß der Rechtsanwalt der eigenen Wahl den Gerichtstermin persönlich wahrnimmt, besteht grundsätzlich nicht (BSG Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 11 BAr 153/89 - nicht veröffentlicht und vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 645; BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882 sowie Beschlüsse vom 23. Januar 1995 - 9 B 1/95 - NJW 1995, 1231 und vom 19. Mai 1998 - 7 B 95/98 - RÜ BARoV 1998, 12, 41). Regelmäßig hat der anwaltlich vertretene Beteiligte auch keinen Anspruch darauf, neben dem Anwalt in der mündlichen Verhandlung gehört zu werden (BVerwG Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 7 CB 31/89 - NJW 1990, 2079, 2080 und vom 4. August 1998 - 7 B 127/98 - nicht veröffentlicht; vgl auch Knittel in Hennig, SGG-Komm § 110 SGG, RdNr 19, Stand: März 1998; Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 6. Aufl, 1998, § 110 RdNr 6). Ein erheblicher Grund ist jedoch anzunehmen, wenn in der konkreten Situation der Verweis auf die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt die Belange des Beteiligten unverhältnismäßig einschränkt. Eine derartige Situation war hier gegeben.
3. Der Senat läßt dabei dahinstehen, ob das LSG bereits dem (ersten) Antrag auf Terminsverlegung vom 22. Mai 1997 hätte stattgeben müssen und ob insbesondere ein erheblicher Grund allein darin zu sehen ist, daß die Verhinderung einen Prozeßbevollmächtigten betrifft, der Fachanwalt für Sozialrecht und dem Kläger im Wege der Prozeßkostenhilfe vom Berufungsgericht beigeordnet worden ist. Selbst wenn man in diesem Fall die (von der Prozeßvollmacht des Klägers mitumfaßte) Vertretung durch einen anderen, auch fachfremden Anwalt in der Sozietät grundsätzlich für zumutbar hält oder von der Möglichkeit einer (zusätzlichen) Beiordnung eines anderen Anwalts unter Beschränkung auf die noch offenen Anwaltsgebühren ausgeht (vgl Beschluss OLG Karlsruhe vom 16. September 1996 - 16 WF 33/96 - FamRZ 1998, 632 f), waren hier nach der Bescheidung des (ersten) Verlegungsantrages vom 22. Mai 1997 weitere Umstände hinzugekommen. Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsätzen vom 2. und 6. Juni 1997 vorgetragen hat, war der Kläger wegen eines Krankenhausaufenthaltes gehindert, den Termin selbst wahrzunehmen, und war im Zuge dessen die Anordnung seines persönlichen Erscheinens vom LSG aufgehoben worden. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger einen erheblichen Grund iS des § 227 Abs 1 ZPO für die Verlegung des Termins geltend und glaubhaft gemacht. Denn durch die Verhinderung des Klägers war eine veränderte Situation eingetreten, die eine angemessene Wahrnehmung seiner Interessen durch einen anderen Anwalt in einer Weise erschwert hat, daß das Gericht jedenfalls dem weiteren Terminsverlegungsantrag vom 6. Juni 1997 hätte stattgeben müssen.
a) Die Rechtsprechung stellt bei Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten für die Frage, ob ein erheblicher Grund iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO vorliegt, darauf ab, ob die Vertretung durch einen anderen Anwalt in der verbliebenen Zeit noch sichergestellt werden kann (BSG Urteile vom 6. Dezember 1983 - 11 RA 30/83 - SozR 1750 § 227 Nr 2 und Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 11 BAr 153/89 - nicht veröffentlicht, vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 644 und vom 26. Januar 1994 - 6 BKa 12/92 - nicht veröffentlicht; BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882; BVerwG Beschluss vom 26. April 1999 - 5 B 49/99 - nicht veröffentlicht). Für die Frage, welche Zeit der andere Anwalt zur Einarbeitung in die Sache benötigt, ist neben dem Schwierigkeitsgrad der Rechtssache (vgl dazu BSG Beschluss vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 644) auch zu berücksichtigen, daß der andere Anwalt regelmäßig nicht seine volle Arbeitskraft auf diesen einen Prozeß verwenden kann. Der Aufwand kann zudem für einen fachfremden Anwalt höher sein als für einen mit der Rechtsmaterie vertrauten Anwalt. Die Einarbeitungszeit muß mithin so geräumig bemessen sein, daß der andere Anwalt neben der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner bereits übernommenen Mandate noch Gelegenheit findet, auch den übernommenen neuen Prozeßstoff zu bearbeiten (BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882; BGH Urteil vom 28. April 1958 - III ZR 43/56 - BGHZ 27, 163, 167).
