S 21 (10) AS 42/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 21 (10) AS 42/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der am 1943 geborene Kläger beantragte am 13.08.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Mit Bescheid vom 16.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.03.2005 in folgender Höhe:

vom 01.01.2005 bis 31.01.2005 541,80 EUR, vom 01.02.2005 bis 28.02.2005 520,46 EUR und vom 01.03.2005 bis 31.03.2005 461,80 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 25.01.2005 Widerspruch mit der Begründung ein, aufgrund einer mit der Bundesagentur für Arbeit getroffenen Vereinbarung gemäß § 428 SGB III müsse er Arbeitslosengeld II in Höhe der am 31.12.2004 ausgelaufenen Arbeitslosenhilfe erhalten. Überdies seien die Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II falsch berechnet worden. Wegen seines Stiefvaters, der mit ihm gemeinsam die im Eigentum des Klägers stehende und von beiden jeweils zur Hälfte genutzte Immobilie bewohne, seien die Kosten für Unterkunft und Heizung zu Unrecht nur zu 50 % erstattet worden.

Mit Bescheid vom 06.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 06.05.2005 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor, wegen der mit der Beklagten nach § 428 SGB III geschlossenen Vereinbarung könne er sich hinsichtlich der Höhe seines Arbeitslosengeldes II bis zum erreichen der Altersrente auf Vertrauensschutz berufen, denn die Anwendung des SGB II auf Arbeitslose, die mit der Bundesagentur für Arbeit die sogenannte 58er-Regelung getroffen hätten, sei verfassungswidrig.

Bei der Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II dürfe nicht zugrundegelegt werden, dass der Stiefvater des Klägers mit diesem die im Eigentum des Klägers stehende Immobilie gemeinsam bewohnte, denn der Kläger habe mit seinem Stiefvater einen privatrechtlichen Vertrag geschlossen, in dem dieser ein lebenslanges freies Wohnrecht an bestimmten Räumen des Hauses erhalte. Dieses wurde am 1965 im Grundbuch der Gemeinde X. eingetragen.

In dem notariellen Vertrag aus dem Jahre 1965 heißt es dazu: " § 1: Der Beteiligte zu 2), X. B., erhält hiermit von dem Beteiligten zu 1), R. L., dessen hälftigen Anteil an dem Nachlass der verstorbenen Mutter des Beteiligten zu 2) und gleichzeitig Ehefrau des Beteiligten zu 1). Dementsprechend überträgt der Beteiligte zu 1) seinen Anteil an dem zum Nachlass gehörenden Grundbesitz, X Nr. 00, eingetragen im Grundbuch von X. Band 0 Blatt 000, an den Beteiligten zu 2). Der Beteiligte zu 2) nimmt die Übertragung des Anteils des Beteiligten zu 1) an dem Nachlass der Erblasserin an, indem sie sich damit vollständig als noch in ungeteilter Erbengemeinschaft lebende Erben auseinandersetzen. Der Beteiligte zu 2) befreit den Beteiligten zu 1) von allen Verbindlichkeiten des Nachlasses.

§ 2: Der Beteiligte zu 1) erhält im Hause X. Nr. 00, eingetragen im Grundbuch von X. Band 0 Blatt 000, ein lebenslängliches freies Wohnrecht an drei im Erdgeschoß liegenden Räumen. Zwei von diesen Räumen, als Wohnzimmer und Schlafzimmer von Beteiligten zu 1) zur Zeit benutzt, liegen in östlicher Richtung, der dritte Raum, zur Zeit als Küche benutzt, liegt in westlicher Richtung. Außerdem erhält der Beteiligte zu 1) freien Umgang in Haus, Hof und Garten. Der Beteiligte zu 1) hat außerdem ein Nutzungsrecht an der Hälfte des Gartens. Der Beteiligte zu 1) ist berechtigt, die gemeinschaftlichen Einrichtungen zu benutzen, davon Keller und Boden je zur Hälfte. Im Falle der Wiederverheiratung des Beteiligten zu 1) der zur Zeit Witwer ist, ist seine Ehefrau berechtigt, das Wohnrecht des Beteiligten zu 1) mit allen sonstigen Bedingungen zu teilen. Sollte der Beteiligte zu 1) vor seiner Ehefrau sterben, tritt diese als überlebende in alle Rechte ein und zwar bis an ihr Lebensende. Falls nach Wiederverheiratung des Beteiligten zu 1) dessen überlebende Ehefrau auf ihr Wohnrecht rechtswirksam verzichtet, ist der Beteiligte zu 2) zur Zahlung einer Entschädigung an diese in Höhe eines zweifachen Jahreswertes des Wohnrechts einschließlich Nebenbedingungen verpflichtet."

