Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2118/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2371/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und der Kläger Anspruch auf Verletztenrente hat.
Der am 1966 geborene Kläger absolvierte von 1983 bis 1985 bei der Schreinerei T. eine Lehre. Von September bis Dezember 1985 arbeitete er als Szenen- und Kulissenbauer beim S. und dann - nach Ableistung des Grundwehrdienstes - von März bis Mai 1987 bei der Firma G. , von Juni 1987 bis Mai 1991 bei der Firma St. , vom Mai 1991 bis September 1996 bei der Firma Sch., von September bis November 1996 bei der Firma Sch. sowie von Dezember 1996 bis Oktober 1999 bei der Firma E. , jeweils als Schreiner und Monteur bzw. Messebauer. Die Firmen T. , G. , Sch. und Sch. sind Mitgliedsunternehmen der Beklagten, die Firma St. der Berufsgenossenschaft Keramik- und Glasindustrie sowie die Firma E. der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, jetzt BG der Bauwirtschaft (Beigeladene).
Bei den Arbeitsplätzen, die in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen, war der Kläger bei der Firma Sch. den höchsten Belastungen ausgesetzt. Er führte dort Innenausbauarbeiten aus. Das Material wurde mit dem LKW angeliefert, abgeladen und bis zum Einbau in ein Zwischenlager auf der Baustelle transportiert. In der Regel handelte es sich für eine drei Monate eingerichtete Montagestelle um zwei bis drei LKW-Ladungen. Im Extremfall, wenn pro Woche ein LKW zu entladen war, wurden beim Abladen 20 Pakete Wandverkleidungen mit einem Gewicht von 50 kg zu zweit getragen, ebenso 20 Pakete Deckenverkleidungen mit einem Gewicht von 60 kg. Jeweils acht Einzelteile und Rahmen mit Gewichten von 20 kg wurden alleine bzw. zu zweit getragen. Je Ladung waren ca. zehn Türen mit einem Gewicht von 100 kg zu zweit bzw. mit einem Gewicht von 240 kg zu viert zu transportieren. Zu tragende Kanthölzer hatten ein Gewicht von ca. 20 kg. Außerdem war Arbeitsgerät 150 bis 250 Metern zu tragen. 30% der Arbeitstätigkeit entfiel auf vorbereitende Tätigkeiten wie Ausmessen. In Auswertung der hierzu vom Kläger gemachten Angaben errechnete der TAD der Beklagten nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) unter Worst-Case-Bedinungen eine Gesamtdosis von 3,8 x 106 Newtonstunden (Nh). Die Voraussetzungen einer BK nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV, langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, lägen nicht vor. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Berechnungen des Dr. Sch. vom TAD der Beklagten verwiesen. Bei der Firma St. waren u.a. begehbare Stege anzufertigen und zu montieren mit Gewichten von 50 bis 60 kg, Büroumzüge durchzuführen, Abbrucharbeiten zu verrichten, Fenster und Türen ein- und auszubauen, Büros aus- und umzubauen, Betonplatten und Fundamente zu betonieren, Musterbäder zu bauen, Ausstellungsräume zu montieren, Möbel und Accessoires anzufertigen, Glaser- und Malerarbeiten zu verrichten, Messestände aufzubauen sowie Messe- und Ausstellungsobjekte auf- und abzuladen. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers wurde hierbei der Richtwert für die relevante Tagesdosis von 5500 Nh jeweils unterschritten. Auf die Stellungnahme von Dipl.-Ing. St. , TAD der Berufsgenossenschaft Keramik- und Glasindustrie, wird verwiesen. Bei der Firma E. als Messebauer hatte der Kläger ca. elf mal pro Jahr Auf- und Abbauarbeiten an den Messestandorten durchzuführen und war ca. 100 Tage im Jahr in der Werkstatt sowie etwa 100 Tage im Messebau tätig. Dabei waren im Schnitt jeweils zu zweit zwölf Vitrinen von 70 kg dreimal zu heben und zu transportieren, drei mal zwei Teppichrollen von 70 kg zu tragen, zwei weitere Teppichrollen vom Lager zum LKW zu tragen und außerdem Lasten mit Transporthilfen auf unebenem Boden zu schieben. Es ergaben sich - unter Berücksichtigung seiner Angaben und der seiner gehörten Arbeitskollegen Bernstein und Schiffmacher - in Anwendung des MDD gemäß der Stellungnahme von Dipl.-Ing. St. vom TAD der Bau-BG vom 20. Februar 2003 Tagesdosen von deutlich unter 5500 Nh.
