Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 3006/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3110/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1953 geborene Kläger ist Rechtshänder und absolvierte nach seinen Angaben von 1969 bis 1972 in Italien eine Lehre zum Schreiner. Von Mai 1974 bis zur Arbeitsunfähigkeit ab 20.01.2000 arbeitete der Kläger bei der Schreinerei E. B. GmbH bzw. deren Vorgängerfirma trotz der Folgen zweier Arbeitsunfälle (1985: Teilamputation der Finger II bis IV links - MdE 30 v.H. - und 1996: Schnittverletzung rechter Daumen - MdE 10 v.H. -) als Schreiner. Er arbeitete dort teilweise allein, teilweise mit anderen Arbeitnehmern zusammen und hatte gegenüber Auszubildenden Leitungs- und Führungsaufgaben. Er musste die im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches auftretenden Probleme eigenständig oder mit anderen Mitarbeitern bewältigen. Im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit - etwa auf der Fahrt zu den Baustellen - steuerte der Kläger ein Kraftfahrzeug. Der Kläger war hauptsächlich mit noch einem anderen Mitarbeiter in der Montage tätig, so wurde er eingesetzt beim Einbau von Holzdecken, Türenelementen und Trennwänden. Innerbetrieblich erledigte er Aufgaben wie Furnieren, Leimen, Dübeln und Kanten anleimen. Hochwertige Innenausbauarbeiten konnte der Kläger (wegen der Verletzungen an seiner linken Hand) nicht ausführen und wurde deshalb bei solchen Arbeiten als Zweitkraft eingesetzt. Auch mussten körperliche schwere Arbeiten teilweise von anderen Mitarbeitern übernommen werden.
Am 20.01.2000 zog sich der Kläger bei einem häuslichen Unfall eine Fraktur des V. Mittelfußknochens rechts zu. Nach osteosynthetischer operativer Versorgung kam es anschließend zu einer Wundheilungsstörung und dem Auftreten einer Sudeck’schen Erkrankung. Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg sah ihn ab dem 18.10.200 wieder arbeitsfähig. Tätigkeiten, die langes Stehen und Gehen, Überkopfarbeit und eine volle Funktion der linken Hand erforderten, seien nicht mehr möglich.
Am 03.05.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 19.02.2002 bewilligte die Beklagte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 20.06.2000. Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wurde abgelehnt.
Während des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. R. ein. Dieser diagnostizierte einen Zustand nach Teilamputation der Finger II bis IV links mit entsprechender Gebrauchseinschränkung, einen Zustand nach fraglicher Radiusfraktur rechts ohne Funktionseinschränkung, einen Zustand nach osteosynthetisch versorgter und ausgeheilter Fraktur des V. Mittelfußknochens rechts mit noch einliegendem Osteosynethesematerial, einen Zustand nach ausgeheiltem Morbus Sudeck am rechten Fuß, einen entzündlichen Spreizfuß links, ein leichtes Cervicalsyndrom und ein leichtes chronisches Lumbalsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik bei leichtem Flachrücken. Zusammenfassend führte er aus, die Verletzungsfolgen an der linken Hand aufgrund des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1985 seien als durchaus gravierend einzustufen und bedingten eine deutliche Funktionseinschränkung der linken Hand. Als Schreiner sei der Kläger nur noch bedingt einsatzfähig. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass er Rechtshänder sei und außerdem seit seinem Unfall im Jahr 1985 bis Anfang 2000 in seinem Beruf ohne größere Probleme habe arbeiten können. Die übrigen genannten Beschwerden seien für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von untergeordneter Bedeutung. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21.11.2002 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben.
Das Sozialgericht hat u.a. den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Der Kläger sei in der Lage leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Einschränkungen bestünden insofern, als stark wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten sowie auch Tätigkeiten, die besondere Fertigkeiten und Geschicklichkeiten der Hände erforderten, nicht zumutbar seien.
