Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 1778/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 389/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versagung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Ehemanns der Klägerin nach § 46 Abs. 2a SGB VI.
Die 1952 geborene Klägerin ist die Witwe des 1926 geborenen Versicherten L. W. , der am 03.03.2003 verstorben ist. Die Eheleute L. haben am 14.11.2002 geheiratet. Der Versicherte bezog von der Beklagten ab 01.01.1991 Altersrente
Beim Versicherten war ab 1958 als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung unter Berücksichtigung einer besonderen beruflicher Betroffenheit mit einer MdE von 70 v.H. im Sinne des BVG anerkannt: 1. reizlose Narben am Hinterkopf, am Rücken, am Gesäß, am rechten Handgelenk, an beiden Beinen mit kleinen Muskelbrüchen, sowie reizlos eingeheilten Stecksplittern. 2. ausgedehnte reizlose Operationsnarbe unterhalb der rechten Leiste nach Entfernung einer Pulsadergeschwulst. Krampfader bildung und Stauungserscheinungen am rechten Bein. Narbenbildungen im Bereich des Afters sowie an der rechten und linken Gesäßhälfte
Das Amt für Versorgung und Familienförderung M. lehnte mit Bescheid vom 12.06.2003 die Gewährung von Witwenrente nach dem BVG ab, da gemäß § 38 Abs. 2 BVG die Witwe keinen Anspruch hat, wenn die Ehe erst nach der Schädigung geschlossen worden ist und nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden, (die Versorgungsverwaltung nahm Rücksprache mit der Beklagten).
Für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 wurde für die Klägerin wegen der nicht erwerbsmäßigen Pflege für W. L. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt.
Die Klägerin beantragte am 29.04.2003 Witwenrente bei der Beklagten. Sie gab an, der Ehemann sei plötzlich und unvermutet an einer Infektionskrankheit verstorben. Die Heirat sei nicht zum Zweck der erforderlichen Betreuung erfolgt und bei Eheschließung seien die tödlichen Folgen einer Krankheit nicht zu erwarten gewesen. Schon vier Jahre vorher seien ihr Ehemann und sie liiert gewesen. Die Eheschließung sei erfolgt, weil sie noch viele Jahre miteinander leben wollten. Im Dezember habe beim Ehemann aufgrund einer plötzlichen Durchblutungsstörung das linke Bein amputiert werden müssen. Die Amputation habe damit den Ausschlag gegeben, dass ihr Ehemann vorzeitig an Links-herzinsuffizienz gestorben sei. Ein ärztliches Attest von Dr. Y. legte sie vor. Dieser schilderte den Verlauf der Erkrankung ab Dezember 2002, dem Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus A. wegen Septikämie bei superinfizierter Nekrose am linken Fuß bei AVK und insulinpflichtigem Diabetes mellitus. Zwischen der Reha und dem Todestag habe regelmäßig Dialyse und Wundversorgung durchgeführt werden müssen. Am 03.03.2003 sei der Versicherte vermutlich an einer Linksherzinsuffizienz im Rahmen seiner Multimorbidität verstorben.
Mit Bescheid vom 01.07.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwenrente ab, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Aufgrund der schweren Multimorbidität, die bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gegeben war, sei die Annahme einer "Versorgungsehe" gerechtfertigt.
Dagegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin, die ihr Vorliegen, die Eheschließung sei wegen ihrer Krankheit nicht früher zu Stande gekommen, und es habe nichts darauf hingedeutet, dass ihr Mann kurz nach der Heirat versterben würde, wiederholte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München. In ihrer Klagebegründung legte die Klägerin dar, dass jeder Mensch, auch ein Kranker, das Recht auf eine Beziehung habe, die ihm das Leben leichter mache, und wenn nach jahrelanger Verbundenheit und Freundschaft eine Verbindung entstehe, die auch auf dem Glauben basiere, dies akzeptiert werde müsse. Ihr Mann und sie hätten einander versprochen, zusammen zu bleiben, und dies sei durch die Heirat signalisiert worden. Die Ärzte hätten weder sie noch ihren Mann zum Zeitpunkt der Heirat über die Beinamputation unterrichtet. Es sei also für beide völlig überraschend gekommen. Trotz aller vorbeugenden Maßnahmen hätte ihr Mann diesen unerwarteten Eingriff dann nicht überstanden.
Das Sozialgericht holte Befundberichte von Dr. Y. und Dr. A. ein, der zahlreiche Arztbriefe des Kreiskrankenhauses B. , des Kreiskrankenhauses A. sowie der Kreiskliniken A. beifügte.
