S 23 AS 1372/06 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 1372/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Weder Erkrankungen wegen Diabetes mellitus, gleichgültig ob Typ I, Typ IIa oder Typ IIb, noch Erkrankungen, die auf Adipositas beruhen und bei denen ärztlicherseits eine Gewichtsreduktion verordnet ist, rechtfertigen nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags nach § 21 Abs. 5 SGB II wegen kostenaufwändiger Ernährung.
I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen einer Erkrankung an Diabetes mellitus im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Der Antragsteller steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auf Grund vorläufigen Bewilligungsbescheides des Antragsgegners vom 26. April 2006 bezieht er vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 465,39 EUR für den Zeitraum vom 7. April 2006 bis 30. April 2006, in Höhe von 531,59 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 und in Höhe von 545,59 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Oktober 2006.

Am 6. Juni 2006 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Diesbezüglich übersandte er dem Antragsgegner am 12. Juni 2006 eine ärztliche Bescheinigung vom 7. Juni 2006, in der ausgeführt wird, dass sich der Antragsteller seit 24. Februar 2004 in ärztlicher Behandlung wegen Diabetes mellitus befinde, der Antragsteller derzeit 171 cm groß sei und 100 kg wiege; ärztlicherseits wurden folgende Erkrankungen mit folgenden Krankenkostformen bescheinigt: Hyperlipidämie bei Adipositas: lipidsenkende Reduktionskost, Hypertonie bei Adipositas: natriumdefinierte Reduktionskost und Diabetes mellitus Typ II b: Diabetes-Reduktionskost; außerdem erfolgte eine ärztlicherseits bescheinigte Auflage zur Gewichtsreduktion auf "BMI 35".

Mit Bescheid vom 26. Juli 2006 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab und führte zur Begründung aus: Für Diabetes könne grundsätzlich kein Mehrbedarf gewährt werden, basierend auf der Stellungnahme des Ausschusses Ernährung der deutschen Diabetesgesellschaft vom 14.12.2004, da eine finanzielle Mehrbelastung von Diabetikern durch zusätzliche Kosten bei der Ernährung nicht bestehe. Dies werde gestützt auf aktuelle, wissenschaftlich gesicherte und evidenzbasierte Empfehlungen, demnach Mehrkosten zur Ernährung von Typ 1 und Typ 2 Diabetikern nicht entstehen würden. Dies beruhe nicht zuletzt auch auf der von allen größeren nationalen und internationalen Diabetes-Fachgesellschaften akzeptierten Feststellung, dass es keine Nahrungsmittel gebe, die für die Ernährung von Diabetikern besonders vorteilhaft seien. Die Ernährung eines Patienten bei Diabetes könne daher mit den gleichen Nahrungsmitteln erfolgen wie bei Gesunden.

Ob der Antragsteller gegen diesen Ablehnungsbescheid Widerspruch erhoben hat, geht aus der Verwaltungsakte und den sonstigen Unterlagen nicht hervor.

Mit Schriftsatz vom 21. August 2006, welcher am 23. August 2006 beim Sozialgericht Dresden einging, stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Zur Begründung führt der Antragsteller aus: Der Antragsteller habe gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Erhalt eines Mehrbedarfes für seine kostenaufwändige Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II. Die Gewährung des beantragten Mehrbedarfs in Höhe von 51,13 EUR monatlich sei notwendig, um die bestehende Erkrankung des Diabetes mellitus Typ II a nicht zu verschlimmern. So habe auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge eine Empfehlung herausgegeben, die einen Mehrbedarf in dieser Höhe aufführe. Diese erhöhte Kostenaufstellung habe die Bundesagentur für Arbeit als Dienstanweisung übernommen. Somit existiere für alle Landkreise, in denen die Bundesagentur für Arbeit der direkte Ansprechpartner für den Erhalt des Arbeitslosengeldes II sei, eine Dienstanweisung, die bei dem Vorliegen der Erkrankung des Antragstellers monatlich 51,13 EUR Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 5 SGB II bewillige. Selbst der Antragsgegner, der als kommunaler Träger Leistungen nach dem SGB II bearbeite, sei hieran jedenfalls nach dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden, da keine Gründe ersichtlich seien, weswegen der Antragsteller nur deshalb die angemessene Erhöhung auf die Diabeteskost in Höhe von 51,13 EUR pro Monat nicht erhalten solle, nur weil er im Geltungsbereich des Antragsgegners lebe

