Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 3009/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 5070/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen mangelnder Mitwirkung; streitig ist auch noch ein Anspruch auf Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Form der Zahlung entsprechender Beiträge durch die Beklagte.
Die 1972 geborene Klägerin ist gelernte Hauswirtschafterin. Sie bezog ab 18. Juni 1992 Arbeitslosengeld (Alg), ab 15. Juli 1993 Anschluss-Alhi, unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld. Zuletzt war ihr mit Bescheid vom 16. März 1999 Alhi ab 26. Februar 1999 bis 17. Juni 1999 (Ende des Bewilligungsabschnittes) in Höhe von 169,96 DM wöchentlich bewilligt worden. Mit Schreiben vom 23. Februar 1999 meldete sie sich beim Arbeitsamt O. (ArbA) formlos arbeitslos und beantragte Alhi. Unter Beifügung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Frauenärztin F. vom 22. Februar 1999 teilte sie darin mit, dass sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe, sobald sie wieder gesund sei. Nach Hinweis des ArbA meldete sie sich am 4. März 1999 persönlich arbeitslos und stellte einen Formantrag auf Alhi. Mit Schreiben vom 4. März 1999 übersandte sie eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Frauenärztin F. vom gleichen Tag. Bereits am 3. März 1999 veranlasste das ArbA eine ärztliche Begutachtung der Klägerin beim Arbeitsamtsärztlichen Dienst, da sie angegeben hatte, nicht mehr oder nur mit großen Einschränkungen arbeiten zu können. Mit Einladungsschreiben vom 30. März 1999 wurde die Klägerin sodann zum 15. April 1999 zur arbeitsamtsärztlichen Begutachtung eingeladen. Im Einladungsschreiben wurde sie aufgefordert, Facharzt- und Hausarztbefunde mitzubringen. Im Einladungsschreiben wurde die Klägern weiter darüber belehrt, dass eine Sozialleistung ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts wesentlich erschwert wird und als Folge davon die Voraussetzungen einer beantragten Sozialleistung nicht nachgewiesen sind. Die Klägerin war sodann zwar im Untersuchungstermin am 15. April 1999 bei Arbeitsamtsärztin Dr. K. anwesend; Befundunterlagen hat sie jedoch nicht übergeben. Nachdem sich die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 1999 gegen die aus ihrer Sicht unsinnige und überflüssige Untersuchung bei Arbeitsamtsärztin Dr. K. gewandt hatte, forderte das ArbA sie mit Schreiben vom 21. Mai 1999 auf, ihre behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Am 28. Mai 1999 teilte die Klägerin daraufhin ihrer Sachbearbeiterin beim ArbA Frau G. mit, sie entbinde ihre Hausärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht. Am 31. Mai 1999 sah sich daraufhin Dr. K. aufgrund fehlender Fremdbefunde zu einer Gutachtenserstattung außerstande. Mit Bescheid vom 9. Juni 1999 entzog das ArbA daraufhin der Klägerin Alhi ab 12. Juni 1999, wobei es sich auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) stützte. Am 16. Juni 1999 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und verwies auf das beim Sozialgericht Freiburg (SG) unter dem Aktenzeichen: S 8 AL 2560/98 anhängige Klageverfahren und führte aus, dass "sämtliche Hausarztbefunde" dem ArbA bereits vorlägen. Mit Schreiben vom 30. Juli 1999 erinnerte das ArbA an die Erledigung des Schreibens vom 21. Mai 1999 und wies darauf hin, dass die Mitwirkung der Klägerin erforderlich sei, weil ohne die erbetenen Schweigepflichtentbindungen betreffend ihren Hausarzt sowie ihren Orthopäden nicht festgestellt werden könne, ob ihr Alhi zustehe; es wurde ihr eine Frist bis 10. August 1999 gesetzt. In diesem Schreiben wurde auch nochmals auf die Folgen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 SGB I hingewiesen. Gegen dieses Schreiben des ArbA wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juli (wohl August) 1999 und legte u.a. "Widerspruch" hiergegen ein. Bei einer persönlichen Vorsprache beim ArbA am 16. August 1999 verweigerte sie die Unterschriftsleistung unter eine vom ArbA vorbereitete Entbindungserklärung und verwies auf die im Klageverfahren S 8 AL 2560/98 beim SG vorgelegte Entbindungserklärung vom 11. April 1999. In ihrem Schreiben vom 19. August 1999 setzte die Klägerin sich nochmals einschränkend mit der Aufforderung zur Vorlage von Arztbefunden ihrer behandelnden Ärzte auseinander. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 1999 wies das ArbA den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einfachem Brief bekannt gegeben.
