Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 73/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RA 68/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Mai 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1950 geborene Klägerin erlernte zunächst den Beruf einer Fachverkäuferin für Elektrowaren, um sich dann nach einem Fernstudium im August 1975 zur Ökonomin für Binnenhandel zu qualifizieren. Nach dem Abschluss dieses Studiums war sie als Absatzdisponentin und zuletzt bis August 1990 als Gruppenleiterin für Absatz und Vertrieb tätig. Darauf folgte Arbeitslosigkeit.
Ihren Rentenantrag vom 12. November 1997 begründete die Klägerin mit einem Bluthochdruckleiden, Herzproblemen und einer Bindegewebsschwäche. Die Beklagte beauftragte die Internistin und Sozialmedizinerin Dr. S mit der Beurteilung des der Klägerin verbliebenen Leistungsvermögens. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 29. Dezember 1997 die Diagnosen Polyarthrose der Hände ohne erkennbare funktionelle Einschränkungen, medikamentös normalisierter Hypertonus ohne Einfluss auf die Herzleistungsbreite, chronische Pyelonephritis ohne Einschränkung der Nierenfunktion und psychovegetative Labilität. Daraus leitete sie ein Leistungsvermögen dahingehend ab, dass die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten ohne den das Normale überschreitenden Zeit- oder Verantwortungsdruck vollschichtig verrichten könne.
Aufgrund dessen gelangte die Beklagte zu der Auffassung, die Klägerin könne ihren bisherigen Beruf vollschichtig verrichten, und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. Januar 1998 ab. Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie sei krank und es sei die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen.
Die Beklagte zog ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Land Brandenburg MDK vom 31. August 1998 bei. Der MDK hatte die Klägerin im Auftrag der AOK für das Land Brandenburg in Bezug auf ihre fortdauernde Arbeitsunfähigkeit untersucht und war zu der Auffassung gelangt, die Klägerin sei in leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten vermittelbar.
Gestützt darauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. Februar 1999 zurück.
Dagegen hat sich die am 16. Februar 1999 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet. Weder der seit 1974 bestehende Bluthochdruck noch die rheumatischen Beschwerden, die seit 1965 durch eine erbliche Vorbelastung aufgetreten seien, seien hinreichend gewürdigt worden. Dies zeige sich auch daran, dass sie sich in einem im Januar 2000 begonnenen Lehrgang überlastet fühle.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Februar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit (EU/BU) ab Antrag-stellung zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht des behandelnden Anästhesiologen und Chirurgen Dr. S eingeholt. Dieser hat weitere Unterlagen und Krankenhausunterlagen beigefügt. Er hat über eine chronische Schmerzsymptomatik im ganzen Körper berichtet und ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Eine Verbesserung der körperlichen Leistungs¬fähigkeit sei nur durch eine längerfristige stufenweise Wiedereingliederung durch leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie Tätigkeit an einem Arbeitsplatz mit wechselndem Bewegungsablauf zu erreichen.
Der letzte Arbeitgeber, die E GmbH, hat auf entsprechende Anfrage des Sozialgerichts hin mitgeteilt, dass die Klägerin dort als Gruppenleiterin, also in einer Vorgesetztenfunktion, vollbeschäftigt gewesen sei und dementsprechend als Fachschulabsolventin für ingenieurtechnisches Personal eingruppiert gewesen sei. Es habe sich um eine leichte Arbeit im Sitzen gehandelt und die Klägerin sei in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden wie folgt erkrankt gewesen: 1986 38 Fehltage, 1987 44 Fehltage, 1988 31 Fehltage, 1989 46 Fehltage, erstes Halbjahr 1990 25 Fehltage.
Das Sozialgericht hat den Chefarzt des R des Krankenhauses K, Dr. S, zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das der Klägerin verbliebene Leistungsvermögen beauftragt.
In dem am 25. Januar 2000 eingegangenen Gutachten diagnostiziert der Sachverständige eine angeborene Bindegewebsschwäche im Sinne des so genannten Hypermobilitätssyndroms (milde Form des Ehlers-Danlos-Syndroms).
Bei der Klägerin seien eine Überstreckbarkeit verschiedener Gelenke und eine leichte Abhebbarkeit von Hautfalten auf der Volarseite der Hände nachzuweisen. Durch diese Erkrankung ergäben sich klinische Bilder, die einer Blockierung ähnlich seien. Es komme im Bereich der Gelenkmechanik zu einer Beeinträchtigung des so genannten Gelenkspiels, weil diese durch Rezeptoren wahrgenommen würden. Diese Vorgänge seien sehr komplex und teilweise nicht vollwissenschaftlich erwiesen. Bewiesen sei aber eindeutig, dass bei solchen Instabilitätssyndromen mechanisch auslösbare Schmerzen entstehen können. Die von der Klägerin beklagte über den ganzen Körper verstreute erhöhte Druckschmerzempfindlichkeit lasse in Verbindung mit der angegebenen Müdigkeit und Schlafstörung auch an das früher diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom denken. Dabei handele es sich bekanntlich um eine psychosomatische Erkrankung. Die Leistungseinschränkungen bei der Klägerin seien jedoch in jedem Fall so gering, dass das daraus resultierende Handicap keine entscheidende Einschränkung des Leistungsvermögens zwingend mache. Die Klägerin sollte lediglich von aufwendigen manuellen Tätigkeiten, besonders in Form eines Zeitlohnsystems, freigestellt werden. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit habe grundsätzlich schon mit dem Eintritt ins Berufsleben bestanden und eine Prognose sei nicht definitiv zu beurteilen. Im gegenwärtigen Zustand könne die Klägerin vollschichtig in Büroarbeiten eingesetzt werden und sei wegefähig.
Mit Urteil vom 24. Mai 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne ihren Ausgangsberuf als Handelskauffrau und Ökonomin, also leichte körperliche Tätigkeiten im verwaltenden Bereich, nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung noch vollschichtig verrichten und sei daher nicht berufs- und dementsprechend erst recht nicht erwerbsunfähig.
Gegen dieses am 13. Juni 2000 zur Post gegebene Urteil richtet sich die Berufung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13. Juli 2000. Die Klägerin könne wegen der im Berufsleben auftretenden Stresszustände ihren Beruf als Handelskauffrau nicht mehr ausüben, so dass das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Mai 2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Februar 1999 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zu gewähren und die höchste Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme zweiter Instanz für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte und Krankenanstalten beigezogen und die Berufsinformationskarte BO 781 der jetzigen Bundesagentur für Arbeit, Bürofachkräfte betreffend, sowie die BO 764, Bürohilfskräfte betreffend, und die BO 734, Telefonistinnen betreffend, in das Verfahren eingeführt. Dann hat der Senat mit Beweisanordnung vom 31. Januar 2002 den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. M B zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das der Klägerin verbliebene Leistungsvermögen beauftragt.
