L 15 VU 1/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 V 80/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VU 1/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9a VU 4/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Beschädigtenversorgung nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).

Die 1928 geborene Klägerin war zweimal verheiratet. Aus der ersten 1952 geschiedenen Ehe ging ein Kind hervor, ebenso aus der 1954 geschlossenen zweiten Ehe; der zweite Ehemann verstarb 2002.

Mit Urteil des Kreisgerichtes K. (DDR) wurde die Klägerin zusammen mit ihrem zweiten Ehemann am 27.04.1960 wegen gemeinschaftlich begangener versuchter Republikflucht in Tateinheit mit fortgesetztem Verstoß gegen die Geschenkpaketeverordnung zu zwei Monaten und zwei Wochen Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt. Mit Beschluss der Rehabilitierungskammer des Landgerichts C. vom 07.12.1994 (Az.: BSRH 1082/94) wurde dieses Urteil unter Feststellung seiner Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Klägerin rehabilitiert.

Mit Schreiben vom 15.02.1995 beantragte die Klägerin u.a. eine neurotisch-depressive Erkrankung, ein Blasen- und Nierenleiden mit Inkontinenz sowie Rheuma als Folgen dieser Haft anzuerkennen. Zur Begründung verwies sie auf ärztliche Bescheinigungen der Dres.S. , W. , W. , M. , S. und H. und legte Befunde der urologischen Klinik und Polyklinik der Universität W. vom 31.10.1979 und der Dres.L. , E. und H. vom 23.06.1977 und 21.03.1995 vor.

Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 07.08.1996 ab.

Zuvor hatten der Internist Dr.D. und der Nervenarzt Dr.B. in ihren Gutachten vom 27.06. und 28.06.1996 Folgeschäden der Haft verneint.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 27.08.1996, den sie mit dem Hinweis auf ein Gutachten der Dr.B. vom 26.06.1996 begründete, wonach allein die "neurotische Depression" bereits einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 bedinge.

In diesem Gutachten aus dem Verfahren S 3 Vs 172/95 vor dem Sozialgericht Würzburg gab sie der Sachverständigen gegenüber u.a. auch an, im Vordergrund ihrer Beschwerden stünden die niedergedrückte Stimmung, die schnelle Erschöpfbarkeit und die Schmerzen im ganzen Körper. Seit fast 30 Jahren sei sie deshalb in nervenärztlicher Behandlung. In den ersten Jahren sei sie an etwa acht bis zehn Tagen im Monat beschwerdefrei gewesen, jetzt habe sie überhaupt keine guten Tage mehr. Als besondere Belastung sei im Jahre 1986 die Operation wegen eines Gebärmutterkarzinoms hinzugekommen. Als Folge der damals notwendigen Bestrahlung bestünde immer noch eine Harninkontinenz und zeitweise auch eine Stuhlinkontinenz. Sie könne nachts schlecht schlafen und sei am Morgen wie gerädert. Sie müsse immer viel weinen und sei überhaupt nicht leistungsfähig. Sie führe die gesamten nervlichen Probleme auf ihre Stasi-Haft zurück.

Zu dem Gutachten der Dr.B. stellte der Leitende Medizinaldirektor der Beklagten (Neurologe und Psychiater) Dr.K. am 16.10.1996 fest, die Sachverständige Dr.B. habe als Internistin mit der Feststellung einer neurotischen Depression ganz eindeutig ihre diagnostische Kompetenz überschritten. Aus nervenärztlicher Sicht sei vielmehr festzustellen, dass die Klägerin unter einem nervösen Alterssyndrom in Form einer Rückbildungsnervosität leide. Es imponierten Zustände von Ermüdbarkeit und erhöhter Empfindlichkeit, Neigung zu Missempfindungen aller Art und Missstimmung. Dieses neurasthenische Syndrom werde ganz überwiegend durch involutive Vorgänge auf der Basis hirnorganischer Veränderungen begünstigt. Bekanntlich sei das Involutionsalter ganz neurosefeindlich, so dass die diagnostische Klassifikation der Dr.B. mit der Lehrmeinung und der Nervenheilkunde überhaupt nicht mehr in Einklang zu bringen sei. Dagegen seien die gutachterlichen Ausführungen des Dr.B. vom 28.06.1996 zutreffend. Bei dieser eindeutigen Sachlage sollte der Ablehnungsbescheid aufrecht erhalten bleiben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.1996 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und nachdrücklich darauf hin, das bei der Klägerin vorliegende neurasthenische Syndrom sei ganz überwiegend auf der Basis hirnorganischer Veränderungen begünstigt und altersbedingt, so dass eine Anerkennung als Haftfolge nicht möglich sei.

