Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 1913/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 969/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 5. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt einen GdB von 80 im Rahmen der Neufeststellung.
Bei der 1945 geborenen Klägerin stellte der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 23.07.2001 (in Ausführung eines vor dem Sozialgericht Konstanz [SG] abgegebenen Anerkenntnisses) den GdB seit 31.01.2000 mit 60 fest, wobei er "Schwerhörigkeit beiderseits (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Wirbelgleiten (Einzel-GdB 30), Depression, psycho-vegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenkes rechts (Einzel-GdB 20), Entleerungsstörung der Harnblase (Einzel-GdB 10), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10)" berücksichtigte. Grundlage dieser Entscheidung waren die im Verfahren vor dem SG (S 6 SB 2439/00) eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte des HNO-Arztes Dr. M. vom 11.01.2001, des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 12.01.2001, der Allgemeinärztin Dr. A. vom 18.01.2001 und des Orthopäden Dr. K. vom 07.02.2001 sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 18.06.2001.
Am 20.02.2003 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihres GdB sowie die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Sie machte geltend, die Beschwerden auf orthopädischem Gebiet und die Depressionen hätten sich verschlimmert, außerdem seien Kniebeschwerden neu aufgetreten. Der Beklagte holte von Dr. B. den Befundbericht vom 05.03.2003 und von Dr. K. den Befundbericht vom 11.03.2003 ein und lehnte in Auswertung der vä Stellungnahme vom 16.06.2003 die Neufeststellung mit Bescheid vom 26.06.2003 ab, da keine wesentliche Änderung vorliege.
Mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten, die Schulterbeschwerden mit 30. Für die verschlechterten psychischen Beschwerden sei ein Einzel-GdB von 60 anzunehmen, so dass der Gesamt-GdB mit 80 festzustellen sei. Die Klägerin legte unter anderem die in ihrem Rentenrechtsstreit vom SG eingeholten Arztauskünfte von Dr. K. vom 02.05.2003, Dr. B. vom 13.03.2003 und Dr. A. vom 03.04.2003 vor. Der Beklagte holte daraufhin vom Zentrum für Psychiatrie R. (ZPR) den Bericht vom 06.08.2003 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 12.01. bis 25.03.2003 ein, in dem eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome beschrieben wurde. Nachdem Dr. Wolf in ihrer vä Stellungnahme vom 15.08.2003 die Beschwerden auf psychischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von 40 und den Gesamt-GdB mit 70 bewertet hatte, stellte der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 18.08.2003 den GdB seit 20.02.2003 mit 70 fest. Da die Klägerin an ihrem Widerspruch festhielt, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 23.09.2003 Klage vor dem SG und machte weiterhin einen Gesamt-GdB von 80 sowie die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" geltend. Mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2004 wies das SG die Klage ab. Nach den vorliegenden Unterlagen seien die Beschwerden auf psychischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von 40 sowie die Wirbelsäulen- und Schulterbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 30 bzw. 20 zutreffend bewertet. Höhere Einzel-GdB-Werte kämen ebenso wenig wie ein höherer Gesamt-GdB in Betracht. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" lägen nicht vor.