In dem Gutachten vom 01. März 2002 stellt der Sachverständige die Diagnosen:
1. Geringfügige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Neigung zu muskulären Reizerscheinungen, Ausschluss von schwerwiegenden funktionellen Beeinträchtigungen, insbesondere Ausschluss von Nervenwurzelreizsymptomen. 2. Subjektiv empfundene Arthralgien an der oberen und unteren Extremität ohne nachweisbare, gravierende arthrotische Veränderungen oder anderweitige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Leichte Heberden’sche Arthrosen an den Fingergelenken II und V beidseits ohne Einschränkung der Handfunktion. 3. Subdepressive Stimmungslage, Verdacht auf Somatisierungsstörungen bei gleichzeitig bestehendem Aggravationsverhalten. 4. Zustand nach Implantation von Kunstlinsen am linken wie rechten Auge wegen eines ehemaligen grauen Stares ohne objektivierbare Einschränkungen des Sehvermögens nach Kenntnis der ärztlichen Unterlagen. 5. Arterielles Bluthochdruckleiden, medikamentös befriedigend eingestellt.
Er leitet daraus ein Leistungsvermögen dahingehend ab, dass die Klägerin leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten entsprechend ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung mit näher dargelegten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten könne. Sie habe subjektiv die Vorstellung, nicht mehr erwerbstätig sein zu können, die durch die erhobenen körperlichen Untersuchungsbefunde nicht bestätigt werde. Insbesondere könne die Klägerin als Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin nach den vorliegenden berufskundlichen Unterlagen arbeiten und sie sei voll wegefähig.
Danach hat die Klägerin beantragt, den Priv. Doz. Dr. D N, Chefarzt der M Klinik, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum Sachverständigen zu ernennen. Der Senat ist dem mit Beweisanordnung vom 15. August 2002 nachgekommen und Dr. N hat sein Gutachten unter dem 19. Mai 2003 erstellt. In diesem Gutachten finden sich die Diagnosen:
1. Ausgeprägte somatoforme Störung mit Neigung zur depressiven Verstimmung. 2. Chronisches Schmerzsyndrom infolge der psychosomatischen Manifestation. 3. Labiler Hypertonus mit leichten bis mäßigen Leistungseinschränkungen für das Herz- und Kreislaufsyndrom. 4. Gering- bis mäßiggradige degenerative Veränderungen an Gelenken und Wirbelsäule mit altersgerechter Einschränkung der Leistungsfähigkeit. 5. Adipositas 6. Anamnestisch rezidivierende Nierenbeckenentzündung bisher ohne entsprechende zurückbleibende Befundkonstellation und ohne Einschränkung in der Leistungsfähigkeit bei sonografisch kleinen Nieren beidseits. 7. Zeitweilige Sehbehinderung durch Katarakt ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit.
Daraus resultiere eine Leistungseinschränkung dahingehend, dass die Klägerin als Bürofachkraft zwischen halb- und vollschichtig, also Bürohilfskraft halbschichtig und als Telefonistin zwei bis drei Stunden täglich arbeiten könne. Dies begründete der sachverständige Internist nicht mit der Hypertonus-Herzerkrankung oder der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, die insgesamt zu einer MdE von 30 bis 40 führen würden, sondern durch eine langjährige Chronifizierung einer psychosomatischen Störung (somatoforme Störung). Diese Störung finde ihren Niederschlag in der Leistungsinsuffizienz, in dem chronischen Schmerzsyndrom und in der depressiven Stimmungslage. Sie sei von allen Gutachtern beschrieben worden, jedoch aus seiner Sicht in der Bewertung der Leistungseinschränkung nicht hinreichend gewürdigt. Die Bewertung einer derartigen Störung könnte in umfangreicher Form durch einen Psychotherapeuten beziehungsweise psychiatrischen Gutachter erfolgen. Da solche Erkrankungen jedoch, wie auch in seinem Hause, in der Regel beim Internisten zur Betreuung anstehen und mitbehandelt werden, sei er der Auffassung, die Gesamtsituation ausreichend beurteilen zu können.
Die Beklagte hat hierzu dahingehend Stellung genommen, dass eine nervenärztliche Diagnose und daraus resultierende Leistungsbeurteilung nicht fachfremd erfolgen könne. Der Senat hat mit weiterer Beweisanordnung vom 11. August 2003 den Neurologen und Psychiater Dr. C zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 23. Dezember 2003 mit der Beifügung eines testpsychologischen Berichtes des Dipl. Psych. Dr. Dr. B W erstattet. In diesem Gutachten berichtet Dr. C auf psychiatrischem Gebiet über eine Dystymia und eine Somatisierungsstörung. Eine neurologische Störung liege nicht vor. Diese Krankheit hätte ein mittelgradiges Ausprägungsniveau und die Vorstellung der Klägerin, nicht mehr erwerbstätig sein zu können, sei durch die psychiatrische Diagnose nicht gedeckt. Die Klägerin könne sich aus dieser Vorstellung mit eigener Kraft lösen, weil keine schwerwiegende Störung vorliege. Die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten und geistig mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen und im Wechsel der Haltungsarten verrichten. Arbeiten mit gelegentlichen einseitigen Zwangshaltungen seien möglich, Gerüst- und Leiterarbeiten jedoch zu vermeiden. Die Klägerin sollte unter Vermeidung extremer Umwelteinflüsse arbeiten und die Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit sollten eher geringer sein, da eine gewisse Grübelneigung und durch die Depression eine rasche Ermüdbarkeit bestünde. Die Kontaktfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Insgesamt könne die Klägerin aus psychiatrischer Sicht stressärmere Tätigkeiten wie die einer Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin, sofern diese nicht mit Zeitdruck einhergingen, vollschichtig verrichten. Er weiche von dem Gutachten des Dr. N ab. Nach den allgemeinen gutachterlichen Richtlinien, wie sie für somatoforme Störungen herausgegeben werden, seien solche Patienten noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auszuüben. Das Gleiche gelte für die Dystymia. In Anbetracht der Internistischen Vorgutachten von Dr. N und Dr. S und der Beurteilung des Bewegungsapparates sei ein weiteres Gutachten nicht erforderlich.
