L 11 KR 1006/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 82/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1006/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf implantologische Leistungen im Rahmen der Versorgung mit Zahnersatz im Unterkiefer der Klägerin.

Die 1925 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflichtversichert. Sie beantragte am 30.01.2002 unter Vorlage eines Heil- und Kostenplanes des Zahnarztes Dr. M. und eines Kostenvoranschlags der Dentaltechnik M. GmbH unter anderem die Kostenübernahme für eine Versorgung mit Implantaten.

Mit Bescheid vom 11.02.2002 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, es liege weder eine Indikation für Implantate nach § 28 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) im Ober- und Unterkiefer noch für den Unterkiefer eine Ausnahmeindikation nach § 30 SGB V vor.

Die Klägerin trug dagegen vor, dass bei ihr durch einen im Jahr 1983 erlittenen Unfall der gesamte linksseitige Kiefer zerstört worden sei. Bei der nun erforderlichen Behandlung handele es sich immer noch um eine unfallbedingte Weiterbehandlung. Hierfür habe die Beklagte von der gegnerischen Versicherung im Zuge der Unfallabwicklung eine Abfindungsleistung erhalten.

Auf Nachfrage der Beklagten teilten die Zahnärzte Dr. M. und Partner mit, dass im Falle der Klägerin keine Ausnahmeindikation für eine Implantatversorgung vorliege. Eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate sei möglich, würde aber sehr schlecht halten, weil der Kiefer alters- und unfallbedingt stark abgebaut sei. Ergänzend führte Dr. M. aus, bei der Klägerin liege eine unfallbedingte Wirbelsäulenerkrankung vor, die auch zu Veränderungen im Mundbereich geführt habe. Im Unterkiefer seien mittlerweile nur noch zwei Zähne vorhanden. Eine konventionelle Versorgung mittels Totalprothese habe wegen des extrem starken Abbaus des Unterkiefers langfristig eine äußerst schlechte Prognose. Um der Prothese wieder einen ausreichenden Halt zu geben, wäre die Insertion einiger Implantate sinnvoll. Würde die Prothese auf konventionelle Art hergestellt, bestünde die Gefahr, dass sich die Wirbelsäulenproblematik verstärken könnte, weil durch den unzureichenden Halt der dann neuen Unterkieferprothese das muskuläre Gleichgewicht gestört werden könnte. In einem weiteren Schreiben an den von der Beklagten beauftragten Gutachter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Dr. D. nahm Dr. M. nochmals Stellung und gab noch einmal an, die Klägerin habe derzeit im Unterkiefer noch zwei Zähne, wobei ein Zahn wohl langfristig ebenfalls in eine sinnvolle Planung nicht mehr einbezogen werden könne. Besonders zu erwähnen seien die ungünstigen Bissverhältnisse (Deckbiss), die eine Totalprothese im Unterkiefer bei fester Oberkieferversorgung immer nach dorsal wegdrücken würde. Die Insertion einiger Implantate im Unterkiefer wäre sinnvoll, um einer Prothese einen sicheren Halt zu gewähren.

Dr. D. führte in seinem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten zahnmedizinischen Gutachten aus, bei der Klägerin liege ein stark reduziertes parodontal stark vorgeschädigtes Restgebiss im Unterkiefer mit teleskopierender Zahnersatzversorgung auf drei Teleskopen vor. Es sei eine Neuversorgung unter vorläufiger Einbeziehung der Zähne 44 und 46 und Insertion von drei Implantaten im Interforaminalbereich, um eine stabile makromechanische Verankerung des Zahnersatzes zu gewährleisten, geplant. Die geplanten implantatprothetischen Maßnahmen seien medizinisch indiziert. Es handele sich jedoch um einen privaten Wahleingriff. Eine Versorgung ohne Implantate z.B. durch eine Deckprothese sei möglich. Eine Ausnahmeindikation für seltene, besonders schwere Fälle gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liege nicht vor. Der geschilderte Unfall (Wirbelsäulentrauma) spiele bei der Ätiologie der aktuellen klinischen Situation keine Rolle. Die bestehende Problematik des insuffizienten Prothesenlagers sei maßgeblich durch den parodontalpathologischen massiven Zahnverlust und eine fortschreitende Atrophie des Kieferkammes entstanden. Eine Zuzahlung nach § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V sei ebenfalls nicht möglich, da es sich um keinen zahnlosen atrophierten Unterkiefer handele.

