L 1 RJ 100/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
15 RJ 751/02
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 RJ 100/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Entziehung einer in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wegen Invalidität gewährten und ab Januar 1992 in eine solche wegen Erwerbsunfähigkeit umgewerteten Rente mit Ablauf des Monats Februar 2002.

Die am X.XXXXX 1951 geborene Klägerin wuchs in der DDR auf, erlernte dort den Beruf der Hauswirtschafterin und war ab 1974 als Raumpflegerin beschäftigt. Nachdem sie seit 4. Juli 1983 durchgehend arbeitsunfähig gewesen war, beantragte die Klägerin in der DDR am 8. Januar 1985 die Gewährung einer Invalidenrente, die ihr mit Bescheid vom 12. März 1985 rückwirkend ab 1. Januar 1985 bewilligt wurde. Grundlage für die Bewilligung war ein Sachverständigengutachten der Internisten MR Dr. S. und Dr. L ... Diese hatten die Klägerin, die damals über rezidivierende stechende Schmerzen, besonders im Bereich der rechten Niere, häufige Schwindelanfälle mit Kollapsneigung und Erbrechen, über Kopfschmerzen und allgemeine Abgeschlagenheit geklagt hatte, am 21. Januar 1985 untersucht und eine Anorexie (Magersucht) unklarer Genese sowie eine chronisch rezidivierende Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung) und Harnwegsinfektionen diagnostiziert. Die Ärzte hatten einen erheblich reduzierten Ernährungs- und Allgemeinzustand der vorzeitig gealtert wirkenden, 1,54 Meter großen und 39 Kilogramm schweren Klägerin festgestellt und waren zu der Einschätzung gelangt, dass sie auf Grund einer hochgradigen Leistungsinsuffizienz zur Zeit keiner geregelten Berufstätigkeit nachgehen könne. Es war eine weitere Diagnostik im Hinblick auf ein mögliches Tumorgeschehen empfohlen worden.

Bei den in den nächsten Jahren durchgeführten Kontrolluntersuchungen konnten keine somatischen Ursachen für die Magersucht festgestellt werden. Die Invalidenrente wurde nach entsprechenden, in den Jahren 1986, 1987, 1988 und 1990 erstellten Gutachten weitergewährt und nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach § 307a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) umgewertet und nach § 302a Abs. 1 SGB VI als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Landesversicherungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, (im Folgenden: Beklagte) weiter geleistet.

Im Rahmen einer Rentennachprüfung ließ die Beklagte die Klägerin am 25. Oktober 2001 von der Internistin Dr. K. untersuchen, die einen guten Allgemeinzustand der Klägerin bei einem Gewicht von 67,7 kg beschrieb. Der mittlerweile vorliegende Diabetes mellitus und arterielle Bluthochdruck seien medikamentös ausreichend eingestellt. Die Nierenfunktion sei kaum gestört. Rückblickend sei die 1985 diagnostizierte Magersucht nervöser Natur bei familiärer Konfliktsituation mit anstehender Scheidung gewesen (die erste Ehe der Klägerin, aus der drei Kinder hervorgingen, wurde 1985 geschieden, seit 1990 ist die Klägerin in zweiter Ehe verheiratet). Unter Würdigung aller Befunde sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Erwerbsleben zwar eingeschränkt, leichte körperliche Tätigkeiten im Tagesdienst, ohne stärkeren Zeitdruck und nicht ständig außerhalb geschlossener Räume seien aber vollschichtig zumutbar. Gegenüber 1985 sei eine deutliche Besserung eingetreten.

Auf dieser Grundlage hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 zu ihrer Absicht an, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a.F.) zu entziehen, was nach Gegenäußerung der Klägerin und Einholung einer schriftlichen Stellungnahme der Prüfärztin Dr. H., die die Einschätzung der Dr. K. bestätigte, mit Bescheid vom 24. Januar 2002 zum Ablauf des Monats Februar 2002 geschah. Die Klägerin leide unter einer kompensierten Niereninsuffizienz bei anamnestisch rezidivierender Pyelonephritis, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einer medikamentös gut eingestellten Hypertonie sowie einer vegetativen Labilität. Unter Berücksichtigung der darauf beruhenden Leistungseinschränkungen könne sie noch leichte Arbeiten vollschichtig mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen ausüben. Das 1985 festgestellte erhebliche Untergewicht sei nicht mehr vorhanden, so dass ein deutlicher Besserungsnachweis zu führen sei. Damit sei sie nicht mehr erwerbsunfähig. Auch Berufsunfähigkeit liege nicht mehr vor. Auf Grund der letzten Tätigkeit als Reinigungskraft sei sie als ungelernte Arbeiterin im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts einzugruppieren und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsse. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2002 zurück und verneinte hierin auch das Vorliegen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 (n.F.) geltenden Fassung.

