Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 366/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 18/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 9. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2004 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, aus Versorgungsbezügen für die Zeit ab 01.01.2004 den vollen allgemeinen Beitragssatz zu entrichten anstelle eines halben Anteiles.
Die am 1921 geborene Klägerin ist seit 18.07.1982 Mitglied der Beklagten. Seit 17.08.1982 besteht eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Sie bezieht eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Höhe vom Klägerbevollmächtigten zum 01.01.2004 mit 619,14 EUR brutto angegeben wurde. Des Weiteren erhält sie Versorgungsbezüge nach ihrem Ehemann in Höhe von 2.069,48 EUR monatlich ab 01.01.2004. Der Sohn und Bevollmächtigte der Klägerin legte am 02.02.2004 "Rechtsmittel" gegen die Höhe des Krankenkassenbeitrages ab Januar 2004 ein. Der Widerspruch richte sich gegen die Einbeziehung ihrer gesamten Renten- und Versorgungsbezüge in die Bemessungsgrundlage des vollen Krankenkassenbeitrages ab 2004. In Kummulation mit früheren Belastungen führe die Regelung zu Abzügen, die in ihrer Summe gegen das Übermaßverbot und die Eigentumsgarantie verstießen. Die Witwenrente beruhe überwiegend auf freiwilligen Zahlungen des verstorbenen Ehemannes und werde inzwischen durch Abzüge und Anrechnungen, die es damals noch nicht gegeben habe, praktisch aufgezehrt. Die Regelung sei verfassungswidrig. Die Beklagte bestätigte mit Bescheid vom 09.02.2004 die Entrichtung von Rentenbeiträgen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz in Höhe von 14,9 % und bezifferte den Krankenversicherungsbeitrag mit monatlich 308,35 EUR.
Der Bevollmächtigte bat daraufhin am 23.02.2004 um einen förmlichen rechtsmittelfähigen Bescheid. Die Wehrbereichsverwaltung West (WBV) als Zahlstelle der Versorgungsbezüge wies mit Bescheid vom 09.06.2004 einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.02.2004 zurück. In diesem Verfahren, wozu nunmehr beim Bayer. Verwaltungsgericht Augsburg unter dem Az.: Au 2 K 04.1276 Klage anhängig ist, hatte der Bevollmächtigte beantragt, aus den Versorgungsbezügen weiterhin nur den halben Beitrag an die Beklagte abzuführen. Die WBV berief sich darauf, nach § 256 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als Zahlstelle der Versorgungsbezüge zum Einbehalt der Beiträge verpflichtet zu sein. Die Beklagte wies anschließend den Widerspruch mit Bescheid vom 30.09.2004 zurück.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat hiergegen am 18.10.2004 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Neuregelung des § 248 SGB V den Status der soldaten- und beamtenrechtlichen Versorgungsempfänger entwerte. Nach dem Alimentationsgrundsatz hätten Beamte und Soldaten Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall. Die Klägerin müsse aber jetzt nicht nur aus der gesetzlichen Rente sondern auch aus der Witwenpension den vollen Krankenkassenbeitrag ohne jede Beteiligung ihres Dienstherrn aufbringen. Dagegen gehe das Beihilferecht davon aus, dass der Soldat oder Beamte nur einen Teil der Kosten seiner Absicherung für den Krankheitsfall selbst zu tragen habe. Es werde in den Status der Versorgungsempfänger eingegriffen und der im Rahmen des soldatenrechtlichen Treueverhältnisses geltende Vertrauensschutz verletzt. Zur Entscheidung über diese Streitigkeit sei daher das Verwaltungsgericht zuständig. Ergänzend hat der Bevollmächtigte am 06.11.2004 vorgetragen, dass durch die Umkehrung des Verhältnisses von der Regelversorgung der Beamten und dem zusätzlich erworbenen Rentenanspruch die von seinem Vater weitgehend aus freiwilligen Leistungen aufgebaute Rechtsposition in der gesetzlichen Rentenversicherung materiell ausgehöhlt werde. Die Klägerin würde nicht nur hinsichtlich ihres Status sondern auch finanziell wesentlich besser stehen, wenn sie keine gesetzliche Rente wegen ihrer soldatenrechtlichen Versorgung beziehen würde. Der Gesetzgeber überschreite damit den im Rahmen der Eigentumsgarantie eingeräumten Gestaltungsspielraum. Die Regelung sei unverhältnismäßig und wirke enteignend. Die Beklagte hat zur Klageerwiderung auf ein Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 20.09.2004 (S 6 KR 74/04) sowie einen Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2004 (L 16 B 32/04 KR ER) Bezug genommen. Zur Sachaufklärung hat das Gericht die Akten des Verwaltungsgerichts Augsburg eingesehen. Der Bevollmächtigte hat gegen die Argumentation der Beklagten unter Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96) angemerkt, dass die dortigen Ausführungen zu einem völlig anders gelagerten Sachverhalt erfolgt seien und daher nicht zur Beantwortung der hier anstehenden Rechtsfrage herangezogen werden könnten. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf weitere Urteile des Sozialgerichts Freiburg vom 16.12.2004 (S 11 KR 2949/04) und des Sozialgericht Düsseldorf vom 12.05.2005 (S 34 KR 268/04) berufen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, weiterhin ab 01.01.2004 den Krankenversicherungsbeitrag aus den Versorgungs- bezügen nur mit dem halben Beitragssatz festzustellen. Hilfsweise beantragt er, das Verfahren auszusetzen und gemäß Artikel 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsweg zum Sozialgericht ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet, da es sich um eine Streitigkeit aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Eine Verweisung an das Verwaltungsgericht war daher nicht vorzunehmen. Das Sozialgericht Augsburg ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 8 SGG auch zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage (§§ 87, 90, 92 SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 09.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2004 ist rechtmäßig. Die Leistung der WBV West an die Klägerin gehört als Versorgungsbezug im Sinne von §§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 237 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin. Die Festsetzung des von der Klägerin zu tragenden Beitrages aus dem Versorgungsbezug unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes beruht auf § 248 Satz 1 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003. Diese Vorschrift hat faktisch eine Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrages der Klägerin aus ihren Versorgungsbezügen bewirkt, da nach dem unveränderten § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die Beiträge aus Versorgungsbezügen weiterhin allein vom Mitglied zu tragen sind. Dabei haben die Zahlstellen der Versorgungsbezüge, hier die WBV West, die Beiträge aus den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse abzuführen (§ 256 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass § 248 SGB V neuer Fassung (n.F.) verfassungswidrig ist, soweit er eine Verdoppelung der Beiträge aus beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen bewirkt hat durch die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes. Der Rechtsstreit war daher nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) an das Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Ein Verstoß hiergegen liegt dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 78, 232 f; BVerfGE 87, 1 f.). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ist also die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen ohne hinreichenden sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wird.
Die Neuregelung bewirkt keine Ungleichbehandlung sondern vielmehr eine Gleichbehandlung bisher unterschiedlich geregelter Sachverhalte. Versorgungsbezüge zählen in der Krankenversicherung bei Versicherungspflichtigen seit 1983 zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Dabei galt für die Erhebung der Beiträge, dass immer nur der halbe allgemeine Beitragssatz von den Versicherungspflichtigen allein zu tragen war. Dagegen war auf Arbeitsentgelt und Renten der allgemeine Beitragssatz zu entrichten, wobei hinsichtlich der Beitragstragung bei Arbeitsentgelt und Rente galt, dass der Beitrag hälftig vom Versicherten und vom Arbeitgeber bzw. der Rentenversicherung zu tragen war. Damit war zwar die Beitragslast der Versicherten aus den verschiedenen beitragspflichtigen Einnahmearten rechnerisch gleich. Die Regelung führte aber zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung der Versorgungsbezüge im Verhältnis zum Arbeitsentgelt und der Rente aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen, da sie Beiträge aus Versorgungsbezügen nur zur Hälfte der Beiträge erhielten, jedoch auch bei Personen, bei denen der Hauptanteil der Einkünfte aus Versorgungsbezügen bestand, die Leistungen voll erbringen mussten. Mit der Beschränkung auf die Beitragshälfte aus Versorgungsbezügen führte § 248 SGB V a.F. insbesondere auch zu unausgewogenen Beitragseinnahmen der Krankenkassen im Verhältnis der freiwillig Versicherten und der Pflichtversicherten, als zweier Versicherungsgruppen zueinander, da freiwillig Versicherte Beiträge nach dem vollen Beitragssatz allein tragen müssen. § 248 SGB V n.F. führt also aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen zu einer Gleichbehandlung der beitragspflichtigen Einkunftsarten, dagegen aus Sicht der Versicherungspflichtigen, die effektiv mit einem doppelten Beitrag aus Versorgungsbezügen belastet sind, zu einer ungleichen Beitragslast bei den verschiedenen Einkunftsarten.
Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten zueinander auch für die Zukunft beizubehalten. So ist auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96 in SozR 3-2500 § 5 Nr. 42) davon ausgegangen, dass durch eine Änderung des § 248 SGB V eine Annäherung der Behandlung des Einkommens freiwillig und pflichtversicherter Mitglieder in der KVdR zulässig ist. Es hat diese Annäherung auch mit dem Ziel einer stärkeren Heranziehung der beitragspflichtigen Einnahmen bei den Versicherungspflichtigen ausdrücklich für zulässig erklärt, ohne das naheliegende Mittel einer Erhöhung der Beitragslast auszuschließen. Für die mittelbare Erhöhung der Beitragslast gibt es auch hinreichende sachliche Gründe. Sie verfolgt das Ziel, Rentner mit Versorgungsbezügen in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen zu beteiligen, um so das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne einerseits die Lohnnebenkosten durch weitere Beitragssatzanhebung zu steigern und ohne andererseits Leistungen rationalisieren zu müssen (BT-Drucks. 15/1525 S. 1, 140). § 248 SGB V ist dabei nur Teil eines Bündels finanzieller Maßnahmen des GMG, mit dem den finanziellen Herausforderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung begegnet werden soll. Der Gesetzgeber führt aus, dass die Beitragsdeckungsquote von den Leistungen in der KVdR von ca. 70 v.H. im Jahr 1973 stetig gesunken sei auf eine Quote von deutlich unter 50 v.H. im Jahr 2003 (BT-Drucks. 15/1525 S. 140). Die Änderung des § 248 SGB V ist geeignet, das erklärte Ziel einer verstärkten Beteiligung der Rentner aus der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu erreichen. Die Regelung ist auch nicht deshalb unzumutbar, weil wie im Fall der Klägerin wegen ihres höheren Anteiles der Versorgungsbezüge an der Gesamtversorgung die Belastung größer ist als bei anderen Versicherten. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verpflichtet, jede erwägenswerte Fallgestaltung zu regeln. Vielmehr ist er befugt, das aus den vorliegenden Erfahrungen gewonnene Gesamtbild seiner Normsetzung zugrunde zu legen. Deshalb darf auch eine Regelung generalisieren, typisieren und pauschalieren, sofern die damit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten nur bei einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Personen auftreten und der Gleichheitssatz nicht wesentlich verletzt ist. Dabei sind auch praktische Erwägungen der Verwaltung von Bedeutung (vgl. BVerfGE 87, 234, 255 f.). Zu diesem Punkt ist auch zu berücksichtigen, dass gerade in den Fällen, in denen die individuellen Versorgungsbezüge - wie bei der Klägerin - gegenüber der gesetzlichen Rente besonders hoch sind, die frühere hälftige Beitragstragung bei Versorgungsbezügen gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz und dem Gedanken der Solidarität in der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung besonders problematisch war.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Das Vermögen als solches wird durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen die Auferlegung öffentlich rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt, soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl. BVerfGE 91, 207, 220; BVerfGE 82, 159, 190). Es ist nicht zu erkennen, weshalb die Beitragserhebung nach dem vollen Beitragssatz bei versicherungspflichtigen Mitgliedern der GKV zu einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG führen könnte, während sie dagegen bei freiwillig Versicherten der GKV gemessen am Maßstab des Art. 14 GG zulässig ist.
