L 3 RJ 68/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 7 RJ 149/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RJ 68/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 170/01 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.03.2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ab November 1998.

Der am ...1944 geborene Kläger arbeitete nach Abschluss einer Lehre zum Zahntechniker zunächst in diesem Beruf sowie in anderen Berufen, u.a. als Pharmareferent.

Eine einjährige Umschulung zum Berufskraftfahrer - Fachrichtung Personenverkehr - vom 17.04.1990 bis zum 12.04.1991 schloss der Kläger mit dem 0mnibusführerschein und einem Prüfungszeugnis nach § 34 Berufsbildungsgesetz ab. In der Folgezeit arbeitete er bei verschiedenen Unternehmen als Linienbusfahrer.

Als Linienbusfahrer war der Kläger auch in seinem letzten Beschäftigungsverhältnis vom 24.05.1998 bis zum 02.10.1998 beschäftigt. Für die im Dreischichtbetrieb ausgeübte Tätigkeit bedurfte es nach Auskunft der letzten Arbeitgeberin eines Führerscheines der Klasse D, für die Ausübung der konkreten Tätigkeit darüber hinaus einer Anlernzeit von vier Wochen. Der Kläger habe einen Stundenlohn von 18,50 DM und damit mehr als die eigentlich zustehenden 16,83 DM nach der Lohngruppe 4 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 03.12.1996 erhalten. In einer späteren Auskunft wurde mitgeteilt, es bestehe eine betriebliche Regelung, wonach die Fahrer bei der Einstellung während der Probe zeit drei Monate lang den Lohn der Lohngruppe 2 im Fahrdienst (angelernte Arbeiter, Omnibusfahrer) erhielten, danach 19,-- DM je Stunde.

Der Kläger erkrankte am 18.09.1998 arbeitsunfähig und wurde zum 22.10.1998 gekündigt. Seither bezieht er Lohnersatzleistungen.

Am 27.10.1998 beantragte der Kläger die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte holte Befundberichte ein und zog ein im paralell- laufenden Reha-Verfahren erstelltes Gutachten des Chirurgen Dr. R ... vom 12.11.1998 bei.

Mit Bescheid vom 27.11.1998 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab und wies seinen Widerspruch nach Begutachtung durch den Orthopäden Dr. S ... mit Bescheid vom 06.07.1999 und der Begründung zurück, der Kläger könne zwar nicht mehr als Busfahrer, jedoch noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten.

Mit der Klage zum Sozialgericht hat der Kläger angenommen, ihm stehe der Berufsschutz eines Facharbeiters zu.

Das Sozialgericht hat Befundberichte und Arbeitgeberauskünfte eingeholt und den Kläger durch den Orthopäden Dr. B ... untersuchen lassen.

Dieser stellte in seinem Gutachten vom 25.01.2000 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:

- erhebliche Funktionsstörung der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenen Aufbrauchveränderung im Sinne der Spondylarthrose wie auch Spondylose und Osteochondrose einschließlich rezidivierender Cephalgien und Brachialgien, jedoch ohne Nachweis peripher-neurologischer Ausfallserscheinung

- chronisches lumbales Wirbelsäulensyndrom mit leichtgradiger Funktionsstörung, insbesondere ohne Nachweis peripher- neurologischer Ausfallerscheinung bzw. anhaltender radikulärer Reizerscheinungen

- statisch-myalgische Wirbelsäulenbeschwerden bei Stammadipositas

- Funktionsstörung des linken Schultergelenkes leichtgradiger Ausprägung mit rückfälliger stärkerer Beeinträchtigung

- geringgradige Funktionsstörung beider Hüftgelenke

- medikamentös eingestellter Bluthochdruck

- chronische Bronchitis bei fortgesetztem Nikotingenuss.

Er hielt den Kläger für noch einsetzbar für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, wechselnd im Sitzen und Stehen unter Vermeidung von Zwangshaltung sowie unter Vermeidung von häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten, von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, von Überkopfarbeiten. Es entfielen auch Tätigkeiten, die mit Belastung der Halswirbelsäule z.B. durch Drehung und Seitenneigung verbunden seien. Die Arbeiten seien bevor zugt in geschlossenen und temperierten Räumen zu verrichten und dürften durchschnittlichen Zeitdruck auslösen.