Am 12. Oktober 1999 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und die Fortzahlung der Alhi ab 12. Juni 1999 sowie die Gewährung von Krankenversicherungsschutz begehrt. Aufforderungen des SG mitzuteilen, wann sie den Widerspruchsbescheid erhalten habe, ob sie danach bettlägerig erkrankt gewesen sei oder warum sie sonst gehindert gewesen sei, binnen eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage zu erheben, hat die Klägerin nicht beantwortet. Einer Aufforderung, ihre behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, ist die Klägerin ebenfalls nicht nachgekommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sie für unzulässig erachtet, da die Klagefrist bei Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 2. September 1999 am Montag, 4. Oktober 1999 abgelaufen sei; die Klage sei jedoch erst am 12. Oktober 1999 beim SG eingegangen. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 9. Dezember 1999 hat die Klägerin erklärt, es läge bereits ein arbeitsamtsärztliches Gutachten von Dr. K. von 1993 oder 1995 vor. Es sei nicht von Interesse, dass diese ärztliche Unterlagen bekäme, da sämtliche Unterlagen in den Akten seien. Es sei richtig, dass sie von Seiten des ArbA aufgefordert worden sei, sämtliche ärztliche Unterlagen zur Begutachtung bei Frau Dr. K. mitzubringen. Ihre ärztlichen Unterlagen gingen jedoch niemanden etwas an. Mit Gerichtsbescheid vom 25. August 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei zulässig, den Widerspruchsbescheid mit einfachem Brief bekannt zugeben. Er gelte als am 2. September 1999 bekannt gegeben. Die Klage sei verspätet erhoben. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagefrist habe nicht stattgegeben werden können. Im Übrigen wäre die Klage auch nicht begründet gewesen. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin per Übergabe-Einschreiben zugestellt (Aufgabe zur Post am 1. September 2000). Laut Auskunft der Deutschen Post AG (Callcenter M.) wurde der Gerichtsbescheid am 9. September 2000 an die Postbevollmächtigte D. J. ausgehändigt.
Gegen den Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. Oktober 2000 schriftlich beim SG eingelegte Berufung. Mit Beschluss vom 9. Januar 2001 ist das Verfahren ausgesetzt worden, da beim Amtsgericht L. unter dem Aktenzeichen: ein Betreuungsverfahren anhängig war. Nachdem mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 21. August 2001 die Anordnung einer Betreuung abgelehnt worden ist, wobei sich das Amtsgericht L. im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. J. A. vom 14. August 2001 gestützt hat, hat die Beklagte das Berufungsverfahren wieder angerufen. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt mit der Begründung, die Klägerin sei im September und Oktober 2000 sehr belastet und krank gewesen. Es habe eine exzentrische Persönlichkeitsstörung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur vorgelegen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2000 und den Bescheid vom 9. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (S 8 AL 3009/99), die beigezogene Klageakte des SG S 8 AL 2560/98 und die Berufungsakten des Senats (L 13 AL 5070/01) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist nicht zulässig; sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht, welches das Urteil erlassen hat, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Für die Berechnung der Berufungsfrist gilt § 64 SGG. Danach beginnt die Frist mit dem Tage nach der Zustellung zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in dem das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 2 SGG); fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG). Die vorgeschriebene Zustellung (vgl ... § 135 SGG) richtet sich dabei nach § 63 Abs. 2 SGG (in der Fassung bis 30. Juni 2002) i.V.m. §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Diese Vorschriften gelten auch für die Zustellung eines Gerichtsbescheids (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG). Die Zustellung ist im vorliegenden Fall mittels Übergabe-Einschreiben erfolgt (§ 63 Abs. 2 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 VwZG). Danach gilt der eingeschriebene Brief mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Das SG hat den Gerichtsbescheid vom 25. August 2000 am 1. September 2000 mit Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben. Laut Auskunft der Deutschen Post AG (Callcenter M.) wurde der Gerichtsbescheid am 9. September 2000 an die Postbevollmächtigte D. H. ausgehändigt. Die Berufungsfrist endete somit am Montag, dem 9. Oktober 2000. Die Berufung der Klägerin ist aber erst am 23. Oktober 2000 schriftlich beim SG eingelegt worden. Diese ist somit nicht fristgerecht, sondert verspätet eingelegt worden.