Mit der hiergegen am 26. Juli 2002 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass ihre Gewichtszunahme auf Wasseransammlungen in Händen, Beinen und Gesicht zurückzuführen sei. Die weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich verschlechtert, was nicht berücksichtigt worden sei. Aus Sicht der sie behandelnden Ärzte sei sie erwerbsunfähig.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (des Hausarztes Dr. J., des Allgemeinmediziners und Diabetologen von H. sowie des Internisten und Nephrologen Dr. K1), die Krankengeschichte des Allgemeinen Krankenhauses W., wo die Klägerin im April/Mai 1999 wegen eines Descensus vaginae et uteri (Absenkung von Scheide und Gebärmutter) operiert und stationär behandelt wurde, sowie die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamts Hamburg beigezogen, aus der sich ergibt, dass der Klägerin auf ihren Antrag vom 28. Februar 2002 hin mit Bescheid vom 30. September 2002 ein Grad der Behinderung von 60 wegen einer insulinpflichtigen Zuckererkrankung sowie eines beidseitigen Nierenschadens mit entzündlichem Nierenleiden und Nierenfunktionseinschränkung zuerkannt wurde. Das Sozialgericht hat die Klägerin durch den Internisten Dr. S1 sachverständig begutachten lassen und ihn nach am 29. April 2003 durchgeführter Untersuchung sowie Erstellung eines schriftlichen Gutachtens unter dem 12. Mai 2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 31. Juli 2003 im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2004 gehört. Dr. S1 hat ein Gewicht der Klägerin von 54 Kilogramm festgestellt und zusätzlich zu den bereits benannten Leiden ein Asthma bronchiale bei angegebener Sensibilisierung gegenüber verschiedenen Baum- und Gräserpollen diagnostiziert. Gegenüber dem 1985 beschriebenen Zustand sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Die hochgradige Leistungsinsuffizienz auf Grund der Magersucht unklarer Ursache liege bei der jetzt normalgewichtigen Klägerin mit geringgradigen Einschränkungen der Gesamtnierenfunktionen nicht mehr vor. Diese wesentliche Besserung sei auch nicht durch das Hinzutreten neuer Erkrankungen kompensiert worden. Die Klägerin sei in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen auszuüben.

Nach Vertagung der mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt und dies von dem Neurologen und Psychiater Dr. N. nach Untersuchung am 5. April 2004 erstellen lassen. In dem Gutachten vom 7. April 2004 hat Dr. N. das Leistungsvermögen ebenso wie zuvor Dr. S1 eingeschätzt. Es läge keine nennenswert beeinträchtigende psychische Erkrankung vor. Die von ihm festgestellte depressive Symptomatik sei behandlungsbedürftig, führe jedoch nicht zur Aufhebung eines Leistungsvermögens. Die 58 Kilogramm schwere Klägerin befinde sich nicht mehr - wie 1985 - in einem reduzierten Allgemein- und Ernährungszustand, so dass es in somatischer Hinsicht zu einer wesentlichen Besserung gekommen sei. Sollte es sich bei der 1985 festgestellten Magersucht um eine psychosomatische Störung gehandelt haben, wäre auch hinsichtlich dieser psychischen Erkrankung eine wesentliche Besserung festzustellen.

Nach Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. April 2004 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum Ende des Monats Februar 2002 entzogen habe. Der Gesundheitszustand der Klägerin und damit auch das Leistungsvermögen hätten sich gegenüber dem Zeitpunkt der zur Gewährung der Invalidenrente führenden Begutachtung am 21. Januar 1985 wesentlich gebessert, so dass keine Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 SGB VI a.F. mehr vorliege. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei zwar erheblich eingeschränkt, so dass sie nur noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten überwiegend in wechselnder Körperhaltung oder im Sitzen ohne besonderen Zeitdruck, nicht unter Schicht- oder Nachtarbeitsbedingungen zu verrichten. Sie müsse in geschlossenen Räumen arbeiten, frei von Exposition mit Rauchen, Dämpfen und Gasen und nicht unter dem Einfluss von Allergenen. Sie dürfe nicht an gefährdenden Arbeitsplätzen tätig sein und müsse die Möglichkeit haben, zwischen dem morgendlichen häuslichen Frühstück und der Mittagspause den Blutzucker zu messen, ggf. Insulin zu spritzen und eine kleine Zwischenmahlzeit einzunehmen. Mit diesen Einschränkungen sei sie jedoch zu einer vollschichtigen Arbeitsleistung ohne das Erfordernis betriebsunüblicher Pausen in der Lage. Die Arbeitsmarktlage sei dabei nicht zu berücksichtigen, eine konkrete Verweisungstätigkeit müsse nicht benannt werden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a.F., weil ihr ausgehend von der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Raumpflegerin kein Berufsschutz zukomme. Sie habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F ... Das Urteil ist der Klägerin am 1. Oktober 2004 zugestellt worden.