Der Vertrag sei im Rahmen einer Erbauseinandersetzung geschlossen worden. Der Inhalt der Vereinbarung sei so zu verstehen, dass der Stiefvater des Klägers durch die Einräumung des Wohnrechts das Eigenheim des Klägers kostenfrei nutzen dürfe. Der Kläger müsse deshalb nicht nur für seine eigenen Unterkunftskosten, sondern auch für die seines Stiefvaters aufkommen. Ohne Unterstützung durch die Beklagte sei er hierzu nicht in der Lage.

Außerdem habe sich die Beklagte bei der Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung verrechnet. Selbst wenn ihre Auffassung zuträfe, sie müsse die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Kläger nur anteilig übernehmen, so habe sie ihm für den streitigen Zeitraum dennoch 282,54 EUR zu wenig ausgezahlt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid vom 16.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, nach § 1 Abs. 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis N. seien dem Kreis N. als nach § 6a Abs. 2 SGB II zugelassener kommunaler Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II und als zuständiger Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II den kreisangehöhrigen Städten und Gemeinden zur Entscheidung im eigenen Namen die Durchführung der in den §§ 4 und 5 der vorgenannten Satzung näher bezeichneten Aufgaben übertragen. Gleichzeitig sei in § 8 Satz 1 der Satzung geregelt, dass die Durchführung von Rechtsbehelfs- und Rechtsstreitverfahren in allen Fällen dem Kreis obliege.

Die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II sei dem Kreis N. als Selbstverwaltungsaufgabe übertragen worden (§ 1 AG-SGB II NRW). Der Kreis sei aus dieser Rechtsstellung heraus befugt, die Aufgaben selbst durchzuführen oder sie ganz oder teilweise im Rahmen der kommunalrechtlichen Bestimmungen auf seine Städte und Gemeinden zu übertragen (§ 5 AG-SGB II NRW). Dies schließe die Entscheidung darüber, wer den Kreis als Träger der Leistungen nach dem SGB II gerichtlichvertrete, ein. Von diesem Recht habe der Kreis N. in Form einer Satzung Gebrauch gemacht. § 8 der Satzung sei nicht als gegenüber § 1 nachrangiges Recht anzusehen und ändere auch nicht die Rechtslage des § 1 ab; er nehme lediglich aus der Übertragung nach § 1 jene Aufgaben insoweit heraus, die die Durchführung von Rechtsbehelfs- und Rechtsstreitverfahren beinhalten, und regele diese betreffenden Fälle insoweit von § 1 abweichend.