Mit Bescheid vom 23.05.2002 lehnte die Beklagte daraufhin erneut die Kostenübernahme ab. Ausnahmeindikationen nach §§ 28 und 30 SGB V lägen nicht vor. Bezüglich der Oberkieferversorgung könne ein Zuschuss erfolgen, sobald ein Vertrags-, Heil- und Kostenplan (Totalprothese) vorliege.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass die zahnärztlichen Behandlungen allesamt durch den Unfall aus dem Jahr 1983 verursacht würden. Sie habe bei dem Unfall schwerste Verletzungen im Gesicht erlitten und sich sechs Jahre lang nur mit Brei ernähren können.

Die Beklagte veranlasste hierauf ein Obergutachten durch Dr. Dr. W. von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, aufgrund der vorliegenden Knochenverhältnisse und der erhaltenen Weichteilsituation sei keine Ausnahmeindikation im Sinne des § 28 SGB V gegeben und auch keine Indikation nach § 30 SGB V für Totalprothesen. Die geltend gemachten Unfallfolgen seien nicht nachweisbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung wies sie im wesentlichen erneut darauf hin, dass die Kieferbehandlungskosten durch den Unfall entstanden seien. Ihre gesamte derzeitige psychische und physische Beeinträchtigung sei unfallbedingt.

Das SG hörte Dr. M. als sachverständigen Zeugen. Der Zahnarzt teilte mit, die Klägerin befinde sich seit 1988 in seiner zahnärztlichen Behandlung. Sie habe ihm berichtet, dass sie im Jahr 1983 einen Unfall erlitten habe, bei dem sie sich neben multiplen anderen Schäden auch Schäden im Bereich des Kiefers zugezogen habe, die teilweise mit Zahnverlusten einhergegangen seien. Deshalb sei bereits im Jahr 1989 im Oberkiefer eine implantatgetragene Prothesenversorgung vorgenommen worden, die im Jahr 1993 mit weiteren Implantaten erweitert worden sei. Der Unterkiefer sei im Jahr 1994 mit einer teleskopierenden Brücke versorgt worden. Nach Verlust der letzten eigenen Zähne (Zahn 46 im Februar 2003) habe die Klägerin einen zahnlosen, stark atrophierten Unterkiefer, auf dem eine konventionelle Unterkieferprothese keinen Halt finden konnte, gehabt. Dies werde durch einen extremen Deckbiss verstärkt. Jede Lateral- und Protrusionsbewegung führe sofort zum Kippen der Prothese. Deshalb sei eine Insertion von wenigstens zwei bis vier Implantaten im Unterkiefer notwendig gewesen, um der Prothese einen sicheren Halt zu gewährleisten. Im Jahr 2003 seien drei definitive Implantate gesetzt worden, die Anfang 2004 mit einer neuen Prothese versorgt worden seien. Dr. M. legte Rechnungen über die zahnärztliche Versorgung der Klägerin vor. Danach fand die Behandlung der Klägerin zwischen dem 12.07.2001 und 04.12.2002 statt. Die eigentliche Implantatversorgung begann am 10.07.2002.

Die Beklagte wies darauf hin, dass die Tatsache, dass die Klägerin seit Februar 2003 einen zahnlosen atrophierten Unterkiefer habe, die Entscheidung über die implantologische Behandlung in den Jahren 2001 und 2002 nicht beeinflussen könne.

Das SG zog die den Unfall der Klägerin betreffenden Akten des Landgerichts Ulm (3 O 340/92 und 3 O 401/92) bei und nahm hieraus die medizinischen Unterlagen zu den Akten. Nach dem insoweit beigezogenen unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. W. erlitt die Klägerin bei dem Unfall eine Commotio cerebri, Schleudertrauma der Halswirbelsäule mit Frakturen der Wirbelbögen 2 und 3, Verdacht auf Spinalcontusion, Thoraxcontusion links mit Rippenserienfrakturen und multiple Prellungen und Schürfungen auf der Innenseite des linken Kniegelenkes, am rechten Oberschenkel, am linken Fußrücken und an der linken Hand. Nach dem beigezogenen zahnärztlichen Befundbericht des Zahnarztes F. aus dem Jahr 1985 ist die Klägerin bereits im Jahre 1977 im Ober- und Unterkiefer prothetisch versorgt worden. Weiter heißt es im Bericht, es hätten damals hervorragende Parodontalverhältnisse bestanden. Die Funktionstüchtigkeit des eingegliederten Zahnersatzes sei voll gegeben gewesen. Nach dem Unfall im Juni 1983 sei die Klägerin am 22.10.1984 wieder zur Behandlung gekommen. Die klinische und röntgenologische Untersuchung habe ergeben, dass die Teleskopkronen tragenden Zähne 23, 24 und 25 luxiert gewesen seien und eine Lockerung II bis III aufwiesen. Am linken Prothesensattel im Oberkiefer sei der Kunststoff abgeschlagen gewesen. Die Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes sei als Unfallfolge nur noch äußerst begrenzt gegeben gewesen. Eine prothetische Neuversorgung sei mit Sicherheit erforderlich, wobei die Zähne 23, 24 und 25 sicher entfernt werden müssten. Wegen der unfallbedingten Beschwerden der Klägerin im Halswirbelsäulenbereich habe die Behandlung bisher noch nicht durchgeführt werden können.