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig einen monatlichen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung wegen seiner benötigten Krankenkost aufgrund von Diabetes mellitus Typ II a, beginnend mit dem Juni 2006 vorläufig zu bewilligen und in Höhe von 51,23 EUR monatlich auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt – sinngemäß –,

den einstweiligen Rechtsschutzantrag abzulehnen.

Der Antragsgegner trägt vor, es sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller keine wesentlichen Nachteile drohen, die ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als nicht zumutbar erscheinen lassen, so dass ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei. Auch nach summarischer Prüfung des Anordnungsanspruchs sei festzustellen, dass das Vorhandensein von Erfolgsaussichten verneint werden müsse, da die Anerkennung eines Mehrbedarfs gem. § 21 Abs. 5 SGB II für kostenaufwändigere Ernährung nicht möglich sei.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Antragsgegners beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.

II.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist abzulehnen, da er zwar zulässig, aber unbegründet ist.

Inhaltlich handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Begehren, den Antragsgegner (teilweise rückwirkend, nämlich ab Juni 2006) zu verpflichten, dem Antragsteller einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR monatlich wegen einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II a im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren.

§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG lautet: "Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint."

Der Antrag hat daher nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein sog. Anordnungsanspruch und ein sog. Anordnungsgrund vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen gewichtige Gründe vorliegen; dies ist der sog. Anordnungsgrund. Er liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und der prozessualen Lage, um eine endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren will nichts anderes, als allein wegen der Zeitdimension der Rechtserkenntnis und der Rechtsdurchsetzung im Hauptsacheverfahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor zeitüberholenden Entwicklungen sichern (so ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 11.02.2004, Az: L 1 B 227/03 KR-ER). Weiterhin muss ein sog. Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch (vgl. Berlit, info also 2005, 3, 7 sowie im Anschluss hieran ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.04.2005, Az: L 3 B 30/05 AS/ER und Sächsisches LSG, Beschluss vom 19.09.2005, Az: L 3 B 155/05 AS/ER) des Antragstellers handeln.

Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen.

Der Antragsteller hat zunächst teilweise, nämlich soweit er Leistungen für die Vergangenheit (ab 1. Juni 2006) beantragt, keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Leistungsansprüche für zurückliegende Zeiträume, also für Zeiträume vor Eingang des einstweiligen Rechtsschutzantrages bei Gericht, können im Wege einer einstweiligen Regelungsanordnung grundsätzlich und regelmäßig nicht beansprucht werden. Insoweit besteht kein Anordnungsgrund für eine einstweilige Regelungsanordnung, wie sie der Antragsteller mit dem Antrag in der Antragsschrift vom 21. August 2006, die bei Gericht am 23. August 2006 eingegangen ist, beansprucht. Denn für eine vorläufige Entscheidung, d.h. vor Entscheidung des Antragsgegners im Widerspruchsverfahren, müssen gewichtige Gründe vorliegen. Der Anordnungsgrund liegt – wie bereits ausgeführt – nur vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Einen solchen Anordnungsgrund kann der Antragsteller der Natur der Sache nach für zurückliegende Zeiträume nicht glaubhaft vortragen. Für solche zurückliegenden Zeiträume kann bereits aus grundsätzlichen Erwägungen kein Anordnungsgrund geltend gemacht werden. Denn für vergangene Zeiträume, die vor dem Eingang des einstweiligen Rechtsschutzantrages bei Gericht liegen, sind keine unzumutbaren, irreversiblen Nachteile ersichtlich; wenn es sie gäbe, könnten sie nicht mehr rückgängig gemacht werden, weil sie ja gerade irreversibel sind. Der Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung ist daher im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Leistungsansprüche regelmäßig ausgeschlossen (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl. 2002, Kapitel V, Rn. 40); es besteht daher regelmäßig kein Anordnungsgrund für den Zeitraum vor Antragstellung bei Gericht, weil dies der Funktion der einstweiligen Regelungsanordnung, sog. "Notfallhilfe" zu gewähren, widerspricht (vgl. Berlit, info also 2005, 3, 11). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient nicht dazu, unter Abkürzung des Hauptsacheverfahrens geltend gemachte materielle Rechtspositionen vorab zu realisieren (so ausdrücklich: Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11.02.2004, Az: L 1 B 227/03 KR-ER). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer – hier nicht glaubhaft gemachten – in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. dazu zuletzt bspw. ausdrücklich: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.07.2006, Az: L 13 As 1620/06 ER-B; Hessisches LSG, Beschluss vom 06.07.2006, Az: L 7 AS 86/06 ER). Genau letzteres begehrt der Antragsteller aber unzulässigerweise, wenn er Leistungen ab Juni 2006 beansprucht.