Gegen den ihr am 06.02.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08.03.2004 (Montag) Berufung eingelegt. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Gesamt-GdB mit 80 zu bewerten sei. Das SG habe weder sachverständige Zeugenauskünfte noch das beantragte Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet eingeholt. Der orthopädische Sachverhalt habe sich entgegen den Mutmaßungen des SG durchaus verschlechtert.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05.02.2004 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 26.06.2003 in der Fassung des Bescheides vom 18.08.2003, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung der sachverständigen Zeugenauskünfte von dem HNO-Arzt Dr. B., dem Praxisnachfolger von Dr. M. (Auskunft vom 22.02.2005), von Dr. K. (Auskunft vom 25.02.2005), von Dr. A. (Auskunft vom 03.03.2005), von dem Neurologen und Psychiater Dr. V. (Auskunft vom 18.03.2005), von dem Orthopäden Dr. B. (Auskunft vom 17.04.2004) und von der Neurologin und Psychiaterin Dr. L. als Praxisnachfolgerin von Dr. B. (Auskunft vom 18.07.2005). Dr. B. hat mitgeteilt, er selbst habe die Klägerin nie behandelt. Seinen Praxisvorgänger habe sie zuletzt im September 2002 aufgesucht. Das damals erstellte Tonaudiogramm sowie das aktuellste Sprachaudiogramm vom 03.11.2000 fügte er seiner Auskunft bei. Dr. K. hat Schmerzen im Bereich der Schulter-/Nackenregion und im Schulterbereich beschrieben. Die Schulterbeschwerden seien trotz operativer Behandlung einer Tendinitis calcarea mit Bursitis subacromialis rechts persistierend. Es bestehe des Weiteren ein chronisch-rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulensyndrom, wobei die Klägerin unter einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit häufig rezidivierenden, lang anhaltenden Nerven- und Wurzelreizerscheinungen leide. Dr. A. hat mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden eine bipolare affektive Störung mit schweren depressiven Episoden sowie eine Hypertonie. Dr. V. hat angegeben, dass er die Klägerin wegen einer bipolaren Psychose (manisch-depressive Störung) behandle. Die Klägerin sei mehrfach stationär behandelt worden. In den depressiven Phasen sei sie stets schwer depressiv gehandicapt, antriebslos, gleichzeitig innerlich unruhig, agitiert und wiederkehrend suizidal. Zuletzt hätten sich im Februar 2005 nach der Entlassung aus dem ZPR noch leichtere depressive Restsymptome sowie eine allgemeine Ängstlichkeit gefunden. In Phasen der Remission gehe es der Klägerin zwar besser, eine psychosoziale Funktionseinschränkung leichteren Grades sei jedoch stets nachweisbar. Dr. V. fügte seiner Auskunft die Briefe des ZPR vom 23.07.2004 über den stationären Aufenthalt vom 28.05. bis 23.07.2004 und vom 21.02.2005 über den stationären Aufenthalt vom 04.11.2004 bis 18.02.2005 bei. Dr. B. hat mitgeteilt, dass bei der Klägerin aufgrund rezidivierender HWS- und LWS-Beschwerden eine Funktionsbehinderung im Bereich der Wirbelsäule vorliegen dürfte, aktuelle Befunde lägen jedoch nicht vor. Anlässlich früherer Konsultationen seien von ihm keine Nervenwurzelreizerscheinungen festgestellt worden. Dr. L. hat ihre Auskunft ausschließlich unter Auswertung der von ihrem Praxisvorgänger Dr. B. hinterlassenen Praxisunterlagen erteilt, da sich die Klägerin bei ihr noch nie vorgestellt habe. Aus den Unterlagen lasse sich ein zum damaligen Zeitpunkt vorliegendes ausgeprägt depressives Bild, zeitweise mit Zwangsgedanken, Tremor, wechselnd ausgeprägten Schlafstörungen sowie einer Somatisierungsneigung entnehmen.
Der Beklagte legte hierzu die vä Stellungnahme von Dr. Wolf vom 15.09.2005 vor, wonach für den von Dr. V. beschriebenen Verlauf der affektiven Psychose mit zwar ausgeprägten Funktionseinschränkungen im akuten Stadium, jedoch deutlichen Besserungen in Phasen der Remission der bisher zuerkannte Einzel-GdB von 40 als angemessener Durchschnittswert bei wechselhaftem Verlauf anzusehen sei. Auf orthopädischem Gebiet hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Höherbewertung ergeben; das von Dr. B. vorgelegte Tonaudiogramm vom September 2002 zeige für das rechte Ohr einen Hörverlust von 40%, für das linke von 67%. Dem entspreche der bislang zuerkannte Einzel-GdB von 30.
Schließlich hat der Senat auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. R. das orthopädische Gutachten vom 13.12.2005 eingeholt. Dr. R. hat eine leichtgradige Verstärkung der Wirbelsäulenproblematik, insbesondere im HWS-Bereich, beschrieben, die jedoch keine Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 statt bisher 30 rechtfertige. Für die Gesundheitsstörungen im Bereich der Schulter hat er nach wie vor einen Einzel-GdB von 20 für angemessen gehalten. Neu hinzugekommen sei eine Gonarthrose rechts mit chronischem Reizzustand und Streckhemmung sowie ein bisher nicht berücksichtigter Spreizfuß mit erheblicher Rückfußkontraktur links, leichtgradig rechts. Hierfür sein ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Unter Berücksichtigung der auf nicht-orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen hat Dr. R. den Gesamt-GdB mit 70 bewertet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren nur noch die Feststellung eines GdB von 80 statt 70. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G", die im SG-Verfahren noch streitig war, begehrt die Klägerin nicht mehr.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 70. Dies haben der Beklagte und das SG zutreffend entschieden.