Gegen das Gutachten hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Beifügung eines Schreibens des behandelnden Internisten Dipl. Med. D Einwendungen erhoben, zu denen Dr. C am 29. Juni 2004 wiederum Stellung genommen hat. Darin verbleibt der Sachverständige unter eingehender Auseinandersetzung mit den Einwendungen bei seiner Auffassung.
Auf berufskundlichem Gebiet hat der Senat Herrn M L zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 31. Oktober 2004 erstattet und dargelegt, die Tätigkeit der Verkäuferin im Elektrobereich erforderte und erfordert nach wie vor eine Ausbildung mit einer Dauer von zwei Jahren. Die Tätigkeit ein Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin sei eine Vorgesetztentätigkeit, die in aller Regel eine berufliche Fortbildung auf Fachschulebene voraussetze. Die Tätigkeit einer Verkäuferin sei im Tarifvertrag des Einzelhandels in die Gehaltsgruppe B 1 eingereiht, die einer Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin werde nach Gehaltsgruppe B 3 entlohnt. Definiert sei letztere als Angestellte, die eine selbständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich ausübten. Die Klägerin könne aufgrund des ärztlich festgestellten Leistungsvermögens als Verkäuferin nicht mehr eingesetzt werden. Bei der Arbeit einer Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin hingegen, die Büro- beziehungsweise Schreibtischarbeiten verrichteten, träfe dies nicht zu. Diese Tätigkeiten könne die Klägerin körperlich verrichten. Auch als Bürofachkraft oder Bürohilfskraft reiche ihr körperliches Leistungsvermögen aus und sie könne diese Tätigkeit in einer dreimonatigen Einarbeitungszeit erlernen. Sachbearbeitende Tätigkeiten im Handelsbereich seien in die Gehaltsgruppe B 2 eingereiht und die Klägerin könne auch diese Tätigkeiten innerhalb von drei Monaten erlernen und vollwertig ausüben.
Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Beifügung von Stellungnahmen der behandelnden Ärzte ausgeführt, die Klägerin sei nicht in der Lage, aufgrund ihrer physischen und psychischen Situation diese Tätigkeiten zu verrichten. Darüber hinaus bezweifle sie, dass derartige Stellen in hinreichender Anzahl im Bundesgebiet vorhanden seien. Zu der dieser Stellungnahme beigefügten Stellungnahme der Psychologin S hat der Nervenarzt Sch vom Beratungsärztlichen Dienst der Beklagten am 20. Juni 2005 dahingehend Stellung genommen, dass eine ergänzende Befragung des Sachverständigen Dr. C angezeigt sei. Diese hat Dr. C auf Veranlassung des Senats am 19. August 2005 abgegeben und mitgeteilt, er halte eine erneute Untersuchung für angezeigt. Diese wurde am 07. und 08. September 2005 durchgeführt und das Gutachten wurde am 12. September 2005 erstattet. Darin führt der Sachverständige aus, bei der Klägerin bestünde eine psychiatrische Störung im Sinne einer Somatisierungsstörung und einer Dystymia, deren Hintergrund der Verlust der Arbeitstätigkeit Anfang der 90 er Jahre, erfolglose Bewerbungen, Partnerlosigkeit und soziale Kontaktarmut seien. Diese scheine sich im Laufe der Jahre fixiert zu haben und in ein Rentenbegehren eingemündet zu sein. Ein hirnorganisches Psychosyndrom oder eine neurologische Störung lasse sich nicht nachweisen. Die Klägerin habe die Vorstellung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein. Sie werde in dieser Fehlvorstellung von ihren behandelnden Ärzten unterstützt. Sie könne noch leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten, wobei auch geistig eher einfache Arbeiten in Frage kämen infolge der depressiv hypochondrischen Einstellungen mit Versagensneigung. Sie könne als Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin aus psychiatrischer Sicht eingesetzt werden. Eine gewisse Verschlechterung der Störungen seit dem Vorbefund von 2003 scheine jedoch eingetreten zu sein. Er glaube daher, dass zwar kein achtstündiges, aber noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat eine neue Stellungnahme des Dipl. Med. D vom 23. Februar 2006 hierzu beigebracht, in der dieser das Gutachten als nicht überzeugend bezeichnet und die Auffassung vertritt, das testpsychologische Gutachten des Dr. Dr. W, das diesem beigefügt war, sei unzureichend.
Hierzu hat der Sachverständige Dr. C am 06. April 2006 Stellung genommen: Er vertritt darin die Auffassung, ein Zusatzgutachten sei nicht erforderlich, da er sich mit allen von der Klägerin geklagten Beschwerden eingehend auseinandergesetzt habe.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze und die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig; zu Recht hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt, da ein dahingehender Anspruch bei der Klägerin nicht besteht.
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) erfüllt die Klägerin nicht. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Zwar wurde sie durch das Gesetz vom 20. Dezember 2000 durch eine andere ersetzt. Grundsätzlich sind gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihre In Kraft Tretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt dieser Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI jedoch sind aufgehobene oder durch das Gesetz ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn dieser, wie hier, bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. § 302 b Abs. 1 SGB VI regelt darüber hinaus die Fortgeltung des alten Rechts für vor In Kraft Treten des neuen Rechts entstandene Ansprüche auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf". Dies ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, hier die als Gruppenleiterin Absatz/Vertrieb. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin diese Tätigkeit, da sie als verantwortungsvolle Vorgesetztentätigkeit mit besonderen Anforderungen an Stress- und Konfliktbewältigung verbunden sein dürfte, nicht mehr verrichten kann, denn nach dem Sachverständigengutachten von Dr. C, an dem zu zweifeln keine Veranlassung besteht, liegt bei der Klägerin wegen ihrer Grübelneigung und Depression eine raschere Ermüdbarkeit vor, so dass ihre Arbeit mit eher geringern Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit einhergehen könne. Daran ändert auch nichts, dass nach Dr. C an Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gut durchschnittliche Anforderungen gestellt werden könnten, zumal eine Gruppenleiterin mit Fachschulabschluss in einem größeren Unternehmen unter den heutigen Bedingungen des Arbeitsmarktes auch hier überdurchschnittlichen Anforderungen ausgesetzt sein dürfte.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. ist ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente jedoch dann nicht gegeben, wenn zwar die Ausübung des bisherigen Berufes beziehungsweise des Hauptberufes aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, die Klägerin aber zumutbar auf eine andere Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. Zur Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufs und der Möglichkeiten der Verweisung auf andere Tätigkeiten sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG die Arbeiter- und Angestelltenberufe in Gruppen eingeteilt worden (Mehrstufenschema, zu den Angestelltenberufen vgl. BSGE 59, 249 [259]). Bei der Einordnung in die einzelnen Gruppen und bei der Stufenbildung wird grundsätzlich im Ansatz die zur Erreichung einer bestimmten beruflichen Qualifikation normalerweise erforderliche Ausbildung zugrunde gelegt. Danach werden bei Angestellten die Berufsgruppen von der Gruppe mit dem höchsten Ausbildungsgrad beginnend nach unten durch folgende Leitberufe charakterisiert:
1. Stufe: Angestellte mit hoher beruflicher Qualität, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzt, und mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb, an oder in Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze
2. Stufe: Angestellte mit einer längeren als zweijährigen (regelmäßig dreijährigen) Ausbildung
3. Stufe: Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren
4. Stufe: unausgebildete Angestellte
Sozial zumutbar ist nach der genannten Rechtsprechung grundsätzlich die Verweisung auf eine Tätigkeit, die eine Stufe unter der Stufe, welcher der bislang ausgeübte Beruf zugehörig ist, einzuordnen ist.