Mit Bescheid vom 09.06.2000 führte der Beklagte den im Schwerbehindertenverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg am 26.06.1996 geschlossenen Vergleich aus, wonach bei der Klägerin die im Gutachten der Dr.B. aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen ab Antragstellung (03.02.1994) mit einem Gesamt-GdB von 50 festgestellt wurden.

Ihre hiergegen am 20.12.1996 zum Sozialgericht Würzburg erhobene Klage begründete die Klägerin mit Schreiben vom 16.01.1997 u.a. damit, sie beziehe seit 1973 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, so dass involutive Vorgänge auf der Basis hirnorganischer Veränderungen kaum eine Rolle hätten spielen können. Im Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass bei ihr eine neurotische Depression vorliege, die ihre Ursache in der seinerzeitigen Haft habe. 1960 sei sie bereits bei Dr.W. (Praxisnachfolger Dr.H.) in W. in Behandlung gewesen, der ihr 1961 empfohlen hätte, Rente zu beantragen.

Das Gericht zog Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und beauftragte die Sachverständige Dr.B. (Psychiatrie, öffentliches Gesundheitswesen) mit der Erstellung eines Gutachtens. In diesem Gutachten vom 21.06.1999 bestätigte die Sachverständige eine asthenische Persönlichkeit der Klägerin mit chronifizierter depressiver Verstimmung. Auch wenn die Diagnose Neurose gestellt würde, könnte diese nicht auf die zurückliegende Haft zurückgeführt werden, da diese Neurosen auf Störungen der kindlichen Entwicklung basierten, die allerdings durch Belastungssituationen ausgelöst werden könnten. Eine Erstmanifestation acht Jahre nach der Belastungssituation, wie dies aus der Akte hervorgehe, lasse einen Zusammenhang völlig unwahrscheinlich erscheinen, zumal objektivierbare Brückensymptome fehlten.

Danach stellte die auf Antrag der Klägerin (§ 109 SGG) gehörte Sachverständige Dr.W. (Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie) in ihrem Gutachten vom 14.02.2000 u.a. deutliche Aggravationstendenzen fest und ging insgesamt davon aus, bei der Klägerin sei es nach einem traumatischen Ereignis (Haft 1960) "bei einem in dem Rahmen aufgetretenen depressiven Syndrom im Laufe der Zeit zu einer Besserung" gekommen. Es gebe keine Erklärung dafür, dass sich eine solche Symptomatik über Jahrzehnte verfestige und sogar noch weiter verschlechtere. Dies habe auch Dr.B. 1996 festgestellt. In Einklang mit Dr.B. stelle sie daher die Diagnose eines depressiven Syndroms bei asthenischer Persönlichkeitsstruktur. Des Weiteren zeigten sich bei der Klägerin noch demonstrative Verhaltensweisen im Sinne einer Begehrenshaltung. Ein Zusammenhang mit der 1960 erfolgten Haft sei vollkommen ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 26.04.2000 wies das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 07.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.1992 ab. Zur Begründung bezog es sich im Wesentlichen auf die zutreffenden Feststellungen des Beklagten, die von den Sachverständigen Dres.B. und W. bestätigt worden seien.