Das SG hat in seiner angefochtenen Entscheidung die Rechtsvorschriften und Grundsätze für eine Neufeststellung des GdB im Rahmen des § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) IX ausführlich und richtig dargelegt und unter Anwendung dieser Grundsätze zutreffend entschieden, dass zwar insoweit eine wesentliche Änderung gegenüber der Feststellung im Bescheid vom 23.07.2001 eingetreten ist, als der Gesamt-GdB nunmehr mit 70 statt mit 60 zu bewerten ist, dass aber ein höherer Gesamt-GdB nicht in Betracht kommt. Auf die entsprechenden Ausführungen des SG nimmt der Senat nach eigener Überprüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Neuere und für die Klägerin günstigere Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Vielmehr ist aufgrund der vom Senat eingeholten Arztauskünfte davon auszugehen, dass eine höhere Bewertung des GdB nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die vom Beklagten vorgelegte vä Stellungnahme vom 15.09.2005, in der zunächst nachvollziehbar und für den Senat überzeugend dargelegt wird, dass die auf psychischem Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die einen phasenhaften Verlauf haben, unter Berücksichtigung dieses phasenhaftes Verlaufes mit einem Einzel-GdB von 40 zutreffend bewertet sind (vgl. hierzu auch die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht [AP], Ausgabe 2004, Abschnitt 26.3, S. 47, wonach affektive Psychosen mit relativ kurzdauernden, aber häufig wiederkehrenden Phasen bei ein- bis zwei Phasen pro Jahr von mehrwöchiger Dauer je nach Art und Ausprägung mit einem Einzel-GdB von 30 bis 50 zu bewerten sind). Zwar ist nach der Auskunft von Dr. V. auch in Phasen der Remission eine psychosoziale Funktionseinschränkung vorhanden, jedoch ist diese nur leichteren Grades. Im Hinblick darauf ist die vom Beklagten vorgenommene Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 für den Senat überzeugend.
Hinsichtlich der Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet ist in der vä Stellungnahme ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen worden, dass insoweit keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung bzw. eine Höherbewertung vorliegen. Dies wird im Ergebnis von Dr. R. bestätigt. Dieser hat zwar im Bereich der HWS nunmehr ebenfalls eine Funktionseinschränkung beschrieben, hat jedoch die insoweit eingetretene Verschlechterung nicht als so wesentlich angesehen, dass damit der bisher für die Wirbelsäulenbeschwerden zuerkannte Einzel-GdB von 30 auf 40 erhöht werden könnte. Hinsichtlich der Beschwerden im Schulterbereich hat Dr. R. darauf hingewiesen, dass auch insoweit wechselnde Befunde vorliegen. Insgesamt hat er aber die im Bereich der oberen Extremitäten vorliegenden Befunde nach wie vor mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, an der durch den Beklagten vorgenommenen Bewertung des Einzel-GdB für diese Funktionsbeeinträchtigungen zu zweifeln. Zwar hat Dr. R. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass ein bei der Klägerin vorliegender Spreizfuß mit erheblicher Rückfußkontraktur links, leichtgradig rechts, bislang nicht berücksichtigt worden sei. Diese Beschwerden hat er zusammen mit der bei der Klägerin bestehenden Kniegelenksarthrose rechts mit chronischem Reizzustand und Streckhemmung mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Auch wenn man von dieser zusätzlichen Funktionsbehinderung ausgeht, erhöht sich damit der Gesamt-GdB jedoch nicht. Dr. R. hat unter Berücksichtigung der übrigen, auf nichtorthopädischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen den Gesamt-GdB mit 70 bewertet. Auch der Senat sieht keinen Anlass, den Gesamt-GdB auf 80 zu erhöhen, nur weil eine relativ leichte Funktionsstörung (Einzel-GdB 20) neu hinzugekommen ist. Hinsichtlich der Schwerhörigkeit hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass sich insoweit eine Verschlechterung eingestellt hat. Aufgrund der Auskunft von Dr. B. und des von ihm vorgelegten Tonaudiogramms vom September 2002, das in der vä Stellungnahme vom 15.09.2005 ausgewertet worden ist, kann ebenfalls nicht auf eine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens der Klägerin geschlossen werden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht in Betracht kommt.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt einen GdB von 80 im Rahmen der Neufeststellung.