Der Klägerin kann hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Diese Möglichkeit eröffnet § 67 Abs. 1 SGG einem Beteiligten nur, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Berufungsfrist ist nämlich nur dann ohne Verschulden versäumt, wenn ein Beteiligter die Sorgfalt aufgewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen und nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Aufl., § 67 Rdnr. 3).
Solche Wiedereinsetzungsgründe sind weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem gesamten Akteninhalt zu entnehmen. Zwar beruft sich die Klägerin als Wiedereinsetzungsgrund auf eine psychische Erkrankung. Der Senat hat jedoch keine Zweifel daran, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt und bis heute prozessfähig und in der Lage ist, sich eigenverantwortlich und sorgfältig ihrer Angelegenheiten anzunehmen. Das beim Amtsgericht L. anhängig gewesene Betreuungsverfahren für die Klägerin, welches auch Anlass für den Aussetzungsbeschluss vom 9. Januar 2001 war, hat mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 21. August 2001, mit dem die Anordnung einer Betreuung abgelehnt wurde, geendet. Zwar gelangt Dr. A. in seinem im Betreuungsverfahren erstellten Gutachten vom 14. August 2001 zu der Auffassung, bei der Klägerin habe eine exzentrische Persönlichkeitsstörung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur vorgelegen. Dennoch weise die Klägerin keine mangelnde Befähigung darin auf, ihre eigenen konkreten Angelegenheiten zu besorgen. Der Senat ist wie das Amtsgericht L. der Auffassung, dass die Klägerin im Rahmen der Besorgung ihrer eigenen Angelegenheiten noch ausreichend in der Lage war und ist, Inhalt, Bedeutung und Tragweite ihrer rechtsgeschäftlichen Erklärungen abschätzen zu können und sich in ausreichender Weise um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Dem stehen nicht die zahlreichen Verfahren, die die Klägerin vor Zivil-, Sozial- und Verwaltungsgerichten betrieben hat und immer noch betreibt sowie die hohe Anzahl ihrer Eingaben in diesen gerichtlichen Verfahren, die diese beträchtlich in die Länge ziehen, entgegen. Denn dennoch ist festzustellen, dass die Klägerin in den von ihr betriebenen sozialgerichtlichen Verfahren in der Lage ist, von ihr behauptete Ansprüche zielgerichtet zu verfolgen und sie auch fristgerecht mit entsprechenden Rechtsbehelfen zu verfolgen. Aus der im Klageverfahren S 8 AL 2560/98 beim SG von Dr. S. abgegebenen sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. September 1999, die die Klägerin in diesem Verfahren vorgelegt hat, folgt nichts anderes. Dr. S. berichtet darin über psychische Auffälligkeiten, welche er 1996 bei der Klägerin festgestellt habe, die ihn zu einer Überweisung zur fachneurologischer Behandlung veranlasst hätten. 1997 hat er sie jedoch u.a. wegen einer psychischen Verstimmung und schließlich im Zeitraum März bis Mai 1999 nur noch viermal wegen grippaler Infekte und Bronchitis behandelt. Die 1996 vorhandenen psychischen Auffälligkeiten hat er somit anlässlich späterer Behandlungskontakte offenbar nicht mehr festgestellt. Anlass, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, bestand nach alldem nicht.
Dem Senat ist es mithin verwehrt, das Begehren der Klägerin in der Sache zu prüfen. Er hält allerdings den angegriffenen Gerichtsbescheid im Ergebnis für zutreffend und verweist hierzu auf seinen Beschluss vom 3. März 2000 (L 13 AL 5060/99 PKH-B), in dem ausgeführt ist, dass in materiell-rechtlicher Beziehung der Bescheid vom 9. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1999 rechtmäßig sein dürften.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen mangelnder Mitwirkung; streitig ist auch noch ein Anspruch auf Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Form der Zahlung entsprechender Beiträge durch die Beklagte.