Weiter hat das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Priv.-Doz.- Dr. G.-Z. , Arzt für Orthopädie, eingeholt. Er hat die bekannte Funktionseinschränkung an der linken Hand, rezidivierende Schmerzen am rechten Handgelenk bei Status nach distaler Unterarmfraktur rechts (anamnestisch), rezidivierende Lumbalgie bei statischer Wirbelsäulenfunktionsstörung bei links-konvexer Seitausbiegung thoraco-lumbal, ein initiales Impingementsyndrom beidseits und einen Status nach ausgeheiltem Morbus Sudeck am rechten Fuß bei ausgeheilter Fraktur nach Metatarsale V rechts diagnostiziert. Die körperliche Funktion sei insbesondere durch die Funktionsminderung der linken Hand eingeschränkt. Arbeiten, die der beidhändigen Feinmotorik bedürften, seien nicht mehr durchführbar, ebenso sei das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht möglich. Die Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks mit einer Funktionseinschränkung durch eine fehlverheilte distale Unterarmfraktur führten zu einer Einschränkung des Hebens und Tragens von schweren Lasten. Aufgrund der rezidivierenden Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlstatik sowie der Schulterbeschwerden sei das Einnehmen von Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten zu vermeiden. Leichte Arbeiten in gelegentlich sitzender, überwiegend stehender oder gehender Körperposition unter Vermeidung von Akkord- oder Fließbandarbeiten seien acht Stunden täglich durchführbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht, noch ein Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente nach dem seit dem 01.01.2001 geltenden Recht zu. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten von Dr. B. , Dr. R. und Priv.-Doz. Dr. G.-Z. sowie der hausärztlichen Stellungnahme von Dr. W ... Danach sei der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Annahme eines verschlossenen Arbeitsmarktes trotz sechsstündiger Erwerbsfähigkeit bedingen könnten, seien beim Kläger nicht ersichtlich. Ebenso wenig habe eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen festgestellt werden können.
Gegen das am 01.07.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.07.2004 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er habe nach wie vor Schmerzprobleme im rechten Fuß und Schmerzen im Bereich der Schultern die letztendlich zu Schlafstörungen führten. Aufgrund der Einschränkungen an seinen Händen stehe er nicht besser da als ein Einhändiger. Priv.-Doz. Dr. G.-Z. sei nicht darauf eingegangen, wie sich die Gesamteinschränkungen funktional auswirkten.
Der Kläger hat den an Dr. W. gerichteten Arztbrief von Dr. B. vom 31.03.2005 vorgelegt. Darin hat dieser ausgeführt, er könne die Beurteilung durch Priv. Doz. Dr. G.-Z. im Gutachten vom 30.09.2003 nicht nachvollziehen. Die funktionellen Einschränkungen beider Hände bedingten, dass der Kläger leichte Montagetätigkeiten nur unter vier Stunden am Tag verrichten könne mit Pausen nach jeder Stunde. Eine Tätigkeit als Pförtner oder Telefonist könne der Kläger von Seiten der Arme durchführen, allerdings seien die aktiven und passiven Deutschkenntnisse bescheiden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. Juni 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilten, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 20.06.2000 zu gewähren, hilfsweise, Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Priv. Doz. Dr. G.-Z. ergänzend gutachtlich gehört. Er hat darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz der Funktionsminderung der linken Hand sowie der angeführten Beschwerden von Seiten der rechten Hand die Tätigkeit als Schreiner über Jahre ohne wesentliche Probleme habe durchführen können. Restbeschwerden im Bereich des rechten Fußes bei der Untersuchung seien vom Kläger nicht angegeben worden und auch die klinische Untersuchung sowie die Röntgenaufnahmen hätten einen völlig ausgeheilten Morbus Sudeck ohne wesentliche Funktionseinschränkungen gezeigt. Zusammenfassend sei somit davon auszugehen, dass trotz der Einschränkungen leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten bzw. Tätigkeiten als Pförtner oder Telefonist zumutbar seien.
Der Senat hat Dr. W. unter dem 11.04.2005 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Der Kläger sei nicht in der Lage, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblichen Tätigkeiten auszuüben. Auch eine Tätigkeit als Pförtner müsse kritisch gesehen werden, da der Kläger als italienischer Staatsbürger nur begrenzte deutsche Sprachkenntnisse habe und seine Kommunikationsfähigkeit unabhängig von den Sprachkenntnissen fraglich sei. Er sei für den Pförtnerberuf nicht geeignet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen voller Erwerbsminderung.
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.01.2001 strittig ist, ist bei der Überprüfung der Entscheidung des Sozialgerichts gem. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt das SGB VI in der ab 0.01.2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.).