Darüber hinaus hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da er keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung (auch nicht in Höhe von 51,13 EUR monatlich) wegen einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II a oder – wie ärztlicherseits bescheinigt – wegen der Erkrankungen Hyperlipidämie bei Adipositas, Hypertonie bei Adipositas und Diabetes mellitus Typ II b im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) hat.

Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II

1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung,

2. unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag.

Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.

Zutreffend hat der Antragsgegner in seinem Ablehnungsbescheid vom 26. Juli 2006 unter Berufung auf die "Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft zum Thema Mehraufwand für Diabeteskost " ausgeführt, dass ein medizinisch indizierter Mehrbedarf für Diabeteserkrankungen nicht besteht, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um Diabetes mellitus Typ II a – wie der Antragsteller behauptet – oder um Diabetes mellitus Typ II b – wie in der ärztlichen Bescheinigung vom 7. Juni 2006 ausgeführt ist – handelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit entsprechend § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Gründe dieses Ablehnungsbescheides Bezug genommen.

Dem Gericht liegt die "Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft zum Thema Mehraufwand für Diabeteskost " vom 14. Dezember 2004 vor. Das Gericht ist von der Richtigkeit der in dieser Stellungnahme enthaltenen Ausführungen auch überzeugt, weil zum einen die Ausschussmitglieder des Ausschusses Ernährung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in ihrer Ausschusssitzung am 1. Oktober 2004 einstimmig (also ohne abweichende Minderheitenvoten) der Meinung waren, dass, gestützt auf aktuelle, wissenschaftlich gesicherte und evidenz-basierte Empfehlungen, Mehrkosten zur Ernährung von Typ-1 und Typ-2-Diabetikern nicht entstehen und zum anderen die Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft mit den neueren gutachtlichen Aussagen zur Erforderlichkeit einer Krankenkostzulage bei Diabetes mellitus übereinstimmt. Auch die neuere obergerichtliche Rechtsprechung hat sich von der Richtigkeit der Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft bereits überzeugt (so bspw. zutreffend: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2006, Az: L 20 B 109/06 AS; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 24.11.2005, Az: L 9 B 259/05 SO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 06.09.2005, Az: L 9 B 186/05 SO ER) und dabei ausgeführt, dass nach dem "Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) e. V., der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e.V., des Verbandes der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband (VDD) e.V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e.V." sowie dem "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulage) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG (jetzt: § 30 Abs. 5 SGB XII)" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom Januar 2002 – die gleichfalls beide dem erkennenden Gericht vorliegen und Grundlage dieser Entscheidung sind – bei Diabetes mellitus eine diabetesorientierte kalorienreduzierte, fettarme und ballaststoffreiche Ernährung gegebenenfalls unter Nutzung der auch in Discountketten angebotenen speziell für Diabetiker geeigneten Nahrungsmitteln angezeigt ist, ohne dass ein finanzieller Mehraufwand entsteht. Nach beiden Stellungnahmen gilt das nicht nur bei einem Diabetes mellitus mit Übergewicht, sondern auch bei Normalgewicht. In beiden Fällen wird eine normale Vollkost bzw. eine ausgewogene Mischkost empfohlen, die einer gesunden Normalkost entspricht. Es entstehen hierdurch keine höheren Kosten als bei einer normalen gesunden Mischkost, die inzwischen in jedem Lebensmittelgeschäft erhältlich ist.