Mit Urteil vom 21.04.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegt worden sei, denn es lägen keine Umstände vor, die nicht auf eine Versorgungsehe schließen ließen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift seien alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, die Aufschluss über den Zweck der Heirat geben. Die Widerlegung der Rechtsvermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI erfordere den vollen Beweis des Gegenteils. Nach den vom Gericht eingeholten medizinischen Unterlagen sei das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens bestätigt worden, dass der Versicherte an einer Linksherzinsuffizienz im Rahmen seiner Multimorbidität gestorben sei. Es sei zwar die Amputation des linken Beines nicht vorhersehbar gewesen, jedoch habe der Ehemann der Klägerin bei der Eheschließung bereits an verschiedenen schweren Krankheiten gelitten, wie sich insbesondere aus dem Entlassungsbericht der Kreisklinik A. vom 31.10.2002 ergebe. Auch während der Ehezeit sei mehrfach Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen, so dass der Ehemann die Hälfte der Ehezeit im Krankenhaus verbringen musste. Aus der Gesamtbetrachtung, die den Gesundheitszustand, die Ehedauer und auch den Altersunterschied der Eheleute von circa 25 Jahren berücksichtige, könne die Vermutung der Versorgungsehe nicht widerlegt werden. Verstärkt werde dies dadurch, dass im Entlassungsbericht vom Oktober 2002 die Angaben zum allgemeinen Körperpflegezustand des Ehemanns darauf hinwiesen, dass dieser vor der Eheschließung noch allein gelebt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung, zu deren Begründung im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und dem Sozialgerichtsverfahren wiederholt wurde. Die Beklagte und das Sozialgericht hätten unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin bereits vor der Eheschließung mehr als vier Jahre mit dem Versicherten liiert gewesen sei und sie beschlossen hatten, zusammen noch viele Jahre zu verbringen. Der Beweggrund für die Eheschließung sei die Zuneigung und die zwischenmenschliche Beziehung gewesen. Trotz der schweren Erkrankung sei man davon ausgegangen, dass der Versicherte noch einige Jahre vor sich hätte, denn die Erkrankungen seien durch Medikamente und Dialyse beherrschbar gewesen. Der Tod sei tatsächlich wegen einer akuten Infektion, nicht infolge der kontinuierlichen Weiterentwicklung der bestehenden chronischen Erkrankungen eingetreten. Gegenüber der Klägerin habe ein Arzt geäußert, der Ehemann sei an Blutvergiftung verstorben. Weitere Sachaufklärung sei erforderlich.
Auf Anfrage des Senats teilte der Bevollmächtigte mit, der Verstorbene sei vom 27.02. bis 06.05.2002 auf der Pflegestation des BRK Seniorenzentrums A. untergebracht gewesen. Den ärztlichen Unterlagen könne aber entnommen werden, dass sich der Verstorbene strikt geweigert habe, auf Dauer im Altersheim zu leben. Zwischen 1998 und Februar 2003 sei die Klägerin mit Erstwohnsitz noch in der von ihr angemieteten Wohnung in N. gemeldet gewesen. Sie habe sich aber kaum mehr in der Wohnung aufgehalten, sondern um einen Nachmieter bemüht. Bereits vor der Eheschließung habe sie sich regelmäßig und oft im Haus des Verstorbenen aufgehalten. Die Klägerin sei seit 1998 arbeitslos gewesen, habe zunächst Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe bezogen. Bereits seit dem 30. Lebensjahr sei sie beruflich als Altenpflegehelferin tätig gewesen. Später hätten bei der Verrichtung der Tätigkeit erhebliche gesundheitliche Einschränkungen bestanden. Die Klägerin habe zwar ihren eigenen Hausstand behalten, dies habe aber nichts an der inneren Verbundenheit geändert. Sie habe schon vor der Eheschließung für ihren Ehemann die Wäsche erledigt, sowie Botengänge und Bankangelegenheiten besorgt. Bereits am 19.04.2002 hatte ihr der Versicherte Bankvollmacht erteilt. Deshalb sei die gesetzliche Vermutung, dass es sich um die Erlangung einer Versorgung gehandelt habe, widerlegt. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine eigene Versorgung durch Rentenantwartschaften bereits erwirtschaftet habe.
Nach der Auskunft aus dem Melderegister ist die Klägerin am 28.02.2003 aus der Wohnung H. Str., N. nach U. , G. Str., der Anschrift des Versicherten, umgezogen.
Der Senat zog den Entlassungsbericht der Kreisklinik B. vom 30.01.2003 und Entlassungsberichte des Kreiskrankenhaus A. ab Januar 2001 bei.
Auf Veranlassung des Senats erstellte der Internist Dr. E. am 01.06.2006 ein Gutachten zur Frage, wie der Gesundheitszustand des Versicherten zur Zeit der Eheschließung zu beurteilen und ob die Lebenserwartung eingeschränkt war, sowie ob der Versicherte der Pflege bedurfte und die bei der Unterschenkelamputation aufgetretene Wundheilstörung eine unerwartete Komplikation darstellte.
Dr. E. hat im Gutachten folgende Diagnosen gestellt: 1. Schwere 3-Gefäßerkrankung mit hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion mit Vorhofflimmern bei ischämischer Cardiomyopathie. Herzinsuffizienz NYHA Grad III, phasenweise Grad IV. 2. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit schwerwiegenden Organkomplikationen 3. Terminale dialysepflichtige Niereninsuffizienz bei diabetischer Nephropathie 4. Schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit, zuletzt Grad IV nach Fontaine mit infizierter Großzehennekrose links und nachfolgendem Zustand nach Unterschenkelamputation links. 5. Arterieller Hypertonus. 6. Verdacht auf postthrombotisches Syndrom beidseits mit ausgeprägter Stammvaricosis rechts und chronisch venöser Insuffizienz.