Selbst wenn die Klägerin als Fachschulabsolventin und der daraus resultierenden tariflichen Eingruppierung in die erste Stufe der Angestelltenberufe eingruppiert wird, ist sie damit nicht berufsunfähig, denn sie kann mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen vollschichtig eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich, wie in der BIK BO 681 beschrieben, verrichten. Dabei handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen überwiegend im Sitzen, für die eine Regelausbildung von mehr als zwei Jahren erforderlich ist. Wenn der Sachverständige Dr. C in Kenntnis der entsprechenden Beschreibung die Klägerin für eine derartige Tätigkeit für einsatzfähig hält, so steht dies in Überstimmung mit den von ihm getroffenen Diagnosen und mit den Feststellungen aller anderen Gutachter mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. Nürnberg, dessen Auffassung, da er als Internist die von ihm angenommene Leistungseinschränkung auf psychiatrischem Gebiet gefunden zu haben glaubte, nicht überzeugend ist. Im kaufmännischen Bereich gibt es Tätigkeiten, die stressärmer sind und die mit dem gut durchschnittlichen Verantwortungsbewusstsein und der entsprechenden Zuverlässigkeit der Klägerin und ihrer Ausbildung verrichtet werden können, wie etwa die einer Verwaltungsangestellten, einer Industriekauffrau oder einer Buchhalterin. Die Qualifikation der Klägerin hierzu ergibt sich aus den Ausbildungen zur Binnenhandelskauffrau mit Fachschulabschluss und zuvor zur Verkäuferin. Aufgelistet werden in der BO 681 verschiedene Handelskaufleute, Verkaufssachbearbeiter, aber auch Fachkaufleute im Radiohandel, zu dem auch der Großhandel zählt.
Auch wenn unter Ziffer 10 für diese Berufe unter anderem psychische Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit genannt werden, steht dies einer Berufstätigkeit der Klägerin in einem derartigen Facharbeiterberuf nicht entgegen. Denn Dr. C führt aus, durchschnittlichen derartigen Anforderungen sei sie gewachsen, zu vermeiden seien lediglich überdurchschnittliche Belastungen auf psychischem Gebiet. Diese jedoch werden in Ziffer 10 der BO 681 nicht gefordert. Vielmehr gibt es im Bereich der Kaufleute demnach auch stressärmere Tätigkeiten mit durchschnittlichen psychischen Belastungen. Diese jedoch könnte die Klägerin verrichten.
Dies gilt sowohl für die Situation bei der Antragstellung als auch nach der erneuten Untersuchung durch Dr. C. Der Senat sieht keine Veranlassung, entgegen dem Sachverständigen Dr. C, der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist, dem Parteivortrag der Klägerin und das sind auch die Stellungnahmen des von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigebrachen Meinungsäußerungen des behandelnden Allgemeinmediziners, also insofern nicht fachkundigen Dipl. Med. D zu folgen. Dieser bemängelte zwar Teile des Gutachtens fordert insbesondere eine zusätzliche internistische Begutachtung, äußert aber im Übrigen nur eine andere Leistungseinschätzung (auf weniger als sechs Stunden), ohne für diese zeitliche Einschränkung eine Nachvollziehbare Begründung zu geben. Der von der Klägerin benannte Internist Dr. Nürnberg hatte demgegenüber Leistungseinschränkungen – fachfremd – auf nervenärztlichem Gebiet beschrieben.
Nach den Darlegungen des Dr. C, aus dessen Verlaufsuntersuchungen sich im Übrigen zeigt, dass dieser durchaus bereit, in der Lage und Willens ist, sich verändernden Verhältnissen Rechnung zu tragen, bestand bei der Klägerin unter der Geltung des § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 vollschichtige Einsatzfähigkeit in den dargelegten zumutbaren Verweisungsberufen. Dies war nicht nur bis Ende 2000, sondern darüber hinaus auch noch bei der Untersuchung durch diesen Sachverständigen im Jahr 2003 der Fall.
Im September 2005 allerdings hat der Sachverständige Dr. C festgestellt, dass das Leistungsvermögen auf sechs Stunden täglich, jedoch nicht unter sechs Stunden täglich gesunken war. Das bedeutet, dass die Klägerin auch nach neuem Recht nicht berufsunfähig ist. Denn bei einem Versicherungsfall im September 2005 wäre § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung anwendbar. Nach dieser Vorschrift ist aber berufsunfähig nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Somit steht der Klägerin auch nach neuem Recht und unter Berücksichtigung der im September 2005 festgestellten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu.
Ist die Klägerin jedoch nicht berufsunfähig, so kann sie auch nicht erwerbsunfähig sein. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder aber Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630,00 DM (entspricht jetzt 322,11 EUR) monatlich übersteigt. Erwerbsunfähig sind nach der dargelegten gesetzlichen Vorschrift insbesondere diejenigen nicht, die eine vollschichtige Tätigkeit ausüben können. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung dabei nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a. F.). Da die Klägerin jedoch nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats vollschichtig Büroarbeiten verrichten kann, ist sie auch nicht erwerbsunfähig.