Materiell rechtlich sei die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin der Bundesagentur für Arbeit und deshalb auch nicht an etwaige Vereinbarungen mit ihr gebunden. Es entspräche der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), das Kosten der Unterkunft und Heizung nach der Kopfzahl der Bewohner einer Immobilie aufgeteilt würden. Eine Ausnahme, die eine Abweichung von diesen Grundsätzen rechtfertige, sei im Falle des Klägers nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 01.02.2006 hat die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Kosten der Unterkunft in Höhe von 282,52 EUR anerkannt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.09.2006 haben die Beteiligten eine teilweise Regelung folgenden Inhalts getroffen: 1. Die Beklagte verpflichtet sich, sämtliche gegenüber dem Kläger erlassene Leistungsbescheide über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufzuheben und den Kläger nach den vom BSG ausgeurteilten Grundsätzen neu zu bescheiden, falls der 7. Senat des Bundessozialgerichts in einem der unter den Aktenzeichen B 7b AS 4/05 R, B 7b AS 2/06 R oder B 7b AS 4/06 R anhängigen Fällen entscheidet, dass die Anwendung des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) für Leistungsempfänger, die vor dem 01.01.2005 eine Regelung mit der Bundes Agentur für Arbeit gemäß § 428 SGB III abgeschlossen haben, verfassungswidrig sind.

2. Die Gegenseite ist hiermit einverstanden. 3. Die Klage soll nur bezüglich der streitigen Unterkunftskosten weitergeführt werden. Im übrigen erklären die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.

Die Klage ist zulässig. Richtige Beklagte und damit passiv legitimiert ist die Stadt Q ... Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt insoweit ebenso wie nach § 78 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Rechtsträgerprinzip, wonach Beteiligter die juristische Person ist, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, oder für den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes sachlich zuständig ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 70 Rn. 4; Koch/Schenke VwGO, 12. Auflage, § 78 Rn. 3). Passiv legitimiert ist daher derjenige Rechtsträger, der auch materiell verpflichtet ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.; § 69 Rn. 4). Sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit der Klage begehrten Leistung ist hier die Stadt Q ... Der Kreis N. ist zwar gemäß § 6a des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II) zugelassener Träger für die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Er hat diese Aufgaben jedoch entsprechend § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW vom 16.12.2004 durch Satzung an die Stadt P. delegiert. Nach § 1 der Satzung vom 16.12.2004 überträgt der Kreis N. den kreisangehörigen Städten und Gemeinden die in §§ 4 und 5 der Satzung näher bezeichneten Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen. Zu die

sen Aufgaben gehört gemäß § 4 Nr. 3 und Nr. 4 der Satzung unter anderem die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Erlass von entsprechenden Verwaltungsakten im eigenen Namen. § 1 der Satzung des Kreises N. vom 16.12.2004 enthält damit eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung und nicht nur eine Übertragung eines Mandats. Ein Mandatsverhältnis liegt nur vor, wenn die Heranziehung der Gemeinde ein Handeln im Namen des Kreises aufgibt (Grube/Wahrendorf, Wahrendorf, SGB XII, § 99 Rn. 5). Hier liegt vielmehr eine delegationsähnliche Aufgabenübertragung vor. Unter Delegation ist ein Rechtsakt zu verstehen, durch den ein Hoheitsträger seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt, auch wenn er selbst weisungsbefugt bleibt (Schenke, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, Verwaltungsarchiv Band 68, 118, 120, 148). Da hier der Stadt Q. entsprechend dem Ausführungsgesetz zum SGB II vom 16.12.2004 die Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen wurde, handelt es sich, auch wenn der Kreis N. weiterhin zugelassener kommunaler Träger der SGB II Leistungen bleibt, um eine Delegation im weiteren Sinne. Dementsprechend werden die kreisangehörigen Gemeinden in § 8 der Satzung auch als "Delegationsnehmer" bezeichnet. Diese Unterscheidung hat entscheidende Auswirkungen auf die Frage der Beteiligung im Prozess, weil der in eigenem Namen entscheidende Delegationsnehmer auch Beklagter ist (Hauck/Noftz, Schlette, Kommentar zum SGB XII, § 99 Rn. 15; OVG Münster, Urteil vom 17.05.1988 – 8 A 825/86; Schmidt-Jorzig, Strukturen einer Einbeziehung kreisangehöriger Gemeinden in den Vollzug von Kreiszuständigkeiten, Verwaltungsarchiv 75. Band, 1984, 418). Nur wenn die herangezogene Kommune im Namen des zuständigen Trägers entscheiden würde, würde gegenüber dem leistungsberechtigten Bürger klargestellt, dass dieser gegenüber dem Bürger verantwortlich bleibt und dass er auch als Beklagter in einem gerichtlichen Verfahren anzugreifen ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 11.09.1991 – 4 L 148/90).