So wird bspw. im "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulage) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG (jetzt: § 30 Abs. 5 SGB XII)" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom Januar 2002 zutreffend ausgeführt, dass sich die wissenschaftliche Auffassung bezüglich der beim Diabetes erforderlichen Diät in den letzten Jahren fundamental geändert habe: "Während früher die Auffassung vertreten wurde, dass ein Diabetiker besondere Nahrungsmittel mit sogenannten ‚Zuckeraustauschstoffen’ benötige, sind heute die führenden Diabetologen weltweit übereinstimmend der Meinung, dass eine ausgewogene Mischkost mit Eiweiß- und Fettanteilen von 20 – 30 % und einem Kohlenhydratanteil von mindestens 50 % sowie die Einhaltung eines normalen Körpergewichts die besten Voraussetzungen bieten, eine optimale Blutzuckereinstellung mit oder ohne Medikamente zu erreichen und vor allem Spätkomplikationen und Folgeerkrankungen des Diabetes mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeiden. Von führenden Diabetologen wird daher inzwischen von der Verwendung spezieller Diätprodukte mit Zuckeraustauschstoffen wegen nachhaltiger Auswirkungen, wie z. B. der möglichen Erhöhung von Blutfetten und der Induktion von Diarrhoe sogar abgeraten. Wenn die Behandlung mit Insulin erforderlich ist, werden Basisgaben morgens und abends durch zusätzliche Injektionen im Falle von Blutzuckerspitzen nach sehr kohlenhydratreichen Mahlzeiten ergänzt (‚Basis-Bolus-Prinzip’). Die für den Diabetes mellitus wissenschaftlich empfohlene Diät entspricht der allgemeinen für eine gesunde Ernährung empfohlenen ausgewogenen Mischkost oder einer zur Gewichtsnormalisierung empfohlenen Reduktionskost. Mehrkosten durch diese Ernährung entstehen nicht."

Im "Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) e. V., der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e.V., des Verbandes der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband (VDD) e.V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e.V." wird gleichfalls zutreffend ausgeführt, dass sich die Basiskost in der Ernährung bei Diabetes mellitus in ihrer Zusammensetzung nicht von der im Rahmen der Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlenen Ernährungsweise unterscheidet, so dass die normale Vollkost die Bedingungen der Ernährungstherapie bei Diabetes mellitus erfüllt: "Ausgehend vom Prinzip der Vollkost, sind folgende zusätzliche Maßnahmen angezeigt:

- Gewichtsreduktion bei Übergewicht mit dem Ziel, den BMI unter 25 kg/m² zu senken.

- Mäßiger Verzehr von Saccharose (bis zu 10 % der Gesamtenergiemenge), die aber nur in ‚abgepackter Form’ in festen Lebensmittel, nicht in Getränken erfolgen sollte.

- Die Eiweißzufuhr sollte bei Patienten mit Nephropathie zwischen 0,6 und 0,8 g/kg Körpergewicht liegen.

- Bei Patientenwunsch und unter individueller Risikoabschätzung Alkoholkonsum von bis zu 20 g (10 g bei Frauen) pro Tag, möglichst im Zusammenhang mit kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten zur Vermeidung der Hypoglykämiegefahr.