Daher ist sie auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert nach neuem Recht. Denn erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei ebenfalls die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Da die Klägerin, wie dargelegt, noch sechs Stunden täglich tätig sein kann und dies zum anderen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, liegen die Voraussetzungen auch für diese Leistung nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1950 geborene Klägerin erlernte zunächst den Beruf einer Fachverkäuferin für Elektrowaren, um sich dann nach einem Fernstudium im August 1975 zur Ökonomin für Binnenhandel zu qualifizieren. Nach dem Abschluss dieses Studiums war sie als Absatzdisponentin und zuletzt bis August 1990 als Gruppenleiterin für Absatz und Vertrieb tätig. Darauf folgte Arbeitslosigkeit.
Ihren Rentenantrag vom 12. November 1997 begründete die Klägerin mit einem Bluthochdruckleiden, Herzproblemen und einer Bindegewebsschwäche. Die Beklagte beauftragte die Internistin und Sozialmedizinerin Dr. S mit der Beurteilung des der Klägerin verbliebenen Leistungsvermögens. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 29. Dezember 1997 die Diagnosen Polyarthrose der Hände ohne erkennbare funktionelle Einschränkungen, medikamentös normalisierter Hypertonus ohne Einfluss auf die Herzleistungsbreite, chronische Pyelonephritis ohne Einschränkung der Nierenfunktion und psychovegetative Labilität. Daraus leitete sie ein Leistungsvermögen dahingehend ab, dass die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten ohne den das Normale überschreitenden Zeit- oder Verantwortungsdruck vollschichtig verrichten könne.
Aufgrund dessen gelangte die Beklagte zu der Auffassung, die Klägerin könne ihren bisherigen Beruf vollschichtig verrichten, und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. Januar 1998 ab. Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie sei krank und es sei die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen.
Die Beklagte zog ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Land Brandenburg MDK vom 31. August 1998 bei. Der MDK hatte die Klägerin im Auftrag der AOK für das Land Brandenburg in Bezug auf ihre fortdauernde Arbeitsunfähigkeit untersucht und war zu der Auffassung gelangt, die Klägerin sei in leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten vermittelbar.
Gestützt darauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. Februar 1999 zurück.
Dagegen hat sich die am 16. Februar 1999 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet. Weder der seit 1974 bestehende Bluthochdruck noch die rheumatischen Beschwerden, die seit 1965 durch eine erbliche Vorbelastung aufgetreten seien, seien hinreichend gewürdigt worden. Dies zeige sich auch daran, dass sie sich in einem im Januar 2000 begonnenen Lehrgang überlastet fühle.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Februar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit (EU/BU) ab Antrag-stellung zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht des behandelnden Anästhesiologen und Chirurgen Dr. S eingeholt. Dieser hat weitere Unterlagen und Krankenhausunterlagen beigefügt. Er hat über eine chronische Schmerzsymptomatik im ganzen Körper berichtet und ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Eine Verbesserung der körperlichen Leistungs¬fähigkeit sei nur durch eine längerfristige stufenweise Wiedereingliederung durch leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie Tätigkeit an einem Arbeitsplatz mit wechselndem Bewegungsablauf zu erreichen.
Der letzte Arbeitgeber, die E GmbH, hat auf entsprechende Anfrage des Sozialgerichts hin mitgeteilt, dass die Klägerin dort als Gruppenleiterin, also in einer Vorgesetztenfunktion, vollbeschäftigt gewesen sei und dementsprechend als Fachschulabsolventin für ingenieurtechnisches Personal eingruppiert gewesen sei. Es habe sich um eine leichte Arbeit im Sitzen gehandelt und die Klägerin sei in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden wie folgt erkrankt gewesen: 1986 38 Fehltage, 1987 44 Fehltage, 1988 31 Fehltage, 1989 46 Fehltage, erstes Halbjahr 1990 25 Fehltage.
Das Sozialgericht hat den Chefarzt des R des Krankenhauses K, Dr. S, zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das der Klägerin verbliebene Leistungsvermögen beauftragt.
In dem am 25. Januar 2000 eingegangenen Gutachten diagnostiziert der Sachverständige eine angeborene Bindegewebsschwäche im Sinne des so genannten Hypermobilitätssyndroms (milde Form des Ehlers-Danlos-Syndroms).
Bei der Klägerin seien eine Überstreckbarkeit verschiedener Gelenke und eine leichte Abhebbarkeit von Hautfalten auf der Volarseite der Hände nachzuweisen. Durch diese Erkrankung ergäben sich klinische Bilder, die einer Blockierung ähnlich seien. Es komme im Bereich der Gelenkmechanik zu einer Beeinträchtigung des so genannten Gelenkspiels, weil diese durch Rezeptoren wahrgenommen würden. Diese Vorgänge seien sehr komplex und teilweise nicht vollwissenschaftlich erwiesen. Bewiesen sei aber eindeutig, dass bei solchen Instabilitätssyndromen mechanisch auslösbare Schmerzen entstehen können. Die von der Klägerin beklagte über den ganzen Körper verstreute erhöhte Druckschmerzempfindlichkeit lasse in Verbindung mit der angegebenen Müdigkeit und Schlafstörung auch an das früher diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom denken. Dabei handele es sich bekanntlich um eine psychosomatische Erkrankung. Die Leistungseinschränkungen bei der Klägerin seien jedoch in jedem Fall so gering, dass das daraus resultierende Handicap keine entscheidende Einschränkung des Leistungsvermögens zwingend mache. Die Klägerin sollte lediglich von aufwendigen manuellen Tätigkeiten, besonders in Form eines Zeitlohnsystems, freigestellt werden. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit habe grundsätzlich schon mit dem Eintritt ins Berufsleben bestanden und eine Prognose sei nicht definitiv zu beurteilen. Im gegenwärtigen Zustand könne die Klägerin vollschichtig in Büroarbeiten eingesetzt werden und sei wegefähig.
Mit Urteil vom 24. Mai 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne ihren Ausgangsberuf als Handelskauffrau und Ökonomin, also leichte körperliche Tätigkeiten im verwaltenden Bereich, nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung noch vollschichtig verrichten und sei daher nicht berufs- und dementsprechend erst recht nicht erwerbsunfähig.
Gegen dieses am 13. Juni 2000 zur Post gegebene Urteil richtet sich die Berufung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13. Juli 2000. Die Klägerin könne wegen der im Berufsleben auftretenden Stresszustände ihren Beruf als Handelskauffrau nicht mehr ausüben, so dass das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Mai 2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Februar 1999 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zu gewähren und die höchste Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme zweiter Instanz für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte und Krankenanstalten beigezogen und die Berufsinformationskarte BO 781 der jetzigen Bundesagentur für Arbeit, Bürofachkräfte betreffend, sowie die BO 764, Bürohilfskräfte betreffend, und die BO 734, Telefonistinnen betreffend, in das Verfahren eingeführt. Dann hat der Senat mit Beweisanordnung vom 31. Januar 2002 den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. M B zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das der Klägerin verbliebene Leistungsvermögen beauftragt.