Dr. E. führte aus, dass während des in den Akten dokumentierten Zeitraums eine zufriedenstellende stabile Einstellung der schwerwiegenden Gesundheitsstörungen aus verschiedenen Gründen nicht erreicht worden sei. Es könne zwar nur spekulativ vermutet werden, dass dadurch der Krankheitsverlauf entscheidend negativ beeinflusst wurde. Fest stehe aber, dass mit diesen schwerwiegenden Erkrankungen, die jeweils eine erhebliche Progredienz beinhalten, eine statistisch deutliche Einschränkung der Lebenserwartung abzuleiten sei. Zum Zeitpunkt im November 2002 habe eine erhebliche Multimorbidität vorgelegen, die therapeutisch sicherlich nurmehr ungenügend zu beeinflussen war. Der Gesundheitszustand sei seit Dezember sehr schlecht gewesen, die schwerwiegenden Erkrankungen hätten sich dabei gegenseitig negativ beeinflusst. Aus den Krankenhausberichten 2001 und 2002 sei ersichtlich, dass der Versicherte zu dieser Zeit unbedingt einer Pflege bedurfte. Hier sei besonders auf die Beschreibung des Allgemeinzustandes und der erheblichen Kratzeffloreszenzen hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits eine regelmäßige Überwachung der Medikamenteneinnahme erfolgen müssen. Im November 2002 sei die Lebenserwartung als eingeschränkt anzusehen gewesen. Die im Dezember 2002 durchgeführte Unterschenkelamputation sei im Rahmen einer schweren progredienten peripheren Verschlusskrankheit als mögliche Komplikation anzusehen. Dabei seien Wundheilungsstörungen bei ischämisch bedingten Nekrosen nicht selten. Beim Versicherten sei als weiteres Risiko hinzugekommen, dass bei Diabetikern insgesamt ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Unterschenkelamputation wegen einer superinfizierten Gangrän erfolgte, so dass bereits eine Infektion vorhanden war.
Die Beklagte stimmte der Beurteilung von Dr. E. zu. Die Vermutung einer Versorgungsehe sei daher nicht widerlegt. Bei Eheschließung seien die tödlichen Folgen der Krankheit unübersehbar und die Lebenserwartung eingeschränkt gewesen.
Nach dem Versicherungskonto der Klägerin bei der DRV Bund sind insgesamt 431 Monate anrechenbare Versicherungszeiten zu berücksichtigen, ab 1986 als Zeiten der Arbeitslosigkeit (bis 2002 mit Leistungsbezug). Ab 01.06.2002 sind Zeiten wegen Pflege gespeichert. Im Rentenantrag vom Mai 2005 gab die Klägerin an, von 1985 - mit Unterbrechungen - bis Januar 1997 als Altenpflegehelferin tätig gewesen zu sein. Der DRV Bund lehnte den Antrag auf Rente mit Bescheid vom 26.07.2005 ab, da die Klägerin noch mindestens sechs Stunden arbeiten könne.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.04.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2003 aufzuheben und ihr Witwenrente aus der Versicherung des am 03.03.2003 verstorbenen W. L. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München, der Deutschen Rentenversicherung Bund, des Amts für Versorgung und Familienförderung (die Versorgungs- und Schwerbehindertenakten) sowie die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Dem Sozialgericht München ist zuzustimmen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente hat, da sie nicht widerlegen konnte, aus Versorgungsgründen die Ehe mit dem Versicherten eingegangen zu sein, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI also nicht widerlegt werden konnte. Das Sozialgericht und die Beklagte haben deshalb zu Recht einen Rentenanspruch der Klägerin aus der Versicherung des verstorbenen Ehemanns W. L. abgelehnt.
Nach § 46 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf die kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (§ 46 Abs. 1 SGB VI). Anspruch auf große Witwenrente haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, wenn sie 1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, 2. das 65. Lebensjahr vollendet haben oder 3. erwerbsgemindert sind.
Nach dem mit Wirkung ab 01.01.2002 in Kraft getretenen § 46 Abs. 2a SGB VI haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falles ist es nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Diese Vorschrift, die zum 01.01.2002 in Kraft getreten ist, gilt für alle Ehen, die nach dem 31.12.2001 geschlossen wurden (Rückschluss aus § 242a Abs. 3 SGB VI). Diese Regelung entspricht den Regelungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII) und des Bundesversorgungsgesetzes (§ 38 Abs. 2 BVG).
Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten wurde am 24.11.2002 geschlossen, am 03.03.2003 ist der Versicherte verstorben. Die Ehe hat somit weniger als ein Jahr gedauert.
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält die gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden. Liegen Umstände vor, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen, ist die Vermutung widerlegt. Allerdings erfordert die Widerlegung der Rechtsvermutung den vollen Beweis des Gegenteils nach den § 202 SGG, § 292 ZPO. Im Bereich der Unfallversicherung hat das BSG auch bereits früher entschieden, dass eine derartige Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung nicht gegen die Verfassung verstößt (BSG Beschluss vom 23.09.1997, Az.: 2 BU 176/97).
Die gesetzliche Vermutung ist zum Beispiel dann widerlegt, wenn besondere Umstände des Falles es nahe legen, dass der Versorgungsgedanke nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen war. Es müssen also Umstände vorliegen, die trotz der kurzen Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Wenn sich dann anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme ergeben, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, gewesen war, ist von einer Versorgungsehe auszugehen (Kassler-Kommentar § 46 SGB VI Rdnr. 46 b). Diese ist zum Beispiel dann aber nicht anzunehmen, wenn die Folgen eines Arbeitsunfalls zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnten, das Ableben des Versicherten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war oder auch eine feste Heiratsabsicht bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles (im Sinne der Unfallversicherung) bestand.
