Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 3630/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 1523/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Der im Jahre 1958 geborene Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruches auf Arbeitslosengeld am 27.02.2005 (Blatt 14 SG-Akte) auf seine Anträge vom Beklagten ab März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Nachdem der Kläger einer Einladung zur psychologischen Begutachtung beim psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit zum 03.08.2005 ohne Grund nicht nachkam, teilte der Beklagten dem Kläger mit Bescheid vom 29.08.2005 mit, dass der ihm zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II (Alg II) für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.11.2005 um 10 vH der Regelleistung abgesenkt werde.
Am 13.09.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Er bezeichnete einen Widerspruch vom 06.09.2005 sowie einen Antrag auf Existenzgründung vom 30.08.2005 (jeweils gerichtet an das Arbeitsamt Karlsruhe, die er vorlegte) als Gegenstand der Klage. Er äußerte zur Begründung seinen Unmut über das Arbeitsamt, gegen die Einladung zur psychologischen Begutachtung sowie über deutsche Richter und rügte im weiteren Verlauf des Klageverfahrens Verstöße gegen das Sozialgerichts- und das Grundgesetz. Die Agentur für Arbeit Karlsruhe trat der Klage unter Verweis auf die Zuständigkeit des Beklagten entgegen. Die Klage gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erscheine unzulässig. Das SG führte daraufhin - nach Anhörung des Klägers - die Klage gegen den Beklagten weiter.
Der Beklagte wertete die Klage vom 13.09.2005 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.08.2005, der mit Widerspruchsbescheid 20.09.2005 zurückgewiesen wurde. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 10 vH der maßgebenden Regelleistung seien erfüllt. Die Sanktion umfasse zutreffend die Monate Oktober, November und Dezember 2005. Nach Aktenlage habe der Kläger hinsichtlich der Leistungen zur Existenzgründung den hierfür zwingend erforderlichen Antrag noch nicht eingereicht, sodass noch keine Entscheidung habe erfolgen können. Der Widerspruch sei insoweit unzulässig.
Nachdem der Kläger weiteren Einladungen zum psychologischen Dienst zum 16.09.2005 und 09.11.2005 nicht nachkam, teilte der Beklagte dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 13.10.2005 und 26.10.2005 jeweils mit, dass der ihm zustehende Anteil des Alg II für die Zeit vom 1.11.2005 bis 31.01.2006 um 10 vH der Regelleistung abgesenkt werde.
Der Kläger zog die Bescheide vom 13.10.2005 sowie 27.10.2005 in seine Klage mit ein und erweiterte seine Klage gegen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (Bescheid vom 14.12.2005, mit dem der Kläger auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit wurde).
Auf richterlichen Hinweis teilte der Beklagte dem SG mit Schreiben vom 17.12.2005 mit, dass die Bescheide vom 29.08.2005, 13.10.2005 und 26.10.2005 zurückgenommen und die bereits abgesenkten Beträge dem Kläger unverzüglich zugeführt werden.
Inzwischen hatte der Kläger mit Schreiben vom 29.08.2005 beim Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Einstiegsgeld wegen Existenzgründung gestellt. Auf diesen Antrag bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.01.2006 Einstiegsgeld für die Zeit vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 in Höhe von monatlich 172,50 EUR.
Mit Bescheid vom 27.12.2005 sprach die Agentur für Arbeit Karlsruhe dem Kläger ein bis 20.12.2006 befristetes Hausverbot für die Agentur für Arbeit Karlsruhe, Brauerstraße 10, aus. Diesen Bescheid zog der Kläger in seine Klage ein, da er automatisch Gegenstand des Verfahrens geworden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2006 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei in allen Punkten unzulässig. Die Bescheide über die Absenkung des Alg II seien aufgehoben und dem Kläger der ihm zustehende Restbetrag ausbezahlt worden, weshalb es am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses fehle. Auch die auf Einstiegsgeld gerichtete Klage sei in mehrfacher Hinsicht unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage hätten nicht vorgelegen. Zudem fehle es mittlerweile auch an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, da dem Begehren des Klägers rechtsfehlerfrei entsprochen worden sei. Das ausgesprochene Hausverbot sei nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Zudem komme eine Einbeziehung des Hausverbotes in das vorliegende Verfahren auch nach § 23 Abs. 1 EGGVG nicht in Betracht.