Mit ihrer Berufung vom 18.07.2000 zum Bayer. Landessozialgericht, die zunächst unter dem Az.: L 18 V 17/00 und danach unter dem Az.: L 15 VH 1/00 registriert wurde, verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung verwies sie insbesondere auf ihren seit den 60-er Jahren behandelnden Nervenarzt Dr.W. , der in verschiedenen Attesten von einer neurotischen Grundstruktur und von depressiven Verstimmungszuständen gesprochen habe. Im Übrigen meldete sie gegenüber den Sachverständigen Dres.B. und W. erhebliche Zweifel an. Vor der Haft habe sie in keinerlei nervenärztlicher Behandlung gestanden, unmittelbar danach hätte sich ihr Nervenleiden dokumentiert. Dieser Darstellung widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 20.09.2000 und verwies auf Dr.H. , der im Befundbericht vom 17.10.1994 mitgeteilt habe, die Beschwerden der Klägerin hätten 1968 angefangen und zwar mit einem depressiven Verstimmungs- und Erschöpfungszustand. Mit Schreiben vom 21.11.2000 bezogen sich die Bevollmächtigten der Klägerin auf deren Schreiben vom 28.10.2000, wonach sie 1960 bis 1968 in der Ambulanz der Frauenklinik W. wegen Blasenschmerzen gewesen sei; sie habe kein Wasser mehr halten können und sei immer weinerlich und ängstlich gewesen, es hätten Schmerzen im ganzen Körper bestanden.

Der auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG gehörte Nervenarzt Dr.M. stellte in seinem Gutachten vom 18.12.2000 in Übereinstimmung mit den Voruntersuchungen der Vorgutachter fest, die ärztliche Dokumentation und die eigene Schilderung der Klägerin lege durchaus den Schluss nahe, dass es sich in der Tat um eine konstitutionell bedingte psychasthenisch-neurasthenische Persönlichkeit handele. Es liege eine anhaltende somatoforme Funktionsstörung im Sinne einer Stressinkontinenz vor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Haft verursacht worden sei. Für die anderen Beschwerden und Gesundheitsstörungen lasse sich dies mit Sicherheit nicht behaupten.

Gegen die Feststellung einer Harninkontinenz als Haftfolge legte der Beklagte die Stellungnahme der Nervenärztin B. vom 14.02.2002 vor. Diese führte u.a. aus, eine Harninkontinenz sei erstmals 1978 von Dr.H. angegeben worden. In den neun Jahren zuvor fänden sich zwar andere Formen der Somatisierung, jedoch keine Inkontinenz. Blasenentleerungsstörungen habe er im November 1988 mitgeteilt. Bereits bei der Erstvorstellung im Oktober 1969 habe Dr.H. Psychopharmaka verordnet, die sich auch auf die Blasenfunktion hätten auswirken können. Im Übrigen hätte der Sachverständige Dr.M. die psychischen Störungen übereinstimmend mit allen Vorgutachtern nicht als Haftfolgen eingeordnet.

In mehreren auf Veranlassung des Gerichtes danach eingeholten ergänzenden Stellungnahmen verwies der Sachverständige Dr.M. u.a. darauf, die Klägerin hätte bereits in einem Schreiben vom 04.12.1961 an das Flüchtlingsamt W. auf die seit der Haft bestehenden Blasenbeschwerden hingewiesen, die demzufolge bereits Jahrzehnte vor Beginn einer Psychopharmakatherapie aufgetreten seien.