Andererseits kann auch nicht allein daraus, dass ein Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer Erkrankung leidet, die in absehbarer Zeit zum Tode führt, und diese Prognose beiden Ehepartnern oder einem von ihnen bekannt ist, zwingend folgen, dass der maßgebliche oder überwiegende Zweck der Heirat ist, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Dabei ist zu bedenken, dass es lebensnah ist, wenn ein Partner unabhängig vom Versorgungsgedanken zum Beispiel einer vom anderen seit längerem gewünschten Heirat zustimmt. Aus dem Vortrag der Klägerin selbst, den Versicherten schon seit langer Zeit zu kennen und seit circa vier Jahren ein inniges Verhältnis zu ihm entwickelt zu haben, ergeben sich keine objektivierbaren Hinweise darauf, dass bereits früher Heiratsabsichten bestanden und die Heirat eventuell wegen Erkrankung nicht stattfand. Vielmehr zeigt der Umstand, dass die Klägerin bis unmittelbar vor dem Tod des Versicherten ihre eigene Wohnung beibehalten hat, dass Hinweise auf eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht objektivierbar sind und dass eine Heirat nicht früher geplant war. Betrachtet man die finanzielle Situation der Klägerin, ist nicht nachvollziehbar, dass sie, sollte tatsächlich ein gemeinsamer Haushalt mit dem Versicherten bereits vor der Heirat geführt worden sein, weiter Miete bezahlt hat. Im Übrigen spricht dagegen auch der im Entlassungsbericht über des Krankenhauses vom Oktober 2002 beschriebene verwahrloste ungepflegte Körperpflegezustand des Versicherten bei Aufnahme. Wörtlich heißt es: "weiterhin unbefriedigend bleibt die soziale Situation des alleinlebenden Patienten, der von einer Zugehfrau versorgt wird. Herr L. ist weiterhin nicht zur Aufgabe seiner Wohnung und zur Übersiedlung in ein Altenheim zu bewegen." Bereits in früheren Berichten ist von der Versorgungsproblematik beim Versicherten die Rede, der eine Heimunterbringung ablehne. Aus diesen Berichten geht hervor, dass der Versicherte die erforderlichen Dialysebehandlungen statt zweimal wöchentlich, wie erforderlich, nur im Abstand von vier Wochen durchführte. In keinem der Entlassungsberichte wird die Klägerin als Pflegerin erwähnt. Einmal verständigte offenbar eine Nachbarin den Notarzt und besonders im Bericht vom 31.10.2002 wird auf die problematische soziale Situation des alleinlebenden Patienten hingewiesen.
Die Gesamtumstände der Lebenssituation der Klägerin vor der Heirat legen es nahe, dass sie aus Versorgungsüberlegungen geheiratet hat. Zum einen war sie seit langem arbeitslos, ihre eigenen Rentenversicherungsansprüche sind geprägt von der niedrigen Beitragshöhe und dürften, wie der ablehnende Bescheid des DRV Bund zeigt, derzeit auch noch nicht realisierbar sein. Es sind keine anderen Einkünfte oder Vermögenswerte bei der Klägerin erkennbar, die eine Sicherung ihres Lebensunterhalts aufzeigen. Sie lebt derzeit von einem Bankkredit, der angeblich wegen der zu erwartenden Hinterbliebenenrente vergeben wurde. Allerdings hat sie in einem Fragebogen gegenüber dem Amtsgericht den Wert des Nachlasses mit circa 170.000,00 Euro angegeben. Nach dem Erbschein hat die Klägerin den verstorbenen Versicherten zu 3/4 beerbt. Weiterer Erbe ist E. L. , nach dem Geburtsdatum (1923) wohl der Bruder des Versicherten. Es sind auch keine gemeinsamen Planungen der Eheleute L. erkennbar, die anlässlich oder nach der Heirat auf eine längerfristige gemeinsame Zukunft gerichtet waren.
Auch sind die Schilderungen der Klägerin über das innige Zusammenleben vor dem Hintergrund der schlechten Versorgungssituation des Versicherten (verwahrloste Wohnung, schlechter Körperzustand) wenig überzeugend. Weiter trägt auch das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. E. nicht dazu bei, die gesetzliche Vermutung zu entkräften. Nach diesem Gutachten steht fest, dass bereits zum Zeitpunkt der Heirat ein sehr schlechter Gesundheitszustand des Versicherten bestand. Die verschiedenen schwerwiegenden Erkrankungen beeinflussten sich dabei gegenseitig negativ. Aufgrund der Art der Erkrankung war die erforderliche Unterschenkelamputation im Dezember 2002 keine völlig unerwartete Komplikation, sondern vielmehr gerade im Hinblick auf den bestehenden Diabetes eine durchaus mögliche weitere Komplikation. Auch das Infektionsrisiko bei der Amputation war in Hinblick auf das infizierte Gangrän und das erhöhte Infektionsrisiko bei Diabetikern ein nicht unerwarteter Verlauf.
Es ist im Falle der Eheleute L. auch nicht möglich anzunehmen, dass die Eheschließung erfolgte, um die notwendige Pflege des Versicherten sicherzustellen. Denn nach der Rechtsprechung ist eine solche Motivation nur dann als Widerlegungstatbestand der besonderen Umstände zu werten, wenn mit dem Ableben des Versicherten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden musste (BSG Urteil vom 03.09.1986, Az.: 9a RVO 8/84). Dies ist durch das Gutachten von Dr. E. aber widerlegt.
Die Gesamtschau aller Umstände führt daher dazu, dass zum Zeitpunkt der Heirat nurmehr von einer kurzen Lebenserwartung des Versicherten ausgegangen werden konnte, so dass der Gedanke der Versorgungsheirat nicht widerlegt werden kann. Die Vermutung des § 46a SGB VI wäre nur widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergeben, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen (vergleiche zum Recht der Unfallversicherung: BSG Urteil vom 28.03.1973 Az.: 5 RKNU 11/71).Die Berücksichtigung aller bekannten Umstände führt vielmehr im Falle der Klägerin dazu, die Versorgungsehe zu bejahen. Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen, da sich das Urteil des Sozialgerichts München sowie die Bescheide der Beklagten als rechtmäßig erweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versagung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Ehemanns der Klägerin nach § 46 Abs. 2a SGB VI.