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt sind und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Voll erwerbsgemindert sind u.a. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F.). Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen des Klägers vor dem 01.01.2001 auf unter acht Stunden oder dass es ab 01.01.2001 auf unter sechs Stunden abgesunken ist.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Gerichtsbescheid rechtsfehlerfrei ausgeführt, weswegen eine einen Rentenanspruch begründende Leistungsminderung beim Kläger nicht vorliegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids von einer weiteren Darstellung weitgehend ab.
Ergänzend ist anzumerken: Auch aus der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von Priv. Doz. Dr. G.-Z. vom 11.11.2004 ergibt sich keine Abweichung zu dessen Ausführungen im Gutachten vom 30.09.2003. Er weist nach wie vor überzeugend darauf hin, dass der Morbus Sudeck nach komplikationslosem Entfernen des Osteosynthesematerials und folgenloser Ausheilung nicht mehr vorhanden ist. Auch hatte der Kläger wesentliche Restbeschwerden im Bereich des rechten Fußes bei der Untersuchung anlässlich der Begutachtung nicht angegeben. Im Übrigen hatte der Kläger selbst bei der Untersuchung durch Dr. B. am 16.10.2000 (sachverständige Zeugenaussage vom 03.09.2002 im Verfahren S 6 SB 1322/02) angegeben, dass sich die Beschwerden am rechten Fuß gebessert hätten und er mittlerweile eine Stunde gehen könne. Dies entspricht auch den Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung am 16.10.2000. Auch dort hat der Kläger lediglich Schmerzen im rechten Fuß angegeben, wenn er eine Stunde gestanden oder gegangen sei. Unter Berücksichtigung dessen hat Dr. B. dann Arbeiten, bei denen langes Stehen bzw. langes Gehen erforderlich ist, ausgeschlossen, im Übrigen aber eine Arbeitsaufnahme ab 18.10.2000 für möglich gehalten, allerdings den Kläger für die berufsspezifische Belastung eines Schreiners auf Dauer für arbeitsunfähig angesehen (was ja dann auch zur Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 20.06.2000 geführt hat).
Auch bezüglich der Funktionsminderung an beiden Händen liegt beim Kläger - so überzeugend Priv. Doz. Dr. G.-Z. - heute bzw. ununterbrochen der Zustand vor wie zu dem Zeitpunkt als der Kläger zuletzt (vor seinem Unfall vom 20.01.2000) bei der Fa. E. B. als Schreiner tätig gewesen ist.
Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit wegen der Funktionseinschränkungen des Klägers insbesondere an der linken Hand bedarf es nicht.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für einen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten dann erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall beim Kläger. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Nichts anderes folgt aus der Tatsache, dass nach den Gutachten von Dr. R. und Priv. Doz. Dr. G.-Z. sowie auch den übrigen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Kläger in der Gebrauchsfähigkeit, insbesondere der linken Hand eingeschränkt ist. Nach den Gutachten von Dr. R. und Dr. G.-Z. bestehen von Seiten der rechten Hand keine relevanten Funktionseinschränkungen. Die Hand ist deutlich beschwielt, wird also auch eingesetzt, die Fingerbeweglichkeit ist frei. An der linken Hand fehlen der Zeige-, Mittel- und Ringfinger (Amputation im Grundglied), der Spitzgriff mit den Stümpfen und dem Kleinfinger ist möglich. Die Fingerbeweglichkeit ist erhalten, die grobe Kraft ist etwas vermindert. Der Kläger setzt auch diese Hand funktionell ein, was sich in einer entsprechenden Beschwielung zeigt. Selbst feinere Tätigkeiten wie z.B. das Halten eines Nagels sind dem Kläger mittels Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefinger möglich (Gutachten Dr. R. )
Der Kläger hat die Folgen insbesondere des Arbeitsunfalles von 1985 durch seine Geschicklichkeit in erheblichem Maße - was die Funktion der Hand angelangt - ausgeglichen. Dies zeigt sich gerade an der trotz der Unfallfolgen fast 26 Jahre lang ausgeübten Tätigkeit als Schreiner bei der Fa. E. B. GmbH. Nach deren Auskünften gegenüber dem Senat konnte der Kläger fast alle anfallenden Arbeiten ausführen. Lediglich bei schweren Tätigkeiten und im Rahmen des hochwertigen Innenausbaus wurde er nicht oder nur eingeschränkt eingesetzt. Ansonsten führte er die ihm übertragenen Aufgaben - gerade auch feinmotorische Tätigkeiten erfordernde Verrichtungen wie Furnieren, Leimen, Dübeln, Kanten anleimen, Montage von Holzdecken, Türen und Wänden - einwandfrei aus.