Der Kläger leidet unter einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Bewegungseinschränkung nach einer im Jahr 2002 - wegen einer Spondylolisthese (Wirbelgleiten) - durchgeführten Spondylodese im Bewegungssegment L5/S1. Außerdem bestehen immer wieder Missempfindungen bei Reklination der HWS im Bereich beider Hände. Es wurden am 10. Februar 2000 ein degenerativer Bandscheiben(BS)-Schaden an der Halswirbelsäule (HWS) in den Segmenten C5/6 und C6/7 sowie anlässlich einer gutachterlichen Untersuchung vom 2. August 2004 schwergradige chondrotische Veränderungen im Bewegungssegment C6/7 mit leichtgradigen spondylotischen Veränderungen in den Segmenten C5/6 und C6/7 festgestellt.
Im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) finden sich in mehreren Bewegungssegmenten leichte bis mittelgradige spondylotische Veränderungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in den Akten enthaltenen ärztlichen Äußerungen insbesondere auch das Gutachten von Prof. Dr. W. verwiesen.
Der Kläger machte im Januar 2001 geltend, er leide seit März 1998 unter Beschwerden bei körperlich schwerer Arbeit und bei bestimmten Bewegungen im Bereich der LWS und der HWS.
Aufgrund der Ergebnisse der Erhebungen und Berechnungen der TADe der Beklagten, der Beigeladenen und der Berufsgenossenschaft der Keramischen- und Glasindustrie lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. August 2001 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er höhere Belastungen geltend machte, blieb nach weiteren Ermittlungen zu den beruflichen Belastungen erfolglos, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nicht vorlägen und es sich um eine schicksalshafte WS-Erkrankung handle (Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2003).
Deswegen hat der Kläger am 18. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), das die Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, jetzt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, beigeladenen hat, erhoben.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W. , der das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV unterstellen sollte, eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, an HWS und LWS seien jeweils in einem Segment schwergradige chondrotische Veränderungen entstanden. Im Bereich der HWS, an der zusätzlich spondylotische Veränderungen entstanden seien, liege außerdem eine Chondrose im Bewegungssegment C5/6 vor. Eine im Bewegungssegment L5/S1 bestehende Spondylolisthese (Verschiebung ein Viertel der Deckplatte) stelle eine prädiskotische Deformität dar, die das Risiko in sich berge, im Gleitsegment und auch im darüber liegenden Bewegungssegment zu einem BS-Schaden zu führen. Wesentliche Teilursache für den BS-Schaden im Segment L5/1 sei die Spondylolisthese. Bei der Entwicklung des BS-Schadens hätten endogene Faktoren eine Rolle gespielt, was sich auch daraus ergebe, dass an der HWS gleichfalls bandscheibenbedingte Veränderungen vorhanden seien. Die Spondylolisthese habe sicher schon 1985 bestanden, da sich eine solche stets während des Wachstums entwickle. Die Folgen der Spondylolisthese bestimm- ten den derzeitigen Zustand der LWS.
