L 11 KR 1144/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3218/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1144/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG verlangt eine besondere, nicht nur unwesentliche, und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Allein die Abfassung einer Widerspruchsbegründeung genügt nicht.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist noch, ob im Widerspruchsverfahren eine Erledigungsgebühr und damit ein höherer Erstattungsbetrag angefallen ist.

Die 1948 geborene, seit 01.10.2002 arbeitslose Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert.

Mit Bescheid vom 18.04.2005 teilte die Beklagte der Klägerin gestützt auf eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit, dass sie ab 21.04.2005 wieder arbeitsfähig bzw. für das Arbeitsamt vermittlungsfähig sei und Krankengeld (Krg) nur bis zum 20.04.2005 bezahlt werde.

Dagegen legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie sei nach wie vor arbeitsunfähig und verwies insoweit auf die der Beklagten vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere den vorläufigen Entlassungsbericht der V.-Klinik in Bad R. und den Entlassungsbericht des Universitätsklinikums W., die sie noch einmal beifügte.

Die Beklagte schaltete daraufhin erneut den MDK ein. Dieser kam auf der Grundlage einer weiteren Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig sei, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2005 mitteilte, dass sie ab dem 21.04.2005 bis auf weiteres die Krg-Zahlung wieder aufnehme. Das Schreiben vom 18.04.2005 sei als gegenstandslos anzusehen.