In dem Gutachten vom 01. März 2002 stellt der Sachverständige die Diagnosen:
1. Geringfügige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Neigung zu muskulären Reizerscheinungen, Ausschluss von schwerwiegenden funktionellen Beeinträchtigungen, insbesondere Ausschluss von Nervenwurzelreizsymptomen. 2. Subjektiv empfundene Arthralgien an der oberen und unteren Extremität ohne nachweisbare, gravierende arthrotische Veränderungen oder anderweitige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Leichte Heberden’sche Arthrosen an den Fingergelenken II und V beidseits ohne Einschränkung der Handfunktion. 3. Subdepressive Stimmungslage, Verdacht auf Somatisierungsstörungen bei gleichzeitig bestehendem Aggravationsverhalten. 4. Zustand nach Implantation von Kunstlinsen am linken wie rechten Auge wegen eines ehemaligen grauen Stares ohne objektivierbare Einschränkungen des Sehvermögens nach Kenntnis der ärztlichen Unterlagen. 5. Arterielles Bluthochdruckleiden, medikamentös befriedigend eingestellt.
Er leitet daraus ein Leistungsvermögen dahingehend ab, dass die Klägerin leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten entsprechend ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung mit näher dargelegten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten könne. Sie habe subjektiv die Vorstellung, nicht mehr erwerbstätig sein zu können, die durch die erhobenen körperlichen Untersuchungsbefunde nicht bestätigt werde. Insbesondere könne die Klägerin als Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin nach den vorliegenden berufskundlichen Unterlagen arbeiten und sie sei voll wegefähig.
Danach hat die Klägerin beantragt, den Priv. Doz. Dr. D N, Chefarzt der M Klinik, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum Sachverständigen zu ernennen. Der Senat ist dem mit Beweisanordnung vom 15. August 2002 nachgekommen und Dr. N hat sein Gutachten unter dem 19. Mai 2003 erstellt. In diesem Gutachten finden sich die Diagnosen:
1. Ausgeprägte somatoforme Störung mit Neigung zur depressiven Verstimmung. 2. Chronisches Schmerzsyndrom infolge der psychosomatischen Manifestation. 3. Labiler Hypertonus mit leichten bis mäßigen Leistungseinschränkungen für das Herz- und Kreislaufsyndrom. 4. Gering- bis mäßiggradige degenerative Veränderungen an Gelenken und Wirbelsäule mit altersgerechter Einschränkung der Leistungsfähigkeit. 5. Adipositas 6. Anamnestisch rezidivierende Nierenbeckenentzündung bisher ohne entsprechende zurückbleibende Befundkonstellation und ohne Einschränkung in der Leistungsfähigkeit bei sonografisch kleinen Nieren beidseits. 7. Zeitweilige Sehbehinderung durch Katarakt ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit.
Daraus resultiere eine Leistungseinschränkung dahingehend, dass die Klägerin als Bürofachkraft zwischen halb- und vollschichtig, also Bürohilfskraft halbschichtig und als Telefonistin zwei bis drei Stunden täglich arbeiten könne. Dies begründete der sachverständige Internist nicht mit der Hypertonus-Herzerkrankung oder der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, die insgesamt zu einer MdE von 30 bis 40 führen würden, sondern durch eine langjährige Chronifizierung einer psychosomatischen Störung (somatoforme Störung). Diese Störung finde ihren Niederschlag in der Leistungsinsuffizienz, in dem chronischen Schmerzsyndrom und in der depressiven Stimmungslage. Sie sei von allen Gutachtern beschrieben worden, jedoch aus seiner Sicht in der Bewertung der Leistungseinschränkung nicht hinreichend gewürdigt. Die Bewertung einer derartigen Störung könnte in umfangreicher Form durch einen Psychotherapeuten beziehungsweise psychiatrischen Gutachter erfolgen. Da solche Erkrankungen jedoch, wie auch in seinem Hause, in der Regel beim Internisten zur Betreuung anstehen und mitbehandelt werden, sei er der Auffassung, die Gesamtsituation ausreichend beurteilen zu können.
Die Beklagte hat hierzu dahingehend Stellung genommen, dass eine nervenärztliche Diagnose und daraus resultierende Leistungsbeurteilung nicht fachfremd erfolgen könne. Der Senat hat mit weiterer Beweisanordnung vom 11. August 2003 den Neurologen und Psychiater Dr. C zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 23. Dezember 2003 mit der Beifügung eines testpsychologischen Berichtes des Dipl. Psych. Dr. Dr. B W erstattet. In diesem Gutachten berichtet Dr. C auf psychiatrischem Gebiet über eine Dystymia und eine Somatisierungsstörung. Eine neurologische Störung liege nicht vor. Diese Krankheit hätte ein mittelgradiges Ausprägungsniveau und die Vorstellung der Klägerin, nicht mehr erwerbstätig sein zu können, sei durch die psychiatrische Diagnose nicht gedeckt. Die Klägerin könne sich aus dieser Vorstellung mit eigener Kraft lösen, weil keine schwerwiegende Störung vorliege. Die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten und geistig mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen und im Wechsel der Haltungsarten verrichten. Arbeiten mit gelegentlichen einseitigen Zwangshaltungen seien möglich, Gerüst- und Leiterarbeiten jedoch zu vermeiden. Die Klägerin sollte unter Vermeidung extremer Umwelteinflüsse arbeiten und die Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit sollten eher geringer sein, da eine gewisse Grübelneigung und durch die Depression eine rasche Ermüdbarkeit bestünde. Die Kontaktfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Insgesamt könne die Klägerin aus psychiatrischer Sicht stressärmere Tätigkeiten wie die einer Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin, sofern diese nicht mit Zeitdruck einhergingen, vollschichtig verrichten. Er weiche von dem Gutachten des Dr. N ab. Nach den allgemeinen gutachterlichen Richtlinien, wie sie für somatoforme Störungen herausgegeben werden, seien solche Patienten noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auszuüben. Das Gleiche gelte für die Dystymia. In Anbetracht der Internistischen Vorgutachten von Dr. N und Dr. S und der Beurteilung des Bewegungsapparates sei ein weiteres Gutachten nicht erforderlich.