Der Kläger hat u. a. geltend gemacht, seine Rückenbeschwerden könnten nur durch das Heben und Tragen schwerer Lasten verursacht sein. Er könne nicht mehr die einzelnen Belastungen durch die ausgeübten beruflichen Tätigkeiten darstellen und nachweisen, doch habe er seit 1987 bis Oktober 1999 beinahe durchgängig berufliche Tätigkeiten verrichtet, bei denen er ständig Gegenstände mit mehr als 25 kg habe tragen und heben müssen. Zu berücksichtigen seien auch seine sehr langen Arbeitszeiten von zum Teil über 36 Stunden mit zu geringen Regenerierungsphasen und damit verbundenen Stresssituationen. Auch seien Hebe- und Tragearbeiten in ungünstiger Körperhaltung und über Kopf anzunehmen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BK seien auch unter Worst-Case-Betrachtung nicht erfüllt. Ebenso lägen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. nicht vor. Dieser Auffassung hat sich auch die Beigeladene angeschlossen und eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. Frank vorgelegt.
Mit Urteil vom 25. Februar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Anerkennung der BK ausgeführt, die ermittelte Gesamtbelastungsdosis nach dem MDD habe auch nicht annähernd den erforderlich Grenzwert erreicht. Dies habe der TAD unter Zugrundelegung aller relevanten Aspekte detailliert und rechtsfehlerfrei herausgearbeitet. Dem könne die extrem lange Arbeitszeit und erheblicher Stress nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Im Übrigen bestehe infolge des Wirbelgleitens eine prädiskotische Deformität, die als wesentliche Ursache für die Entstehung des sekundären BSV L5/1 anzusehen sei. Auch seien die Voraussetzungen des Hamburger Konsenses nicht erfüllt, da die nachweisbaren bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der HWS gegenüber denen der LWS nicht in den Hintergrund trete und dies, obwohl der Kläger zu keinem Zeitpunkt beruflichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei, die zu BS-Schäden der HWS hätten führen können. Damit sei eine Neigung zur Entwicklung anlagebedingter Verschleißschäden festzustellen, die auch nicht durch schweres körperliches Arbeiten richtungsweisend verschlimmert seien.
Gegen das am 12. Mai 2005 zugestellten Urteil hat der Kläger am 10. Juni 2005 Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 25. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2003 aufzuheben, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (BSG, Urteil vom 7. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des in erster Instanz noch gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, a.a.O.).
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer BK der LWS - hier § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage zur BKV (bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind, u. a. weil anlagebedingte Erkrankungen wesentliche Ursache für den BSV im Bereich der LWS sind. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger schon im Klageverfahren keine näher begründeten Einwände mehr gegen die Ermittlungsergebnisse der TAD, die auf einer Worst-Case-Betrachtung beruhen, erhoben und selbst eingeräumt hat, er könne weder näher darlegen, welche höheren Belastungen er ausgesetzt gewesen sei, noch gar diese beweisen. Im Berufungsverfahren ist hierzu überhaupt nichts mehr geltend gemacht worden. Und ob die haftungsbegründende Kausalität hier angesichts einer nicht bewiesenen höheren Belastung als vom TAD der Beklagten zugrunde gelegt zu bejahen ist, kann dahingestellt bleiben, denn es fehlt jedenfalls auch am Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität. Es ist nämlich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegt, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers im Bereich der LWS mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen ist. Nach dem den Senat insofern überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. W. ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Belastungen und der bandscheibenbedingten Erkrankung der WS nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, weil nicht mehr für als gegen einen entsprechenden Zusammenhang spricht. Zum einen begründet dies Prof. Dr. W. mit dem Vorliegen einer Spondylolisthese, einer prädiskotischen Deformität, die als wesentliche Ursache für die bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS anzusehen ist. Zum anderen weist er nachvollziehbar daraufhin, dass auch die HWS, die durch berufliche Tätigkeiten nicht wesentlich belastet war, erhebliche degenerative Veränderungen aufweist. Ein weiteres, bei der Entscheidung des Einzelfalles heranzuziehendes Indiz ist die Tatsache, dass die LWS keine gravierenderen Veränderungen aufweist als die HWS und auch im Bereich der geringer belasteten BWS degenerative Veränderungen vorliegen. Es spricht somit mehr gegen als für eine beruflich verursachte Erkrankung der LWS.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Berufskrankheit (BK) im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und der Kläger Anspruch auf Verletztenrente hat.