Die 1952 geborene Klägerin ist die Witwe des 1926 geborenen Versicherten L. W. , der am 03.03.2003 verstorben ist. Die Eheleute L. haben am 14.11.2002 geheiratet. Der Versicherte bezog von der Beklagten ab 01.01.1991 Altersrente
Beim Versicherten war ab 1958 als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung unter Berücksichtigung einer besonderen beruflicher Betroffenheit mit einer MdE von 70 v.H. im Sinne des BVG anerkannt: 1. reizlose Narben am Hinterkopf, am Rücken, am Gesäß, am rechten Handgelenk, an beiden Beinen mit kleinen Muskelbrüchen, sowie reizlos eingeheilten Stecksplittern. 2. ausgedehnte reizlose Operationsnarbe unterhalb der rechten Leiste nach Entfernung einer Pulsadergeschwulst. Krampfader bildung und Stauungserscheinungen am rechten Bein. Narbenbildungen im Bereich des Afters sowie an der rechten und linken Gesäßhälfte
Das Amt für Versorgung und Familienförderung M. lehnte mit Bescheid vom 12.06.2003 die Gewährung von Witwenrente nach dem BVG ab, da gemäß § 38 Abs. 2 BVG die Witwe keinen Anspruch hat, wenn die Ehe erst nach der Schädigung geschlossen worden ist und nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden, (die Versorgungsverwaltung nahm Rücksprache mit der Beklagten).
Für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 wurde für die Klägerin wegen der nicht erwerbsmäßigen Pflege für W. L. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt.
Die Klägerin beantragte am 29.04.2003 Witwenrente bei der Beklagten. Sie gab an, der Ehemann sei plötzlich und unvermutet an einer Infektionskrankheit verstorben. Die Heirat sei nicht zum Zweck der erforderlichen Betreuung erfolgt und bei Eheschließung seien die tödlichen Folgen einer Krankheit nicht zu erwarten gewesen. Schon vier Jahre vorher seien ihr Ehemann und sie liiert gewesen. Die Eheschließung sei erfolgt, weil sie noch viele Jahre miteinander leben wollten. Im Dezember habe beim Ehemann aufgrund einer plötzlichen Durchblutungsstörung das linke Bein amputiert werden müssen. Die Amputation habe damit den Ausschlag gegeben, dass ihr Ehemann vorzeitig an Links-herzinsuffizienz gestorben sei. Ein ärztliches Attest von Dr. Y. legte sie vor. Dieser schilderte den Verlauf der Erkrankung ab Dezember 2002, dem Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus A. wegen Septikämie bei superinfizierter Nekrose am linken Fuß bei AVK und insulinpflichtigem Diabetes mellitus. Zwischen der Reha und dem Todestag habe regelmäßig Dialyse und Wundversorgung durchgeführt werden müssen. Am 03.03.2003 sei der Versicherte vermutlich an einer Linksherzinsuffizienz im Rahmen seiner Multimorbidität verstorben.
Mit Bescheid vom 01.07.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwenrente ab, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Aufgrund der schweren Multimorbidität, die bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gegeben war, sei die Annahme einer "Versorgungsehe" gerechtfertigt.
Dagegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin, die ihr Vorliegen, die Eheschließung sei wegen ihrer Krankheit nicht früher zu Stande gekommen, und es habe nichts darauf hingedeutet, dass ihr Mann kurz nach der Heirat versterben würde, wiederholte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München. In ihrer Klagebegründung legte die Klägerin dar, dass jeder Mensch, auch ein Kranker, das Recht auf eine Beziehung habe, die ihm das Leben leichter mache, und wenn nach jahrelanger Verbundenheit und Freundschaft eine Verbindung entstehe, die auch auf dem Glauben basiere, dies akzeptiert werde müsse. Ihr Mann und sie hätten einander versprochen, zusammen zu bleiben, und dies sei durch die Heirat signalisiert worden. Die Ärzte hätten weder sie noch ihren Mann zum Zeitpunkt der Heirat über die Beinamputation unterrichtet. Es sei also für beide völlig überraschend gekommen. Trotz aller vorbeugenden Maßnahmen hätte ihr Mann diesen unerwarteten Eingriff dann nicht überstanden.
Das Sozialgericht holte Befundberichte von Dr. Y. und Dr. A. ein, der zahlreiche Arztbriefe des Kreiskrankenhauses B. , des Kreiskrankenhauses A. sowie der Kreiskliniken A. beifügte.