Der maßgebliche Zeitraum, in dem die Vertretung durch den anderen Anwalt noch möglich sein muß, beginnt grundsätzlich mit der Kenntnis von dem Ereignis, das die Vertretung konkret veranlaßt, normalerweise also mit dem Zugang der Terminsmitteilung bzw, wenn - wie hier - über eine sogleich beantragte Terminsverlegung alsbald entschieden wird, mit Kenntnis der Entscheidung, daß es bei dem Termin bleibt. Im vorliegenden Fall bestand allerdings die Besonderheit, daß bei Zugang der ablehnenden Entscheidung vom 28. Mai 1997 bereits ein weiterer erheblicher Grund für eine Terminsverlegung in Gestalt der Verhinderung des Klägers bestand. Dieser Grund war in der Entscheidung vom 28. Mai 1997 noch nicht berücksichtigt; er entfiel erst mit der (am 5. Juni 1997 zugegangenen) Verfügung vom 4. Juni 1997. Für die Frage, ob eine angemessene Vertretung durch einen anderen Anwalt noch gewährleistet werden konnte, muß daher auf die Situation in diesem Zeitpunkt abgestellt werden.
Der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers können die Beteiligten - unabhängig von dem damit verfolgten Zweck (vgl dazu Meyer-Ladewig, SGG-Komm 6. Aufl, 1998, § 111 RdNr 2; Peters/Sautter/Wolff, SGG-Komm 4. Aufl, § 111 Anm 1, 39. Nachtrag, Stand: Februar 1995; Knittel in Hennig, SGG-Komm § 111 RdNr 4, Stand: April 1996) - entnehmen, daß das Gericht dessen Anwesenheit für notwendig hält. Die Anordnung begründet daher beim Kläger ein Vertrauen darauf, daß er an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann und auch persönlich gehört wird (BSG Urteile vom 1. August 1978 - 7 RAr 42/77 - BSGE 47, 35, 37 = SozR 1500 § 62 Nr 8 und vom 27. Januar 1993 - 6 RKa 19/92 - nicht veröffentlicht). Bei einer unverschuldeten Verhinderung darf er erwarten, daß das Gericht die Anordnung überprüft und entscheidet, ob es dabei bleiben muß, und daß der Termin ggf verlegt wird. Der Hinweis in der Ladung auf eine mögliche Entscheidung in Abwesenheit des Klägers (§ 126 SGG) läßt zwar dieses Vertrauen regelmäßig entfallen (BSG Beschluss vom 12. Oktober 1988 - 3 BK 7/88 - nicht veröffentlicht; Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 6. Aufl, 1996, § 111 RdNr 6c mwN). Doch muß das Gericht bei Ausbleiben des Klägers in jedem Fall prüfen, ob die Sache gleichwohl entscheidungsreif und bei einer Verhandlung und Entscheidung in Abwesenheit des Klägers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (vgl BSG Urteile vom 1. August 1978 - 7 RAr 42/77 - SozR 1500 § 62 Nr 8 und vom 16. Dezember 1993 - 13 RJ 37/93 - nicht veröffentlicht). Dies muß erst recht gelten, wenn der Kläger mit seiner Entschuldigung ausdrücklich die Bitte um Terminsverlegung verbindet. In dem bei Mitteilung der Verfügung vom 4. Juni 1997 auf wenige Arbeitstage verkürzten Zeitraum war aber wegen des Krankenhausaufenthalts des Klägers und der Schwierigkeiten, die die Rechtssache jedenfalls für einen fachfremden Anwalt aufwies, eine sachgerechte Vertretung durch einen anderen Anwalt nicht mehr zu erwarten.
b) Schon wegen der Kürze der Zeit, aber auch, weil sonst zusätzlich noch Fragen der Kostenerstattung (Kostenübernahme durch die Staatskasse, vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 122 Abs 1 Nr 3 ZPO - dazu näher Zöller, ZPO-Komm, 21. Aufl, 1999, § 121 RdNrn 37 ff; § 122 RdNr 11) hätten geklärt werden müssen, kam realistischerweise eine Vertretung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers nur durch einen fachfremden Kollegen aus dessen Sozietät in Betracht. Dieser konnte seine Mitwirkung in der mündlichen Verhandlung nicht einfach darauf beschränken, vorbereitete Anträge zu stellen; er mußte sich vielmehr selbst mit dem Akteninhalt vertraut machen, um zielführend argumentieren zu können. Dabei mußte er nicht nur prüfen, inwieweit die vorliegenden ärztlichen Unterlagen zum Krankheitsverlauf die Angaben des Klägers und die unterschiedlichen Prognosen über die weitere Entwicklung seines Leistungsvermögens ab Dezember 1991 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) und ab August 1992 (Rentenantragstellung) sowie für die folgende Zeit zu stützen vermochten. Er mußte auch der Frage nachgehen, ob zum genauen Krankheitsverlauf ggf noch zusätzliche Erkenntnisse aus erneuten Befragungen der behandelnden Ärzte zu gewinnen waren und ob sich aus den Ausführungen in den einander im Ergebnis widersprechenden Sachverständigengutachten angesichts der bisherigen Einlassung der Beklagten Argumente für eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits ableiten ließen. Schließlich war für einen ggf notwendigen Antrag nach § 109 SGG ein Sachverständiger zu ermitteln, der dem Gericht hätte benannt werden können. Erschwerend kam hinzu, daß jetzt noch erforderliche Auskünfte des Klägers zu bedeutsamen Fragen vor dem Verhandlungstermin eingeholt werden mußten, obwohl die Kommunikation mit dem Kläger durch dessen Krankenhausaufenthalt erschwert war.