Der Beklagte hielt dem entgegen, die Universität W. hätte am 31.10.1979 eine akute oder chronische Harnwegsentzündung ausgeschlossen. Bei der als Stressinkontinenz bezeichneten Harninkontinenz handele es sich eigentlich um eine Schwäche der Muskulatur der ableitenden Harnröhre. Die Ursache derartiger Inkontinenzen sei vielfältig und könne auch anlagebedingt sein. Auslösende Ereignisse seien häufig Geburtstrauma, anatomische Veränderung der Gebärmutter und des umliegenden Gewebes und mit zunehmendem Alter die Veränderung im Hormonhaushalt. Die Klägerin hätte 1947 und 1956 jeweils ein Kind zur Welt gebracht, dies wären auch mögliche Gründe für die diagnostizierte Stressinkontinenz, die primär als organisches Leiden anzusehen sei. Eine Enuresis, für die die Annahme einer Angstäquivalenz zuträfe, träte in der Regel im Kindesalter auf und sistiere mit dem Erreichen des Erwachsenenalters. Anhaltende Blasenstörungen seien kein typisches Symptom einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Anschließend zog das Gericht - soweit möglich - weitere Unterlagen über Behandlungen der Klägerin bei, die den Beteiligten zur Stellungnahme zugeleitet wurden. Diese wiederholten im Wesentlichen ihre medizinischen Kausalitätseinschätzungen.

Der anschließend von Amts wegen gehörte Sachverständige (Chefarzt der Neurologischen Abteilung der Stiftung J.) Dr.M. , W. , stellte in seinem Gutachten vom 28.12.2005 zunächst fest, die Eingrenzung des Ausmaßes und der betroffenen Nervenstrukturen bei der Klägerin sei nicht möglich gewesen, da sie eine elektrophysiologische Untersuchung nicht wünschte. Aufgrund des zeitlichen Verlaufes sei allerdings sicher auszuschließen, dass die Neuropathie als Auslöser der Blasenstörung in Frage komme. Bei der Klägerin sei nicht der Eindruck einer Aggravation oder Vortäuschung vorhanden, sondern vielmehr eines Überwältigtseins durch die erneute Notwendigkeit einer Begutachtung. Außerdem scheine das Misstrauen gegen jede Form von Begutachtung kaum überwindbar zu sein, so dass es kaum noch gelingen werde, umfangreiche Begutachtungen durchzuführen. Er unterstütze die Ansicht, dass aufgrund des zeitlichen Verlaufs ein Zusammenhang der offensichtlichen depressiven Störung mit der Haft unwahrscheinlich sei. Auffälligerweise träten die Symptome der Blasenstörung bei der heutigen Untersuchung im Rahmen der spontanen Beschwerdeschilderung stark in den Hintergrund. In der Summe spreche eher mehr gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Blasenentleerungsstörungen und den Erlebnissen der Haft. Im Vergleich zu den Vorgutachten träten nun alters- und schicksalsbedingte schädigungsfremde Faktoren hinzu (hirnorganische Auffälligkeiten im Sinne von Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Ablenkbarkeit, Sprunghaftigkeit des Denkens, Inkonsistenz des Gedankengangs, aber auch Symptome von Seiten des peripheren Nervensystems im Sinne einer Polyneuropathie). Beide Symptomkomplexe seien schädigungsfremd, ein Zusammenhang mit den Erlebnissen der Haft sei auszuschließen.

Mit Schreiben vom 09.01.2006 meinte die Klageseite, das Gutachten des Dr.M. bringe keine neuen Erkenntnisse, die Klägerin behalte sich ausdrücklich einen Antrag nach § 109 SGG vor. Diesen Antrag wiederholte sie in den nachfolgenden Schriftsätzen nicht mehr.

Der Beklagte legte ein nervenärztliches Gutachten nach Aktenlage des Dr.K. vom 03.02.2006 vor, der sich im Wesentlichen dem Sachverständigen Dr.M. anschloss.

Die Klägerin bezog sich in ihrem letzten Schreiben vom März 2006 nochmals auf ihren Brief von 1960 (sc. 1961) an das Flüchtlingsamt W ...

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.1996 und des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 26.04.2000 zu verurteilen, ihr Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG nach einer MdE von mindestens 30 v.H. ab Antragstellung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.04.2000 zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen wurden die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Würzburg S 3 Vs 172/95 und S 9 V 80/96 sowie die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 18 V 17/00 und L 15 VU 1/00.

Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 SGG und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungskaten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 SGG, § 25 Abs.5 StrRehaG), jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.04.2000 und der Bescheid vom 07.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.1996 sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Inhaftierungsfolgen und damit auf Versorgung nach dem StrRehaG bzw. BVG.

Das Urteil des Kreisgerichtes K. (DDR), mit dem die Klägerin zu zwei Monaten, zwei Wochen Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt worden war, wurde mit Beschluss der Rehabilitierungskammer des Landgerichts C. vom 07.12.1994 (Az.: BSRH 1082/94) unter Feststellung seiner Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Klägerin rehabilitiert. Diese Rehabilitierung begründet gemäß §§ 3 Abs.1, 16 Abs.1 StrRehaG vom 29.10.1992 (BGBl.I S.1814 - mit Wirkung vom 05.07.1997 neu bekannt gemacht durch Gesetz zur Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften vom 01.07.1997, BGBl.I S.1613 in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 30.12.1999 - BGBl.I S.2665 - i.V.m. Art.5 des Gesetzes vom 17.12.1999 - BGBl.I S.2662) grundsätzlich einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die ihr durch die Freiheitsentziehung entstanden sind. Nach § 21 StrRehaG gehört hierzu auch Beschädigtenversorgung, für deren Gewährung die Behörden der Beklagten zuständig sind, denen die Durchführung des BVG obliegt (§ 25 Abs.4 StrRehaG). Danach erhält ein Betroffener, der infolge der Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG (§ 21 Abs.1 Satz 1 StrRehaG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung aufgrund des BVG oder aufgrund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 21 Abs.1 Satz 2 StrRehaG).

Aufgrund der Aktenunterlagen ist zwar die rechtsstaatswidrige Verurteilung der Klägerin, jedoch nicht ihre anschließende Inhaftierung nachgewiesen. Nachdem sämtliche bislang mit der Rehabilitierung der Klägerin befassten Behörden die eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 10.11.1994 über die vollständige Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe vom 09.03. bis 27.05.1960 als glaubhaft angesehen haben und sich auch gegenteilige Hinweise im Laufe des Verfahrens nicht ergaben, werden die Angaben der Klägerin gemäß § 15 KOV-VfG auch vom Senat als glaubhaft angesehen.

Ein möglicher Anspruch der Klägerin ist auch nicht durch § 21 Abs.1 Satz 2 StrRehaG ausgeschlossen, weil die Klägerin wegen der Folgen der rechtsstaatswidrigen Inhaftierung bislang keine Leistungen nach dem BVG erhält.

Die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale - hier eine infolge der rechtsstaatswidrigen Haft erlittene gesundheitliche Schädigung und die gesundheitlichen Folgen dieser Schädigung - müssen nach den im sozialgerichtlichen Verfahren an die richterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen voll bewiesen werden. Dagegen genügt gemäß § 21 Abs.5 Satz 1 StrRehaG zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr bzw. gewichtigere Tatsachen für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechen. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs oder ein zeitlicher Zusammenhang allein genügt nicht. Nach der im Versorgungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung ist hierbei zu beachten, dass nicht jeder Umstand, der irgendwie zum Erfolg beigetragen hat, rechtlich beachtlich ist, sondern nur die Bedingungen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg diesen wesentlich herbeigeführt haben.

Die Klägerin erfüllt diese Anspruchsvoraussetzungen für eine Versorgung nicht. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs.1 Satz 1 SGG) steht für den Senat nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die von ihr geltend gemachten Beschwerden/Erkrankungen (depressive Erkrankung, Blasen- und Nierenleiden mit Stressinkontinenz, Rheuma) Folgen der rechtsstaatswidrigen Haft sind. Damit können sie weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung als Schädigungsfolgen im Sinne des § 21 Abs.1 Satz 1 StrRehaG anerkannt werden.