Mit der am 1. November 2004 eingelegten Berufung hält die Klägerin an ihrer Einschätzung fest, dass nach wie vor Erwerbsunfähigkeit vorliege. Der internistische Sachverständige Dr. S1 widerspreche sich, wenn er einerseits die Erwerbsfähigkeit als erheblich eingeschränkt bezeichne, andererseits aber von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgehe. Selbst wenn man Dr. S1 und dem neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. N. folgen würde, die jeweils auf ihr Fachgebiet bezogen lediglich Einschränkungen des Leistungsvermögens feststellen, die noch die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit erlauben, sei bei einer (interdisziplinären) Gesamtwürdigung von Erwerbsunfähigkeit auszugehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die angefochtenen Bescheide nebst zu Grunde liegenden Gutachten Bezug.

Der Senat hat Befundberichte behandelnder Ärzte der Klägerin eingeholt. Der Diabetologe von H. hat angegeben, dass die Klägerin Schwierigkeiten habe, ihre Krankheit, den Typ II - Diabetes mit multiplen Risikofaktoren, anzunehmen. Sie sei labil bis hin zu einer manifesten Depression und nehme Untersuchungstermine nur unregelmäßig wahr. Der Diabetes sei nach wie vor nicht befriedigend eingestellt. Auch der Internist und Nephrologe Dr. K2 hat eine unbefriedigende Einstellung des Diabetes und darüber hinaus des Blutdrucks beschrieben und eine Überprüfung der jeweiligen Therapiepläne dringend empfohlen. Die neue Hausärztin S2, die die Klägerin seit Oktober 2003 behandelt, hat zwar auch eine entgleiste Stoffwechsellage, jedoch einen guten Allgemein- und normalen Ernährungszustand festgestellt. Am 10. Juli 2006 hat der Internist PD Dr. W1 im Auftrag des Senats die Klägerin untersucht und unter dem 24. Juli 2006 ein Gutachten erstellt, in dem er zu der Einschätzung gelangt ist, dass die Klägerin noch leichte bis zeitlich begrenzt (unterhalbschichtig) auch mittelschwere Arbeiten körperlicher Art sowie durchschnittliche Arbeiten geistiger Art mit durchschnittlicher Verantwortung vollschichtig ausführen könne, wobei Arbeiten in der Nacht und an gefährdenden Arbeitsplätzen nicht möglich seien und Tätigkeiten unter Nässe- und Kälteeinwirkungen ausgeschlossen bleiben sollten. Gegenüber den Feststellungen von 1985 sei eine wesentliche Verbesserung und Normalisierung des Ernährungszustandes der jetzt normal gewichtigen Klägerin mit altersentsprechendem Allgemein- und Kräftezustand zu verzeichnen. Zwar sei der Zucker immer noch nicht befriedigend eingestellt, die Lungenfunktion jedoch altersentsprechend und völlig unbeeinträchtigt. Auch die Nierenfunktion sei nicht beeinträchtigt. Bisher sei es im Rahmen des Diabetes noch zu keinen schwerwiegenden Stoffwechselentgleisungen mit Unter- oder Überzuckerung und auch noch nicht zu erheblichen sekundären Organschäden gekommen. Eine Verbesserung des Zuckerstoffwechsels sei jedoch dringend erforderlich.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 13. Dezember 2006 beigezogenen Akten.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung - deren Gegenstand im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage allein die Frage ist, ob noch Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder die Voraussetzungen für die Gewährung von Blinden- oder Sonderpflegegeld nach §§ 58, 59 Rentenverordnung/DDR (Renten-VO) vorliegen, nicht jedoch, ob ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F. besteht - ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Entziehung der bis zum 28. Februar 2002 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist nicht zu beanstanden. Das Leistungsvermögen der Klägerin hat sich gegenüber dem maßgeblichen Zeitpunkt Januar 1985 wesentlich gebessert. Die Klägerin ist nicht mehr erwerbs- oder berufsunfähig und erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug von Blinden- oder Sonderpflegegeld.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 302a Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist eine als Rente wegen Berufs- oder wegen Erwerbsunfähigkeit geleistete Invalidenrente (§ 302a Abs. 1 SGB VI) zu entziehen, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Invalidenrentenbewilligungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung dergestalt eingetreten ist, dass der Versicherte nicht mehr berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43,44 SGB VI a.F. ist oder die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Blinden- oder Sonderpflegegeld nach den am 31. Dezember 1991 geltenden Vorschriften des Beitrittsgebiets nicht mehr vorliegen.