Mit Urteil vom 14.03.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger sei nicht als Facharbeiter, sondern als Angelernter des oberen Bereiches anzusehen und nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen wie auch subjektiv zumutbar auf die Tätigkeit eines Parkwächters im Parkhaus verweisbar.

Gegen das am 07.04.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.05.2000 eingegangene Berufung, mit der die Auffassung vertreten wird, nach der Ausbildung des Klägers zum Berufskraftfahrer wie auch der tariflichen Einordnung von Omnibusfahrern im Tarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes NW habe er den Berufsschutz eines Facharbeiters. Er könne daher nicht auf Tätigkeiten mit geringem qualitativem Wert wie z. B. die vom Sozialgericht genannte Tätigkeit des Parkplatzwächters verwiesen werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.03.2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 27.11.1998 und 06.07.1999 zu verurteilen, ihm ab 01.11.1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die hält das Urteil für richtig.

Im Berufungsverfahren ist eine weitere Arbeitgeberauskunft eingeholt worden. Den Beteiligten sind ferner berufskundliche Unterlagen zum Berufsbild des Pförtners zugleitet worden.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozeßakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat den geltend gemachten Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.

Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist nämlich nicht infolge von Krankheiten oder Behinderungen auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken, wie es § 43 Abs. 2 SGB VI für den Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit voraussetzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil er unter Berücksichtigung der bei ihm nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehenden Gesundheitsstörungen (I.) über ein auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich verwertbares gesundheitliches Leistungsvermögen verfügt (II.), das ihm die Aufnahme von Tätigkeiten erlaubt, die ihm auch sozial zumutbar sind (III.):

I.

Die Gesundheit des Klägers ist im wesentlichen auf orthopädischem Fachgebiet eingeschränkt.

Nach dem orthopädischen Gutachten des Dr. B ... vom 25.01.2000 bestehen beim Kläger die im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen. Zu Zweifeln an der Vollständigkeit und Verläßlichkeit dieser Feststellungen zum Gesundheitszustand des Kläger geben weder das Gutachten selbst, das Verhältnis seines Ergebnises zu anderen aktenkundigen Feststellungen noch Kritiken der Beteiligten Anlaß.

Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen bzw. Ermittlungen auf anderen medizinischen Fachgebieten ergeben sich daher nicht, so daß mit den beschriebenen Gesundheitsstörungen die leistungsrelvanten Erkrankungen des Klägers verläßlich festgestellt sind.

II.

Auch unter Beachtung dieser Gesundheitsstörungen verfügt der Kläger noch über ein auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich verwertbares Leistungsvermögen. Er ist nämlich nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung, insbesondere der insoweit auch seitens des Klägers unangegriffenen Feststellungen des Orthopäden Dr. B ... noch einsetzbar für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere, vollschichtig ausgeübte Tätigkeiten, wechselnd im Sitzen und Stehen unter Vermeidung von Zwangshaltungen sowie unter Vermeidung von häufigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten, von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, von Überkopfarbeiten. Zu meiden hat er auch Tätigkeiten, die mit Belastungen der Halswirbelsäule z. B. durch Drehung und Seitenneigung verbunden sind. Die dem Kläger noch möglichen Arbeiten sollen bevorzugt in geschlossenen und temperierten Räumen verrichtet werden und dürfen durch schnittlichen Zeitdruck auslösen.

Die Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit entsprechend diesem Leistungsprofil ergibt sich schlüssig - auch insoweit haben weder der Senat noch offensichtlich die Beteiligten Zweifel - aus den festgestellten, im wesentlichen den Zustand der Wirbelsäule des Klägers betreffenden Gesundheitsstörungen.

III.

Mit diesem Leistungsvermögen kann der Kläger zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Busfahrer nicht mehr, jedoch auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl verfügbare Tätigkeiten als Pförtner körperlich wie sozial zumutbar verrichten.