Vor diesem Hintergrund gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger trotz der Verletzungsfolgen an den Händen die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise geforderten Verrichtungen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, kleinere Reinigungstätigkeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (BSG, Großer Senat SozR 3 - 2006 § 44 Nr. 8) mindestens acht bzw. sechs Stunden täglich auszuüben. Dies hat auch Priv. Doz. Dr. G.-Z. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme ausdrücklich bestätigt. Der Auffassung von Dr. B. in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 31.03.2005, der infolge der funktionellen Einschränkungen beider Hände eine leichte Montagetätigkeit nur unter vier Stunden am Tag mit Pausen nach jeder Stunde für möglich angesehen hat, kann sich der Senat nicht anschließen.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger auch eine Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte möglich wäre. Die Zweifel von Dr. W. an der Kommunikationsfähigkeit des Klägers teilt der Senat nicht. Auf fehlende deutsche Sprachkenntnisse kann sich der Kläger aus Rechtsgründen nicht berufen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 61). Die Annahme von Dr. W. , der Kläger könne angesichts bisheriger einfacher Tätigkeit auf Anweisung keine Zusammenhänge, Dringlichkeiten und persönliche Sensibilitäten erkennen, ist durch die Auskünfte der Fa B. GmbH widerlegt. Denn tatsächlich war der Kläger sogar im Rahmen der Lehrlingsausbildung mit Leitungs- und Führungsaufgaben befasst. Die bei der handwerklichen Tätigkeiten als Schreiner auftretenden Probleme löste er eigenständig. Deshalb ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger den Anforderungen einer Pförtnertätigkeit in vollem Umfang gerecht werden kann. Die hat auch Dr. G.-Z. so gesehen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1953 geborene Kläger ist Rechtshänder und absolvierte nach seinen Angaben von 1969 bis 1972 in Italien eine Lehre zum Schreiner. Von Mai 1974 bis zur Arbeitsunfähigkeit ab 20.01.2000 arbeitete der Kläger bei der Schreinerei E. B. GmbH bzw. deren Vorgängerfirma trotz der Folgen zweier Arbeitsunfälle (1985: Teilamputation der Finger II bis IV links - MdE 30 v.H. - und 1996: Schnittverletzung rechter Daumen - MdE 10 v.H. -) als Schreiner. Er arbeitete dort teilweise allein, teilweise mit anderen Arbeitnehmern zusammen und hatte gegenüber Auszubildenden Leitungs- und Führungsaufgaben. Er musste die im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches auftretenden Probleme eigenständig oder mit anderen Mitarbeitern bewältigen. Im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit - etwa auf der Fahrt zu den Baustellen - steuerte der Kläger ein Kraftfahrzeug. Der Kläger war hauptsächlich mit noch einem anderen Mitarbeiter in der Montage tätig, so wurde er eingesetzt beim Einbau von Holzdecken, Türenelementen und Trennwänden. Innerbetrieblich erledigte er Aufgaben wie Furnieren, Leimen, Dübeln und Kanten anleimen. Hochwertige Innenausbauarbeiten konnte der Kläger (wegen der Verletzungen an seiner linken Hand) nicht ausführen und wurde deshalb bei solchen Arbeiten als Zweitkraft eingesetzt. Auch mussten körperliche schwere Arbeiten teilweise von anderen Mitarbeitern übernommen werden.
Am 20.01.2000 zog sich der Kläger bei einem häuslichen Unfall eine Fraktur des V. Mittelfußknochens rechts zu. Nach osteosynthetischer operativer Versorgung kam es anschließend zu einer Wundheilungsstörung und dem Auftreten einer Sudeck’schen Erkrankung. Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg sah ihn ab dem 18.10.200 wieder arbeitsfähig. Tätigkeiten, die langes Stehen und Gehen, Überkopfarbeit und eine volle Funktion der linken Hand erforderten, seien nicht mehr möglich.