Die 1972 geborene Klägerin ist gelernte Hauswirtschafterin. Sie bezog ab 18. Juni 1992 Arbeitslosengeld (Alg), ab 15. Juli 1993 Anschluss-Alhi, unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld. Zuletzt war ihr mit Bescheid vom 16. März 1999 Alhi ab 26. Februar 1999 bis 17. Juni 1999 (Ende des Bewilligungsabschnittes) in Höhe von 169,96 DM wöchentlich bewilligt worden. Mit Schreiben vom 23. Februar 1999 meldete sie sich beim Arbeitsamt O. (ArbA) formlos arbeitslos und beantragte Alhi. Unter Beifügung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Frauenärztin F. vom 22. Februar 1999 teilte sie darin mit, dass sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe, sobald sie wieder gesund sei. Nach Hinweis des ArbA meldete sie sich am 4. März 1999 persönlich arbeitslos und stellte einen Formantrag auf Alhi. Mit Schreiben vom 4. März 1999 übersandte sie eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Frauenärztin F. vom gleichen Tag. Bereits am 3. März 1999 veranlasste das ArbA eine ärztliche Begutachtung der Klägerin beim Arbeitsamtsärztlichen Dienst, da sie angegeben hatte, nicht mehr oder nur mit großen Einschränkungen arbeiten zu können. Mit Einladungsschreiben vom 30. März 1999 wurde die Klägerin sodann zum 15. April 1999 zur arbeitsamtsärztlichen Begutachtung eingeladen. Im Einladungsschreiben wurde sie aufgefordert, Facharzt- und Hausarztbefunde mitzubringen. Im Einladungsschreiben wurde die Klägern weiter darüber belehrt, dass eine Sozialleistung ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts wesentlich erschwert wird und als Folge davon die Voraussetzungen einer beantragten Sozialleistung nicht nachgewiesen sind. Die Klägerin war sodann zwar im Untersuchungstermin am 15. April 1999 bei Arbeitsamtsärztin Dr. K. anwesend; Befundunterlagen hat sie jedoch nicht übergeben. Nachdem sich die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 1999 gegen die aus ihrer Sicht unsinnige und überflüssige Untersuchung bei Arbeitsamtsärztin Dr. K. gewandt hatte, forderte das ArbA sie mit Schreiben vom 21. Mai 1999 auf, ihre behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Am 28. Mai 1999 teilte die Klägerin daraufhin ihrer Sachbearbeiterin beim ArbA Frau G. mit, sie entbinde ihre Hausärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht. Am 31. Mai 1999 sah sich daraufhin Dr. K. aufgrund fehlender Fremdbefunde zu einer Gutachtenserstattung außerstande. Mit Bescheid vom 9. Juni 1999 entzog das ArbA daraufhin der Klägerin Alhi ab 12. Juni 1999, wobei es sich auf §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) stützte. Am 16. Juni 1999 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und verwies auf das beim Sozialgericht Freiburg (SG) unter dem Aktenzeichen: S 8 AL 2560/98 anhängige Klageverfahren und führte aus, dass "sämtliche Hausarztbefunde" dem ArbA bereits vorlägen. Mit Schreiben vom 30. Juli 1999 erinnerte das ArbA an die Erledigung des Schreibens vom 21. Mai 1999 und wies darauf hin, dass die Mitwirkung der Klägerin erforderlich sei, weil ohne die erbetenen Schweigepflichtentbindungen betreffend ihren Hausarzt sowie ihren Orthopäden nicht festgestellt werden könne, ob ihr Alhi zustehe; es wurde ihr eine Frist bis 10. August 1999 gesetzt. In diesem Schreiben wurde auch nochmals auf die Folgen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 SGB I hingewiesen. Gegen dieses Schreiben des ArbA wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juli (wohl August) 1999 und legte u.a. "Widerspruch" hiergegen ein. Bei einer persönlichen Vorsprache beim ArbA am 16. August 1999 verweigerte sie die Unterschriftsleistung unter eine vom ArbA vorbereitete Entbindungserklärung und verwies auf die im Klageverfahren S 8 AL 2560/98 beim SG vorgelegte Entbindungserklärung vom 11. April 1999. In ihrem Schreiben vom 19. August 1999 setzte die Klägerin sich nochmals einschränkend mit der Aufforderung zur Vorlage von Arztbefunden ihrer behandelnden Ärzte auseinander. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 1999 wies das ArbA den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einfachem Brief bekannt gegeben.