Eine Tätigkeit als Pförtner ist dem Kläger nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen zuträglich und daher objektiv zumutbar:

Nach den den Beteiligten im Verfahrensverlauf zugänglich gemachten berufskundlichen Unterlagen sind Pförtnertätigkeiten im Kernkörperlich leichte Arbeiten, die überwiegend drinnen, mit der Möglichkeit zu wechselnder Körperhaltung und ohne häufiges Bücken und Zwangshaltungen ausgeübt werden können. Die vom Kläger nach der Begutachtung durch Dr. B ... zu meidenden Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Überkopfarbeiten, schließlich Tätigkeiten, die mit starken Belastungen der Halswirbelsäule z. B. bei Drehbewegungen und Seitenneigung verbunden sind, treten bei Pörtnerarbeiten nicht auf. Dr. B ... hält den Kläger darüber hinaus für zeitweise auch mittelschwer belastbar, was über die Anforderungen bei Pförtnertätigkeiten sogar noch hinausgeht.

Auch in psychisch-intellektueller Hinsicht steht eine Einsetzbarkeit des Klägers als Pförtner nicht in Zweifel. Die im Pförtnerdienst grundsätzlich verlangte relative Gewandheit im Umgang mit Werksangehörigen, Besuchern und Lieferanten sowie bei der Abwicklung des Telefondienstes (hierzu insbesondere Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. vom 15.02.1996) fehlt beim Kläger nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen wie auch nach dem unmittelbaren Eindruck des Senates vom Auftreten des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht. Im übrigen genügt das Leistungsvermögen des Klägers für Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewußtsein, Zuverlässigkeit (Gutachten Dr. B ..., Antwort zu 3) f. S. 18 des Gutachtens).

Die - in der Herleitung allerdings auch unbegründete - weitere Einschränkung zur Antwort auf die Beweisfrage 3), wonach der Kläger nur Arbeiten in Tagesschicht mit durchschnittlichem Zeitdruck verrichten können soll, wäre einem Einsatz als Pförtner auch nicht hinderlich, da Pförtnertätigkeiten auch ohne Nacht- und Wechselschicht angeboten werden (Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen vom 15.02.1996).

Eine Pförtnertätigkeit ist dem Kläger auch subjektiv, d.h. sozialzumutbar.

Sozial zumutbar sind nach der vom Senat zugrunde gelegten Rechtsprechung des Bundesozialgerichtes Tätigkeiten, die innerhalb eines für Arbeiter und Angestelltenberufe jeweils entwickelten Mehrstufenschemas nicht mehr als eine Qualifikationsebene unterhalb der zuletzt versicherungspflichtig und damit für den Berufsschutz maßgeblich ausgeübten Tätigkeit angesiedelt sind (Kasseler Kommentar - Niesel, Rdnr. 35 ff. zu § 43 SGB VI mit weiteren Nachweisen).

Dieses qualitativ geordnete Mehrstufenschema kennt innerhalb der Arbeiterberufe Gruppen mit dem Leitberuf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion und diesen gleichgestellte, besonders hochqualifizierte Facharbeiter als Spitzengruppe, Facharbeiter, die einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren, ausüben, angelernte Arbeiter in einem Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit bis zu zwei Jahren und schließlich ungelernte Arbeiter. Dabei wird innerhalb der Angelerntengruppe noch zwischen angelernten Arbeitern des unteren Bereiches mit einer betrieblichen Ausbildung von mindestens drei bis zu 12 Monaten und Angelernten des oberen Bereiches mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten unterschieden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132, 147; SozR 3-2200 Nr. 17).

Der Kläger ist sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar, da sein Ausgangsberuf als Omnibusfahrer im oberen Bereich der Angelerntengruppe, die Verweisungstätigkeit als Pförtner in ihrer arbeitsmarktgängigen Ausprägungen den nicht ganz einfachen ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen ist:

Der Kläger genießt den Berufsschutz eines Angelernten des oberen Bereiches, da seine zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Omnibusfahrer nach der Qualität der verrichteten Arbeit im oberen Angelerntenbereich lag. Der für den Berufsschutzmaßgebliche qualitative Wert der Tätigkeit ist aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermitteln, insbesondere der Dauer der absolvierten Ausbildung im ausgeübten Beruf, den Anforderungen des Berufes in seiner konkret beim Arbeitgeber des Versicherten vorhandenen Ausprägung, der tarifvertraglichen Einstufung des ausgeübten Berufes innerhalb des räumlich und zeitlich anwendbaren Tarifvertrages und der konkreten Einstufung des Versicherten, also der vom Arbeitgeber vorgenommenen Zuordnung der konkreten Tätigkeit zu einer bestimmten Lohngruppe innerhalb des maßgeblichen Tarifvertrages (Kasseler Kommentar - Niesel -, Rn 32 ff zu § 43).