c) Das allgemeine Interesse an Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung hat gegenüber all diesen Umständen kein größeres Gewicht. Die bisherige Verfahrensdauer hatte der Kläger nicht zu vertreten, mit einer späteren Entscheidung über den geltend gemachten Rentenanspruch waren - soweit ersichtlich - keine Nachteile für die Beklagte verbunden. Gegenüber dem Anspruch des Klägers, in der mündlichen Verhandlung ausreichend vertreten zu sein, muß der Aufwand des Gerichts für eine nochmalige Terminierung in Kauf genommen werden. Nicht ausschlaggebend kann sein, ob aus der Sicht des Gerichts die persönliche Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung nach seinem Vortrag (vgl dazu VGH Kassel Beschluss vom 15. Januar 1997 - 10 UZ 2085/96.A - NVwZ-RR 1998, 404) oder aus sonstigen Gründen notwendig war. Bei fortdauernder Notwendigkeit, den Kläger persönlich zu hören, hätte das Gericht bereits die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht aufheben dürfen und schon aus diesem Grund die Verhandlung verlegen oder vertagen müssen (BVerwG Urteile vom 26. April 1985 - 6 C 40/82 - NJW 1986, 2897, 2898).
Die Rechtssache war daher an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten zurückzuverweisen.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1938 geborene Kläger war in den Jahren 1953 bis 1977 und von 1988 an versicherungspflichtig beschäftigt und seit dem 16. Dezember 1991 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte lehnte seinen im August 1992 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit Bescheid vom 15. September 1992 mit der Begründung ab, der Kläger sei zwar seit 16. Dezember 1991 erwerbsunfähig und habe zu diesem Zeitpunkt auch die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, nicht jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 1246 Abs 2a, 1247 Abs 2a RVO. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 16. Oktober 1985 bis zum 15. Dezember 1991 habe er lediglich 29 von den erforderlichen 36 Kalendermonaten mit Pflichtbeiträgen erreicht. Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger vorbrachte, er sei erst zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erwerbsunfähig gewesen und unter Einschluß des Krankengeldbezugs ab 29. Dezember 1991 habe er auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente erfüllt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 1993 zurück. Im anschließenden Klageverfahren hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. , Direktor der Hautklinik der H. -H. -Universität D. , vom 10. Februar 1995 eingeholt. Dieser hat befunden: Der Kläger könne infolge einer chronischen venösen Insuffizienz mit Schwellungen und rezidivierenden Geschwüren an beiden Unterschenkeln nur noch halb- bis vollschichtig für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten eingesetzt werden, wenn diese im Sitzen bzw im Umhergehen ausgeübt werden könnten und eine konsequente dermatologische Therapie durchgeführt werde bzw im derzeitigen Gesundheitszustand im Sitzen die Möglichkeit zur Beinhochlagerung gegeben sei. Er könne Wegstrecken zu Fuß am Stück 100 m ohne Stock und 300 m mit Stock gehen und öffentliche Verkehrsmittel problemlos benutzen, sofern diese eine halbwegs behindertengerechte Ein- und Ausstiegsmöglichkeit böten. Diese Leistungseinschränkungen bestünden bereits seit dem Zeitpunkt eines stationären Aufenthalts in der Hautklinik im Oktober 1990. Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage durch Urteil vom 28. September 1995 abgewiesen, weil der Versicherungsfall bereits im Oktober 1990 eingetreten sei und es zu diesem Zeitpunkt an der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gefehlt habe.