Am 03.05.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 19.02.2002 bewilligte die Beklagte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 20.06.2000. Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wurde abgelehnt.
Während des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. R. ein. Dieser diagnostizierte einen Zustand nach Teilamputation der Finger II bis IV links mit entsprechender Gebrauchseinschränkung, einen Zustand nach fraglicher Radiusfraktur rechts ohne Funktionseinschränkung, einen Zustand nach osteosynthetisch versorgter und ausgeheilter Fraktur des V. Mittelfußknochens rechts mit noch einliegendem Osteosynethesematerial, einen Zustand nach ausgeheiltem Morbus Sudeck am rechten Fuß, einen entzündlichen Spreizfuß links, ein leichtes Cervicalsyndrom und ein leichtes chronisches Lumbalsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik bei leichtem Flachrücken. Zusammenfassend führte er aus, die Verletzungsfolgen an der linken Hand aufgrund des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1985 seien als durchaus gravierend einzustufen und bedingten eine deutliche Funktionseinschränkung der linken Hand. Als Schreiner sei der Kläger nur noch bedingt einsatzfähig. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass er Rechtshänder sei und außerdem seit seinem Unfall im Jahr 1985 bis Anfang 2000 in seinem Beruf ohne größere Probleme habe arbeiten können. Die übrigen genannten Beschwerden seien für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von untergeordneter Bedeutung. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21.11.2002 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben.
Das Sozialgericht hat u.a. den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Der Kläger sei in der Lage leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Einschränkungen bestünden insofern, als stark wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten sowie auch Tätigkeiten, die besondere Fertigkeiten und Geschicklichkeiten der Hände erforderten, nicht zumutbar seien.
Weiter hat das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Priv.-Doz.- Dr. G.-Z. , Arzt für Orthopädie, eingeholt. Er hat die bekannte Funktionseinschränkung an der linken Hand, rezidivierende Schmerzen am rechten Handgelenk bei Status nach distaler Unterarmfraktur rechts (anamnestisch), rezidivierende Lumbalgie bei statischer Wirbelsäulenfunktionsstörung bei links-konvexer Seitausbiegung thoraco-lumbal, ein initiales Impingementsyndrom beidseits und einen Status nach ausgeheiltem Morbus Sudeck am rechten Fuß bei ausgeheilter Fraktur nach Metatarsale V rechts diagnostiziert. Die körperliche Funktion sei insbesondere durch die Funktionsminderung der linken Hand eingeschränkt. Arbeiten, die der beidhändigen Feinmotorik bedürften, seien nicht mehr durchführbar, ebenso sei das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht möglich. Die Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks mit einer Funktionseinschränkung durch eine fehlverheilte distale Unterarmfraktur führten zu einer Einschränkung des Hebens und Tragens von schweren Lasten. Aufgrund der rezidivierenden Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlstatik sowie der Schulterbeschwerden sei das Einnehmen von Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten zu vermeiden. Leichte Arbeiten in gelegentlich sitzender, überwiegend stehender oder gehender Körperposition unter Vermeidung von Akkord- oder Fließbandarbeiten seien acht Stunden täglich durchführbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht, noch ein Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente nach dem seit dem 01.01.2001 geltenden Recht zu. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten von Dr. B. , Dr. R. und Priv.-Doz. Dr. G.-Z. sowie der hausärztlichen Stellungnahme von Dr. W ... Danach sei der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Annahme eines verschlossenen Arbeitsmarktes trotz sechsstündiger Erwerbsfähigkeit bedingen könnten, seien beim Kläger nicht ersichtlich. Ebenso wenig habe eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen festgestellt werden können.
Gegen das am 01.07.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.07.2004 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er habe nach wie vor Schmerzprobleme im rechten Fuß und Schmerzen im Bereich der Schultern die letztendlich zu Schlafstörungen führten. Aufgrund der Einschränkungen an seinen Händen stehe er nicht besser da als ein Einhändiger. Priv.-Doz. Dr. G.-Z. sei nicht darauf eingegangen, wie sich die Gesamteinschränkungen funktional auswirkten.