Der am 1966 geborene Kläger absolvierte von 1983 bis 1985 bei der Schreinerei T. eine Lehre. Von September bis Dezember 1985 arbeitete er als Szenen- und Kulissenbauer beim S. und dann - nach Ableistung des Grundwehrdienstes - von März bis Mai 1987 bei der Firma G. , von Juni 1987 bis Mai 1991 bei der Firma St. , vom Mai 1991 bis September 1996 bei der Firma Sch., von September bis November 1996 bei der Firma Sch. sowie von Dezember 1996 bis Oktober 1999 bei der Firma E. , jeweils als Schreiner und Monteur bzw. Messebauer. Die Firmen T. , G. , Sch. und Sch. sind Mitgliedsunternehmen der Beklagten, die Firma St. der Berufsgenossenschaft Keramik- und Glasindustrie sowie die Firma E. der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, jetzt BG der Bauwirtschaft (Beigeladene).
Bei den Arbeitsplätzen, die in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen, war der Kläger bei der Firma Sch. den höchsten Belastungen ausgesetzt. Er führte dort Innenausbauarbeiten aus. Das Material wurde mit dem LKW angeliefert, abgeladen und bis zum Einbau in ein Zwischenlager auf der Baustelle transportiert. In der Regel handelte es sich für eine drei Monate eingerichtete Montagestelle um zwei bis drei LKW-Ladungen. Im Extremfall, wenn pro Woche ein LKW zu entladen war, wurden beim Abladen 20 Pakete Wandverkleidungen mit einem Gewicht von 50 kg zu zweit getragen, ebenso 20 Pakete Deckenverkleidungen mit einem Gewicht von 60 kg. Jeweils acht Einzelteile und Rahmen mit Gewichten von 20 kg wurden alleine bzw. zu zweit getragen. Je Ladung waren ca. zehn Türen mit einem Gewicht von 100 kg zu zweit bzw. mit einem Gewicht von 240 kg zu viert zu transportieren. Zu tragende Kanthölzer hatten ein Gewicht von ca. 20 kg. Außerdem war Arbeitsgerät 150 bis 250 Metern zu tragen. 30% der Arbeitstätigkeit entfiel auf vorbereitende Tätigkeiten wie Ausmessen. In Auswertung der hierzu vom Kläger gemachten Angaben errechnete der TAD der Beklagten nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) unter Worst-Case-Bedinungen eine Gesamtdosis von 3,8 x 106 Newtonstunden (Nh). Die Voraussetzungen einer BK nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV, langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, lägen nicht vor. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Berechnungen des Dr. Sch. vom TAD der Beklagten verwiesen. Bei der Firma St. waren u.a. begehbare Stege anzufertigen und zu montieren mit Gewichten von 50 bis 60 kg, Büroumzüge durchzuführen, Abbrucharbeiten zu verrichten, Fenster und Türen ein- und auszubauen, Büros aus- und umzubauen, Betonplatten und Fundamente zu betonieren, Musterbäder zu bauen, Ausstellungsräume zu montieren, Möbel und Accessoires anzufertigen, Glaser- und Malerarbeiten zu verrichten, Messestände aufzubauen sowie Messe- und Ausstellungsobjekte auf- und abzuladen. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers wurde hierbei der Richtwert für die relevante Tagesdosis von 5500 Nh jeweils unterschritten. Auf die Stellungnahme von Dipl.-Ing. St. , TAD der Berufsgenossenschaft Keramik- und Glasindustrie, wird verwiesen. Bei der Firma E. als Messebauer hatte der Kläger ca. elf mal pro Jahr Auf- und Abbauarbeiten an den Messestandorten durchzuführen und war ca. 100 Tage im Jahr in der Werkstatt sowie etwa 100 Tage im Messebau tätig. Dabei waren im Schnitt jeweils zu zweit zwölf Vitrinen von 70 kg dreimal zu heben und zu transportieren, drei mal zwei Teppichrollen von 70 kg zu tragen, zwei weitere Teppichrollen vom Lager zum LKW zu tragen und außerdem Lasten mit Transporthilfen auf unebenem Boden zu schieben. Es ergaben sich - unter Berücksichtigung seiner Angaben und der seiner gehörten Arbeitskollegen Bernstein und Schiffmacher - in Anwendung des MDD gemäß der Stellungnahme von Dipl.-Ing. St. vom TAD der Bau-BG vom 20. Februar 2003 Tagesdosen von deutlich unter 5500 Nh.