Auf die Berufung hat das LSG eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. R. und ein Sachverständigengutachten des Gefäßchirurgen Dr. B. , M. , eingeholt. Prof. Dr. R. hat sein Gutachten in seiner Stellungnahme vom 6. August 1996 dahin ergänzt, daß sich seine Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf die Begutachtung im Jahre 1995 beziehe und dessen Zustand im Jahre 1990 als etwas besser anzusehen sei, da es sich im allgemeinen und bei unzureichender Behandlung und Kooperation des Patienten um ein progredientes Geschehen handele. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 8. November 1996 folgende Gesundheitsstörungen angegeben: Fehlhaltung und Verschleiß der Wirbelsäule, Kreuzbein-Darmbeingelenkverschleiß beidseits, Bauchwandschwäche und Nabelbruch sowie Funktionsstörung der tiefen Beinblutadern beidseits mit Weichteilschwellung und Hautveränderungen beidseits sowie Geschwürsbildung links und ferner einen Senk-Spreizfuß beidseits. Zum Leistungsvermögen hat Dr. B. ausgeführt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten wechselweise im Gehen und Sitzen mit gelegentlichem kurzfristigem Stehen in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Diesem Leistungsvermögen werde eine Tätigkeit als Bürohilfsarbeiter oder Pförtner gerecht. Der Kläger könne ferner Wegstrecken von mindestens 1000 m innerhalb von etwa 20 Minuten bewältigen, Voraussetzung dafür sei allerdings das Tragen von angepaßtem Schuhwerk und eine dauerhafte Kompressionsbehandlung beider Beine. Bei Benutzung eines Sitzplatzes könne er auch öffentliche Verkehrsmittel uneingeschränkt nutzen. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit habe bereits im August 1992 vorgelegen und entspreche in etwa auch der im September 1990, als es zum ersten Auftreten von Hautdefekten an beiden Unterschenkeln gekommen sei. Unter stationären Behandlungsbedingungen könnten die Geschwüre am linken Unterschenkel dauerhaft abheilen. Auch die Weichteilschwellung beider Unterschenkel könne dabei vermindert werden. Zur Vermeidung eines Wiederauftretens des Geschwürs sei die konsequente Mitarbeit des Betroffenen unerläßlich.
Zu dem Gutachten haben sich die Beteiligten im Januar bzw Februar 1997 schriftlich geäußert. Die Beklagte hat dabei die Auffassung vertreten, das Gutachten berücksichtige nicht alle beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen. Der - dem Kläger im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete - klägerische Prozeßbevollmächtigte hat angeregt, die Sachverständigen erster und zweiter Instanz zu einem Termin zu laden und zu ihren widersprüchlichen Aussagen zu befragen. Mit der Terminsmitteilung des Vorsitzenden zum Mittwoch, dem 11. Juni 1997 - dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 22. Mai 1997 und dem Kläger durch Niederlegung bei der Post am 23. Mai 1997 zugestellt - hat das LSG das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet und darauf hingewiesen, daß im Fall seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden und auch eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen könne. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 22. Mai 1997 Terminsverlegung beantragt und zur Begründung vorgetragen: Der Termin kollidiere mit einem abschließenden Termin in einem langwierigen und schwierigen anderen Verfahren vor dem SG Detmold. Eine Vertretung sei nicht möglich, weil der einzige Kollege in seiner Sozietät, der gelegentlich Termine vor dem SG wahrnehme, zum angegebenen Termin verreist sei. Im Hinblick auf die Schwierigkeit des vorliegenden Verfahrens sei aber auch hier eine Vertretung geboten. Mit der Begründung, es handele sich um einen einfach gelagerten, rein medizinische Fragen betreffenden Fall, mit der Wahrnehmung des Termins könne ein anderer Rechtsanwalt beauftragt werden, ist die Terminsverlegung durch Entscheidung des Vorsitzenden vom 28. Mai 1997 (dem Prozeßbevollmächtigten zugegangen am 2. Juni 1997) abgelehnt worden. Mit Schriftsatz vom 2. Juni 1997 hat der Prozeßbevollmächtigte mitgeteilt, der Kläger müsse ab 2. Juni 1997 für ca sechs Wochen ins Krankenhaus; da sein persönliches Erscheinen angeordnet sei und der Kläger auch im Termin erscheinen werde, sei auch aus diesem Grund Terminsverlegung erforderlich. Am 4. Juni 1997 hat der Vorsitzende zur Nachricht an den Kläger, seinen Prozeßbevollmächtigten und die Beklagte ohne Angabe von Gründen verfügt, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers werde aufgehoben; der Termin bleibe bestehen. Die Nachricht ist dem Prozeßbevollmächtigten am 5. Juni 1997 zugegangen. Mit Schreiben vom 6. Juni 1997 hat dieser erneut beantragt, den Termin aufzuheben und vorgetragen, für ihn sei der Fall nicht "einfach gelagert". Er könne nicht erkennen, wie anhand der unterschiedlichen Gutachten die Angelegenheit zu entscheiden sei; deshalb sei fraglich, wie ein Kollege, der nie vor dem SG auftrete, diese Sache bewältigen könne. Er weise darauf hin, daß er im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnet und das Mandat ihm im Hinblick darauf erteilt worden sei, daß sein Mandant zu ihm als Fachanwalt für Sozialrecht ein gewisses Vertrauen habe. Er betrachte es als Verstoß gegen seine Berufspflichten, wenn er leichtfertig jemanden, der vom Sozialrecht überhaupt keine Kenntnis habe, zum Termin in Untervollmacht bitten würde. In einem solchen Fall ohne Kläger und ohne fachkundigen Anwalt zu entscheiden, halte er für keine ordnungsgemäße und faire Verhaltensweise.
Auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 1997, in der der Kläger weder anwesend noch vertreten gewesen ist, hat das LSG auf den Antrag der Beklagten die Berufung des Klägers zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen des Urteils hat es ausgeführt: Es habe in Abwesenheit des Klägers entscheiden können, da in der Ladung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden sei. Den Termin am 11. Juni 1997 wegen der Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten oder des Krankenhausaufenthalts des Klägers aufzuheben oder die Streitsache zu vertagen, habe kein Anlaß bestanden. Den dahingehenden erneuten Antrag habe der Senat abgelehnt. Der Prozeßbevollmächtigte sei auf die Möglichkeit zu verweisen, einen anderen Rechtsanwalt, zB aus seiner Sozietät, mit der Vertretung zu beauftragen. Die Einarbeitung des Vertreters in den vorliegenden Fall, der die Frage der Erwerbsunfähigkeit betreffe, die sich aufgrund einer Würdigung der medizinischen Gutachten beantworte, sei ohne weiteres möglich und zumutbar. Ebensowenig sei der Termin wegen des Krankenhausaufenthalts des Klägers aufzuheben gewesen, nachdem die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden sei. Dieser habe selbst nicht geltend gemacht, seine persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei erforderlich; dafür sei auch nichts ersichtlich. In der Sache hat das LSG einen Rentenanspruch abgelehnt, weil der Kläger nach den überzeugenden Darlegungen des Gutachtens von Dr. B. nicht berufs- und mithin erst recht nicht erwerbsunfähig sei.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art 103 Abs 1 GG. Zur Begründung trägt er vor, das LSG habe die beantragte Terminsverlegung zu Unrecht abgelehnt. Es habe deshalb nicht in Abwesenheit des Klägers und seines Prozeßbevollmächtigten verhandeln und entscheiden dürfen. Wegen der widersprüchlichen Aussagen in den vorliegenden Sachverständigengutachten sei die mündliche Verhandlung von entscheidender Bedeutung und die Einschaltung eines nicht mit der Rechtsmaterie vertrauten Anwalts in der Kürze der Zeit nicht zumutbar gewesen. Vor der mündlichen Verhandlung sei nicht absehbar gewesen, welchem Gutachten das LSG möglicher-weise folgen und wie sich der weitere Verfahrensgang gestalten werde. Das Gericht habe auch nicht wie in ähnlich gelagerten Fällen darauf hingewiesen, daß weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und ein Antrag nach § 109 SGG anheimgestellt werde. Dagegen sei ein besonderes Beschleunigungsinteresse nicht ersichtlich gewesen; ferner sei zweifelhaft, wie die Honorierung bei Hinzuziehung eines anderen Anwalts hätte erfolgen sollen. Bei Vorlage des erneuten Verlegungsantrags habe das Gericht schon Kenntnis davon gehabt, daß der Kläger ebenfalls nicht habe erscheinen können; die Anordnung seines persönlichen Erscheinens sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen aufgehoben worden. Bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs wäre es ihm insbesondere möglich gewesen, auf Details der verschiedenen Gutachten einzugehen und das LSG von der Notwendigkeit eines weiteren, von Amts wegen einzuholenden Gutachtens zu überzeugen oder - auf entsprechenden Hinweis des Gerichts - einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 11. Juni 1997 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Einen Anhaltspunkt für die Verletzung des rechtlichen Gehörs sieht sie nicht. Das angefochtene Urteil hält sie auch sachlich für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
Der Kläger macht zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG; dazu näher BSG-Urteile vom 11. Februar 1982 - 11 RA 50/81 - BSGE 53, 83, 85 = SozR 1500 § 124 Nr 7 mwN; vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1). Die Verfahrensweise des LSG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem entgegen § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt worden ist, obwohl der Kläger eine Terminsverlegung beantragt hatte und eine solche "aus erheblichen Gründen" geboten gewesen wäre.
1. Die mündliche Verhandlung verfolgt den Zweck, im Gedankenaustausch zwischen dem Gericht und den Beteiligten den Streitstoff erschöpfend zu erörtern; sie ist die umfassenste Form der Gewährung rechtlichen Gehörs (BSG Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 79/76 - BSGE 44, 292 = SozR 1500 § 124 Nr 2 mwN). Wird daher nach dem in § 124 Abs 1 SGG enthaltenen Grundsatz aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muß den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftsätzlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der mündlichen Verhandlung darzulegen (BSG Urteil vom 27. April 1962 - 7 RAr 25/60 - BSGE 17, 44 = SozR Nr 16 zu § 62 SGG und vom 19. Dezember 1991 - 4 RA 88/90 - NJW 1992, 1190 sowie Beschluss vom 28. August 1991 - 7 BAr 50/91 - = SozR 3-1500 § 160a Nr 4 mwN).
Ein Antrag auf Terminsverlegung ist nach § 227 ZPO zu beurteilen. Diese Vorschrift ist im sozialgerichtlichen Verfahren über § 202 SGG entsprechend anzuwenden; denn der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, daß Entscheidungen möglichst rasch herbeigeführt werden sollen, gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSG Urteil vom 26. Oktober 1955 - 3 RJ 34/54 - BSGE 1, 277, 278). Für die nach § 202 SGG gebotene entsprechende Anwendung des § 227 ZPO ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Erscheinungen, die für beschleunigende Verfahrensregelungen im Zivilprozeß Anlaß gegeben haben, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht in gleicher Weise und in gleichem Umfang bedeutsam sind (vgl BSG Urteil vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1).