Der Kläger hat den an Dr. W. gerichteten Arztbrief von Dr. B. vom 31.03.2005 vorgelegt. Darin hat dieser ausgeführt, er könne die Beurteilung durch Priv. Doz. Dr. G.-Z. im Gutachten vom 30.09.2003 nicht nachvollziehen. Die funktionellen Einschränkungen beider Hände bedingten, dass der Kläger leichte Montagetätigkeiten nur unter vier Stunden am Tag verrichten könne mit Pausen nach jeder Stunde. Eine Tätigkeit als Pförtner oder Telefonist könne der Kläger von Seiten der Arme durchführen, allerdings seien die aktiven und passiven Deutschkenntnisse bescheiden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. Juni 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilten, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 20.06.2000 zu gewähren, hilfsweise, Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Priv. Doz. Dr. G.-Z. ergänzend gutachtlich gehört. Er hat darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz der Funktionsminderung der linken Hand sowie der angeführten Beschwerden von Seiten der rechten Hand die Tätigkeit als Schreiner über Jahre ohne wesentliche Probleme habe durchführen können. Restbeschwerden im Bereich des rechten Fußes bei der Untersuchung seien vom Kläger nicht angegeben worden und auch die klinische Untersuchung sowie die Röntgenaufnahmen hätten einen völlig ausgeheilten Morbus Sudeck ohne wesentliche Funktionseinschränkungen gezeigt. Zusammenfassend sei somit davon auszugehen, dass trotz der Einschränkungen leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten bzw. Tätigkeiten als Pförtner oder Telefonist zumutbar seien.
Der Senat hat Dr. W. unter dem 11.04.2005 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Der Kläger sei nicht in der Lage, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblichen Tätigkeiten auszuüben. Auch eine Tätigkeit als Pförtner müsse kritisch gesehen werden, da der Kläger als italienischer Staatsbürger nur begrenzte deutsche Sprachkenntnisse habe und seine Kommunikationsfähigkeit unabhängig von den Sprachkenntnissen fraglich sei. Er sei für den Pförtnerberuf nicht geeignet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen voller Erwerbsminderung.
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.01.2001 strittig ist, ist bei der Überprüfung der Entscheidung des Sozialgerichts gem. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31.12.2000 in Betracht kommt das SGB VI in der ab 0.01.2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.).
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt sind und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Voll erwerbsgemindert sind u.a. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F.). Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen des Klägers vor dem 01.01.2001 auf unter acht Stunden oder dass es ab 01.01.2001 auf unter sechs Stunden abgesunken ist.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Gerichtsbescheid rechtsfehlerfrei ausgeführt, weswegen eine einen Rentenanspruch begründende Leistungsminderung beim Kläger nicht vorliegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids von einer weiteren Darstellung weitgehend ab.
Ergänzend ist anzumerken: Auch aus der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von Priv. Doz. Dr. G.-Z. vom 11.11.2004 ergibt sich keine Abweichung zu dessen Ausführungen im Gutachten vom 30.09.2003. Er weist nach wie vor überzeugend darauf hin, dass der Morbus Sudeck nach komplikationslosem Entfernen des Osteosynthesematerials und folgenloser Ausheilung nicht mehr vorhanden ist. Auch hatte der Kläger wesentliche Restbeschwerden im Bereich des rechten Fußes bei der Untersuchung anlässlich der Begutachtung nicht angegeben. Im Übrigen hatte der Kläger selbst bei der Untersuchung durch Dr. B. am 16.10.2000 (sachverständige Zeugenaussage vom 03.09.2002 im Verfahren S 6 SB 1322/02) angegeben, dass sich die Beschwerden am rechten Fuß gebessert hätten und er mittlerweile eine Stunde gehen könne. Dies entspricht auch den Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung am 16.10.2000. Auch dort hat der Kläger lediglich Schmerzen im rechten Fuß angegeben, wenn er eine Stunde gestanden oder gegangen sei. Unter Berücksichtigung dessen hat Dr. B. dann Arbeiten, bei denen langes Stehen bzw. langes Gehen erforderlich ist, ausgeschlossen, im Übrigen aber eine Arbeitsaufnahme ab 18.10.2000 für möglich gehalten, allerdings den Kläger für die berufsspezifische Belastung eines Schreiners auf Dauer für arbeitsunfähig angesehen (was ja dann auch zur Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 20.06.2000 geführt hat).