Das SG hörte daraufhin noch Dr. F. als sachverständigen Zeugen. Der Zahnarzt teilte mit, er habe bei der Klägerin nach dem Unfall eine Verstärkung der Lockerung der Zähne im linken Oberkiefer bis zur Lockerung III mit stark entzündlichen Veränderungen im Zahnfleischbereich gefunden. Die Veränderungen seien offensichtlich auf den Schlag in den linken Oberkieferbereich bei dem Unfall zurückzuführen. Stark in Mitleidenschaft gezogen gewesen seien die Zähne 21, 22, 23, 24 und 25. Die klinische und röntgenologische Untersuchung habe ergeben, dass als Spätfolge des Unfalls wahrscheinlich bald eine Totalprothese im Oberkiefer hätte angefertigt werden müssen. Eine Behandlung habe durch ihn insoweit jedoch nicht stattgefunden. Die Klägerin sei letztmals am 26.05.1986 in seiner Praxis erschienen.

Mit Urteil vom 31.01.2005, den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 09.03.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die für die Implantatversorgung und Suprakonstruktion des Unterkiefers entstanden seien. Die Zahnbehandlungs-Richtlinien in der Fassung vom 24.07.1998 enthielten keine zugunsten der Klägerin eingreifende Ausnahme für die Gewährung implantologischer Leistungen. Eine Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liege damit nicht vor. Infolge des Unfallereignisses vom 19.06.1983 seien keine Zähne des Unterkiefers geschädigt worden. Unfallfolgen hätten lediglich im Bereich des Oberkiefers bestanden. Die Klägerin habe auch keinen Primäranspruch auf die Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz (Suprakonstruktionen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Hierauf bestehe in Verbindung mit den am 24.03.2001 in Kraft getretenen Zahnersatz-Richtlinien unter anderem nur ein Anspruch bei einem atrophierten zahnlosen Kiefer. Ein solcher habe bei der Klägerin zum Behandlungszeitpunkt (2001 und 2002) nicht vorgelegen.

Hiergegen richtet sich die am 10.03.2005 eingelegte Berufung der Klägerin. Ihre gesamte Situation am Kiefer sei durch den Unfall bedingt. Dass gegebenenfalls Zähne des Unterkiefers nicht unmittelbar geschädigt worden seien, sei unerheblich. Maßgeblich sei, dass die Schäden am Unterkiefer ihre Ursache in dem schweren Unfall im Jahr 1983 hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Dezember 2002 zu verurteilen, ihr die Kosten für die Implantatversorgung und Suprakonstruktion des Unterkiefers zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.

Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert.

Auf Antrag der Klägerin hat Prof. Dr. L., der sich der Mitarbeit von Dr. D. bediente, ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattet. Danach ist bei der Klägerin ein zahnloser Ober- und Unterkiefer mit Implantaten Regio 15, 13, 21, 23, 33 und 43, funktionslose Implantate 11, 33 und 43, ein mäßig atrophierter Unterkiefer und ein prothetisch insuffizient versorgter Ober- und Unterkiefer mit Inkongruenzen der Prothesenbasis - Prothesenlager und fehlerhafter vertikaler Relation zu diagnostizieren. Im Jahr 2002 habe es sich um fünf Implantate mit Stegkonstruktionen im Oberkiefer und vier Interimsimplantate im Unterkiefer sowie Restzähne 44 und 46 überkront gehandelt. Eine Ausnahmeindikation für eine Implantatversorgung sei nicht gegeben gewesen. Unfallbedingt sei die Luxation der Zähne 23, 24 und 25 genannt gewesen. Unfallbedingte größere Kiefer- und Gesichtsdefekte seien jedoch nicht beschrieben worden. Bei der klinischen Untersuchung habe jetzt keine starke Atrophie des Unterkiefers festgestellt werden können. Damit sei eine solche auch im Jahr 2002 nicht gegeben gewesen. Dies entspreche auch dem Röntgenbefund. Als konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate wäre im Unterkiefer die Anfertigung einer teleskopierenden Totalprothese (Deckprothese), alternativ bei Nichterhaltbarkeit der Restzähne 44 und 46 eine Totalprothese möglich gewesen. Beigefügt ist dem Gutachten ein Arztbrief des Dr. M ...