2. Nach § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Nach § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ZPO sind erhebliche Gründe insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, daß die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Diese Bestimmungen schränken das subjektive Interesse der Rechtssuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz durch Gewährung rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung ein. Bei ihrer Anwendung, insbesondere bei Ausfüllung der darin enthaltenen Ermessens- und Beurteilungsspielräume sind daher die vom BVerfG entwickelten Grundsätze zur Tragweite des Grundrechts auf wirkungsvollen Rechtsschutz sowie das Prozeßgrundrecht auf ein faires Verfahren (Art 19 Abs 4 und Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) zu beachten (BVerfG Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 125). Zu diesen Grundsätzen gehört, daß sich der Richter nicht widersprüchlich verhalten darf und allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet ist (BVerfG Beschluss vom 26. April 1988 - 1 BvR 669, 686, 687/87 - BVerfGE 78, 123, 126 mwN sowie Kammerbeschluß vom 15. August 1996 - 2 BvR 2600/95 - SGb 1997, 165). Dazu gehört ferner, daß bei der notwendigen Abwägung des allgemeinen Interesses an Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung mit dem subjektiven Interesse des Rechtssuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz die betroffenen Belange angemessen zu gewichten sind und in bezug auf die Auswirkung der Regelung auf den einzelnen Rechtssuchenden der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (BVerfG Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 124 f).
In Einklang mit diesen Verfassungsgeboten sieht die Rechtsprechung bei Vorliegen eines erheblichen Grundes das in § 227 Abs 1 ZPO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert und nimmt einen erheblichen Grund für die Aufhebung oder Verlegung eines Termins immer dann an, wenn sonst der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wäre (stRspr BSG Urteile vom 26. Oktober 1955 - 3 RJ 34/54 - BSGE 1, 277, 279 f, vom 27. April 1962 - 7 RAr 25/60 - BSGE 17, 44, 47 = SozR Nr 16 zu § 62 SGG, vom 25. Januar 1974 - 10 RV 375/73 - SozR 1750 § 227 Nr 1 -, vom 19. Dezember 1991 - 4 RA 88/90 - NJW 1992, 1190 und vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1; vgl auch BGH Urteil vom 28. April 1958 - III ZR 43/56 - BGHZ 27, 163, 167 und BVerwG Urteile vom 25. Januar 1974 - VI C 7/73 - BVerwGE 44, 307, 309 und vom 10. Dezember 1976 - VI C 40.76 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr 102 sowie Beschluss vom 23. Januar 1995 - 9 B 1/95 - NJW 1995, 1231). Ein erheblicher Grund ist danach allerdings nicht immer schon dann gegeben, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt oder der anwaltlich vertretene Kläger verhindert ist, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Ein Anspruch darauf, daß der Rechtsanwalt der eigenen Wahl den Gerichtstermin persönlich wahrnimmt, besteht grundsätzlich nicht (BSG Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 11 BAr 153/89 - nicht veröffentlicht und vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 645; BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882 sowie Beschlüsse vom 23. Januar 1995 - 9 B 1/95 - NJW 1995, 1231 und vom 19. Mai 1998 - 7 B 95/98 - RÜ BARoV 1998, 12, 41). Regelmäßig hat der anwaltlich vertretene Beteiligte auch keinen Anspruch darauf, neben dem Anwalt in der mündlichen Verhandlung gehört zu werden (BVerwG Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 7 CB 31/89 - NJW 1990, 2079, 2080 und vom 4. August 1998 - 7 B 127/98 - nicht veröffentlicht; vgl auch Knittel in Hennig, SGG-Komm § 110 SGG, RdNr 19, Stand: März 1998; Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 6. Aufl, 1998, § 110 RdNr 6). Ein erheblicher Grund ist jedoch anzunehmen, wenn in der konkreten Situation der Verweis auf die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt die Belange des Beteiligten unverhältnismäßig einschränkt. Eine derartige Situation war hier gegeben.