Nach diesen Kriterien ist der Kläger als Angelernter, allerdings bereits des oberen Bereiches anzusehen, während es an Merkmalen für den in Anspruch genommenen Berufsschutz als Facharbeiter völlig fehlt:

Nach der Dauer der für den zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Beruf absolvierten Ausbildung kommt eine Einstufung des Klägers als Angelernter sowohl des unteren wie auch des oberen Bereiches in Betracht. Die vom Kläger erworbene Qualifikation als Berufskraftfahrer mit Abschluß nach der Kraftfahrerausbildungsverordnung weist angesichts der für diesen Beruf vorgeschriebenen zweijährigen Regelausbildungszeit (§ 2 Kraftfahrerausbildungsverordnung) auf einen Berufsschutz als Absolvent einer zweijährigen Regelausbildung, d.h. im oberen Angestelltenbereich hin (u.a. BSG Urt. vom 08.01.1995 - 5 RJ 18/94 -, BSG, Urt. vom 30.07.1997 - 5 RJ 8/96 -).

Allerdings hat der Kläger diesen Abschluß im Rahmen einer nur einjährigen Umschulung erworben. Gründe hierfür und Auswirkungen auf den Berufsschutz können jedoch unerörtert bleiben, da auch mit einer einjährigen Ausbildung unter Beachtung der weiteren Gesichtspunkte bereits eine Zuordnung zur oberen Angelerntengruppe möglich erscheint.

Aus der - sicherlich mit hoher Verantwortung für die beförderten Fahrgäste einhergehenden - Tätigkeit als Omnibusfahrer als solcher ergeben sich keine Hinweise auf eine per se herausgehobene Wertigkeit des Berufes; es ist vielmehr nach den für alle Berufsbilder geltenden Kriterien zu werten (BSG, Urt. vom 04.11.1998 - B 13 RJ 27/98 R -).

Die Anforderungen in der konkret beim letzten Arbeitgeber ausgeübten Tätigkeit des Klägers geben keinen Hinweis auf einen weiterreichenden Berufsschutz. So hat die letzte Arbeitgeberin des Klägers auf die Anfrage des Gerichts nach der erforderlichen Einarbeitungszeit am konkreten Arbeitsplatz angegeben, zur Ausübung der Tätigkeit des Klägers bedürfe es weder einer Lehre oder Anlernzeit, es werde lediglich ein Führerschein der Klasse D verlangt, eine völlig ungelernte Kraft müsse vier Wochen angelernt werden.

Die tarifvertragliche Einstufung der letzten Tätigkeit des Klägers innerhalb des Lohntraifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 03. Dezember 1996 ist gleichfalls nicht geeignet, einen Berufsschutz des Klägers als Facharbeiter zu belegen. Die abstrakte tarifvertragliche Einstufung einer Tätigkeitsart erfolgt durch die Tarifvertragsparteien regelmäßig durch Ausführung im Tarifvertrag und Zuordnung einer konkret beschriebenen Tätigkeit zu einer bestimmten Lohngruppe. Die Einstufung kann vertikal durch direkte Einbeziehung in die betreffende Lohngruppe des Tarifvertrages oder horizontal durch Verweisung auf die Lohnhöhe einer Gruppe erfolgen (Kasseler Kommentar - Niesel, Rdnr. 53 a zu § 43 SGB VI mit Nachweisen der Rechtsprechung des BSG).

Im Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird dabei angenommen, daß die über die Verhandlung der Tarifvertragsparteien vermittelte Wertigkeit des in seiner Qualität einzuschätzenden Berufes sich in seiner tarifvertraglichwen Einstufung spiegelt und in der Form eines Hinweises einen Rückschluß auf die Wertigkeit einer Tätigkeit innerhalb des Qualifikationsgruppen schemas ermöglicht, wenn der in Betracht kommende Tarifvertrag ein qualitativ geordnetes Eingruppierungschema enthält. Die Intensität dieser Hinweiswirkung wird von den verschiedenen für die Rentenversicherung zuständigen Senaten des BSG mit unterschiedlichen Formulierungen beachtet, woraus möglicherweise auf dahinter stehende differierende Rechtsauffassungen geschlossen werden kann (BSG, Urt. vom 01.02.2000 - B 8 KN 5/98 R - mit Zusammenstellung der Rechtsprechung).