Mit Urteil vom 21.04.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegt worden sei, denn es lägen keine Umstände vor, die nicht auf eine Versorgungsehe schließen ließen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift seien alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, die Aufschluss über den Zweck der Heirat geben. Die Widerlegung der Rechtsvermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI erfordere den vollen Beweis des Gegenteils. Nach den vom Gericht eingeholten medizinischen Unterlagen sei das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens bestätigt worden, dass der Versicherte an einer Linksherzinsuffizienz im Rahmen seiner Multimorbidität gestorben sei. Es sei zwar die Amputation des linken Beines nicht vorhersehbar gewesen, jedoch habe der Ehemann der Klägerin bei der Eheschließung bereits an verschiedenen schweren Krankheiten gelitten, wie sich insbesondere aus dem Entlassungsbericht der Kreisklinik A. vom 31.10.2002 ergebe. Auch während der Ehezeit sei mehrfach Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen, so dass der Ehemann die Hälfte der Ehezeit im Krankenhaus verbringen musste. Aus der Gesamtbetrachtung, die den Gesundheitszustand, die Ehedauer und auch den Altersunterschied der Eheleute von circa 25 Jahren berücksichtige, könne die Vermutung der Versorgungsehe nicht widerlegt werden. Verstärkt werde dies dadurch, dass im Entlassungsbericht vom Oktober 2002 die Angaben zum allgemeinen Körperpflegezustand des Ehemanns darauf hinwiesen, dass dieser vor der Eheschließung noch allein gelebt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung, zu deren Begründung im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und dem Sozialgerichtsverfahren wiederholt wurde. Die Beklagte und das Sozialgericht hätten unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin bereits vor der Eheschließung mehr als vier Jahre mit dem Versicherten liiert gewesen sei und sie beschlossen hatten, zusammen noch viele Jahre zu verbringen. Der Beweggrund für die Eheschließung sei die Zuneigung und die zwischenmenschliche Beziehung gewesen. Trotz der schweren Erkrankung sei man davon ausgegangen, dass der Versicherte noch einige Jahre vor sich hätte, denn die Erkrankungen seien durch Medikamente und Dialyse beherrschbar gewesen. Der Tod sei tatsächlich wegen einer akuten Infektion, nicht infolge der kontinuierlichen Weiterentwicklung der bestehenden chronischen Erkrankungen eingetreten. Gegenüber der Klägerin habe ein Arzt geäußert, der Ehemann sei an Blutvergiftung verstorben. Weitere Sachaufklärung sei erforderlich.
Auf Anfrage des Senats teilte der Bevollmächtigte mit, der Verstorbene sei vom 27.02. bis 06.05.2002 auf der Pflegestation des BRK Seniorenzentrums A. untergebracht gewesen. Den ärztlichen Unterlagen könne aber entnommen werden, dass sich der Verstorbene strikt geweigert habe, auf Dauer im Altersheim zu leben. Zwischen 1998 und Februar 2003 sei die Klägerin mit Erstwohnsitz noch in der von ihr angemieteten Wohnung in N. gemeldet gewesen. Sie habe sich aber kaum mehr in der Wohnung aufgehalten, sondern um einen Nachmieter bemüht. Bereits vor der Eheschließung habe sie sich regelmäßig und oft im Haus des Verstorbenen aufgehalten. Die Klägerin sei seit 1998 arbeitslos gewesen, habe zunächst Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe bezogen. Bereits seit dem 30. Lebensjahr sei sie beruflich als Altenpflegehelferin tätig gewesen. Später hätten bei der Verrichtung der Tätigkeit erhebliche gesundheitliche Einschränkungen bestanden. Die Klägerin habe zwar ihren eigenen Hausstand behalten, dies habe aber nichts an der inneren Verbundenheit geändert. Sie habe schon vor der Eheschließung für ihren Ehemann die Wäsche erledigt, sowie Botengänge und Bankangelegenheiten besorgt. Bereits am 19.04.2002 hatte ihr der Versicherte Bankvollmacht erteilt. Deshalb sei die gesetzliche Vermutung, dass es sich um die Erlangung einer Versorgung gehandelt habe, widerlegt. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine eigene Versorgung durch Rentenantwartschaften bereits erwirtschaftet habe.
Nach der Auskunft aus dem Melderegister ist die Klägerin am 28.02.2003 aus der Wohnung H. Str., N. nach U. , G. Str., der Anschrift des Versicherten, umgezogen.
Der Senat zog den Entlassungsbericht der Kreisklinik B. vom 30.01.2003 und Entlassungsberichte des Kreiskrankenhaus A. ab Januar 2001 bei.
Auf Veranlassung des Senats erstellte der Internist Dr. E. am 01.06.2006 ein Gutachten zur Frage, wie der Gesundheitszustand des Versicherten zur Zeit der Eheschließung zu beurteilen und ob die Lebenserwartung eingeschränkt war, sowie ob der Versicherte der Pflege bedurfte und die bei der Unterschenkelamputation aufgetretene Wundheilstörung eine unerwartete Komplikation darstellte.
Dr. E. hat im Gutachten folgende Diagnosen gestellt: 1. Schwere 3-Gefäßerkrankung mit hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion mit Vorhofflimmern bei ischämischer Cardiomyopathie. Herzinsuffizienz NYHA Grad III, phasenweise Grad IV. 2. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit schwerwiegenden Organkomplikationen 3. Terminale dialysepflichtige Niereninsuffizienz bei diabetischer Nephropathie 4. Schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit, zuletzt Grad IV nach Fontaine mit infizierter Großzehennekrose links und nachfolgendem Zustand nach Unterschenkelamputation links. 5. Arterieller Hypertonus. 6. Verdacht auf postthrombotisches Syndrom beidseits mit ausgeprägter Stammvaricosis rechts und chronisch venöser Insuffizienz.