Gegen das Gutachten hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Beifügung eines Schreibens des behandelnden Internisten Dipl. Med. D Einwendungen erhoben, zu denen Dr. C am 29. Juni 2004 wiederum Stellung genommen hat. Darin verbleibt der Sachverständige unter eingehender Auseinandersetzung mit den Einwendungen bei seiner Auffassung.
Auf berufskundlichem Gebiet hat der Senat Herrn M L zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 31. Oktober 2004 erstattet und dargelegt, die Tätigkeit der Verkäuferin im Elektrobereich erforderte und erfordert nach wie vor eine Ausbildung mit einer Dauer von zwei Jahren. Die Tätigkeit ein Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin sei eine Vorgesetztentätigkeit, die in aller Regel eine berufliche Fortbildung auf Fachschulebene voraussetze. Die Tätigkeit einer Verkäuferin sei im Tarifvertrag des Einzelhandels in die Gehaltsgruppe B 1 eingereiht, die einer Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin werde nach Gehaltsgruppe B 3 entlohnt. Definiert sei letztere als Angestellte, die eine selbständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich ausübten. Die Klägerin könne aufgrund des ärztlich festgestellten Leistungsvermögens als Verkäuferin nicht mehr eingesetzt werden. Bei der Arbeit einer Absatzdisponentin oder Gruppenleiterin hingegen, die Büro- beziehungsweise Schreibtischarbeiten verrichteten, träfe dies nicht zu. Diese Tätigkeiten könne die Klägerin körperlich verrichten. Auch als Bürofachkraft oder Bürohilfskraft reiche ihr körperliches Leistungsvermögen aus und sie könne diese Tätigkeit in einer dreimonatigen Einarbeitungszeit erlernen. Sachbearbeitende Tätigkeiten im Handelsbereich seien in die Gehaltsgruppe B 2 eingereiht und die Klägerin könne auch diese Tätigkeiten innerhalb von drei Monaten erlernen und vollwertig ausüben.
Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Beifügung von Stellungnahmen der behandelnden Ärzte ausgeführt, die Klägerin sei nicht in der Lage, aufgrund ihrer physischen und psychischen Situation diese Tätigkeiten zu verrichten. Darüber hinaus bezweifle sie, dass derartige Stellen in hinreichender Anzahl im Bundesgebiet vorhanden seien. Zu der dieser Stellungnahme beigefügten Stellungnahme der Psychologin S hat der Nervenarzt Sch vom Beratungsärztlichen Dienst der Beklagten am 20. Juni 2005 dahingehend Stellung genommen, dass eine ergänzende Befragung des Sachverständigen Dr. C angezeigt sei. Diese hat Dr. C auf Veranlassung des Senats am 19. August 2005 abgegeben und mitgeteilt, er halte eine erneute Untersuchung für angezeigt. Diese wurde am 07. und 08. September 2005 durchgeführt und das Gutachten wurde am 12. September 2005 erstattet. Darin führt der Sachverständige aus, bei der Klägerin bestünde eine psychiatrische Störung im Sinne einer Somatisierungsstörung und einer Dystymia, deren Hintergrund der Verlust der Arbeitstätigkeit Anfang der 90 er Jahre, erfolglose Bewerbungen, Partnerlosigkeit und soziale Kontaktarmut seien. Diese scheine sich im Laufe der Jahre fixiert zu haben und in ein Rentenbegehren eingemündet zu sein. Ein hirnorganisches Psychosyndrom oder eine neurologische Störung lasse sich nicht nachweisen. Die Klägerin habe die Vorstellung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein. Sie werde in dieser Fehlvorstellung von ihren behandelnden Ärzten unterstützt. Sie könne noch leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten, wobei auch geistig eher einfache Arbeiten in Frage kämen infolge der depressiv hypochondrischen Einstellungen mit Versagensneigung. Sie könne als Bürofachkraft, Bürohilfskraft und Telefonistin aus psychiatrischer Sicht eingesetzt werden. Eine gewisse Verschlechterung der Störungen seit dem Vorbefund von 2003 scheine jedoch eingetreten zu sein. Er glaube daher, dass zwar kein achtstündiges, aber noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat eine neue Stellungnahme des Dipl. Med. D vom 23. Februar 2006 hierzu beigebracht, in der dieser das Gutachten als nicht überzeugend bezeichnet und die Auffassung vertritt, das testpsychologische Gutachten des Dr. Dr. W, das diesem beigefügt war, sei unzureichend.
Hierzu hat der Sachverständige Dr. C am 06. April 2006 Stellung genommen: Er vertritt darin die Auffassung, ein Zusatzgutachten sei nicht erforderlich, da er sich mit allen von der Klägerin geklagten Beschwerden eingehend auseinandergesetzt habe.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze und die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig; zu Recht hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt, da ein dahingehender Anspruch bei der Klägerin nicht besteht.
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) erfüllt die Klägerin nicht. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Zwar wurde sie durch das Gesetz vom 20. Dezember 2000 durch eine andere ersetzt. Grundsätzlich sind gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihre In Kraft Tretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt dieser Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI jedoch sind aufgehobene oder durch das Gesetz ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn dieser, wie hier, bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. § 302 b Abs. 1 SGB VI regelt darüber hinaus die Fortgeltung des alten Rechts für vor In Kraft Treten des neuen Rechts entstandene Ansprüche auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf". Dies ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit, hier die als Gruppenleiterin Absatz/Vertrieb. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin diese Tätigkeit, da sie als verantwortungsvolle Vorgesetztentätigkeit mit besonderen Anforderungen an Stress- und Konfliktbewältigung verbunden sein dürfte, nicht mehr verrichten kann, denn nach dem Sachverständigengutachten von Dr. C, an dem zu zweifeln keine Veranlassung besteht, liegt bei der Klägerin wegen ihrer Grübelneigung und Depression eine raschere Ermüdbarkeit vor, so dass ihre Arbeit mit eher geringern Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit einhergehen könne. Daran ändert auch nichts, dass nach Dr. C an Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gut durchschnittliche Anforderungen gestellt werden könnten, zumal eine Gruppenleiterin mit Fachschulabschluss in einem größeren Unternehmen unter den heutigen Bedingungen des Arbeitsmarktes auch hier überdurchschnittlichen Anforderungen ausgesetzt sein dürfte.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. ist ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente jedoch dann nicht gegeben, wenn zwar die Ausübung des bisherigen Berufes beziehungsweise des Hauptberufes aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, die Klägerin aber zumutbar auf eine andere Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. Zur Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufs und der Möglichkeiten der Verweisung auf andere Tätigkeiten sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG die Arbeiter- und Angestelltenberufe in Gruppen eingeteilt worden (Mehrstufenschema, zu den Angestelltenberufen vgl. BSGE 59, 249 [259]). Bei der Einordnung in die einzelnen Gruppen und bei der Stufenbildung wird grundsätzlich im Ansatz die zur Erreichung einer bestimmten beruflichen Qualifikation normalerweise erforderliche Ausbildung zugrunde gelegt. Danach werden bei Angestellten die Berufsgruppen von der Gruppe mit dem höchsten Ausbildungsgrad beginnend nach unten durch folgende Leitberufe charakterisiert:
1. Stufe: Angestellte mit hoher beruflicher Qualität, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzt, und mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb, an oder in Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze
2. Stufe: Angestellte mit einer längeren als zweijährigen (regelmäßig dreijährigen) Ausbildung
3. Stufe: Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren
4. Stufe: unausgebildete Angestellte
Sozial zumutbar ist nach der genannten Rechtsprechung grundsätzlich die Verweisung auf eine Tätigkeit, die eine Stufe unter der Stufe, welcher der bislang ausgeübte Beruf zugehörig ist, einzuordnen ist.