Die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge bei Personen, die neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beamtenrechtliche Versorgungsbezüge erhalten und in der KVdR pflichtversichert sind, verstößt auch nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG). Entscheidend wäre, ob die personale Bindung, die zwischen (Ruhestands)Beamten (bzw. Hinterbliebenen) und Dienstherrn für die Unterhaltsgewährung bestehen muss oder die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung, welche der Ruhestandsbeamte innerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses erwarten darf, durch die beanstandeten Vorschriften in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auch die Prinzipien der Unabdingbarkeit, Unverzichtbarkeit und Unteilbarkeit der Alimentation erscheinen nicht verletzt. Die Erhebung von Beiträgen auch von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen führt nicht dazu, dass ein Teil der vom Dienstherrn geschuldeten Alimentation nunmehr von der Sozialversicherung (GKV) geleistet wird. § 248 RVO enthält keine Bestimmung, die Einfluss hat auf die Höhe der dem Pensionär gewährten Alimentation. Das zustehende Ruhegehalt wird also nicht verringert. Die Vorschrift bewirkt, dass der Rentnerpensionär den Teil seiner Alimentation, den er als Betrag an die Krankenversicherung der Rentner abgeführt und damit für seine Krankheitsvorsorge aufgewendet hat, nicht mehr anderweitig verwenden kann. Darüber in welcher Weise ein Ruhegehaltsteil für die Krankheitsvorsorge zu verwenden ist, enthalten die für die Alimentation geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze jedoch keine näheren Vorgaben (s. BVerfG vom 06.12.1988 - 2 BvL 18/84 in SozR 2200 § 180 Nr. 46). Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Vorsorgefreiheit vor. Dieser Grundsatz besagt, dass der Beamte in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei ist, also in eigener Verantwortung darüber entscheidet, "in welchem Umfang, bei welchem Versicherungsunternehmen, zu welchen Versicherungsbedingungen und mit welcher eigenen Beitragsleistung er Vorsorge treffen will". Ob ein so verstandenes Prinzip der Vorsorgefreiheit zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in der oben genannten Entscheidung vom 06.12.1988 offen gelassen. Jedenfalls aber ist dieser Grundsatz schon deshalb nicht verletzt, weil die Klägerin gemäß Art. 56 Abs. 4 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz - GRG) vom 20.12.1988 die Möglichkeit hatte die Befreiung von der Versicherungspflicht als Rentnerin zu beantragen. Es blieb also ihr überlassen zu entscheiden, ob sie weiterhin Mitglied der KVdR bleiben wollte, dann allerdings auch mit allen Rechten und Pflichten die sich aus der Solidargemeinschaft in der GKV ergeben. Damit wird auch der Grundsatz der Amtsangemessenheit der Versorgung nicht verletzt. Die Wahlmöglichkeit der Befreiung versetzte die Klägerin in die Lage, den für die Krankheitsvorsorge bestimmten Teil ihrer Witwenpension, angemessen zu verwenden. Entscheidet sie sich für den Verbleib in der Krankenversicherung, ist gerade diese Entscheidung die Form, in der sie von ihrer Vorsorgefreiheit Gebrauch macht (vgl. BVerfG vom 06.12.1988). Der Alimentationsgrundsatz ist auch nicht im Blick auf das System der Beihilfen verletzt. Die konkrete Möglichkeit, Beihilfen zu beanspruchen, wird durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ebenso wenig garantiert wie die gegenwärtige Form des Beihilfesystems (BVerfG vom 06.12.1988 a.a.O.). Zudem ist der Beihilfeanspruch der Klägerin auch nicht weggefallen, vielmehr besteht er dem Grunde nach fort.
Die gesetzliche Neuregelung verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereiches liegt nicht vor. Beiträge werden erst für die Zukunft ab 01.01.2004 gefordert. Es handelt sich also um eine tatbestandliche Rückanknüpfung ( BVerfGE 76, 256). In die erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen die allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (vgl. BVerfGE 72, 200 f.). Das Vertrauen von Versicherten, insbesondere älteren Mitgliedern der GKV auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist zwar in der Regel hoch einzuschätzen (vgl. BVerfGE vom 24.03.1998 - 1 BvL 6/92 in SozR 3-2500 § 48 Nr. 7). Jedoch besteht kein schutzwürdiges Vertrauen der Rentenbezieher auf Fortbestand von für sie günstigen Beitragslastregelungen. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Krankenversicherung in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht angeordnet. Schon hieraus kann kein Vertrauensschutz bestehen, dass die bis zum 31.12.2003 geltende Regelung unverändert fortbesteht. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15.03.2000 (a.a.O.), wo es die Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V beanstandet hatte, die Erhöhung der Beitragslast bei den versicherungspflichtigen Rentnern als eine Möglichkeit zur Beseitigung der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung bezeichnet. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Ausschluss der Bestandsrentner von der Erhöhung der Beitragslast eine lang andauernde Ungleichbehandlung zwischen den Gruppen der versicherungspflichtigen Rentner zur Folge gehabt hätte. Die angestrebte Erhöhung der Beitragseinnahmen hätte erst in vielen Jahren tatsächlich wirksam werden können. Unter vertrauensschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung aller versicherungspflichtigen Rentner angeordnet hat.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, aus Versorgungsbezügen für die Zeit ab 01.01.2004 den vollen allgemeinen Beitragssatz zu entrichten anstelle eines halben Anteiles.