Der teilweise entgegenstehenden im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Rechtsprechung des LSG NRW (Beschluss vom 22.11.2005 – L 12 B 38/05 AS ER und vom 24.11.2005 – L 9 B 87/05 AS ER) vermag die Kammer nicht zu folgen. Zutreffend wird in diesen Entscheidungen zwar darauf hingewiesen, dass sich der Kreis N. in § 8 der Satzung die Durchführung von Rechtsbehelfs- und Rechtsstreitverfahren vorbehalten hat und diese Satzungsregelung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Dies ändert jedoch nichts an der materiellen Verpflichtung zur Erbringung der Leistung auf Seiten

der herangezogenen Kommunen. Ausschlaggebend ist nicht die weiterbestehende Leistungsträgerschaft des Kreises nach § 6a SGB II, sondern die Frage, welcher Rechtsträger leistungsverpflichtet ist. Diese Frage kann im Sozialhilferecht und im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II nur einheitlich beantwortet werden. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung der Heranziehungsmöglichkeit in § 6 Abs. 2 SGB II eine mit der Sozialhilfepraxis übereinstimmende Verfahrensweise ermöglichen. Unter der Geltung des BSHG war es in vielen Ländern üblich, die kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Hilfe zum Lebensunterhalt heranzuziehen und so die untere kommunale Ebene einzubeziehen. Diese Praxis sollte nach der Begründung des kommunalen Optionsgesetzes ausdrücklich fortgeführt werden (BT-Drucks. 15/2816). Auch das Ausführungsgesetz des Landes NRW zum SGB XII vom 16.12.2004 (GVBl., Seite 816) sieht in § 3 vor, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe die kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der ihnen als Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben heranziehen kann. Auch in diesem Bereich entscheiden die Kommunen dann im eigenen Namen. Diese Regelung gibt insoweit nur den bereits vor dem 01.01.2005 geltenden Rechtsstand wieder. Insoweit war – und soweit ersichtlich – ist unumstritten, dass die Rücknahme der Delegation bezüglich des Widerspruchsverfahrens und des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht dazu führt, dass der Landkreis nunmehr als Beklagter zu führen ist. Diese Regelung entspricht vielmehr § 90 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch (SGB X) und § 6 Abs. 2 SGB II. Es handelt sich hierbei um eine Ausnahme von der allgemeinen Delegation und diese Sonderregelung erfasst lediglich die Zuständigkeit im Vorverfahren. Für das Klageverfahren blieb es unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bis zum 31.12.2004 weiterhin dabei, dass Beklagte die kreisangehörige Gemeinde bleibt, es sei denn, der Widerspruchsbescheid hat den Kläger erstmals im Sinne des § 78 Abs. 2 VwGO beschwert (Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Auflage, § 96 Rn. 20). Diese Grundsätze gelten im Bereich der Sozialhilfe auch weiterhin, obwohl nach § 99 Abs. 1 SGB XII die Kreise nunmehr den Widerspruchsbescheid nach dem SGG erlassen müssen und § 78 VwGO damit keine direkte Geltung mehr beanspruchen kann. Nach wie vor sind Klagen des Hilfeempfängers gegen im Rahmen von Auftragsverhältnissen ergangene Verwaltungsakte gegen den Verwaltungsträger zu richten, in dessen Namen der Verwaltungsakt erlassen worden ist (Hauck/Noftz, Schlette, Kommentar zum SGB XII, § 99 Rn. 15). Für eine abweichende Handhabung im Bereich des SGB II sind Sachgründe nicht zu erkennen. Auch im Bereich des SGB II entfällt wegen der Durchführung des Wider-

spruchsverfahrens durch den Kreis nicht die Passivlegitimation der materiell verpflichteten Kommunen. Vielmehr ist die Klage auch weiterhin gegen diejenige juristische Person des öffentlichen Rechts zu richten, die den Verwaltungsakt erlassen hat und von der eine Leistung begehrt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 54 Rn. 45).