Dr. E. führte aus, dass während des in den Akten dokumentierten Zeitraums eine zufriedenstellende stabile Einstellung der schwerwiegenden Gesundheitsstörungen aus verschiedenen Gründen nicht erreicht worden sei. Es könne zwar nur spekulativ vermutet werden, dass dadurch der Krankheitsverlauf entscheidend negativ beeinflusst wurde. Fest stehe aber, dass mit diesen schwerwiegenden Erkrankungen, die jeweils eine erhebliche Progredienz beinhalten, eine statistisch deutliche Einschränkung der Lebenserwartung abzuleiten sei. Zum Zeitpunkt im November 2002 habe eine erhebliche Multimorbidität vorgelegen, die therapeutisch sicherlich nurmehr ungenügend zu beeinflussen war. Der Gesundheitszustand sei seit Dezember sehr schlecht gewesen, die schwerwiegenden Erkrankungen hätten sich dabei gegenseitig negativ beeinflusst. Aus den Krankenhausberichten 2001 und 2002 sei ersichtlich, dass der Versicherte zu dieser Zeit unbedingt einer Pflege bedurfte. Hier sei besonders auf die Beschreibung des Allgemeinzustandes und der erheblichen Kratzeffloreszenzen hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits eine regelmäßige Überwachung der Medikamenteneinnahme erfolgen müssen. Im November 2002 sei die Lebenserwartung als eingeschränkt anzusehen gewesen. Die im Dezember 2002 durchgeführte Unterschenkelamputation sei im Rahmen einer schweren progredienten peripheren Verschlusskrankheit als mögliche Komplikation anzusehen. Dabei seien Wundheilungsstörungen bei ischämisch bedingten Nekrosen nicht selten. Beim Versicherten sei als weiteres Risiko hinzugekommen, dass bei Diabetikern insgesamt ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Unterschenkelamputation wegen einer superinfizierten Gangrän erfolgte, so dass bereits eine Infektion vorhanden war.
Die Beklagte stimmte der Beurteilung von Dr. E. zu. Die Vermutung einer Versorgungsehe sei daher nicht widerlegt. Bei Eheschließung seien die tödlichen Folgen der Krankheit unübersehbar und die Lebenserwartung eingeschränkt gewesen.
Nach dem Versicherungskonto der Klägerin bei der DRV Bund sind insgesamt 431 Monate anrechenbare Versicherungszeiten zu berücksichtigen, ab 1986 als Zeiten der Arbeitslosigkeit (bis 2002 mit Leistungsbezug). Ab 01.06.2002 sind Zeiten wegen Pflege gespeichert. Im Rentenantrag vom Mai 2005 gab die Klägerin an, von 1985 - mit Unterbrechungen - bis Januar 1997 als Altenpflegehelferin tätig gewesen zu sein. Der DRV Bund lehnte den Antrag auf Rente mit Bescheid vom 26.07.2005 ab, da die Klägerin noch mindestens sechs Stunden arbeiten könne.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.04.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2003 aufzuheben und ihr Witwenrente aus der Versicherung des am 03.03.2003 verstorbenen W. L. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München, der Deutschen Rentenversicherung Bund, des Amts für Versorgung und Familienförderung (die Versorgungs- und Schwerbehindertenakten) sowie die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Dem Sozialgericht München ist zuzustimmen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente hat, da sie nicht widerlegen konnte, aus Versorgungsgründen die Ehe mit dem Versicherten eingegangen zu sein, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI also nicht widerlegt werden konnte. Das Sozialgericht und die Beklagte haben deshalb zu Recht einen Rentenanspruch der Klägerin aus der Versicherung des verstorbenen Ehemanns W. L. abgelehnt.
Nach § 46 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf die kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (§ 46 Abs. 1 SGB VI). Anspruch auf große Witwenrente haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, wenn sie 1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, 2. das 65. Lebensjahr vollendet haben oder 3. erwerbsgemindert sind.
Nach dem mit Wirkung ab 01.01.2002 in Kraft getretenen § 46 Abs. 2a SGB VI haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falles ist es nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Diese Vorschrift, die zum 01.01.2002 in Kraft getreten ist, gilt für alle Ehen, die nach dem 31.12.2001 geschlossen wurden (Rückschluss aus § 242a Abs. 3 SGB VI). Diese Regelung entspricht den Regelungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII) und des Bundesversorgungsgesetzes (§ 38 Abs. 2 BVG).
Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten wurde am 24.11.2002 geschlossen, am 03.03.2003 ist der Versicherte verstorben. Die Ehe hat somit weniger als ein Jahr gedauert.
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält die gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden. Liegen Umstände vor, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen, ist die Vermutung widerlegt. Allerdings erfordert die Widerlegung der Rechtsvermutung den vollen Beweis des Gegenteils nach den § 202 SGG, § 292 ZPO. Im Bereich der Unfallversicherung hat das BSG auch bereits früher entschieden, dass eine derartige Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung nicht gegen die Verfassung verstößt (BSG Beschluss vom 23.09.1997, Az.: 2 BU 176/97).
Die gesetzliche Vermutung ist zum Beispiel dann widerlegt, wenn besondere Umstände des Falles es nahe legen, dass der Versorgungsgedanke nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen war. Es müssen also Umstände vorliegen, die trotz der kurzen Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Wenn sich dann anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme ergeben, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, gewesen war, ist von einer Versorgungsehe auszugehen (Kassler-Kommentar § 46 SGB VI Rdnr. 46 b). Diese ist zum Beispiel dann aber nicht anzunehmen, wenn die Folgen eines Arbeitsunfalls zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnten, das Ableben des Versicherten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war oder auch eine feste Heiratsabsicht bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles (im Sinne der Unfallversicherung) bestand.