Dies kann jedoch hier offenbleiben und aus dem gleichen Grunde kommt die vom Kläger angeregte Zulassung der Revision nicht in Betracht, weil nach dem Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein Westfalen Omnibusfahrer nicht innerhalb eines qualitativ geordneten Schemas so eingruppiert sind, daß sich hieraus ein Hinweis auf eine Gleichachtung im Verhältnis zu Facharbeitern in anerkannten Ausbildungsberufen ergäbe.

Ein solcher Hinweis bestünde nur dann, wenn Omnibusfahrer mit Aufnahme der Tätigkeit in ihrem Beruf nach einer originären Facharbeitergruppe zu bezahlen wären, d.h. nach einer Lohngruppe, nach der über die Omnibusfahrer hinaus (nur) Absolventen einer mehr als zweijährigen Regelausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu entlohnen sind. Dies ist aber nicht der Fall, da der Tarifvertrag innerhalb der für die Fahrerberufe geltenden Lohnstaffel "Fahrdienst" Omnibusfahrer eingangs ihrer Tätigkeit in die Lohngruppe 2 eingrupppiert, in die darüberhinaus angelernte Arbeiter aufgenommen wurden. Diese Eingruppierung spricht daher nicht für, sondern gegen die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten dem Beruf des Omnibusfahrers den qualitativen Wert eines Facharbeiterberufes von Vorneherein zugemessen.

Ein Hinweis folgt auch nicht aus der (horizontalen) Inbezugnahme einer ansonsten für die Entlohnung originärer Facharbeiter vorgesehenen Lohngruppe, da der hier zu prüfende Tarifvertrag zwei separate Lohnstaffeln, einmal für den Werkstattbereich und einmal für den Fahrdienst vorsieht, die darüber hinaus noch in den ausgewiesenen Stundensätzen differieren.

Soweit bei dieser Sachlage noch Raum für eine mittelbare Vergleichbarkeit über die absolute Höhe der Stundensätze besteht, führt auch diese Betrachtung zu einem für den Kläger ungünstigen Ergebnis: Die originäre Facharbeiter(eingangs-)lohngruppe innerhalb der für den Werkstattbereich vorgesehenen Lohnstaffel ist die Lohngruppe 3; denn sie steht gelernten Arbeitern mit erfolgreicher Ausbildung (Prüfung) in einem anerkannten Ausbildungsberuf und entsprechender Tätigkeit, z. B. Handwerker im erlernten Beruf sowie Arbeitern mit (gleichwertiger) Tätigkeit zu, die gleichwertige Leistungen wie der gelernte Arbeiter mit erfolgreicher Ausbildung erbringen. Nach dieser Lohngruppe eingruppierten Facharbeitern stehen vom ersten Tag ihrer Tätigkeit an 17,32 DM stündlich zu. Dies ist mehr als ein Omnibusfahrer mit Fahrgastbeförderungserlaubnis für mehr als 17 Personen nach sechsjähriger entsprechender Tätigkeit als Omnibusfahrer in der Spitzenlohngruppe 3 der Lohnstaffel für den Fahrdienst (16,74 DM stündlich) erzielen kann. Eine Vergleichbarkeit über die absolute Höhe des Stundenlohnes unterstellt spräche also auch diese gegen eine Facharbeiterqualifikation des Klägers.

Schließlich könnte sich noch aus der konkreten Eingruppierung des Klägers bei seinem letzten Arbeitgeber ein Hinweis auf die Wertigkeit seiner Tätigkeit insoweit ergeben, als die konkrete Eingruppierung eines Arbeitnehmers bei einem tarifgebundenen Unternehmen regelmäßg ausdrückt, was die einzelen Arbeitskraft dem Arbeitgeber wert ist.

Ein Hinweis auf den qualitativen Wert der Tätigkeit im Rahmen des Qualifikationsgruppenschemas gibt dies allerdings nur dann, wenn ein Arbeitgeber einen nach Qualitätsgruppen geordneten Tarifvertrag (den es hier für Omnibusfahrer nicht gibt) auch den darin enthaltenen Regelungen getreu anwendet.