Soweit in § 8 der Satzung vom 16.12.2004 dem Kreis die Durchführung der Rechtsstreitverfahren obliegt, handelt es sich lediglich um eine Befugnis zur Prozessvertretung in gerichtlichen Streitigkeiten. Die oben dargelegte Stellung der Kommunen als Beklagte wird im Wesentlichen durch Verfahrensgrundsätze des Sozialgerichtsgesetzes und damit durch ein Bundesgesetz bestimmt, welches durch eine untergesetzliche Satzungsbestimmung nicht modifiziert werden kann. Dem Kreis N. bleibt es unbenommen, das Rechtsstreitverfahren sowohl schriftlich als auch durch Entsendung eines Beamten des Kreises als Prozessvertreter der Gemeinde durchzuführen. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz wird nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in einem solchen Vorgehen nicht gesehen. Die Beteiligtenrolle der Gemeinde als Beklagte wird allerdings hierdurch nicht berührt (OVG Münster, Beschluss vom 29.07.1979 – VIII B 295/78).

Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass diejenigen Rechtsträger, die in erster Linie und im eigenen Namen über die Ansprüche der Hilfsbedürftigen entscheiden, sich mit allen verfahrensrechtlichen und auch kostenrechtlichen Konsequenzen der Verantwortung in einem sozialgerichtlichen Verfahren stellen müssen, und so dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf effiziente Weise zur Geltung verholfen wird.

Im Übrigen spricht auch die gerichtsbekannte Handhabung durch den Kreis N. und die kreisangehörigen Kommunen in Fragen der örtlichen Zuständigkeit für die Beklagteneigenschaft der Kommunen. Da die Kommunen bei einem Umzug in eine andere Kommune die Ansprüche mangels örtlicher Zuständigkeit ablehnen und diese Vorgehen auch in Gerichtsverfahren vom Kreis N. als rechtens betrachtet wird, gehen offensichtlich die kommunalen Beteiligten solcher Verfahren selbst davon aus, dass nur die kreisangehörigen Kommunen als Delegationsnehmer materiell verpflichtet sind (Beschluss der 13. Kammer des Sozialgerichts Detmold vom 09.12.2005 – S 13 AS 51/05 ER). Die hier vertretene Auffassung zur Frage der Beklagteneigenschaft bei Delegationen wird inzwischen auch von der neuen Rechtsprechung des LSG NRW jedenfalls für das

Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geteilt (LSG NRW, Beschluss vom 24.02.2006 – L 19 B 100/05 AS ER unter Aufgabe seiner bisher entgegenstehenden Rechtsprechung; Beschluss vom 24.05.2006 – L 20 B 40/06 AS ER).

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 16.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2005 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die dem Kläger zustehenden Kosten für Unterkunft und Heizung ihrer Höhe nach korrekt berechnet, denn nur der vom Kläger selbst genutzte Teil seines Eigenheimes ist als (beheizte) Unterkunft im Sinne von § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) anzusehen.

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Der Begriff Unterkunft ist denkbar weit und umfasst jede Art von Wohnraum, wie etwa Mietwohnungen, Eigenheime, Wohnwagen, und Stellplätze (Beck’scher Online Kommentar/Breitkreuz, § 22 RdNr 3). Dies gilt allerdings nur, soweit die Wohnung vom Hilfebedürftigen selbst genutzt wird, denn § 22 SGB II schützt nur den Erhalt des (beheizten) Wohnraumes des Hilfebedürftigen. (Beck’scher Online Kommentar/Breitkreuz, § 22 RdNr 1, Eicher/Spellbrink, Lang, § 22 RdNr 5; Sächsisches Landessozialgericht 3. Senat Beschluss vom 26.07.2006, Aktenzeichen: L 3 B 301/05 AS-ER). Für die von dem Stiefvater des Klägers genutzten Räumlichkeiten trifft dies nicht zu, denn der Kläger bewohnt diesen Tei des Hauses nicht selbst.