Mit Kostenrechnung vom 20.06.2005 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten eine Geschäftsgebühr und eine Erledigungsgebühr in Höhe von jeweils 280,- EUR, eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,- EUR und Mehrwertsteuer in Höhe von 92,80 EUR und damit insgesamt einen Betrag in Höhe von 672,80 EUR in Rechnung.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 01.07.2005 kürzte die Beklagte den Betrag für die Geschäftsgebühr auf 240,- EUR, da sich der vorliegende Sachverhalt im Vorverfahren befunden habe und die Bemühungen nicht über das Maß des "Normalen" hinausgegangen seien. Die Erledigungsgebühr wurde gestrichen. Um Zusendung einer korrigierten Rechnung wurde gebeten.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, ihr stehe nach der Neuregelung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine Erledigungsgebühr zu. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG entstehe, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledige (Satz 1). Das Gleiche gelte, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige (Satz 2). Nr. 1002 VV RVG greife in Satz 2 die Formulierung des früher geltenden § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) auf und enthalte in Satz 2 eine darüber hinausgehende Regelung, die bisher von Rechtsprechung und Literatur anerkannt gewesen sei. Bereits früher sei über den Wortlaut des § 24 BRAGO hinausgehend die Erledigungsgebühr auch dann zuerkannt worden, wenn sich eine Verwaltungsangelegenheit durch den Erlass eines früher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt habe. Notwendig, aber auch ausreichend sei gewesen, dass die Verwaltungsbehörde bereits einen bestimmten, dem Auftraggeber des Rechtsanwalts ungünstigen Standpunkt eingenommen - nicht lediglich Bedenken geäußert - habe und dass es der Tätigkeit des Rechtsanwalts gelungen sei, diesen Standpunkt zugunsten seines Auftraggebers zu ändern. Die Erledigungsgebühr entstehe deshalb auch dann, wenn der Rechtsanwalt gegen einen Ablehnungsbescheid Widerspruch einlege und auf tatsächliche Umstände oder rechtliche Aspekte hinweise und die Behörde daraufhin ihren Standpunkt aufgebe und den begehrten Bewilligungsbescheid erlasse. Die Erledigungsgebühr sei (auch) eine Erfolgsgebühr. Sie wolle die außergerichtliche Erledigung von Streitfällen, die durch eine anwaltliche Tätigkeit bewirkt worden sei, belohnen. Die ursprüngliche Gesamtforderung bleibe in voller Höhe bestehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Ansatz einer Erledigungsgebühr komme entsprechend einer Entscheidung des Sozialgerichts Hannover vom 29.06.2005 - S 51 SO 213/05 - nicht in Betracht. Das Sozialgericht Hannover stütze sich in seiner Entscheidung auf die bereits ergangene Rechtsprechung zu dem früheren § 24 BRAGO. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn bei einem Verwaltungsverfahren, das mit Widerspruchsbescheid abgeschlossen werde, die Erledigungsgebühr versagt werde und im Gegensatz dazu, wenn die Verwaltungsbehörde bereits im Vorfeld dem Widerspruch abhelfe, eine Erledigungsgebühr anfallen würde. Das Sozialgericht Hannover spreche von einer Identität der Erledigungsgebühr nach der BRAGO und dem jetzt geltenden RVG. Dieses Urteil sei für sie - die Beklagte - entscheidend gewesen. Das dem entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts Aachen (Urteil vom 19.04.2005 - S 13 KR 15/05) sei nicht mehr aktuell. Folge man der Entscheidung des Sozialgerichts Aachen, wäre die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung des Widerspruchs durch die Verwaltung kostennachteiliger als die Abgabe und Entscheidung durch die Widerspruchsstelle. Eine Geschäftsgebühr könne nur in Höhe von 240,- EUR gefordert werden. In der Anlage 1 zum RVG sei darauf hingewiesen, dass eine Gebühr von mehr als 240,- EUR nur dann verlangt werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Die Anfertigung eines einfachen Widerpruchsschreibens sowie die Beifügung der für eine Überprüfung noch erforderlichen Unterlagen stelle sicherlich keine umfangreiche und schwerwiegende Tätigkeit dar.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Sie machte hinsichtlich der geltend gemachten Geschäftsgebühr geltend, dass die anwaltliche Tätigkeit sowohl umfangreich als auch schwierig gewesen sei. Der Rechtsstreit habe erhebliche Bedeutung für sie gehabt, da sie von dem Krg ihren Lebensunterhalt bestreiten müsse. Ihr Anwalt habe die medizinischen Unterlagen sichten und danach aus medizinischer und berufskundlicher Sicht umfangreich und qualifiziert Stellung nehmen müssen. Die Erledigungsgebühr stehe ihr gestützt auf die Entscheidung des Sozialgerichts Aachen zu. Die Entscheidung des Sozialgerichts Hannover sei unzutreffend. Sie beschäftige sich überwiegend mit der Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO. Diese sei vorliegend nicht mehr einschlägig. Eine Begründung, weshalb die Erledigungsgebühr nach der BRAGO und nach dem RVG nach ihren Voraussetzungen identisch sei, liefere das Sozialgericht Hannover nicht. Dadurch, dass der Gesetzgeber in Nr. 1002 VV RVG einen Satz 2 angefügt habe, werde deutlich, dass die Erledigungsgebühr nunmehr eine Erfolgsgebühr sei, die die außergerichtliche Erledigung von Streitfällen, die durch eine anwaltliche Tätigkeit bewirkt worden sei, belohnen wolle. Für die Entstehung der Erledigungsgebühr sei nunmehr ausreichend, dass die Behörde aufgrund einer substantiierten Widerspruchsbegründung den bisherigen, ablehnenden Standpunkt zugunsten des jeweiligen Auftraggebers des Rechtsanwaltes ändere. Im Hinblick auf die Zinsen wies die Klägerin darauf hin, dass sich die Beklagte aufgrund der Kostenrechnung vom 20.06.2005 seit dem 21.07.2005 im Verzug befinde.

Die Beklagte wiederholte im wesentlichen ihre im Widerspruchsbescheid vertretene Auffassung und wies ergänzend darauf hin, dass gegen eine umfangreiche und schwierige Tätigkeit im Hinblick auf die Geschäftsgebühr auch der kurze Zeitraum zwischen der Erstellung des ablehnenden Bescheides und dem Eingang des Widerspruchs spreche.

Nachdem die Beklagte am 16.12.2005 einen Teilbetrag in Höhe von 301,60 EUR gezahlt hatte, erklärte die Klägerin das Klageverfahren insoweit für erledigt.