Wird lediglich diätetisch behandelt, also blutzuckersenkende Substanzen nicht gegeben, reicht die Beachtung dieser Prinzipien aus. Bei Gabe von hypoglykämisierenden Substanzen müssen die Wirkungen blutzuckersenkender Medikamente und blutzuckererhöhender Mahlzeiten zeitlich und quantitativ aufeinander abgestimmt werden. Dies gilt in besonderem Maße für insulinabhängige Typ-1-Diabetiker mit konventioneller Insulintherapie (CT). Hier ist ein festes Mahlzeitenschema mit abgestimmter Kohlenhydratmenge und Insulindosis dringend erforderlich. Bei einer intensivierten Insulintherapie (ICT) unterliegen Mahlzeitengröße und Lebensmittelauswahl keiner strengen Vorschrift. Auch die Kohlenhydratmenge und -verteilung wird dem persönlichen Tagesablauf angepasst. Die Energiezufuhr richtet sich nach dem individuellen bedarf. Im Übrigen gelten für Typ-1-Diabetiker die Vollkostregeln bezüglich der Zusammensetzung der Kost. Zwischenmahlzeiten sind nur bei medikamentösen Therapien (Sulfonylharnstoffen, CT) zwingend, ansonsten bedeuten sie für Patienten, die an Zwischenmahlzeiten nicht gewohnt sind, eine zusätzliche vermeidbare Energiezufuhr. Energiefreie Süßstoffe können in Getränken großzügig verwendet werden. Fruktose und andere kalorienhaltige Zuckeraustauschstoffe haben gegenüber der Verwendung von Saccharose keine entscheidenden Vorteile. Viele Lebensmittel, die als ‚geeignet für Diabetiker’ deklariert sind, haben einen hohen Fett- und damit Energiegehalt und sind deshalb besonders für übergewichtige Diabetiker nicht zu empfehlen."

Dem korrespondierend und damit insgesamt Stimmigkeit vermittelnd, wird auch in der "Ernährungsempfehlung für Diabetiker 2000" der European association for the study of diabetes (EASD) und der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG), Ausschuss Ernährung, zutreffend ausgeführt: "Für die Empfehlung zum Verzehr spezieller Diabetiker-Produkte oder Diät-Produkte für Diabetiker findet sich keine Begründung. Fructose, Zuckeralkohol und andere energiehaltige Zuckeraustauschstoffe, die alle Kalorienlieferanten sind, haben gegenüber der Verwendung von üblichem Zucker (Saccharose) für Menschen mit Diabetes keine nennenswerte Vorteile außer einer verminderten Kariesbildung und sollten nicht empfohlen werden. Viele Lebensmittel, die derzeit als für Diabetiker geeignet deklariert werden, enthalten große Fett- und Energiemengen und sind häufig teurer als reguläre Produkte. Die ständige Werbung für die Produkte kann die Compliance zur Umsetzung der Ernährungsempfehlung für Diabetiker, wie sie die Diabetes- und nutritions study group der EASD bzw. der Ausschuss Ernährung der DDG herausgeben, eher behindern als fördern. Energiefreie Süßstoffe können in Getränken sinnvoll sein. Produkte, die für spezielle Zwecke (z.B. für die enterale Ernährung) entwickelt wurden, erfordern eine individuelle Bewertung."

Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Krankenkostzulage ausschließlich die neueren "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) heranzuziehen sind. Zwar geben diese Empfehlungen als antizipiertes Sachverständigengutachten sowohl den Gerichten wie auch den Leistungserbringern nach dem SGB II und SGB XII verlässliche Informationen zum Zwecke einer einheitlichen Verwaltungshandhabung. Von diesen Empfehlungen soll daher nur abgewichen werden, wenn die dort zu Grunde gelegten Annahmen durch neue Erkenntnisse erschüttert oder die dort festgelegten Mehrbeträge aufgrund der Preisentwicklung überholt sind. Bereits der Begutachtungsleitfaden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom Januar 2002, als auch das Rationalisierungsschema 2004 stellen aber solche neuen Erkenntnisse dar, so dass von den Empfehlungen des Deutschen Vereines, die auf Erkenntnissen Anfang der 90-er Jahre basieren, abgewichen werden kann (so bspw. zutreffend: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 24.11.2005, Az: L 9 B 259/05 SO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 06.09.2005, Az: L 9 B 186/05 SO ER; SG Stade, Beschluss vom 30.09.2005, Az: S 19 SO 82/05 ER).