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 SGG besteht und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Akten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die implantologische Versorgung im Bereich des Unterkiefers. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um einen Anspruch auf zahnärztliche Behandlung und Versorgung mit Zahnersatz zu begründen und die Regelungen, wonach eine Versorgung mit einer implantologischen Leistung erfolgen kann, sowie die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruches sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Darauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Nach Auffassung des Senats ist die Berufung hinsichtlich der Versorgung mit einer implantologischen Leistung im Bereich des Unterkiefers der Klägerin bereits aus den vom SG ausführlich und zutreffend dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Eine implantologische Leistung gehört grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung. Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung zu erbringen hat und die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 SGB V genannt sind, liegen bei der Klägerin nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe des SG wird deshalb ebenfalls Bezug genommen und auf deren erneute Darstellung verzichtet (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V i.V.m. den Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Zahnbehandlungs-RL in der Fassung vom 24.07.1998) auch daran scheitert, dass auch bei Vorliegen der Ausnahmeindikation ein Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann besteht, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist (Nr. 29 der Behandlungs-RL). Eine Versorgung mit einer Deckprothese wäre jedoch nicht nur nach den von Dr. D. und Dr. Dr. W. erstatteten Gutachten, sondern auch nach der Auskunft von Dr. M. möglich gewesen. Darauf, ob eine Implantatversorgung medizinisch sinnvoll ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sein darf. Im Falle der Klägerin mag eine Versorgung ohne Implantate zwar die schlechtere Möglichkeit gewesen sein, ausgeschlossen war eine konventionelle prothetische Versorgung indessen nicht.

Bestätigt wird diese Entscheidung auch durch das im Auftrag der Klägerin erstattete Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. D ... Auch nach diesem Gutachten lag im Jahr 2002 keine Ausnahmeindikation für eine Implantatversorgung vor. Als Folge des Unfalls waren keine unfallbedingten größeren Kiefer- und Gesichtsdefekte zu konstatieren. Zum Zeitpunkt der Untersuchung am 18.01.2006 bestand auch nur ein mäßig atrophierter Unterkiefer. Dies hat zur Folge, dass auch im Jahr 2002 keine starke Atrophie des Unterkiefers vorgelegen haben kann. Einen Beleg findet diese Schlussfolgerung im Röntgenbefund, der keinen atrophierten Kiefer aufweist. Im übrigen lag im Jahr 2002 zu Beginn der Behandlung durch Dr. M. auch kein zahnloser Unterkiefer vor, so dass ein Anspruch auf implantatgestützten Zahnersatz (Suprakonstruktionen) auch aus diesem Grund ausscheidet. Auch nach diesem Gutachten wäre eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate möglich gewesen.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte auch nicht verpflichtet ist, sich an den Kosten der Klägerin in der Höhe zu beteiligen, die durch eine konservative Behandlung entstanden wären. Dies ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut. Nach § 28 Abs. 2 Satz 8 SGB V gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden. Nach Satz 9 dieser Norm gilt das gleiche für implantologische Leistungen, es sei denn seltene Ausnahmefälle liegen vor. Satz 9 nimmt also auf Satz 8 des § 28 Abs. 2 SGB V Bezug. Nach Satz 8 ist eine Bezuschussung ausdrücklich untersagt, nachdem das Gleiche auch für implantologische Leistungen gilt, heißt dies eindeutig, dass auch für implantologische Leistungen kein Zuschuss möglich ist. Auch die Mehrkostenregelung des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB V findet keine Anwendung. Erforderlich hierfür wäre, dass die Grundleistung als solche Gegenstand der von der Beklagten geschuldeten zahnärztlichen Versorgung ist und lediglich die Art der Ausführung über das zahnmedizinisch Gebotene hinausgeht (BSG, Urteil vom 19.06.2001 - B 1 KR 27/00 R -). Dies trifft bei einem Implantat nicht zu.

Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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