Nicht einmal dies hat die letzte Arbeitgeberin des Klägers getan, indem sie ihren Fahrern zwar während der Probezeit von drei Monaten 17,33 DM und damit ein der Lohngruppe 2 (angelernte Arbeiter, Omnibusfahrer) entsprechendes Stundenentgelt zahlt, nach Ablauf der Probezeit jedoch 19,-- DM je Stunde und damit ein übertarifliches, weder in der Lohnstaffel für den Fahrdienst oder für den Werkstattbereich vorgesehenes Entgelt. Dieses Entlohnungssystem beruht nach der Arbeitgeberauskunft vom 11.08.2000 auch nicht auf einer im Tarifvertrag angelegten Systematik sondern auf einer betrieblichen Regelung.

In einer betrieblichen Vereinbarung zur Zahlung eines übertariflichen Entgeltes drücken sich jedoch nicht notwendig nur die von den Tarifvertragsparteien nach der obigen Darstellung idealiter zu berücksichtigten qualitätsbildenden Kriterien des Qualifikationsgruppenschemas aus. Zur Vereinbarung eines über dem Tarifniveau liegenden Entgeltes können genauso gut "qualitätsfremde" Gesichtspunkte wie etwa ein Nachfrageüberschuß nach der Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt, Eigenschaften des konkreten Arbeitsplatzes wie Schichtdienst, längere Abwesenheitszeiten etc. beigetragen haben.

Dies bedarf jedoch keiner weiteren Hinterfragung, da bereits die Nichteinhaltung des Tarifvertrages als solche die Indizwirkung der konkret beim Arbeitgeber vorgenommenen Einstufung hemmt.

Der Kläger genießt demnach nicht den Berufsschutz des Facharbeiters, sondern ist als Angehöriger des oberen Bereiches der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters anzusehen und als solcher sozial zumutbar auf angelernte Tätigkeiten des unteren Bereiches sowie gleichfalls auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar, sofern diese nicht nur ganz geringen qualitativen Wert haben (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 S. 187 mit weiteren Nachweisen, BSG, Urt. vom 04.11.1998 - B 13 RJ 27/98 R -). Aus dieser Einschränkung folgt zugleich, daß mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu benennen ist.

Nach diesem Maßstab ist dem Kläger eine Verweisungstätigkeit als Pförtner in der Ausprägung, wie sie aus den in das Verfahren ein geführten berufskundlichen Unterlagen zu diesem Berufsbild her vorgeht, zumutbar. Denn es handelt sich um eine nicht ganz einfache Tätigkeit, für die insbesondere nach der geltenden Bewachungsverordnung einer Unterrichtung bei einer Industrie- und Handelskammer mit einer Dauer von drei Tagen (24 Unterrichtsstunden) zuzüglich einer weiteren Einarbeitungszeit von einem Tag bis zu zwei Wochen an jeweils zu bewachenden Objekt erforderlich ist (Auskunft des BDWS vom 15.02.1996). Der Arbeitsmarkt für Pförtner ist auch nicht verschlossen, obgleich es große Firmen gibt, die Tätigkeiten als Pförtner fast ausnahmslos innerbetrieblich vergeben (insbesondere Auskünfte zweier Warenhäuser in dem Verfahren L 14 J 1423/93, LSG NW). Diese Auskünfte decken jedoch nicht den bundesweiten Arbeitsmarkt der Pförtner insgesamt ab. Insbesondere und entscheidend nämlich werden Pförtner in einem so erheblichen Umfang durch Wach- und Sicherheitsunternehmen an Firmen vermittelt, daß dieser Beruf tarifvertraglich erfaßt ist. Im Lohntarifvertrg für das Wach- und Sicherheitsgewerbe werden Pförtner eingruppiert, womit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für derartige Tätigkeiten nicht mehr gegeben und die Verweisung hierauf nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zulässig ist (BSG, Urt. vom 13.07.1988 - B 5/4a RJ 19/87 -).

Die Revision war nicht, auch nicht auf den Hilfsantrag des Klägers zuzulassen, da Gründe zur Zulassung der Revision im Sinne von § 160 SGG nicht bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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