Bei der 1945 geborenen Klägerin stellte der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 23.07.2001 (in Ausführung eines vor dem Sozialgericht Konstanz [SG] abgegebenen Anerkenntnisses) den GdB seit 31.01.2000 mit 60 fest, wobei er "Schwerhörigkeit beiderseits (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Wirbelgleiten (Einzel-GdB 30), Depression, psycho-vegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenkes rechts (Einzel-GdB 20), Entleerungsstörung der Harnblase (Einzel-GdB 10), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10)" berücksichtigte. Grundlage dieser Entscheidung waren die im Verfahren vor dem SG (S 6 SB 2439/00) eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte des HNO-Arztes Dr. M. vom 11.01.2001, des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 12.01.2001, der Allgemeinärztin Dr. A. vom 18.01.2001 und des Orthopäden Dr. K. vom 07.02.2001 sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 18.06.2001.
Am 20.02.2003 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihres GdB sowie die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Sie machte geltend, die Beschwerden auf orthopädischem Gebiet und die Depressionen hätten sich verschlimmert, außerdem seien Kniebeschwerden neu aufgetreten. Der Beklagte holte von Dr. B. den Befundbericht vom 05.03.2003 und von Dr. K. den Befundbericht vom 11.03.2003 ein und lehnte in Auswertung der vä Stellungnahme vom 16.06.2003 die Neufeststellung mit Bescheid vom 26.06.2003 ab, da keine wesentliche Änderung vorliege.
Mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten, die Schulterbeschwerden mit 30. Für die verschlechterten psychischen Beschwerden sei ein Einzel-GdB von 60 anzunehmen, so dass der Gesamt-GdB mit 80 festzustellen sei. Die Klägerin legte unter anderem die in ihrem Rentenrechtsstreit vom SG eingeholten Arztauskünfte von Dr. K. vom 02.05.2003, Dr. B. vom 13.03.2003 und Dr. A. vom 03.04.2003 vor. Der Beklagte holte daraufhin vom Zentrum für Psychiatrie R. (ZPR) den Bericht vom 06.08.2003 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 12.01. bis 25.03.2003 ein, in dem eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome beschrieben wurde. Nachdem Dr. Wolf in ihrer vä Stellungnahme vom 15.08.2003 die Beschwerden auf psychischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von 40 und den Gesamt-GdB mit 70 bewertet hatte, stellte der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 18.08.2003 den GdB seit 20.02.2003 mit 70 fest. Da die Klägerin an ihrem Widerspruch festhielt, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 23.09.2003 Klage vor dem SG und machte weiterhin einen Gesamt-GdB von 80 sowie die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" geltend. Mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2004 wies das SG die Klage ab. Nach den vorliegenden Unterlagen seien die Beschwerden auf psychischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von 40 sowie die Wirbelsäulen- und Schulterbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 30 bzw. 20 zutreffend bewertet. Höhere Einzel-GdB-Werte kämen ebenso wenig wie ein höherer Gesamt-GdB in Betracht. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" lägen nicht vor.