Andererseits kann auch nicht allein daraus, dass ein Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer Erkrankung leidet, die in absehbarer Zeit zum Tode führt, und diese Prognose beiden Ehepartnern oder einem von ihnen bekannt ist, zwingend folgen, dass der maßgebliche oder überwiegende Zweck der Heirat ist, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Dabei ist zu bedenken, dass es lebensnah ist, wenn ein Partner unabhängig vom Versorgungsgedanken zum Beispiel einer vom anderen seit längerem gewünschten Heirat zustimmt. Aus dem Vortrag der Klägerin selbst, den Versicherten schon seit langer Zeit zu kennen und seit circa vier Jahren ein inniges Verhältnis zu ihm entwickelt zu haben, ergeben sich keine objektivierbaren Hinweise darauf, dass bereits früher Heiratsabsichten bestanden und die Heirat eventuell wegen Erkrankung nicht stattfand. Vielmehr zeigt der Umstand, dass die Klägerin bis unmittelbar vor dem Tod des Versicherten ihre eigene Wohnung beibehalten hat, dass Hinweise auf eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht objektivierbar sind und dass eine Heirat nicht früher geplant war. Betrachtet man die finanzielle Situation der Klägerin, ist nicht nachvollziehbar, dass sie, sollte tatsächlich ein gemeinsamer Haushalt mit dem Versicherten bereits vor der Heirat geführt worden sein, weiter Miete bezahlt hat. Im Übrigen spricht dagegen auch der im Entlassungsbericht über des Krankenhauses vom Oktober 2002 beschriebene verwahrloste ungepflegte Körperpflegezustand des Versicherten bei Aufnahme. Wörtlich heißt es: "weiterhin unbefriedigend bleibt die soziale Situation des alleinlebenden Patienten, der von einer Zugehfrau versorgt wird. Herr L. ist weiterhin nicht zur Aufgabe seiner Wohnung und zur Übersiedlung in ein Altenheim zu bewegen." Bereits in früheren Berichten ist von der Versorgungsproblematik beim Versicherten die Rede, der eine Heimunterbringung ablehne. Aus diesen Berichten geht hervor, dass der Versicherte die erforderlichen Dialysebehandlungen statt zweimal wöchentlich, wie erforderlich, nur im Abstand von vier Wochen durchführte. In keinem der Entlassungsberichte wird die Klägerin als Pflegerin erwähnt. Einmal verständigte offenbar eine Nachbarin den Notarzt und besonders im Bericht vom 31.10.2002 wird auf die problematische soziale Situation des alleinlebenden Patienten hingewiesen.
Die Gesamtumstände der Lebenssituation der Klägerin vor der Heirat legen es nahe, dass sie aus Versorgungsüberlegungen geheiratet hat. Zum einen war sie seit langem arbeitslos, ihre eigenen Rentenversicherungsansprüche sind geprägt von der niedrigen Beitragshöhe und dürften, wie der ablehnende Bescheid des DRV Bund zeigt, derzeit auch noch nicht realisierbar sein. Es sind keine anderen Einkünfte oder Vermögenswerte bei der Klägerin erkennbar, die eine Sicherung ihres Lebensunterhalts aufzeigen. Sie lebt derzeit von einem Bankkredit, der angeblich wegen der zu erwartenden Hinterbliebenenrente vergeben wurde. Allerdings hat sie in einem Fragebogen gegenüber dem Amtsgericht den Wert des Nachlasses mit circa 170.000,00 Euro angegeben. Nach dem Erbschein hat die Klägerin den verstorbenen Versicherten zu 3/4 beerbt. Weiterer Erbe ist E. L. , nach dem Geburtsdatum (1923) wohl der Bruder des Versicherten. Es sind auch keine gemeinsamen Planungen der Eheleute L. erkennbar, die anlässlich oder nach der Heirat auf eine längerfristige gemeinsame Zukunft gerichtet waren.
Auch sind die Schilderungen der Klägerin über das innige Zusammenleben vor dem Hintergrund der schlechten Versorgungssituation des Versicherten (verwahrloste Wohnung, schlechter Körperzustand) wenig überzeugend. Weiter trägt auch das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. E. nicht dazu bei, die gesetzliche Vermutung zu entkräften. Nach diesem Gutachten steht fest, dass bereits zum Zeitpunkt der Heirat ein sehr schlechter Gesundheitszustand des Versicherten bestand. Die verschiedenen schwerwiegenden Erkrankungen beeinflussten sich dabei gegenseitig negativ. Aufgrund der Art der Erkrankung war die erforderliche Unterschenkelamputation im Dezember 2002 keine völlig unerwartete Komplikation, sondern vielmehr gerade im Hinblick auf den bestehenden Diabetes eine durchaus mögliche weitere Komplikation. Auch das Infektionsrisiko bei der Amputation war in Hinblick auf das infizierte Gangrän und das erhöhte Infektionsrisiko bei Diabetikern ein nicht unerwarteter Verlauf.
Es ist im Falle der Eheleute L. auch nicht möglich anzunehmen, dass die Eheschließung erfolgte, um die notwendige Pflege des Versicherten sicherzustellen. Denn nach der Rechtsprechung ist eine solche Motivation nur dann als Widerlegungstatbestand der besonderen Umstände zu werten, wenn mit dem Ableben des Versicherten bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden musste (BSG Urteil vom 03.09.1986, Az.: 9a RVO 8/84). Dies ist durch das Gutachten von Dr. E. aber widerlegt.
Die Gesamtschau aller Umstände führt daher dazu, dass zum Zeitpunkt der Heirat nurmehr von einer kurzen Lebenserwartung des Versicherten ausgegangen werden konnte, so dass der Gedanke der Versorgungsheirat nicht widerlegt werden kann. Die Vermutung des § 46a SGB VI wäre nur widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergeben, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen (vergleiche zum Recht der Unfallversicherung: BSG Urteil vom 28.03.1973 Az.: 5 RKNU 11/71).Die Berücksichtigung aller bekannten Umstände führt vielmehr im Falle der Klägerin dazu, die Versorgungsehe zu bejahen. Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen, da sich das Urteil des Sozialgerichts München sowie die Bescheide der Beklagten als rechtmäßig erweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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