Auch aus rechtlichen Gründen kann der Kläger die von dem Wohnrecht seines Stiefvaters erfassten Teile seines Hauses nicht nutzen, denn das zu dessen Gunsten im Grundbuch eingetragene lebenslange Wohnrecht schließt die Nutzung dieses Teiles der Immobilie zu Wohnzwecken des Klägers aus.

Nach § 1093 BGB kann als beschränkte persönliche Dienstbarkeit das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen.

In dem zwischen dem Kläger und seinem Stiefvater geschlossenen notariellen Vertrag haben die Parteien die Eintragung eines Wohnungsrechts im Sinne von § 1093 BGB und nicht ein Wohnrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit gemäß §§ 1090 bis 1092 BGB vereinbart, denn die Vertragsparteien wollten die bis dahin zwischen ihnen bestehende ungeteilte Erbengemeinschaft auseinandersetzen und die Nutzung von Haus und Garten unter einander festlegen. Dazu sollte der Kläger alleiniger Eigentümer der Immobilie werden und seinem Stiefvater im Gegenzug den ausschließlichen Gebrauch bestimmter Räume und Gemeinschaftseinrichtungen des Hauses, sowie der Hälfte des Gartens überlassen.

Allerdings ist der Wortlaut des § 2 der Urkunde bezüglich eines Nutzungsrechts des Klägers an den von dem Wohnrecht seines Stiefvaters erfassten Teilen des Hauses nicht eindeutig, denn es findet sich keine Formulierung, die dem Kläger die Nutzung der von seinem Stiefvater bewohnten Räume ausdrücklich untersagt oder das Wohnrecht des Stiefvaters als "Wohnungsrecht" im Sinne von § 1093 BGB bezeichnet. Trotzdem scheidet die Bewilligung des Wohnrechts gemäß §§ 1090 bis 1092 als beschränkte persönliche Dienstbarkeit, nach welcher dem Kläger immer noch ein Mitbenutzungsrecht an den von dem Wohnrecht erfassten Teilen des Hauses zustände aus, denn eine solche Regelung ist aus der Eintragung des Wohnrechts im Grundbuch der Gemeinde X. vom 05.04.1965 nicht ersichtlich und widerspräche Sinn und Zweck der notariellen Regelung.

Ergeben sich aus der Eintragung im Grundbuch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gemäß §§ 1090 bis 1092 BGB, so ist regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien die Eintragung eines Wohnungsrechts nach § 1093 BGB gewollt haben (MÜKO/Joost, § 1093 RdNr 5).

Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes, denn der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, dass er und sein Stiefvater jeder für sich eine Hälfte des Hauses nutzen. Genau dies sollte durch die notarielle Vereinbarung ermöglicht und rechtlich abgesichert werden, denn ansonsten hätten es der Kläger und sein Stiefvater auch bei der vormals bestehenden ungeteilten Erbengemeinschaft belassen können, bei der beide wegen des zur gesamten Hand erworbenen Nachlasses ein Mitbenutzungsrecht an der ganzen Imobilie hatten.

Da es sich nur bei dem von dem Kläger genutzten Teil seines Hauses um seine Unterkunft handelt, muss die Beklagte auch nur die Heizkosten für den vom Kläger bewohnten Teil des Hauses übernehmen, denn "Heizung ist die Versorgung der Unterkunft mit Wärme" (Beck’scher Online Kommentar/Breitkreuz, § 22 RdNr 6).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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