Gegen den ihr am 06.02.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08.03.2004 (Montag) Berufung eingelegt. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass der Gesamt-GdB mit 80 zu bewerten sei. Das SG habe weder sachverständige Zeugenauskünfte noch das beantragte Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet eingeholt. Der orthopädische Sachverhalt habe sich entgegen den Mutmaßungen des SG durchaus verschlechtert.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05.02.2004 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 26.06.2003 in der Fassung des Bescheides vom 18.08.2003, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung der sachverständigen Zeugenauskünfte von dem HNO-Arzt Dr. B., dem Praxisnachfolger von Dr. M. (Auskunft vom 22.02.2005), von Dr. K. (Auskunft vom 25.02.2005), von Dr. A. (Auskunft vom 03.03.2005), von dem Neurologen und Psychiater Dr. V. (Auskunft vom 18.03.2005), von dem Orthopäden Dr. B. (Auskunft vom 17.04.2004) und von der Neurologin und Psychiaterin Dr. L. als Praxisnachfolgerin von Dr. B. (Auskunft vom 18.07.2005). Dr. B. hat mitgeteilt, er selbst habe die Klägerin nie behandelt. Seinen Praxisvorgänger habe sie zuletzt im September 2002 aufgesucht. Das damals erstellte Tonaudiogramm sowie das aktuellste Sprachaudiogramm vom 03.11.2000 fügte er seiner Auskunft bei. Dr. K. hat Schmerzen im Bereich der Schulter-/Nackenregion und im Schulterbereich beschrieben. Die Schulterbeschwerden seien trotz operativer Behandlung einer Tendinitis calcarea mit Bursitis subacromialis rechts persistierend. Es bestehe des Weiteren ein chronisch-rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulensyndrom, wobei die Klägerin unter einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit häufig rezidivierenden, lang anhaltenden Nerven- und Wurzelreizerscheinungen leide. Dr. A. hat mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden eine bipolare affektive Störung mit schweren depressiven Episoden sowie eine Hypertonie. Dr. V. hat angegeben, dass er die Klägerin wegen einer bipolaren Psychose (manisch-depressive Störung) behandle. Die Klägerin sei mehrfach stationär behandelt worden. In den depressiven Phasen sei sie stets schwer depressiv gehandicapt, antriebslos, gleichzeitig innerlich unruhig, agitiert und wiederkehrend suizidal. Zuletzt hätten sich im Februar 2005 nach der Entlassung aus dem ZPR noch leichtere depressive Restsymptome sowie eine allgemeine Ängstlichkeit gefunden. In Phasen der Remission gehe es der Klägerin zwar besser, eine psychosoziale Funktionseinschränkung leichteren Grades sei jedoch stets nachweisbar. Dr. V. fügte seiner Auskunft die Briefe des ZPR vom 23.07.2004 über den stationären Aufenthalt vom 28.05. bis 23.07.2004 und vom 21.02.2005 über den stationären Aufenthalt vom 04.11.2004 bis 18.02.2005 bei. Dr. B. hat mitgeteilt, dass bei der Klägerin aufgrund rezidivierender HWS- und LWS-Beschwerden eine Funktionsbehinderung im Bereich der Wirbelsäule vorliegen dürfte, aktuelle Befunde lägen jedoch nicht vor. Anlässlich früherer Konsultationen seien von ihm keine Nervenwurzelreizerscheinungen festgestellt worden. Dr. L. hat ihre Auskunft ausschließlich unter Auswertung der von ihrem Praxisvorgänger Dr. B. hinterlassenen Praxisunterlagen erteilt, da sich die Klägerin bei ihr noch nie vorgestellt habe. Aus den Unterlagen lasse sich ein zum damaligen Zeitpunkt vorliegendes ausgeprägt depressives Bild, zeitweise mit Zwangsgedanken, Tremor, wechselnd ausgeprägten Schlafstörungen sowie einer Somatisierungsneigung entnehmen.
Der Beklagte legte hierzu die vä Stellungnahme von Dr. Wolf vom 15.09.2005 vor, wonach für den von Dr. V. beschriebenen Verlauf der affektiven Psychose mit zwar ausgeprägten Funktionseinschränkungen im akuten Stadium, jedoch deutlichen Besserungen in Phasen der Remission der bisher zuerkannte Einzel-GdB von 40 als angemessener Durchschnittswert bei wechselhaftem Verlauf anzusehen sei. Auf orthopädischem Gebiet hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Höherbewertung ergeben; das von Dr. B. vorgelegte Tonaudiogramm vom September 2002 zeige für das rechte Ohr einen Hörverlust von 40%, für das linke von 67%. Dem entspreche der bislang zuerkannte Einzel-GdB von 30.
Schließlich hat der Senat auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. R. das orthopädische Gutachten vom 13.12.2005 eingeholt. Dr. R. hat eine leichtgradige Verstärkung der Wirbelsäulenproblematik, insbesondere im HWS-Bereich, beschrieben, die jedoch keine Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 statt bisher 30 rechtfertige. Für die Gesundheitsstörungen im Bereich der Schulter hat er nach wie vor einen Einzel-GdB von 20 für angemessen gehalten. Neu hinzugekommen sei eine Gonarthrose rechts mit chronischem Reizzustand und Streckhemmung sowie ein bisher nicht berücksichtigter Spreizfuß mit erheblicher Rückfußkontraktur links, leichtgradig rechts. Hierfür sein ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Unter Berücksichtigung der auf nicht-orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen hat Dr. R. den Gesamt-GdB mit 70 bewertet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren nur noch die Feststellung eines GdB von 80 statt 70. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G", die im SG-Verfahren noch streitig war, begehrt die Klägerin nicht mehr.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 70. Dies haben der Beklagte und das SG zutreffend entschieden.