Auch bezüglich der Funktionsminderung an beiden Händen liegt beim Kläger - so überzeugend Priv. Doz. Dr. G.-Z. - heute bzw. ununterbrochen der Zustand vor wie zu dem Zeitpunkt als der Kläger zuletzt (vor seinem Unfall vom 20.01.2000) bei der Fa. E. B. als Schreiner tätig gewesen ist.
Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit wegen der Funktionseinschränkungen des Klägers insbesondere an der linken Hand bedarf es nicht.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für einen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten dann erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall beim Kläger. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Nichts anderes folgt aus der Tatsache, dass nach den Gutachten von Dr. R. und Priv. Doz. Dr. G.-Z. sowie auch den übrigen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Kläger in der Gebrauchsfähigkeit, insbesondere der linken Hand eingeschränkt ist. Nach den Gutachten von Dr. R. und Dr. G.-Z. bestehen von Seiten der rechten Hand keine relevanten Funktionseinschränkungen. Die Hand ist deutlich beschwielt, wird also auch eingesetzt, die Fingerbeweglichkeit ist frei. An der linken Hand fehlen der Zeige-, Mittel- und Ringfinger (Amputation im Grundglied), der Spitzgriff mit den Stümpfen und dem Kleinfinger ist möglich. Die Fingerbeweglichkeit ist erhalten, die grobe Kraft ist etwas vermindert. Der Kläger setzt auch diese Hand funktionell ein, was sich in einer entsprechenden Beschwielung zeigt. Selbst feinere Tätigkeiten wie z.B. das Halten eines Nagels sind dem Kläger mittels Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefinger möglich (Gutachten Dr. R. )
Der Kläger hat die Folgen insbesondere des Arbeitsunfalles von 1985 durch seine Geschicklichkeit in erheblichem Maße - was die Funktion der Hand angelangt - ausgeglichen. Dies zeigt sich gerade an der trotz der Unfallfolgen fast 26 Jahre lang ausgeübten Tätigkeit als Schreiner bei der Fa. E. B. GmbH. Nach deren Auskünften gegenüber dem Senat konnte der Kläger fast alle anfallenden Arbeiten ausführen. Lediglich bei schweren Tätigkeiten und im Rahmen des hochwertigen Innenausbaus wurde er nicht oder nur eingeschränkt eingesetzt. Ansonsten führte er die ihm übertragenen Aufgaben - gerade auch feinmotorische Tätigkeiten erfordernde Verrichtungen wie Furnieren, Leimen, Dübeln, Kanten anleimen, Montage von Holzdecken, Türen und Wänden - einwandfrei aus.
Vor diesem Hintergrund gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger trotz der Verletzungsfolgen an den Händen die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise geforderten Verrichtungen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, kleinere Reinigungstätigkeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (BSG, Großer Senat SozR 3 - 2006 § 44 Nr. 8) mindestens acht bzw. sechs Stunden täglich auszuüben. Dies hat auch Priv. Doz. Dr. G.-Z. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme ausdrücklich bestätigt. Der Auffassung von Dr. B. in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 31.03.2005, der infolge der funktionellen Einschränkungen beider Hände eine leichte Montagetätigkeit nur unter vier Stunden am Tag mit Pausen nach jeder Stunde für möglich angesehen hat, kann sich der Senat nicht anschließen.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger auch eine Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte möglich wäre. Die Zweifel von Dr. W. an der Kommunikationsfähigkeit des Klägers teilt der Senat nicht. Auf fehlende deutsche Sprachkenntnisse kann sich der Kläger aus Rechtsgründen nicht berufen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 61). Die Annahme von Dr. W. , der Kläger könne angesichts bisheriger einfacher Tätigkeit auf Anweisung keine Zusammenhänge, Dringlichkeiten und persönliche Sensibilitäten erkennen, ist durch die Auskünfte der Fa B. GmbH widerlegt. Denn tatsächlich war der Kläger sogar im Rahmen der Lehrlingsausbildung mit Leitungs- und Führungsaufgaben befasst. Die bei der handwerklichen Tätigkeiten als Schreiner auftretenden Probleme löste er eigenständig. Deshalb ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger den Anforderungen einer Pförtnertätigkeit in vollem Umfang gerecht werden kann. Die hat auch Dr. G.-Z. so gesehen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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