Schon der "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung der Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen" von 1999 gibt einen solchen Grund, von den "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) abzuweichen (so bspw. zutreffend: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 24.11.2005, Az: L 9 B 259/05 SO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 06.09.2005, Az: L 9 B 186/05 SO ER). Dieser Begutachtungsleitfaden, der ebenfalls für Diabetes mellitus keine Mehrkosten mehr vorsieht, ist bereits in enger Anlehnung an die den "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) vorgelegten medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Gutachten und unter ihrer vollen Würdigung erstellt worden. Außerdem wurden die Ergebnisse mehrerer ärztlicher Arbeitsgruppen des öffentlichen Gesundheitsdienstes berücksichtigt. Praktische Erfahrungen von Gesundheitsämtern, die in Zusammenarbeit mit den Sozialämtern bereits aktuelle Erkenntnisse und neue Verfahren bei der Gewährung von Mehrbedarfszuschlägen anwenden, sind in diesen Leitfaden eingeflossen. Er ist von einer Vielzahl von Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet erarbeitet worden. Er stützt sich somit auf eine breitere Basis als die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997), indem er zwar von diesen ausgeht, aber durch Beteiligung weiterer Sachverständiger und Einbeziehung neuer Erkenntnisse über diese hinausgeht. Er kommt daher zu Recht zu dem Ergebnis, dass eine Diät oder Krankenkost nicht zwangsläufig mit einem Kostenmehraufwand verbunden ist und bei einer Reihe von Erkrankungen lediglich bestimmte Nahrungsmittel vermieden werden müssen. Andere Erkrankungen benötigen im Vergleich zur normalen Mischkost (gleich Vollkost) eine veränderte Zusammensetzung, ohne dass dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Die größere Aktualität folgt auch daraus, dass die Gutachten, die den "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) zu Grunde liegen, aus den Jahren 1991 bis 1994 stammen und somit einen anderen Erkenntnisstand haben als der 1999 erarbeitete Leitfaden. Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass – anders als 1991 – Vollwertkost nicht nur in Reformhäusern zu erwerben ist, sondern auch in anderen Lebensmittelläden und -ketten erhältlich ist zu geringen Preisen. Das gilt ebenfalls für die gutachtlichen Stellungnahmen aus den Jahren 2002 und 2004 (so bspw. insgesamt zutreffend: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 24.11.2005, Az: L 9 B 259/05 SO; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 06.09.2005, Az: L 9 B 186/05 SO ER; SG Stade, Beschluss vom 30.09.2005, Az: S 19 SO 82/05 ER).