Das ist bei der Klägerin der Fall. Der 1985 festgestellte erheblich reduzierte Ernährungs-und Allgemeinzustand im Rahmen einer Magersucht unklarer Ursache hatte die damaligen Gutachter wesentlich dazu veranlasst, von einer hochgradigen Leistungsinsuffizienz auszugehen, die es nicht erlaube, einer geregelten Berufstätigkeit nachzugehen. Damals wog die Klägerin 39 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,54 Metern. Jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Entziehung der Rente zum Ende Februar 2002 ist in der Vielzahl der eingeholten Gutachten und in den Befundberichten der behandelnden Ärzte keine Rede mehr von einer Magersucht oder einem derartig reduzierten Allgemeinzustand. Im Gegenteil, die Klägerin, die vorübergehend übergewichtig war - ob nun durch Ödeme, die die gehörten Sachverständigen jeweils nicht feststellen konnten, oder aus anderen Gründen, kann dahinstehen -, ist seither zumindest normalgewichtig, und ihr Allgemein- und Ernährungszustand wird regelmäßig als normal, teilweise sogar als gut bezeichnet. Auch vor dem Hintergrund der nunmehr im Vordergrund stehenden Leiden, insbesondere der nicht ausreichend eingestellten Diabetes- und Bluthochdruckerkrankung, ist von einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes auszugehen, wie es alle vom Sozialgericht, dem erkennenden Senat und auch der Beklagten gehörten Sachverständigen übereinstimmend eingeschätzt haben. Andere wesentliche Gesundheitsbeeinträchtigungen konnten in den letzten Jahren nicht festgestellt werden. Insbesondere ist die Nierenfunktion nicht wesentlich beeinträchtigt. Gleiches gilt nach dem Gutachten des Dr. W1 für die Lungenfunktion. Wesentliche Sekundärschäden des schlecht eingestellten und behandlungsbedürftigen Diabetes sind (bislang) nicht aufgetreten. Eine nennenswert beeinträchtigende psychiatrische Erkrankung liegt nicht vor, was sich auch darin widerspiegelt, dass keine entsprechende regelmäßige Behandlung erfolgt. Danach ist das Leistungsvermögen der Klägerin zwar noch eingeschränkt, aber nicht mehr aufgehoben. Sie ist nach den übereinstimmenden, aufgrund der erhobenen Befunde schlüssigen Einschätzungen der Sachverständigen Dr. K., Dr. H., Dr. S1, Dr. N. und schließlich Dr. W1 in der Lage, vollschichtig zumindest leichte, wohl bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen auszuüben. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung, wonach ein interdisziplinäres Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen sei, ob Erwerbsunfähigkeit entgegen den Einschätzungen der vom Sozialgericht gehörten Sachverständigen zu bejahen sei, weil diese jeweils nur die Leistungseinschränkungen auf dem eigenen Fachgebiet bewertet haben, vermögen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage zu stellen. Denn zum einen sind sämtliche gehörten Sachverständigen sozialmedizinisch und forensisch erfahrene Ärzte, die bei der Leistungseinschätzung "fachfremde" Leiden nicht ausblenden. Zum anderen decken sich die für die Leistungseinschätzung wesentlichen Befunde mit denjenigen der behandelnden Ärzte.

Danach liegen weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit der im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts als ungelernte Arbeiterin einzugruppierenden und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren (vgl. hierzu: Jörg in: Kreikebohm, Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung, 1. Auflage, 1997, § 43 Rz 28 ff, 80 mN) Klägerin mehr vor. Dies ergibt sich bereits aus §§ 43 Abs. 2 Satz 4, 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F., wonach ein vollschichtiges Leistungsvermögen den jeweiligen Anspruch ausschließt. Insoweit folgt der Senat ausdrücklich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und nimmt auf diese Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Blinden- (zumindest hochgradige Sehschwäche) oder Sonderpflegegeld (Schwerstbeschädigung im Sinne von Totalausfall beider Beine oder Hände) nach §§ 58, 59 Renten-VO hat die Klägerin nie erfüllt, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 302a Abs. 3 Satz 1 SGB VI für die Entziehung der Rente spätestens zum Zeitpunkt Ende Februar 2002 vorlagen. Auch in formeller Hinsicht sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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