Das SG hat in seiner angefochtenen Entscheidung die Rechtsvorschriften und Grundsätze für eine Neufeststellung des GdB im Rahmen des § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) IX ausführlich und richtig dargelegt und unter Anwendung dieser Grundsätze zutreffend entschieden, dass zwar insoweit eine wesentliche Änderung gegenüber der Feststellung im Bescheid vom 23.07.2001 eingetreten ist, als der Gesamt-GdB nunmehr mit 70 statt mit 60 zu bewerten ist, dass aber ein höherer Gesamt-GdB nicht in Betracht kommt. Auf die entsprechenden Ausführungen des SG nimmt der Senat nach eigener Überprüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Neuere und für die Klägerin günstigere Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Vielmehr ist aufgrund der vom Senat eingeholten Arztauskünfte davon auszugehen, dass eine höhere Bewertung des GdB nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die vom Beklagten vorgelegte vä Stellungnahme vom 15.09.2005, in der zunächst nachvollziehbar und für den Senat überzeugend dargelegt wird, dass die auf psychischem Fachgebiet bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die einen phasenhaften Verlauf haben, unter Berücksichtigung dieses phasenhaftes Verlaufes mit einem Einzel-GdB von 40 zutreffend bewertet sind (vgl. hierzu auch die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht [AP], Ausgabe 2004, Abschnitt 26.3, S. 47, wonach affektive Psychosen mit relativ kurzdauernden, aber häufig wiederkehrenden Phasen bei ein- bis zwei Phasen pro Jahr von mehrwöchiger Dauer je nach Art und Ausprägung mit einem Einzel-GdB von 30 bis 50 zu bewerten sind). Zwar ist nach der Auskunft von Dr. V. auch in Phasen der Remission eine psychosoziale Funktionseinschränkung vorhanden, jedoch ist diese nur leichteren Grades. Im Hinblick darauf ist die vom Beklagten vorgenommene Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 für den Senat überzeugend.
Hinsichtlich der Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet ist in der vä Stellungnahme ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen worden, dass insoweit keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung bzw. eine Höherbewertung vorliegen. Dies wird im Ergebnis von Dr. R. bestätigt. Dieser hat zwar im Bereich der HWS nunmehr ebenfalls eine Funktionseinschränkung beschrieben, hat jedoch die insoweit eingetretene Verschlechterung nicht als so wesentlich angesehen, dass damit der bisher für die Wirbelsäulenbeschwerden zuerkannte Einzel-GdB von 30 auf 40 erhöht werden könnte. Hinsichtlich der Beschwerden im Schulterbereich hat Dr. R. darauf hingewiesen, dass auch insoweit wechselnde Befunde vorliegen. Insgesamt hat er aber die im Bereich der oberen Extremitäten vorliegenden Befunde nach wie vor mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, an der durch den Beklagten vorgenommenen Bewertung des Einzel-GdB für diese Funktionsbeeinträchtigungen zu zweifeln. Zwar hat Dr. R. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass ein bei der Klägerin vorliegender Spreizfuß mit erheblicher Rückfußkontraktur links, leichtgradig rechts, bislang nicht berücksichtigt worden sei. Diese Beschwerden hat er zusammen mit der bei der Klägerin bestehenden Kniegelenksarthrose rechts mit chronischem Reizzustand und Streckhemmung mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Auch wenn man von dieser zusätzlichen Funktionsbehinderung ausgeht, erhöht sich damit der Gesamt-GdB jedoch nicht. Dr. R. hat unter Berücksichtigung der übrigen, auf nichtorthopädischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen den Gesamt-GdB mit 70 bewertet. Auch der Senat sieht keinen Anlass, den Gesamt-GdB auf 80 zu erhöhen, nur weil eine relativ leichte Funktionsstörung (Einzel-GdB 20) neu hinzugekommen ist. Hinsichtlich der Schwerhörigkeit hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass sich insoweit eine Verschlechterung eingestellt hat. Aufgrund der Auskunft von Dr. B. und des von ihm vorgelegten Tonaudiogramms vom September 2002, das in der vä Stellungnahme vom 15.09.2005 ausgewertet worden ist, kann ebenfalls nicht auf eine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens der Klägerin geschlossen werden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht in Betracht kommt.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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