Mit Urteil vom 07.02.2006 wies das SG die Klage ab und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins aus 301,60 EUR für die Zeit vom 21.07.2005 bis 16.12.2005 zu zahlen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, eine Geschäftsgebühr von mehr als 240 EUR könne nur dann gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Eine separate Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Diese erfordere, dass der Anwalt an der Einigung bzw. Erledigung in wesentlicher Weise mitgewirkt habe. Insoweit habe das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 22.02.1994 - L 13 VS 1836/93 -) schon zur alten Rechtslage festgestellt, dass die Erledigungsgebühr alleine durch das schriftsätzliche Begründen des Rechtsbehelfes einschließlich der Vorlage der die Begründung stützenden Belege und Beweisstücke nicht begründet werde. Erforderlich sei ein darüber hinausgehendes, auf die nichtstreitige Erledigung des Rechtsbehelfes abzielendes Tätigwerden des Anwaltes. Die dem entgegenstehende Entscheidung des Sozialgerichts Aachen vom 19.04.2005 sei vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 29.09.2005 - L 2 KR 43/05 - aufgehoben worden. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen habe an die Rechtsprechung zu den früheren Vorschriften der BRAGO angeknüpft und betont, dass die Einlegung und Begründung des Widerspruchs nicht ausreiche, die Erledigungsgebühr zu begründen. Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gehe davon aus, dass ein zusätzliches anwaltliches Tätigwerden, das auf die nichtstreitige Beendigung der Angelegenheit abziele, erforderlich sei. Ansonsten wäre jeder vollständig erfolgreiche Widerspruch mit zwei Gebühren zu vergüten, weil alleine dieser Erfolg dazu geführt habe, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, während es bei der Teilabhilfe immer noch eines zusätzlichen anwaltlichen Bestrebens, die Streitigkeit möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen, bedürfe. Im übrigen habe die Entstehung der Erledigungsgebühr bei vollständiger Abhilfe im Widerspruchsverfahren zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde dann kostenmäßig stärker belastet werde als bei einer streitigen Entscheidung. Dies könne dazu führen, dass aus der Sicht der Verwaltungsbehörde die Bereitschaft, durch eine Abhilfe im Widerspruchsverfahren dem Rechtsbehelf abzuhelfen, aus kostenmäßigen Erwägungen geschmälert werde. Hierdurch werde das gesetzgeberische Ziel, allgemein durch das Kostenrecht Anreize für nichtstreitige Erledigungen im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens zu setzen, verfehlt. Aus den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 15/1971) ergebe sich, dass die Erledigungsgebühr nach Ziffer 1002 Anlage 1 RVG an die bisherige Rechtsprechung und Literatur zu § 24 BRAGO anknüpfe. Von daher entspreche es durchaus den Gesetzesmaterialien, dass die Erledigungsgebühr nur dann entstehe, wenn tatsächlich ein über das schlichte Betreiben des Widerspruchsverfahrens hinausgehendes Tätigwerden des Anwaltes, das auf eine nichtstreitige Erledigung abziele, vorliege. Der Klägerin stünden jedoch Verzugszinsen zu. Die Beklagte habe sich ab dem 21.07.2005 im Verzug befunden. Den geschuldeten Betrag habe sie erst am 16.12.2005 beglichen, so dass für die Zeit vom 21.07.2005 bis zum 15.12.2005 Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geschuldet würden. Die Berufung wurde zugelassen.