Nachdem die Klägerin niemals vortrug, einen Unfall während der Haft erlitten zu haben und sich auch aus den Akten keine Hinweise auf einen derartigen Unfall ergeben, erübrigt sich eine Prüfung nach § 21 Abs.2 StrRehaG i.V.m. § 1 Abs.2 lit.e,f BVG.

Für unfallunabhängige Krankheiten/Gesundheitsstörungen bestimmt sich der versorgungsrechtlich geschützte Bereich, z.B. nach Soldatenversorgungsgesetz, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu z.B. BSG vom 05.05.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.8, vom 10.11.1993 in SozR 33200 § 81 Nr.9, vom 24.09.1992 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6 sowie Beschlüsse vom 11.10.1994, Az.: 9 BV 55/94 und 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95) nach dem Vorbild des Berufskrankheitenrechtes der gesetzlichen Unfallversicherung, es sei denn, es handelt sich um besondere außerordentliche Belastungen, die typischerweise nur unter den Bedingungen des Krieges auftreten. Diese Berufskrankheitenrecht ist darüber hinaus Modell nicht nur für die Abgrenzung des versorgungsrechtlich geschützten Bereich im Recht der Soldatenversorgung, sondern gilt auch im Bereich des BVG, zu dem auch das StrRehaG gehört.

Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkungen der erlittenen Haft/hafteigentümlichen Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, können danach in drei Gruppen eingeteilt werden: a) Die angebliche Schädigungsfolge ist in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) als Berufskrankheit anerkannt; b) die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden; c) die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch unter b), die angeschuldigten hafttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Anforderungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen.

Diese Regelung erklärt sich daraus, dass Krankheiten regelmäßig nicht auf ein äußeres Ereignis zurückgeführt werden können, sondern sich aufgrund vielfältiger Einflüsse entwickeln. Als Mitursachen kommen persönliche Lebensweise, Erbanlagen, Störungen während der Entwicklungsphase, Umwelteinflüsse u.a. in Frage. Ob eine Krankheit auf bestimmte Einwirkungen zurückzuführen ist, denen ein Häftling ausgesetzt war, ist daher in der Regel nicht mit Hilfe medizinischer Sachverständigengutachten im Einzelfall feststellbar. Wegen der Vielfalt möglicher Ursachen und der begrenzten Leistungsfähigkeit auch der medizinischen Wissenschaft kann dies nur allgemein entschieden werden. Eine solche allgemeine Antwort hat der Gesetzgeber für das Gebiet des Berufskrankheitenrechtes mit der BKV gegeben. Darin sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Unfallforschung und des Berufskrankheitenrechtes eingeflossen, wonach bestimmte Tätigkeiten im Arbeitsleben in auffallender Weise mit Erkrankungen verbunden sind.

Die von der Klägerin geschilderten Krankheiten sind in der BKV nicht erfasst. Nachdem für den Senat auch keine Gründe ersichtlich sind, dass sie in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden müssten, scheiden die oben unter a) und b) geschilderten Alternativen grundsätzlich aus. Von einem Ursachenzusammenhang zwischen einer bestimmten Belastung und einer bestimmten Krankheit könnte nach dem Bundessozialgericht nur dann gesprochen werden, wenn feststeht, dass Belastungen dieser Art allgemein geeignet sind, Krankheiten dieser Art hervorzurufen; ein Ursachenzusammenhang im Einzelfall kann dann ernstlich in Betracht gezogen werden, wenn die herrschende medizinische Lehrmeinung in der medizinischen Wissenschaft die Belastung allgemein für geeignet hält (vgl. insoweit BSG SozR 3-3800 § 1 OEG Nr.4). Im sozialen Entschädigungsrecht sind deshalb von den ärztlichen Sachverständigen und den Sozialgerichten insoweit zunächst als Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP), derzeit in der Fassung 2005, zu beachten, die in den Rz. 70 und 71 die herrschende medizinische Lehrmeinung bei der Beurteilung psychischer Folgen von schädigenden Einwirkungen im Sinne des sozialen Entschädigungsrechtes behandeln.