Gegen den am 07.03.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.03.2006 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten. Das SG habe gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit verstoßen. Eine mündliche Verhandlung sei durchzuführen. Von bewilligtem Einstiegsgeld sei nur einen Monat gezahlt worden. Das Hausverbot sei nach § 96 SGG Klagegegenstand. Er fordere Schadensersatz in Höhe von 2000 EUR wegen Amtspflichtverletzung.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Er hat auf Nachfrage des Senats unter Vorlage von Zahlungsnachweisen ausgeführt, der Kläger habe das mit Bescheid vom 24.01.2006 bewilligte Einstiegsgeld für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 in Höhe von insgesamt 1035,00 EUR in zwei Teilbeträgen (862,50 EUR und 172,50 EUR) erhalten. Auf Einwendung des Klägers hat der Beklagte unter Vorlage von Kassenanordnungen weiter ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass dem Kläger ein Minderungsbetrag vom 469,00 EUR noch nicht ausbezahlt worden sei. Dieser Betrag sei zur Zahlung an den Kläger angewiesen worden.
Mit Bescheid vom 21.11.2006 versagte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.11.2006 gemäß §§ 60, 66 SGB I wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungsverpflichtung. Der Kläger hat diesen Bescheid in seine Berufung einbezogen. Der Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und sei gesetzesmissbräuchlich ergangen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten schuldig zu sprechen und Schadenersatz.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 26.01.2007 hat der Kläger die Antragsschrift vom 16.01.2007 zu den Akten gegeben, in der er sich weiterhin gegen das Handeln des Beklagten und die Justiz wandte und im weiteren Verlauf der Verhandlung einen Befangenheitsantrag gestellt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere des Klägers, wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit entscheiden, ohne zuvor über das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Ablehnungsgesuch gegen die mitwirkenden Richter ("Ich lehne euch ab ...") bzw. anschließend gegen den Vorsitzenden entschieden zu haben. Denn nach der Rechtsprechung (BSG Beschluss vom 26.04.1989 - 11 BAr 33/88 -) kann ein Ablehnungsgesuch unzulässig sein, wenn es missbräuchlich gestellt wird und macht bei offensichtlichem Missbrauch keine förmliche Entscheidung nötig (vgl. BSG SozR § 60 SGG Nr. 5; BVerfGE 72, 51, 59). Maßgebend ist insoweit, ob der Beteiligte Befangenheitsgründe vorträgt und glaubhaft macht, die sich individuell auf den an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter beziehen (BVerwG NJW 1997, 3327).
Daran fehlt es im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil der Kläger die Richter, die befangen sein sollen, zunächst nicht einmal namentlich ("Ich lehne euch ab ...") genannt hat. Darüber hinaus reicht auch die namentliche Nennung eines Richters (den Vorsitzenden) im Ablehnungsgesuch allein nicht aus, um ein hinreichend konkretes Ablehnungsgesuch annehmen zu können. Vielmehr muss der Ablehnungsgrund durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden (BVerwG a.a.O.). Diesen Anforderungen trägt das Ablehnungsgesuch des Klägers nicht Rechnung. Es enthält lediglich die pauschale Behauptung, die Richter / der Vorsitzende würden seinen Antrag vereiteln. Ein derart pauschaler Angriff ist zur Substantiierung eines Ablehnungsgesuchs offensichtlich nicht tauglich.
Das Befangenheitsgesuch des Klägers ist auch deshalb offensichtlich rechtsmissbräuchlich, weil es erkennbar im Zusammenhang mit dem zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gemachten Hinweis des Vorsitzenden, dass eine Klageänderung (Klageerweiterung) im Berufungsverfahren nicht statthaft sei, gestellt worden ist. Es ist offensichtlich, dass das gestellte Ablehnungsgesuch lediglich dazu dienen sollte, die zu erwartende Zurückweisung der Berufung zu verhindern.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat kommt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zueigen, worauf er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung und zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur, soweit sich der Kläger mit seiner Klage beim SG gegen die Minderung seines Anspruches auf Alg II sowie wegen seines Antrages auf Zahlung von Einstiegsgeld gewandt hat. Hinsichtlich dieser Begehren ist der Kläger in vollem Umfang klaglos gestellt worden, so dass sich der Rechtstreit erledigt hat und ein Rechtsschutzinteresse des Klägers für eine gerichtliche Entscheidung nicht mehr besteht. Hiervon geht auch der Kläger selbst aus, wie sein zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag zeigt.
Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag des Klägers, den Beklagten schuldig zu sprechen und auf Schadenersatz (wegen Amtspflichtverletzung), ist nicht statthaft. Damit bezieht der Kläger ein weiteres Klagebegehren in seinen Rechtstreit mit ein, was eine Klageänderung i.S.d. § 99 SGG durch eine Klageerweiterung darstellt. Eine solche Klageänderung ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen, was hinsichtlich des Beklagten nicht zutrifft, oder das Gericht die Änderung als sachdienlich hält, was ebenfalls nicht der Fall ist. Denn für Rechtsstreitigkeiten auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung ist gemäß § 51 SGG i.V.m. Artikel 34 des Grundgesetzes nicht der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, sondern nur der ordentliche Rechtsweg eröffnet, weshalb es nicht sachdienlich ist, die Klage des Klägers in das Berufungsverfahren einzubeziehen, zumal der Senat in diesem Fall gehalten wäre, dem Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen, wodurch dem Kläger Gerichtskosten entstünden.
Im Übrigen ist entgegen der Ansicht des Klägers, der Bescheid der Agentur für Arbeit Karlsruhe vom 27.12.2005, mit dem gegen den Kläger ein Hausverbot ausgesprochen wurde, ebenfalls nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreites geworden, abgesehen davon, dass sich die Klage des Klägers insoweit gegen die im vorliegenden Rechtsstreit nicht beteiligte Bundesagentur für Arbeit zu richten hätte. Der Bescheid vom 27.12.2005 steht in keinem Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt des Beklagten, der Gegenstand des Klageverfahrens ist, weshalb die Voraussetzungen des § 96 Absatz 1 SGG ersichtlich nicht vorliegen. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift besteht kein Anlass. Außerdem hat sich der befristete Bescheid vom 27.12.2005 durch Zeitablauf erledigt.
Vorstehendes gilt auch für den Bescheid des Beklagten vom 21.11.2006. Auch dieser Bescheid ändert einen Verwaltungsakt, der Gegenstand des Rechtsstreites ist, nicht ab oder ersetzt ihn, sodass die Voraussetzungen des § 96 Absatz 1 SGG ebenfalls nicht erfüllt sind. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift besteht wiederum kein Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger im Berufungsverfahren durch die Nachzahlung von Alg II in Höhe von 469,00 EUR einen Teilerfolg errungen hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Der im Jahre 1958 geborene Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruches auf Arbeitslosengeld am 27.02.2005 (Blatt 14 SG-Akte) auf seine Anträge vom Beklagten ab März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Nachdem der Kläger einer Einladung zur psychologischen Begutachtung beim psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit zum 03.08.2005 ohne Grund nicht nachkam, teilte der Beklagten dem Kläger mit Bescheid vom 29.08.2005 mit, dass der ihm zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II (Alg II) für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.11.2005 um 10 vH der Regelleistung abgesenkt werde.
Am 13.09.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Er bezeichnete einen Widerspruch vom 06.09.2005 sowie einen Antrag auf Existenzgründung vom 30.08.2005 (jeweils gerichtet an das Arbeitsamt Karlsruhe, die er vorlegte) als Gegenstand der Klage. Er äußerte zur Begründung seinen Unmut über das Arbeitsamt, gegen die Einladung zur psychologischen Begutachtung sowie über deutsche Richter und rügte im weiteren Verlauf des Klageverfahrens Verstöße gegen das Sozialgerichts- und das Grundgesetz. Die Agentur für Arbeit Karlsruhe trat der Klage unter Verweis auf die Zuständigkeit des Beklagten entgegen. Die Klage gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erscheine unzulässig. Das SG führte daraufhin - nach Anhörung des Klägers - die Klage gegen den Beklagten weiter.
Der Beklagte wertete die Klage vom 13.09.2005 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.08.2005, der mit Widerspruchsbescheid 20.09.2005 zurückgewiesen wurde. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 10 vH der maßgebenden Regelleistung seien erfüllt. Die Sanktion umfasse zutreffend die Monate Oktober, November und Dezember 2005. Nach Aktenlage habe der Kläger hinsichtlich der Leistungen zur Existenzgründung den hierfür zwingend erforderlichen Antrag noch nicht eingereicht, sodass noch keine Entscheidung habe erfolgen können. Der Widerspruch sei insoweit unzulässig.
Nachdem der Kläger weiteren Einladungen zum psychologischen Dienst zum 16.09.2005 und 09.11.2005 nicht nachkam, teilte der Beklagte dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 13.10.2005 und 26.10.2005 jeweils mit, dass der ihm zustehende Anteil des Alg II für die Zeit vom 1.11.2005 bis 31.01.2006 um 10 vH der Regelleistung abgesenkt werde.