Dagegen hat die Klägerin am 07.03.2006 Berufung eingelegt. Sie macht nunmehr nur noch das Entstehen der Erledigungsgebühr in Höhe von 280,- EUR zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen hierauf geltend. Im übrigen nimmt sie von ihrem Begehren Abstand. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass es für die Entstehung der Erledigungsgebühr nach dem RVG ausreichend sei, dass die Behörde aufgrund einer substantiierten Widerspruchsbegründung den bisherigen, ablehnenden Standpunkt zugunsten des jeweiligen Auftraggebers des Rechtsanwaltes geändert habe. Dies werde durch die Anfügung von Satz 2 in Nr. 1002 VV RVG deutlich. Die Erledigungsgebühr sei nunmehr eine Erfolgsgebühr, die die außergerichtliche Erledigung von Streitfällen, die durch die anwaltliche Tätigkeit bewirkt worden sei, belohnen wolle. Im übrigen liege, wenn eine Widerspruchsbegründung durch einen Anwalt erfolge, - wie vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seiner Entscheidung vom 29.09.2005 gefordert - ein zweites (zusätzliches) Tätigwerden vor. Zum einen handele es sich um den nicht begründeten Widerspruch und zum anderen um die Widerspruchsbegründung. Mit letzterer erfolge eine gezielte Tätigkeit, die auf die Aufhebung oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes gerichtet sei. Zumindest wenn die Behörde den Erwägungen aus der Widerspruchsbegründung inhaltlich teilweise oder vollständig folge, sei eine anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung gegeben. Die angesetzte Erledigungsgebühr in Höhe von 280,- EUR sei nach billigem Ermessen bestimmt und nicht überhöht.

Die Klägerin beantragt - sinngemäß- ,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2005 zu verurteilen, an sie noch weitere 324,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig und weist ergänzend darauf hin, dass die Begründung eines Widerspruches nicht die Entstehung der streitigen Erledigungsgebühr bewirke. Folge man der Auffassung der Klägerin, dass es üblich sei, den Widerspruch zunächst ohne Begründung zu erheben, dann wäre die Behörde tunlichst beraten, unmittelbar nach Eingang des nicht begründeten Widerspruchs zu entscheiden, um einer späteren Begründung des Widerspruchs zuvorzukommen, und sich damit nicht vorhalten lassen zu müssen, sie hätte bei der Abhilfe die Argumente des Widerspruchsführers zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht und daraus folgend den Anfall der Erledigungsgebühr verursacht. Die Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr nach dem RVG seien die gleichen wie unter der Geltung von § 24 BRAGO.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die kraft Zulassung statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Klage im Hinblick auf die im Berufungsverfahren allein noch streitgegenständliche Erledigungsgebühr abgewiesen. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des SG, der er sich nach eigener Überprüfung anschließt, Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachte Erledigungsgebühr §§ 63 Abs. 1 bis 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 2 des RVG i.V.m. Nrn. 1005, 1002 der Anlage 1 VV zu diesem Gesetz ist.

Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Dies hat die Beklagte mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 01.07.2005 konkludent bejaht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X). Die Bemessung von Gebühren für eine anwaltliche Tätigkeit richtet sich seit dem 01.07.2004 nach dem RVG. Nach § 3 RVG entstehen in sozialgerichtlichen Verfahren (auch) außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, in Fällen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Da es sich bei der Klägerin als Versicherter um eine kostenprivilegierte Beteiligte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG handelt, findet das GKG keine Anwendung. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem VV (§ 2 Abs. 2 RVG).

Nicht im Streit ist zwischen den Beteiligten, dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV angefallen ist und im Berufungsverfahren wird auch die Höhe der Geschäftsgebühr mit 240,- EUR nicht mehr bestritten. Übereinstimmend gehen die Beteiligten darüber hinaus davon aus, dass Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu Recht und im Hinblick auf die Geschäftsgebühr in richtiger Höhe berechnet wurden.

Daneben ist eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 i.V.m. Nr. 1002 VV nicht angefallen.