Der Kläger leidet unter einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Bewegungseinschränkung nach einer im Jahr 2002 - wegen einer Spondylolisthese (Wirbelgleiten) - durchgeführten Spondylodese im Bewegungssegment L5/S1. Außerdem bestehen immer wieder Missempfindungen bei Reklination der HWS im Bereich beider Hände. Es wurden am 10. Februar 2000 ein degenerativer Bandscheiben(BS)-Schaden an der Halswirbelsäule (HWS) in den Segmenten C5/6 und C6/7 sowie anlässlich einer gutachterlichen Untersuchung vom 2. August 2004 schwergradige chondrotische Veränderungen im Bewegungssegment C6/7 mit leichtgradigen spondylotischen Veränderungen in den Segmenten C5/6 und C6/7 festgestellt.
Im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) finden sich in mehreren Bewegungssegmenten leichte bis mittelgradige spondylotische Veränderungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in den Akten enthaltenen ärztlichen Äußerungen insbesondere auch das Gutachten von Prof. Dr. W. verwiesen.
Der Kläger machte im Januar 2001 geltend, er leide seit März 1998 unter Beschwerden bei körperlich schwerer Arbeit und bei bestimmten Bewegungen im Bereich der LWS und der HWS.
Aufgrund der Ergebnisse der Erhebungen und Berechnungen der TADe der Beklagten, der Beigeladenen und der Berufsgenossenschaft der Keramischen- und Glasindustrie lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. August 2001 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er höhere Belastungen geltend machte, blieb nach weiteren Ermittlungen zu den beruflichen Belastungen erfolglos, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nicht vorlägen und es sich um eine schicksalshafte WS-Erkrankung handle (Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2003).
Deswegen hat der Kläger am 18. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), das die Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, jetzt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, beigeladenen hat, erhoben.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W. , der das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV unterstellen sollte, eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, an HWS und LWS seien jeweils in einem Segment schwergradige chondrotische Veränderungen entstanden. Im Bereich der HWS, an der zusätzlich spondylotische Veränderungen entstanden seien, liege außerdem eine Chondrose im Bewegungssegment C5/6 vor. Eine im Bewegungssegment L5/S1 bestehende Spondylolisthese (Verschiebung ein Viertel der Deckplatte) stelle eine prädiskotische Deformität dar, die das Risiko in sich berge, im Gleitsegment und auch im darüber liegenden Bewegungssegment zu einem BS-Schaden zu führen. Wesentliche Teilursache für den BS-Schaden im Segment L5/1 sei die Spondylolisthese. Bei der Entwicklung des BS-Schadens hätten endogene Faktoren eine Rolle gespielt, was sich auch daraus ergebe, dass an der HWS gleichfalls bandscheibenbedingte Veränderungen vorhanden seien. Die Spondylolisthese habe sicher schon 1985 bestanden, da sich eine solche stets während des Wachstums entwickle. Die Folgen der Spondylolisthese bestimm- ten den derzeitigen Zustand der LWS.