Selbst wenn die Klägerin als Fachschulabsolventin und der daraus resultierenden tariflichen Eingruppierung in die erste Stufe der Angestelltenberufe eingruppiert wird, ist sie damit nicht berufsunfähig, denn sie kann mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen vollschichtig eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich, wie in der BIK BO 681 beschrieben, verrichten. Dabei handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen überwiegend im Sitzen, für die eine Regelausbildung von mehr als zwei Jahren erforderlich ist. Wenn der Sachverständige Dr. C in Kenntnis der entsprechenden Beschreibung die Klägerin für eine derartige Tätigkeit für einsatzfähig hält, so steht dies in Überstimmung mit den von ihm getroffenen Diagnosen und mit den Feststellungen aller anderen Gutachter mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. Nürnberg, dessen Auffassung, da er als Internist die von ihm angenommene Leistungseinschränkung auf psychiatrischem Gebiet gefunden zu haben glaubte, nicht überzeugend ist. Im kaufmännischen Bereich gibt es Tätigkeiten, die stressärmer sind und die mit dem gut durchschnittlichen Verantwortungsbewusstsein und der entsprechenden Zuverlässigkeit der Klägerin und ihrer Ausbildung verrichtet werden können, wie etwa die einer Verwaltungsangestellten, einer Industriekauffrau oder einer Buchhalterin. Die Qualifikation der Klägerin hierzu ergibt sich aus den Ausbildungen zur Binnenhandelskauffrau mit Fachschulabschluss und zuvor zur Verkäuferin. Aufgelistet werden in der BO 681 verschiedene Handelskaufleute, Verkaufssachbearbeiter, aber auch Fachkaufleute im Radiohandel, zu dem auch der Großhandel zählt.
Auch wenn unter Ziffer 10 für diese Berufe unter anderem psychische Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit genannt werden, steht dies einer Berufstätigkeit der Klägerin in einem derartigen Facharbeiterberuf nicht entgegen. Denn Dr. C führt aus, durchschnittlichen derartigen Anforderungen sei sie gewachsen, zu vermeiden seien lediglich überdurchschnittliche Belastungen auf psychischem Gebiet. Diese jedoch werden in Ziffer 10 der BO 681 nicht gefordert. Vielmehr gibt es im Bereich der Kaufleute demnach auch stressärmere Tätigkeiten mit durchschnittlichen psychischen Belastungen. Diese jedoch könnte die Klägerin verrichten.
Dies gilt sowohl für die Situation bei der Antragstellung als auch nach der erneuten Untersuchung durch Dr. C. Der Senat sieht keine Veranlassung, entgegen dem Sachverständigen Dr. C, der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist, dem Parteivortrag der Klägerin und das sind auch die Stellungnahmen des von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigebrachen Meinungsäußerungen des behandelnden Allgemeinmediziners, also insofern nicht fachkundigen Dipl. Med. D zu folgen. Dieser bemängelte zwar Teile des Gutachtens fordert insbesondere eine zusätzliche internistische Begutachtung, äußert aber im Übrigen nur eine andere Leistungseinschätzung (auf weniger als sechs Stunden), ohne für diese zeitliche Einschränkung eine Nachvollziehbare Begründung zu geben. Der von der Klägerin benannte Internist Dr. Nürnberg hatte demgegenüber Leistungseinschränkungen – fachfremd – auf nervenärztlichem Gebiet beschrieben.
Nach den Darlegungen des Dr. C, aus dessen Verlaufsuntersuchungen sich im Übrigen zeigt, dass dieser durchaus bereit, in der Lage und Willens ist, sich verändernden Verhältnissen Rechnung zu tragen, bestand bei der Klägerin unter der Geltung des § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 vollschichtige Einsatzfähigkeit in den dargelegten zumutbaren Verweisungsberufen. Dies war nicht nur bis Ende 2000, sondern darüber hinaus auch noch bei der Untersuchung durch diesen Sachverständigen im Jahr 2003 der Fall.
Im September 2005 allerdings hat der Sachverständige Dr. C festgestellt, dass das Leistungsvermögen auf sechs Stunden täglich, jedoch nicht unter sechs Stunden täglich gesunken war. Das bedeutet, dass die Klägerin auch nach neuem Recht nicht berufsunfähig ist. Denn bei einem Versicherungsfall im September 2005 wäre § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung anwendbar. Nach dieser Vorschrift ist aber berufsunfähig nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Somit steht der Klägerin auch nach neuem Recht und unter Berücksichtigung der im September 2005 festgestellten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu.
Ist die Klägerin jedoch nicht berufsunfähig, so kann sie auch nicht erwerbsunfähig sein. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder aber Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630,00 DM (entspricht jetzt 322,11 EUR) monatlich übersteigt. Erwerbsunfähig sind nach der dargelegten gesetzlichen Vorschrift insbesondere diejenigen nicht, die eine vollschichtige Tätigkeit ausüben können. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung dabei nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a. F.). Da die Klägerin jedoch nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats vollschichtig Büroarbeiten verrichten kann, ist sie auch nicht erwerbsunfähig.
Daher ist sie auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert nach neuem Recht. Denn erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei ebenfalls die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Da die Klägerin, wie dargelegt, noch sechs Stunden täglich tätig sein kann und dies zum anderen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, liegen die Voraussetzungen auch für diese Leistung nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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