Nach Nr. 1005 VV entsteht eine solche Gebühr bei Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Nach Nr. 1002 VV, auf den Nr. 1005 VV für seinen Anwendungsbereich Bezug nimmt, fällt die Erledigungsgebühr an, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Diese Regelung entspricht inhaltlich dem bisherigen § 24 BRAGO. Sie stellt deshalb kein neues, erst zum 01.07.2004 in Kraft getretenes Recht dar, sondern schreibt die zuvor bereits maßgebliche Rechtslage fort. Satz 1 entspricht dem früheren § 24 BRAGO, Satz 2 kodifiziert die nach der herrschenden Meinung zu § 24 BRAGO über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung der Vorschrift, dass die Erledigungsgebühr auch anfällt, wenn sich eine Verwaltungsangelegenheit durch den Erlass eines früher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigte (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.09.2005 - L 2 KR 43/05 -; Gerold/Schmidt - von Eicken VV 1002 Rd. 1). Auch in der Gesetzesbegründung des Entwurfes zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) vom 11.11.2003 (BT-Drucksache 15/1971 - Otto/Klüsener/May, Das neue Kostenrecht 2004, S. 382) heißt es zu Nr. 1002, die Erledigungsgebühr entstamme aus § 24 BRAGO. Durch die Erhöhung der Vergleichsgebühr solle "das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen" gefördert und belohnt werden. Die Erledigungsgebühr ist demzufolge erfolgsbetont. Sie ist eine zusätzliche Gebühr und fällt neben der Geschäftsgebühr an (Gerold/Schmidt - von Eicken VV 1002 Rd. 30). Sie setzt voraus, dass sich die Rechtssache "durch die anwaltliche Mitwirkung" erledigt. Unter anwaltlicher Mitwirkung ist mehr als bloße Kausalität zu verstehen. Verlangt wird eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Eine solche Mitwirkung wird dann nicht angenommen, wenn der Rechtsanwalt an der Erledigung durch eine Tätigkeit nur in dem Umfang mitwirkt, die nicht über das hinausgeht, was von ihm allgemein im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten ist. Allein eine Widerspruchsbegründung, auch wenn sie überzeugend ist, reicht für sich allein deshalb auch dann nicht aus, wenn die Behörde in Folge der Begründung dem Widerspruch abhilft. Erforderlich ist ein gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Streites gerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwaltes (vgl. Mayer/Kroiß-Mayer RVG Nr. 1002 VV Rn. 16 bis 18; Gerold/Schmidt von Eicken Nr. 1002 Rd. 8, 15 - 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.06.2005 - L 9 AL 196/04; so schon FG Düsseldorf, Beschluss vom 07.02.2001 - 14 KO 583/01 KF -, Bayer. VGH, Urteil vom 14.02.1996 - 26 B 91.1092 -). Dies liegt hier nicht vor. Mit der Widerspruchsbegründung hat der Bevollmächtigte der Klägerin nur eine Verfahrenshandlung vollzogen, die die Geschäftsgebühr auslöst. Dies allein genügt - auch bei positiver Reaktion der Ausgangsbehörde oder der Widerspruchsstelle - nicht, um zusätzlich ohne weiteres die Erledigungsgebühr anfallen zu lassen. Hierfür spricht auch - worauf die Beklagte und das SG zu Recht hingewiesen haben -, dass die Entstehung der Erledigungsgebühr bei vollständiger Abhilfe im Widerspruchsverfahren zur Folge hätte, dass die Verwaltungsbehörde dann kostenmäßig stärker belastet würde als bei einer streitigen Entscheidung. Die Erledigungsgebühr zugunsten des Anwaltes würde damit mittelbar dazu führen, dass aus Sicht der Verwaltungsbehörde die Bereitschaft, durch eine Abhilfe im Widerspruchsverfahren dem Rechtsbehelf abzuhelfen, aus kostenmäßigen Erwägungen geschmälert werden könnte. Damit wäre das gesetzgeberische Ziel, Anreize für nichtstreitige Erledigungen im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens zu setzen, verfehlt. Dafür, dass die Widerspruchsbegründung nicht getrennt von der Einlegung des Widerspruchs zu sehen und als zusätzliches Tätigwerden des Anwaltes zu werten ist und die Erledigungsgebühr auslöst, spricht auch, dass dies zur Folge hätte, dass die Beklagte dann aus kostenrechtlichen Gründen angehalten wäre, unmittelbar nach Eingang des nicht begründeten Widerspruchs zu entscheiden.

Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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