Der Kläger zog die Bescheide vom 13.10.2005 sowie 27.10.2005 in seine Klage mit ein und erweiterte seine Klage gegen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (Bescheid vom 14.12.2005, mit dem der Kläger auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit wurde).
Auf richterlichen Hinweis teilte der Beklagte dem SG mit Schreiben vom 17.12.2005 mit, dass die Bescheide vom 29.08.2005, 13.10.2005 und 26.10.2005 zurückgenommen und die bereits abgesenkten Beträge dem Kläger unverzüglich zugeführt werden.
Inzwischen hatte der Kläger mit Schreiben vom 29.08.2005 beim Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Einstiegsgeld wegen Existenzgründung gestellt. Auf diesen Antrag bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.01.2006 Einstiegsgeld für die Zeit vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 in Höhe von monatlich 172,50 EUR.
Mit Bescheid vom 27.12.2005 sprach die Agentur für Arbeit Karlsruhe dem Kläger ein bis 20.12.2006 befristetes Hausverbot für die Agentur für Arbeit Karlsruhe, Brauerstraße 10, aus. Diesen Bescheid zog der Kläger in seine Klage ein, da er automatisch Gegenstand des Verfahrens geworden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2006 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei in allen Punkten unzulässig. Die Bescheide über die Absenkung des Alg II seien aufgehoben und dem Kläger der ihm zustehende Restbetrag ausbezahlt worden, weshalb es am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses fehle. Auch die auf Einstiegsgeld gerichtete Klage sei in mehrfacher Hinsicht unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage hätten nicht vorgelegen. Zudem fehle es mittlerweile auch an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, da dem Begehren des Klägers rechtsfehlerfrei entsprochen worden sei. Das ausgesprochene Hausverbot sei nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Zudem komme eine Einbeziehung des Hausverbotes in das vorliegende Verfahren auch nach § 23 Abs. 1 EGGVG nicht in Betracht.
Gegen den am 07.03.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.03.2006 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten. Das SG habe gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit verstoßen. Eine mündliche Verhandlung sei durchzuführen. Von bewilligtem Einstiegsgeld sei nur einen Monat gezahlt worden. Das Hausverbot sei nach § 96 SGG Klagegegenstand. Er fordere Schadensersatz in Höhe von 2000 EUR wegen Amtspflichtverletzung.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Er hat auf Nachfrage des Senats unter Vorlage von Zahlungsnachweisen ausgeführt, der Kläger habe das mit Bescheid vom 24.01.2006 bewilligte Einstiegsgeld für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 in Höhe von insgesamt 1035,00 EUR in zwei Teilbeträgen (862,50 EUR und 172,50 EUR) erhalten. Auf Einwendung des Klägers hat der Beklagte unter Vorlage von Kassenanordnungen weiter ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass dem Kläger ein Minderungsbetrag vom 469,00 EUR noch nicht ausbezahlt worden sei. Dieser Betrag sei zur Zahlung an den Kläger angewiesen worden.
Mit Bescheid vom 21.11.2006 versagte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.11.2006 gemäß §§ 60, 66 SGB I wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungsverpflichtung. Der Kläger hat diesen Bescheid in seine Berufung einbezogen. Der Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und sei gesetzesmissbräuchlich ergangen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten schuldig zu sprechen und Schadenersatz.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 26.01.2007 hat der Kläger die Antragsschrift vom 16.01.2007 zu den Akten gegeben, in der er sich weiterhin gegen das Handeln des Beklagten und die Justiz wandte und im weiteren Verlauf der Verhandlung einen Befangenheitsantrag gestellt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere des Klägers, wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit entscheiden, ohne zuvor über das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Ablehnungsgesuch gegen die mitwirkenden Richter ("Ich lehne euch ab ...") bzw. anschließend gegen den Vorsitzenden entschieden zu haben. Denn nach der Rechtsprechung (BSG Beschluss vom 26.04.1989 - 11 BAr 33/88 -) kann ein Ablehnungsgesuch unzulässig sein, wenn es missbräuchlich gestellt wird und macht bei offensichtlichem Missbrauch keine förmliche Entscheidung nötig (vgl. BSG SozR § 60 SGG Nr. 5; BVerfGE 72, 51, 59). Maßgebend ist insoweit, ob der Beteiligte Befangenheitsgründe vorträgt und glaubhaft macht, die sich individuell auf den an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter beziehen (BVerwG NJW 1997, 3327).