Am 12. Oktober 1999 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und die Fortzahlung der Alhi ab 12. Juni 1999 sowie die Gewährung von Krankenversicherungsschutz begehrt. Aufforderungen des SG mitzuteilen, wann sie den Widerspruchsbescheid erhalten habe, ob sie danach bettlägerig erkrankt gewesen sei oder warum sie sonst gehindert gewesen sei, binnen eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage zu erheben, hat die Klägerin nicht beantwortet. Einer Aufforderung, ihre behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, ist die Klägerin ebenfalls nicht nachgekommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sie für unzulässig erachtet, da die Klagefrist bei Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 2. September 1999 am Montag, 4. Oktober 1999 abgelaufen sei; die Klage sei jedoch erst am 12. Oktober 1999 beim SG eingegangen. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 9. Dezember 1999 hat die Klägerin erklärt, es läge bereits ein arbeitsamtsärztliches Gutachten von Dr. K. von 1993 oder 1995 vor. Es sei nicht von Interesse, dass diese ärztliche Unterlagen bekäme, da sämtliche Unterlagen in den Akten seien. Es sei richtig, dass sie von Seiten des ArbA aufgefordert worden sei, sämtliche ärztliche Unterlagen zur Begutachtung bei Frau Dr. K. mitzubringen. Ihre ärztlichen Unterlagen gingen jedoch niemanden etwas an. Mit Gerichtsbescheid vom 25. August 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei zulässig, den Widerspruchsbescheid mit einfachem Brief bekannt zugeben. Er gelte als am 2. September 1999 bekannt gegeben. Die Klage sei verspätet erhoben. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagefrist habe nicht stattgegeben werden können. Im Übrigen wäre die Klage auch nicht begründet gewesen. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin per Übergabe-Einschreiben zugestellt (Aufgabe zur Post am 1. September 2000). Laut Auskunft der Deutschen Post AG (Callcenter M.) wurde der Gerichtsbescheid am 9. September 2000 an die Postbevollmächtigte D. J. ausgehändigt.
Gegen den Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. Oktober 2000 schriftlich beim SG eingelegte Berufung. Mit Beschluss vom 9. Januar 2001 ist das Verfahren ausgesetzt worden, da beim Amtsgericht L. unter dem Aktenzeichen: ein Betreuungsverfahren anhängig war. Nachdem mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 21. August 2001 die Anordnung einer Betreuung abgelehnt worden ist, wobei sich das Amtsgericht L. im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. J. A. vom 14. August 2001 gestützt hat, hat die Beklagte das Berufungsverfahren wieder angerufen. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt mit der Begründung, die Klägerin sei im September und Oktober 2000 sehr belastet und krank gewesen. Es habe eine exzentrische Persönlichkeitsstörung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur vorgelegen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2000 und den Bescheid vom 9. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (S 8 AL 3009/99), die beigezogene Klageakte des SG S 8 AL 2560/98 und die Berufungsakten des Senats (L 13 AL 5070/01) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist nicht zulässig; sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht, welches das Urteil erlassen hat, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Für die Berechnung der Berufungsfrist gilt § 64 SGG. Danach beginnt die Frist mit dem Tage nach der Zustellung zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in dem das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 2 SGG); fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG). Die vorgeschriebene Zustellung (vgl ... § 135 SGG) richtet sich dabei nach § 63 Abs. 2 SGG (in der Fassung bis 30. Juni 2002) i.V.m. §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Diese Vorschriften gelten auch für die Zustellung eines Gerichtsbescheids (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG). Die Zustellung ist im vorliegenden Fall mittels Übergabe-Einschreiben erfolgt (§ 63 Abs. 2 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 VwZG). Danach gilt der eingeschriebene Brief mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Das SG hat den Gerichtsbescheid vom 25. August 2000 am 1. September 2000 mit Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben. Laut Auskunft der Deutschen Post AG (Callcenter M.) wurde der Gerichtsbescheid am 9. September 2000 an die Postbevollmächtigte D. H. ausgehändigt. Die Berufungsfrist endete somit am Montag, dem 9. Oktober 2000. Die Berufung der Klägerin ist aber erst am 23. Oktober 2000 schriftlich beim SG eingelegt worden. Diese ist somit nicht fristgerecht, sondert verspätet eingelegt worden.