3. Der Senat läßt dabei dahinstehen, ob das LSG bereits dem (ersten) Antrag auf Terminsverlegung vom 22. Mai 1997 hätte stattgeben müssen und ob insbesondere ein erheblicher Grund allein darin zu sehen ist, daß die Verhinderung einen Prozeßbevollmächtigten betrifft, der Fachanwalt für Sozialrecht und dem Kläger im Wege der Prozeßkostenhilfe vom Berufungsgericht beigeordnet worden ist. Selbst wenn man in diesem Fall die (von der Prozeßvollmacht des Klägers mitumfaßte) Vertretung durch einen anderen, auch fachfremden Anwalt in der Sozietät grundsätzlich für zumutbar hält oder von der Möglichkeit einer (zusätzlichen) Beiordnung eines anderen Anwalts unter Beschränkung auf die noch offenen Anwaltsgebühren ausgeht (vgl Beschluss OLG Karlsruhe vom 16. September 1996 - 16 WF 33/96 - FamRZ 1998, 632 f), waren hier nach der Bescheidung des (ersten) Verlegungsantrages vom 22. Mai 1997 weitere Umstände hinzugekommen. Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsätzen vom 2. und 6. Juni 1997 vorgetragen hat, war der Kläger wegen eines Krankenhausaufenthaltes gehindert, den Termin selbst wahrzunehmen, und war im Zuge dessen die Anordnung seines persönlichen Erscheinens vom LSG aufgehoben worden. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger einen erheblichen Grund iS des § 227 Abs 1 ZPO für die Verlegung des Termins geltend und glaubhaft gemacht. Denn durch die Verhinderung des Klägers war eine veränderte Situation eingetreten, die eine angemessene Wahrnehmung seiner Interessen durch einen anderen Anwalt in einer Weise erschwert hat, daß das Gericht jedenfalls dem weiteren Terminsverlegungsantrag vom 6. Juni 1997 hätte stattgeben müssen.
a) Die Rechtsprechung stellt bei Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten für die Frage, ob ein erheblicher Grund iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO vorliegt, darauf ab, ob die Vertretung durch einen anderen Anwalt in der verbliebenen Zeit noch sichergestellt werden kann (BSG Urteile vom 6. Dezember 1983 - 11 RA 30/83 - SozR 1750 § 227 Nr 2 und Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 11 BAr 153/89 - nicht veröffentlicht, vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 644 und vom 26. Januar 1994 - 6 BKa 12/92 - nicht veröffentlicht; BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882; BVerwG Beschluss vom 26. April 1999 - 5 B 49/99 - nicht veröffentlicht). Für die Frage, welche Zeit der andere Anwalt zur Einarbeitung in die Sache benötigt, ist neben dem Schwierigkeitsgrad der Rechtssache (vgl dazu BSG Beschluss vom 25. November 1992 - 2 BU 159/92 - SGb 1993, 644) auch zu berücksichtigen, daß der andere Anwalt regelmäßig nicht seine volle Arbeitskraft auf diesen einen Prozeß verwenden kann. Der Aufwand kann zudem für einen fachfremden Anwalt höher sein als für einen mit der Rechtsmaterie vertrauten Anwalt. Die Einarbeitungszeit muß mithin so geräumig bemessen sein, daß der andere Anwalt neben der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner bereits übernommenen Mandate noch Gelegenheit findet, auch den übernommenen neuen Prozeßstoff zu bearbeiten (BVerwG Urteil vom 9. Dezember 1983 - 4 C 44/83 - NJW 1984, 882; BGH Urteil vom 28. April 1958 - III ZR 43/56 - BGHZ 27, 163, 167).
Der maßgebliche Zeitraum, in dem die Vertretung durch den anderen Anwalt noch möglich sein muß, beginnt grundsätzlich mit der Kenntnis von dem Ereignis, das die Vertretung konkret veranlaßt, normalerweise also mit dem Zugang der Terminsmitteilung bzw, wenn - wie hier - über eine sogleich beantragte Terminsverlegung alsbald entschieden wird, mit Kenntnis der Entscheidung, daß es bei dem Termin bleibt. Im vorliegenden Fall bestand allerdings die Besonderheit, daß bei Zugang der ablehnenden Entscheidung vom 28. Mai 1997 bereits ein weiterer erheblicher Grund für eine Terminsverlegung in Gestalt der Verhinderung des Klägers bestand. Dieser Grund war in der Entscheidung vom 28. Mai 1997 noch nicht berücksichtigt; er entfiel erst mit der (am 5. Juni 1997 zugegangenen) Verfügung vom 4. Juni 1997. Für die Frage, ob eine angemessene Vertretung durch einen anderen Anwalt noch gewährleistet werden konnte, muß daher auf die Situation in diesem Zeitpunkt abgestellt werden.