Daran fehlt es im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil der Kläger die Richter, die befangen sein sollen, zunächst nicht einmal namentlich ("Ich lehne euch ab ...") genannt hat. Darüber hinaus reicht auch die namentliche Nennung eines Richters (den Vorsitzenden) im Ablehnungsgesuch allein nicht aus, um ein hinreichend konkretes Ablehnungsgesuch annehmen zu können. Vielmehr muss der Ablehnungsgrund durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden (BVerwG a.a.O.). Diesen Anforderungen trägt das Ablehnungsgesuch des Klägers nicht Rechnung. Es enthält lediglich die pauschale Behauptung, die Richter / der Vorsitzende würden seinen Antrag vereiteln. Ein derart pauschaler Angriff ist zur Substantiierung eines Ablehnungsgesuchs offensichtlich nicht tauglich.
Das Befangenheitsgesuch des Klägers ist auch deshalb offensichtlich rechtsmissbräuchlich, weil es erkennbar im Zusammenhang mit dem zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gemachten Hinweis des Vorsitzenden, dass eine Klageänderung (Klageerweiterung) im Berufungsverfahren nicht statthaft sei, gestellt worden ist. Es ist offensichtlich, dass das gestellte Ablehnungsgesuch lediglich dazu dienen sollte, die zu erwartende Zurückweisung der Berufung zu verhindern.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat kommt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zueigen, worauf er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung und zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur, soweit sich der Kläger mit seiner Klage beim SG gegen die Minderung seines Anspruches auf Alg II sowie wegen seines Antrages auf Zahlung von Einstiegsgeld gewandt hat. Hinsichtlich dieser Begehren ist der Kläger in vollem Umfang klaglos gestellt worden, so dass sich der Rechtstreit erledigt hat und ein Rechtsschutzinteresse des Klägers für eine gerichtliche Entscheidung nicht mehr besteht. Hiervon geht auch der Kläger selbst aus, wie sein zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag zeigt.
Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag des Klägers, den Beklagten schuldig zu sprechen und auf Schadenersatz (wegen Amtspflichtverletzung), ist nicht statthaft. Damit bezieht der Kläger ein weiteres Klagebegehren in seinen Rechtstreit mit ein, was eine Klageänderung i.S.d. § 99 SGG durch eine Klageerweiterung darstellt. Eine solche Klageänderung ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen, was hinsichtlich des Beklagten nicht zutrifft, oder das Gericht die Änderung als sachdienlich hält, was ebenfalls nicht der Fall ist. Denn für Rechtsstreitigkeiten auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung ist gemäß § 51 SGG i.V.m. Artikel 34 des Grundgesetzes nicht der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, sondern nur der ordentliche Rechtsweg eröffnet, weshalb es nicht sachdienlich ist, die Klage des Klägers in das Berufungsverfahren einzubeziehen, zumal der Senat in diesem Fall gehalten wäre, dem Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen, wodurch dem Kläger Gerichtskosten entstünden.
Im Übrigen ist entgegen der Ansicht des Klägers, der Bescheid der Agentur für Arbeit Karlsruhe vom 27.12.2005, mit dem gegen den Kläger ein Hausverbot ausgesprochen wurde, ebenfalls nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreites geworden, abgesehen davon, dass sich die Klage des Klägers insoweit gegen die im vorliegenden Rechtsstreit nicht beteiligte Bundesagentur für Arbeit zu richten hätte. Der Bescheid vom 27.12.2005 steht in keinem Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt des Beklagten, der Gegenstand des Klageverfahrens ist, weshalb die Voraussetzungen des § 96 Absatz 1 SGG ersichtlich nicht vorliegen. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift besteht kein Anlass. Außerdem hat sich der befristete Bescheid vom 27.12.2005 durch Zeitablauf erledigt.
Vorstehendes gilt auch für den Bescheid des Beklagten vom 21.11.2006. Auch dieser Bescheid ändert einen Verwaltungsakt, der Gegenstand des Rechtsstreites ist, nicht ab oder ersetzt ihn, sodass die Voraussetzungen des § 96 Absatz 1 SGG ebenfalls nicht erfüllt sind. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift besteht wiederum kein Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger im Berufungsverfahren durch die Nachzahlung von Alg II in Höhe von 469,00 EUR einen Teilerfolg errungen hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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