Der Klägerin kann hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Diese Möglichkeit eröffnet § 67 Abs. 1 SGG einem Beteiligten nur, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Berufungsfrist ist nämlich nur dann ohne Verschulden versäumt, wenn ein Beteiligter die Sorgfalt aufgewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen und nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Aufl., § 67 Rdnr. 3).
Solche Wiedereinsetzungsgründe sind weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem gesamten Akteninhalt zu entnehmen. Zwar beruft sich die Klägerin als Wiedereinsetzungsgrund auf eine psychische Erkrankung. Der Senat hat jedoch keine Zweifel daran, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt und bis heute prozessfähig und in der Lage ist, sich eigenverantwortlich und sorgfältig ihrer Angelegenheiten anzunehmen. Das beim Amtsgericht L. anhängig gewesene Betreuungsverfahren für die Klägerin, welches auch Anlass für den Aussetzungsbeschluss vom 9. Januar 2001 war, hat mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 21. August 2001, mit dem die Anordnung einer Betreuung abgelehnt wurde, geendet. Zwar gelangt Dr. A. in seinem im Betreuungsverfahren erstellten Gutachten vom 14. August 2001 zu der Auffassung, bei der Klägerin habe eine exzentrische Persönlichkeitsstörung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur vorgelegen. Dennoch weise die Klägerin keine mangelnde Befähigung darin auf, ihre eigenen konkreten Angelegenheiten zu besorgen. Der Senat ist wie das Amtsgericht L. der Auffassung, dass die Klägerin im Rahmen der Besorgung ihrer eigenen Angelegenheiten noch ausreichend in der Lage war und ist, Inhalt, Bedeutung und Tragweite ihrer rechtsgeschäftlichen Erklärungen abschätzen zu können und sich in ausreichender Weise um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Dem stehen nicht die zahlreichen Verfahren, die die Klägerin vor Zivil-, Sozial- und Verwaltungsgerichten betrieben hat und immer noch betreibt sowie die hohe Anzahl ihrer Eingaben in diesen gerichtlichen Verfahren, die diese beträchtlich in die Länge ziehen, entgegen. Denn dennoch ist festzustellen, dass die Klägerin in den von ihr betriebenen sozialgerichtlichen Verfahren in der Lage ist, von ihr behauptete Ansprüche zielgerichtet zu verfolgen und sie auch fristgerecht mit entsprechenden Rechtsbehelfen zu verfolgen. Aus der im Klageverfahren S 8 AL 2560/98 beim SG von Dr. S. abgegebenen sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. September 1999, die die Klägerin in diesem Verfahren vorgelegt hat, folgt nichts anderes. Dr. S. berichtet darin über psychische Auffälligkeiten, welche er 1996 bei der Klägerin festgestellt habe, die ihn zu einer Überweisung zur fachneurologischer Behandlung veranlasst hätten. 1997 hat er sie jedoch u.a. wegen einer psychischen Verstimmung und schließlich im Zeitraum März bis Mai 1999 nur noch viermal wegen grippaler Infekte und Bronchitis behandelt. Die 1996 vorhandenen psychischen Auffälligkeiten hat er somit anlässlich späterer Behandlungskontakte offenbar nicht mehr festgestellt. Anlass, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, bestand nach alldem nicht.
Dem Senat ist es mithin verwehrt, das Begehren der Klägerin in der Sache zu prüfen. Er hält allerdings den angegriffenen Gerichtsbescheid im Ergebnis für zutreffend und verweist hierzu auf seinen Beschluss vom 3. März 2000 (L 13 AL 5060/99 PKH-B), in dem ausgeführt ist, dass in materiell-rechtlicher Beziehung der Bescheid vom 9. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1999 rechtmäßig sein dürften.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
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