Die am 1921 geborene Klägerin ist seit 18.07.1982 Mitglied der Beklagten. Seit 17.08.1982 besteht eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Sie bezieht eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Höhe vom Klägerbevollmächtigten zum 01.01.2004 mit 619,14 EUR brutto angegeben wurde. Des Weiteren erhält sie Versorgungsbezüge nach ihrem Ehemann in Höhe von 2.069,48 EUR monatlich ab 01.01.2004. Der Sohn und Bevollmächtigte der Klägerin legte am 02.02.2004 "Rechtsmittel" gegen die Höhe des Krankenkassenbeitrages ab Januar 2004 ein. Der Widerspruch richte sich gegen die Einbeziehung ihrer gesamten Renten- und Versorgungsbezüge in die Bemessungsgrundlage des vollen Krankenkassenbeitrages ab 2004. In Kummulation mit früheren Belastungen führe die Regelung zu Abzügen, die in ihrer Summe gegen das Übermaßverbot und die Eigentumsgarantie verstießen. Die Witwenrente beruhe überwiegend auf freiwilligen Zahlungen des verstorbenen Ehemannes und werde inzwischen durch Abzüge und Anrechnungen, die es damals noch nicht gegeben habe, praktisch aufgezehrt. Die Regelung sei verfassungswidrig. Die Beklagte bestätigte mit Bescheid vom 09.02.2004 die Entrichtung von Rentenbeiträgen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz in Höhe von 14,9 % und bezifferte den Krankenversicherungsbeitrag mit monatlich 308,35 EUR.
Der Bevollmächtigte bat daraufhin am 23.02.2004 um einen förmlichen rechtsmittelfähigen Bescheid. Die Wehrbereichsverwaltung West (WBV) als Zahlstelle der Versorgungsbezüge wies mit Bescheid vom 09.06.2004 einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.02.2004 zurück. In diesem Verfahren, wozu nunmehr beim Bayer. Verwaltungsgericht Augsburg unter dem Az.: Au 2 K 04.1276 Klage anhängig ist, hatte der Bevollmächtigte beantragt, aus den Versorgungsbezügen weiterhin nur den halben Beitrag an die Beklagte abzuführen. Die WBV berief sich darauf, nach § 256 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als Zahlstelle der Versorgungsbezüge zum Einbehalt der Beiträge verpflichtet zu sein. Die Beklagte wies anschließend den Widerspruch mit Bescheid vom 30.09.2004 zurück.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat hiergegen am 18.10.2004 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Neuregelung des § 248 SGB V den Status der soldaten- und beamtenrechtlichen Versorgungsempfänger entwerte. Nach dem Alimentationsgrundsatz hätten Beamte und Soldaten Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall. Die Klägerin müsse aber jetzt nicht nur aus der gesetzlichen Rente sondern auch aus der Witwenpension den vollen Krankenkassenbeitrag ohne jede Beteiligung ihres Dienstherrn aufbringen. Dagegen gehe das Beihilferecht davon aus, dass der Soldat oder Beamte nur einen Teil der Kosten seiner Absicherung für den Krankheitsfall selbst zu tragen habe. Es werde in den Status der Versorgungsempfänger eingegriffen und der im Rahmen des soldatenrechtlichen Treueverhältnisses geltende Vertrauensschutz verletzt. Zur Entscheidung über diese Streitigkeit sei daher das Verwaltungsgericht zuständig. Ergänzend hat der Bevollmächtigte am 06.11.2004 vorgetragen, dass durch die Umkehrung des Verhältnisses von der Regelversorgung der Beamten und dem zusätzlich erworbenen Rentenanspruch die von seinem Vater weitgehend aus freiwilligen Leistungen aufgebaute Rechtsposition in der gesetzlichen Rentenversicherung materiell ausgehöhlt werde. Die Klägerin würde nicht nur hinsichtlich ihres Status sondern auch finanziell wesentlich besser stehen, wenn sie keine gesetzliche Rente wegen ihrer soldatenrechtlichen Versorgung beziehen würde. Der Gesetzgeber überschreite damit den im Rahmen der Eigentumsgarantie eingeräumten Gestaltungsspielraum. Die Regelung sei unverhältnismäßig und wirke enteignend. Die Beklagte hat zur Klageerwiderung auf ein Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 20.09.2004 (S 6 KR 74/04) sowie einen Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2004 (L 16 B 32/04 KR ER) Bezug genommen. Zur Sachaufklärung hat das Gericht die Akten des Verwaltungsgerichts Augsburg eingesehen. Der Bevollmächtigte hat gegen die Argumentation der Beklagten unter Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96) angemerkt, dass die dortigen Ausführungen zu einem völlig anders gelagerten Sachverhalt erfolgt seien und daher nicht zur Beantwortung der hier anstehenden Rechtsfrage herangezogen werden könnten. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf weitere Urteile des Sozialgerichts Freiburg vom 16.12.2004 (S 11 KR 2949/04) und des Sozialgericht Düsseldorf vom 12.05.2005 (S 34 KR 268/04) berufen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, weiterhin ab 01.01.2004 den Krankenversicherungsbeitrag aus den Versorgungs- bezügen nur mit dem halben Beitragssatz festzustellen. Hilfsweise beantragt er, das Verfahren auszusetzen und gemäß Artikel 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsweg zum Sozialgericht ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet, da es sich um eine Streitigkeit aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Eine Verweisung an das Verwaltungsgericht war daher nicht vorzunehmen. Das Sozialgericht Augsburg ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 8 SGG auch zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage (§§ 87, 90, 92 SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 09.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2004 ist rechtmäßig. Die Leistung der WBV West an die Klägerin gehört als Versorgungsbezug im Sinne von §§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 237 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin. Die Festsetzung des von der Klägerin zu tragenden Beitrages aus dem Versorgungsbezug unter Berücksichtigung des vollen allgemeinen Beitragssatzes beruht auf § 248 Satz 1 SGB V in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003. Diese Vorschrift hat faktisch eine Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrages der Klägerin aus ihren Versorgungsbezügen bewirkt, da nach dem unveränderten § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die Beiträge aus Versorgungsbezügen weiterhin allein vom Mitglied zu tragen sind. Dabei haben die Zahlstellen der Versorgungsbezüge, hier die WBV West, die Beiträge aus den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse abzuführen (§ 256 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass § 248 SGB V neuer Fassung (n.F.) verfassungswidrig ist, soweit er eine Verdoppelung der Beiträge aus beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen bewirkt hat durch die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes. Der Rechtsstreit war daher nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) an das Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Ein Verstoß hiergegen liegt dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 78, 232 f; BVerfGE 87, 1 f.). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ist also die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen ohne hinreichenden sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wird.
Die Neuregelung bewirkt keine Ungleichbehandlung sondern vielmehr eine Gleichbehandlung bisher unterschiedlich geregelter Sachverhalte. Versorgungsbezüge zählen in der Krankenversicherung bei Versicherungspflichtigen seit 1983 zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Dabei galt für die Erhebung der Beiträge, dass immer nur der halbe allgemeine Beitragssatz von den Versicherungspflichtigen allein zu tragen war. Dagegen war auf Arbeitsentgelt und Renten der allgemeine Beitragssatz zu entrichten, wobei hinsichtlich der Beitragstragung bei Arbeitsentgelt und Rente galt, dass der Beitrag hälftig vom Versicherten und vom Arbeitgeber bzw. der Rentenversicherung zu tragen war. Damit war zwar die Beitragslast der Versicherten aus den verschiedenen beitragspflichtigen Einnahmearten rechnerisch gleich. Die Regelung führte aber zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung der Versorgungsbezüge im Verhältnis zum Arbeitsentgelt und der Rente aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen, da sie Beiträge aus Versorgungsbezügen nur zur Hälfte der Beiträge erhielten, jedoch auch bei Personen, bei denen der Hauptanteil der Einkünfte aus Versorgungsbezügen bestand, die Leistungen voll erbringen mussten. Mit der Beschränkung auf die Beitragshälfte aus Versorgungsbezügen führte § 248 SGB V a.F. insbesondere auch zu unausgewogenen Beitragseinnahmen der Krankenkassen im Verhältnis der freiwillig Versicherten und der Pflichtversicherten, als zweier Versicherungsgruppen zueinander, da freiwillig Versicherte Beiträge nach dem vollen Beitragssatz allein tragen müssen. § 248 SGB V n.F. führt also aus Sicht der beitragserhebenden Krankenkassen zu einer Gleichbehandlung der beitragspflichtigen Einkunftsarten, dagegen aus Sicht der Versicherungspflichtigen, die effektiv mit einem doppelten Beitrag aus Versorgungsbezügen belastet sind, zu einer ungleichen Beitragslast bei den verschiedenen Einkunftsarten.
Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten zueinander auch für die Zukunft beizubehalten. So ist auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96 in SozR 3-2500 § 5 Nr. 42) davon ausgegangen, dass durch eine Änderung des § 248 SGB V eine Annäherung der Behandlung des Einkommens freiwillig und pflichtversicherter Mitglieder in der KVdR zulässig ist. Es hat diese Annäherung auch mit dem Ziel einer stärkeren Heranziehung der beitragspflichtigen Einnahmen bei den Versicherungspflichtigen ausdrücklich für zulässig erklärt, ohne das naheliegende Mittel einer Erhöhung der Beitragslast auszuschließen. Für die mittelbare Erhöhung der Beitragslast gibt es auch hinreichende sachliche Gründe. Sie verfolgt das Ziel, Rentner mit Versorgungsbezügen in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen zu beteiligen, um so das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne einerseits die Lohnnebenkosten durch weitere Beitragssatzanhebung zu steigern und ohne andererseits Leistungen rationalisieren zu müssen (BT-Drucks. 15/1525 S. 1, 140). § 248 SGB V ist dabei nur Teil eines Bündels finanzieller Maßnahmen des GMG, mit dem den finanziellen Herausforderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung begegnet werden soll. Der Gesetzgeber führt aus, dass die Beitragsdeckungsquote von den Leistungen in der KVdR von ca. 70 v.H. im Jahr 1973 stetig gesunken sei auf eine Quote von deutlich unter 50 v.H. im Jahr 2003 (BT-Drucks. 15/1525 S. 140). Die Änderung des § 248 SGB V ist geeignet, das erklärte Ziel einer verstärkten Beteiligung der Rentner aus der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu erreichen. Die Regelung ist auch nicht deshalb unzumutbar, weil wie im Fall der Klägerin wegen ihres höheren Anteiles der Versorgungsbezüge an der Gesamtversorgung die Belastung größer ist als bei anderen Versicherten. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verpflichtet, jede erwägenswerte Fallgestaltung zu regeln. Vielmehr ist er befugt, das aus den vorliegenden Erfahrungen gewonnene Gesamtbild seiner Normsetzung zugrunde zu legen. Deshalb darf auch eine Regelung generalisieren, typisieren und pauschalieren, sofern die damit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten nur bei einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Personen auftreten und der Gleichheitssatz nicht wesentlich verletzt ist. Dabei sind auch praktische Erwägungen der Verwaltung von Bedeutung (vgl. BVerfGE 87, 234, 255 f.). Zu diesem Punkt ist auch zu berücksichtigen, dass gerade in den Fällen, in denen die individuellen Versorgungsbezüge - wie bei der Klägerin - gegenüber der gesetzlichen Rente besonders hoch sind, die frühere hälftige Beitragstragung bei Versorgungsbezügen gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz und dem Gedanken der Solidarität in der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung besonders problematisch war.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Das Vermögen als solches wird durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen die Auferlegung öffentlich rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt, soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl. BVerfGE 91, 207, 220; BVerfGE 82, 159, 190). Es ist nicht zu erkennen, weshalb die Beitragserhebung nach dem vollen Beitragssatz bei versicherungspflichtigen Mitgliedern der GKV zu einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG führen könnte, während sie dagegen bei freiwillig Versicherten der GKV gemessen am Maßstab des Art. 14 GG zulässig ist.