Der Kläger hat u. a. geltend gemacht, seine Rückenbeschwerden könnten nur durch das Heben und Tragen schwerer Lasten verursacht sein. Er könne nicht mehr die einzelnen Belastungen durch die ausgeübten beruflichen Tätigkeiten darstellen und nachweisen, doch habe er seit 1987 bis Oktober 1999 beinahe durchgängig berufliche Tätigkeiten verrichtet, bei denen er ständig Gegenstände mit mehr als 25 kg habe tragen und heben müssen. Zu berücksichtigen seien auch seine sehr langen Arbeitszeiten von zum Teil über 36 Stunden mit zu geringen Regenerierungsphasen und damit verbundenen Stresssituationen. Auch seien Hebe- und Tragearbeiten in ungünstiger Körperhaltung und über Kopf anzunehmen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BK seien auch unter Worst-Case-Betrachtung nicht erfüllt. Ebenso lägen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. nicht vor. Dieser Auffassung hat sich auch die Beigeladene angeschlossen und eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. Frank vorgelegt.
Mit Urteil vom 25. Februar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Anerkennung der BK ausgeführt, die ermittelte Gesamtbelastungsdosis nach dem MDD habe auch nicht annähernd den erforderlich Grenzwert erreicht. Dies habe der TAD unter Zugrundelegung aller relevanten Aspekte detailliert und rechtsfehlerfrei herausgearbeitet. Dem könne die extrem lange Arbeitszeit und erheblicher Stress nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Im Übrigen bestehe infolge des Wirbelgleitens eine prädiskotische Deformität, die als wesentliche Ursache für die Entstehung des sekundären BSV L5/1 anzusehen sei. Auch seien die Voraussetzungen des Hamburger Konsenses nicht erfüllt, da die nachweisbaren bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der HWS gegenüber denen der LWS nicht in den Hintergrund trete und dies, obwohl der Kläger zu keinem Zeitpunkt beruflichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei, die zu BS-Schäden der HWS hätten führen können. Damit sei eine Neigung zur Entwicklung anlagebedingter Verschleißschäden festzustellen, die auch nicht durch schweres körperliches Arbeiten richtungsweisend verschlimmert seien.
Gegen das am 12. Mai 2005 zugestellten Urteil hat der Kläger am 10. Juni 2005 Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 25. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2003 aufzuheben, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (BSG, Urteil vom 7. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des in erster Instanz noch gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, a.a.O.).
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer BK der LWS - hier § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage zur BKV (bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind, u. a. weil anlagebedingte Erkrankungen wesentliche Ursache für den BSV im Bereich der LWS sind. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger schon im Klageverfahren keine näher begründeten Einwände mehr gegen die Ermittlungsergebnisse der TAD, die auf einer Worst-Case-Betrachtung beruhen, erhoben und selbst eingeräumt hat, er könne weder näher darlegen, welche höheren Belastungen er ausgesetzt gewesen sei, noch gar diese beweisen. Im Berufungsverfahren ist hierzu überhaupt nichts mehr geltend gemacht worden. Und ob die haftungsbegründende Kausalität hier angesichts einer nicht bewiesenen höheren Belastung als vom TAD der Beklagten zugrunde gelegt zu bejahen ist, kann dahingestellt bleiben, denn es fehlt jedenfalls auch am Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität. Es ist nämlich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegt, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers im Bereich der LWS mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen ist. Nach dem den Senat insofern überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. W. ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Belastungen und der bandscheibenbedingten Erkrankung der WS nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, weil nicht mehr für als gegen einen entsprechenden Zusammenhang spricht. Zum einen begründet dies Prof. Dr. W. mit dem Vorliegen einer Spondylolisthese, einer prädiskotischen Deformität, die als wesentliche Ursache für die bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS anzusehen ist. Zum anderen weist er nachvollziehbar daraufhin, dass auch die HWS, die durch berufliche Tätigkeiten nicht wesentlich belastet war, erhebliche degenerative Veränderungen aufweist. Ein weiteres, bei der Entscheidung des Einzelfalles heranzuziehendes Indiz ist die Tatsache, dass die LWS keine gravierenderen Veränderungen aufweist als die HWS und auch im Bereich der geringer belasteten BWS degenerative Veränderungen vorliegen. Es spricht somit mehr gegen als für eine beruflich verursachte Erkrankung der LWS.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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