Im Übrigen ist der Vortrag des Antragstellers unter Berufung die neueren "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) ohnehin nicht geeignet, einen Mehrbedarfszuschlag wegen krankheitsbedingter, kostenaufwändiger Ernährung in seinem Fall, in dem ärztlicherseits gerade kein Diabetes mellitus Typ II a, sondern vielmehr ein Diabetes mellitus Typ II b und weitere auf Adipositas beruhende Erkrankungen diagnostiziert und bescheinigt sind, zu begründen. Denn bei Erkrankungen, die auf Adipositas beruhen und bei denen ärztlicherseits eine Gewichtsreduktion – wie gleichfalls im Fall des Antragstellers – verordnet wurde, gibt es selbst auf der Grundlage der neueren "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe" (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, 2. Aufl., 1997) keinen Anlass, Mehrbedarfszuschläge bei kostenaufwändiger Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren. Denn die dem Gericht vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen aus damaliger Zeit stimmen bereits darin überein, dass bei der im Falle von Übergewicht gebotenen Reduktionskost Mehrkosten nicht anfallen. Selbst die neueren Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kommen in ihrer zweiten Auflage der Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe aus dem Jahre 1997 jedenfalls bei Übergewicht des Kranken zu dem Ergebnis, dass ernährungsbedingte Mehrkosten nicht entstehen, sondern bei einer angenommenen Energiezufuhr von 1000 kcal täglich vielmehr sogar ein Differenzbetrag von 47 DM (vgl. die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe", Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge mit acht Anlagen, darunter fünf Gutachten, 2. Aufl. 1997, Tabelle Seite 36) monatlich des im Regelsatz enthaltenen Ernährungsanteils nicht in Anspruch genommen werden müsse. Die in den Stellungnahmen hierzu enthaltene Erkenntnis, dass anders als nach früherer Auffassung jedenfalls bei Übergewicht eine Veranlassung zur Bewilligung eines Mehrbedarfs nicht besteht, ist auch inhaltlich nachvollziehbar. Neuere Erkenntnisse in der Wissenschaft haben zu der Einsicht geführt, dass der früher praktizierte überhöhte und kostenintensive Eiweißanteil in der Diabetesdiät nicht mehr empfehlenswert ist, zumal er die Gefahr von Nierenschäden mit sich bringt (vgl. das Gutachten vom 22.01.1996 "Zur Gewährung von Krankenkostzulagen aus ernährungsmedizinischer Sicht" von Prof. Dr. Reinhard Kluthe, Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin, Freiburg, und Dr. Gudrun Zürcher, Medizinische Universitätsklinik, Abt. I. Sektion Ernährungsmedizin und Diätetik, Freiburg, abgedruckt in der neu bearbeiteten 2. Auflage der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 1997, Heft 48 der Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Seite 127, 136). Die früher vertretene, immer noch weit verbreitete und einseitige Einschränkung der Kohlenhydratzufuhr in der Diabetesdiät wird heute als unberechtigt angesehen (vgl. das Gutachten des Bundesgesundheitsamtes vom 02.04.1991 "Krankenkostzulagen nach BSHG bei Krebs, Multipler Sklerose, Diabetes mellitus und anderen Erkrankungen", Berichterstatter: Prof. Dr. Großklaus, abgedruckt in der neu bearbeiteten 2. Auflage der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 1997, Heft 48 der Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Seite 67, 70). Zu einer Verminderung des Kostenansatzes trägt auch bei, dass die früher angesetzte Quote von 20 % für Schwund und Verderb und von 2 % für Gewürze und Zutaten jedenfalls in diesem Umfang nicht mehr anerkannt wird (vgl. Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 2. neu bearbeitete Auflage 1997, Heft 48 der Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Seite 33, und OVG Berlin, Urteil vom 23.02.1995, Az: 6 B 49.93). Damit kann für die in der ärztlichen Bescheinigung vom 7. Juni 2006 attestierten Erkrankungen des Antragstellers "Hyperlipidämie bei Adipositas", "Hypertonie bei Adipositas" und "Diabetes mellitus Typ II b" kein Mehrbedarfszuschlag gewährt werden.

Auch der Ungleichbehandlungsvorwurf kann dem einstweiligen Rechtsschutzantrag nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Antragsteller damit im Ergebnis einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht geltend macht, der das Gericht zwingen würde, nicht nach dem Gesetz, sondern entgegen dem Gesetz zu entscheiden, was der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) widerspricht. Selbst wenn eine absolut identische oder auch nur vergleichbare Sachverhaltskonstellation, wie beim Antragsteller in Leistungsfällen die von der Bundesagentur für Arbeit innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft wahrgenommen werden, vorliegen sollte und Personen, die von einer Arbeitsgemeinschaft betreut werden einen krankheitsbedingten Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung im Falle einer Erkrankung an Diabetes mellitus erhalten sollten, dann ist die Gewährung dieses Mehrbedarfszuschlages nach den vorherigen Erörterungen rechtswidrig. Auf diese Rechtswidrigkeit kann sich der Antragsteller aber nicht mit Erfolg berufen, weil er dann gleichfalls eine rechtswidrige Leistung begehren würde. Weder der Antragsgegner noch das Gericht kann aber eine Förderung in rechtswidriger Weise veranlassen.

Nach alledem war der einstweilige Rechtsschutzantrag abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutzantrag. Eine Kostengrundentscheidung ist auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu treffen (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Aufl. 2002, § 86b, Rn. 17 und § 193, Rn. 2; Zeihe, Kommentar zum SGG, Stand: April 2003, § 86b, Rn. 37f).
Rechtskraft
Aus
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