Der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers können die Beteiligten - unabhängig von dem damit verfolgten Zweck (vgl dazu Meyer-Ladewig, SGG-Komm 6. Aufl, 1998, § 111 RdNr 2; Peters/Sautter/Wolff, SGG-Komm 4. Aufl, § 111 Anm 1, 39. Nachtrag, Stand: Februar 1995; Knittel in Hennig, SGG-Komm § 111 RdNr 4, Stand: April 1996) - entnehmen, daß das Gericht dessen Anwesenheit für notwendig hält. Die Anordnung begründet daher beim Kläger ein Vertrauen darauf, daß er an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann und auch persönlich gehört wird (BSG Urteile vom 1. August 1978 - 7 RAr 42/77 - BSGE 47, 35, 37 = SozR 1500 § 62 Nr 8 und vom 27. Januar 1993 - 6 RKa 19/92 - nicht veröffentlicht). Bei einer unverschuldeten Verhinderung darf er erwarten, daß das Gericht die Anordnung überprüft und entscheidet, ob es dabei bleiben muß, und daß der Termin ggf verlegt wird. Der Hinweis in der Ladung auf eine mögliche Entscheidung in Abwesenheit des Klägers (§ 126 SGG) läßt zwar dieses Vertrauen regelmäßig entfallen (BSG Beschluss vom 12. Oktober 1988 - 3 BK 7/88 - nicht veröffentlicht; Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 6. Aufl, 1996, § 111 RdNr 6c mwN). Doch muß das Gericht bei Ausbleiben des Klägers in jedem Fall prüfen, ob die Sache gleichwohl entscheidungsreif und bei einer Verhandlung und Entscheidung in Abwesenheit des Klägers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (vgl BSG Urteile vom 1. August 1978 - 7 RAr 42/77 - SozR 1500 § 62 Nr 8 und vom 16. Dezember 1993 - 13 RJ 37/93 - nicht veröffentlicht). Dies muß erst recht gelten, wenn der Kläger mit seiner Entschuldigung ausdrücklich die Bitte um Terminsverlegung verbindet. In dem bei Mitteilung der Verfügung vom 4. Juni 1997 auf wenige Arbeitstage verkürzten Zeitraum war aber wegen des Krankenhausaufenthalts des Klägers und der Schwierigkeiten, die die Rechtssache jedenfalls für einen fachfremden Anwalt aufwies, eine sachgerechte Vertretung durch einen anderen Anwalt nicht mehr zu erwarten.
b) Schon wegen der Kürze der Zeit, aber auch, weil sonst zusätzlich noch Fragen der Kostenerstattung (Kostenübernahme durch die Staatskasse, vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 122 Abs 1 Nr 3 ZPO - dazu näher Zöller, ZPO-Komm, 21. Aufl, 1999, § 121 RdNrn 37 ff; § 122 RdNr 11) hätten geklärt werden müssen, kam realistischerweise eine Vertretung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers nur durch einen fachfremden Kollegen aus dessen Sozietät in Betracht. Dieser konnte seine Mitwirkung in der mündlichen Verhandlung nicht einfach darauf beschränken, vorbereitete Anträge zu stellen; er mußte sich vielmehr selbst mit dem Akteninhalt vertraut machen, um zielführend argumentieren zu können. Dabei mußte er nicht nur prüfen, inwieweit die vorliegenden ärztlichen Unterlagen zum Krankheitsverlauf die Angaben des Klägers und die unterschiedlichen Prognosen über die weitere Entwicklung seines Leistungsvermögens ab Dezember 1991 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) und ab August 1992 (Rentenantragstellung) sowie für die folgende Zeit zu stützen vermochten. Er mußte auch der Frage nachgehen, ob zum genauen Krankheitsverlauf ggf noch zusätzliche Erkenntnisse aus erneuten Befragungen der behandelnden Ärzte zu gewinnen waren und ob sich aus den Ausführungen in den einander im Ergebnis widersprechenden Sachverständigengutachten angesichts der bisherigen Einlassung der Beklagten Argumente für eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits ableiten ließen. Schließlich war für einen ggf notwendigen Antrag nach § 109 SGG ein Sachverständiger zu ermitteln, der dem Gericht hätte benannt werden können. Erschwerend kam hinzu, daß jetzt noch erforderliche Auskünfte des Klägers zu bedeutsamen Fragen vor dem Verhandlungstermin eingeholt werden mußten, obwohl die Kommunikation mit dem Kläger durch dessen Krankenhausaufenthalt erschwert war.
c) Das allgemeine Interesse an Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung hat gegenüber all diesen Umständen kein größeres Gewicht. Die bisherige Verfahrensdauer hatte der Kläger nicht zu vertreten, mit einer späteren Entscheidung über den geltend gemachten Rentenanspruch waren - soweit ersichtlich - keine Nachteile für die Beklagte verbunden. Gegenüber dem Anspruch des Klägers, in der mündlichen Verhandlung ausreichend vertreten zu sein, muß der Aufwand des Gerichts für eine nochmalige Terminierung in Kauf genommen werden. Nicht ausschlaggebend kann sein, ob aus der Sicht des Gerichts die persönliche Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung nach seinem Vortrag (vgl dazu VGH Kassel Beschluss vom 15. Januar 1997 - 10 UZ 2085/96.A - NVwZ-RR 1998, 404) oder aus sonstigen Gründen notwendig war. Bei fortdauernder Notwendigkeit, den Kläger persönlich zu hören, hätte das Gericht bereits die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht aufheben dürfen und schon aus diesem Grund die Verhandlung verlegen oder vertagen müssen (BVerwG Urteile vom 26. April 1985 - 6 C 40/82 - NJW 1986, 2897, 2898).
Die Rechtssache war daher an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten zurückzuverweisen.
Rechtskraft
Aus
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