Die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge bei Personen, die neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beamtenrechtliche Versorgungsbezüge erhalten und in der KVdR pflichtversichert sind, verstößt auch nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG). Entscheidend wäre, ob die personale Bindung, die zwischen (Ruhestands)Beamten (bzw. Hinterbliebenen) und Dienstherrn für die Unterhaltsgewährung bestehen muss oder die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung, welche der Ruhestandsbeamte innerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses erwarten darf, durch die beanstandeten Vorschriften in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auch die Prinzipien der Unabdingbarkeit, Unverzichtbarkeit und Unteilbarkeit der Alimentation erscheinen nicht verletzt. Die Erhebung von Beiträgen auch von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen führt nicht dazu, dass ein Teil der vom Dienstherrn geschuldeten Alimentation nunmehr von der Sozialversicherung (GKV) geleistet wird. § 248 RVO enthält keine Bestimmung, die Einfluss hat auf die Höhe der dem Pensionär gewährten Alimentation. Das zustehende Ruhegehalt wird also nicht verringert. Die Vorschrift bewirkt, dass der Rentnerpensionär den Teil seiner Alimentation, den er als Betrag an die Krankenversicherung der Rentner abgeführt und damit für seine Krankheitsvorsorge aufgewendet hat, nicht mehr anderweitig verwenden kann. Darüber in welcher Weise ein Ruhegehaltsteil für die Krankheitsvorsorge zu verwenden ist, enthalten die für die Alimentation geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze jedoch keine näheren Vorgaben (s. BVerfG vom 06.12.1988 - 2 BvL 18/84 in SozR 2200 § 180 Nr. 46). Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Vorsorgefreiheit vor. Dieser Grundsatz besagt, dass der Beamte in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei ist, also in eigener Verantwortung darüber entscheidet, "in welchem Umfang, bei welchem Versicherungsunternehmen, zu welchen Versicherungsbedingungen und mit welcher eigenen Beitragsleistung er Vorsorge treffen will". Ob ein so verstandenes Prinzip der Vorsorgefreiheit zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in der oben genannten Entscheidung vom 06.12.1988 offen gelassen. Jedenfalls aber ist dieser Grundsatz schon deshalb nicht verletzt, weil die Klägerin gemäß Art. 56 Abs. 4 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz - GRG) vom 20.12.1988 die Möglichkeit hatte die Befreiung von der Versicherungspflicht als Rentnerin zu beantragen. Es blieb also ihr überlassen zu entscheiden, ob sie weiterhin Mitglied der KVdR bleiben wollte, dann allerdings auch mit allen Rechten und Pflichten die sich aus der Solidargemeinschaft in der GKV ergeben. Damit wird auch der Grundsatz der Amtsangemessenheit der Versorgung nicht verletzt. Die Wahlmöglichkeit der Befreiung versetzte die Klägerin in die Lage, den für die Krankheitsvorsorge bestimmten Teil ihrer Witwenpension, angemessen zu verwenden. Entscheidet sie sich für den Verbleib in der Krankenversicherung, ist gerade diese Entscheidung die Form, in der sie von ihrer Vorsorgefreiheit Gebrauch macht (vgl. BVerfG vom 06.12.1988). Der Alimentationsgrundsatz ist auch nicht im Blick auf das System der Beihilfen verletzt. Die konkrete Möglichkeit, Beihilfen zu beanspruchen, wird durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ebenso wenig garantiert wie die gegenwärtige Form des Beihilfesystems (BVerfG vom 06.12.1988 a.a.O.). Zudem ist der Beihilfeanspruch der Klägerin auch nicht weggefallen, vielmehr besteht er dem Grunde nach fort.
Die gesetzliche Neuregelung verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereiches liegt nicht vor. Beiträge werden erst für die Zukunft ab 01.01.2004 gefordert. Es handelt sich also um eine tatbestandliche Rückanknüpfung ( BVerfGE 76, 256). In die erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen die allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (vgl. BVerfGE 72, 200 f.). Das Vertrauen von Versicherten, insbesondere älteren Mitgliedern der GKV auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist zwar in der Regel hoch einzuschätzen (vgl. BVerfGE vom 24.03.1998 - 1 BvL 6/92 in SozR 3-2500 § 48 Nr. 7). Jedoch besteht kein schutzwürdiges Vertrauen der Rentenbezieher auf Fortbestand von für sie günstigen Beitragslastregelungen. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Krankenversicherung in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht angeordnet. Schon hieraus kann kein Vertrauensschutz bestehen, dass die bis zum 31.12.2003 geltende Regelung unverändert fortbesteht. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15.03.2000 (a.a.O.), wo es die Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V beanstandet hatte, die Erhöhung der Beitragslast bei den versicherungspflichtigen Rentnern als eine Möglichkeit zur Beseitigung der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung bezeichnet. Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Ausschluss der Bestandsrentner von der Erhöhung der Beitragslast eine lang andauernde Ungleichbehandlung zwischen den Gruppen der versicherungspflichtigen Rentner zur Folge gehabt hätte. Die angestrebte Erhöhung der Beitragseinnahmen hätte erst in vielen Jahren tatsächlich wirksam werden können. Unter vertrauensschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung aller versicherungspflichtigen Rentner angeordnet hat.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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