Durch psychische Traumen bedingte Störungen kommen danach sowohl nach langandauernden psychischen Belastungen (z.B. in Kriegsgefangenschaft, in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR) als auch nach relativ kurzdauernden Belastungen (z.B. bei Geiselnahme, Vergewaltigung) in Betracht, sofern die Belastungen ausgeprägt und mit dem Erleben von Angst und Ausgeliefertsein verbunden waren. Bei der Würdigung der Art und des Umfangs der Belastungen ist also nicht nur zu beachten, was die Betroffene erlebt hat, sondern auch, wie sich die Belastungen bei ihr nach ihrer individuellen Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit ausgewirkt haben. Die Störungen sind nach ihrer Art, Ausprägung, Auswirkung und Dauer verschieden: sie können kurzfristig in reaktiven Störungen mit krankheitswertigen (häufig depressiven) Beschwerden entsprechen; bei einer Dauer von mehreren Monaten bis zu ein bis zwei Jahren sind sie in der Regel durch typische Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung charakterisiert, ohne diagnostisch auf diese begrenzt zu sein; sie treten gelegentlich auch nach einer Latenzzeit auf. Anhaltend kann sich eine Chronifizierung der vorgenannten Störungen oder eine Persönlichkeitsänderung (früher erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel) mit Misstrauen, Rückzug, Motivationsverlust, Gefühle der Leere und Entfremdung ergeben. Anhaltende Störungen setzen tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifende und in der Regel langandauernde Belastungen voraus. Bei länger anhaltenden Störungen und chronisch verlaufenden (auch neurotisch genannten) Entwicklungen ist zu prüfen, ob die Schädigungsfaktoren fortwirken oder schädigungsunabhängige Faktoren für die Chronifizierung verantwortlich sind (Rz. 71 Abs.1 und 2 AP).

Nachdem sich Einzelheiten der Haftunterbringung nicht ermitteln lassen, müssen sich die Gutachter/Sachverständigen und das Gericht auf die Angaben der Klägerin stützen. Diese schildert im Wesentlichen (seit der Zeit 1994), sie sei häufig verhört worden und hätte Beschuldigungen und Verhöre als erhebliche Quälerei empfunden. Nach ihrer Verurteilung zur Haftstrafe sei sie in ein Stasi-Gefängnis gebracht worden, wo die Haftbedingungen wesentlich strenger gewesen wären. Sie habe beim Eintritt eines Wärters am Fenster strammstehen und Meldung machen sollen, was sie jedoch nicht gekonnt hätte, da sie anfangs drei Wochen lang platt auf ihrer Pritsche gelegen und nicht fähig gewesen sei, aufzustehen. Später habe sie dann aus dem Fenster auf den Gefängnishof gesehen, einen Schock und erheblicher Angstgefühle bekommen. Wegen der ungeheizten Gefängniszelle hätte sie erhebliche Blasenbeschwerden gehabt, häufig gezittert und oft das Wasser nicht halten können. In ihrem Schreiben vom Juni/Juli 1999 an das Sozialgericht gab sie an, eine Wachmeisterin hätte ihr gesagt, sie sei extra für sie von der Haftanstalt F. im V. angefordert worden, sonst gehe sie hier kaputt.

Ob diese Umstände bereits geeignet sind, psychische Traumata mit anschließendem chronischen Verlauf hervorzurufen, halten sämtliche - auch die von der Klägerin benannten - Gutachter/ Sachverständigen angesichts der konstitutionell bedingten psychiasthenisch-neurasthenischen Persönlichkeit der Klägerin für ausgeschlossen. Andererseits erachtet es der Senat auch in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr.M. (Gutachten vom 18.12.2001) für durchaus glaubhaft, dass bei der Persönlichkeitssturktur der Klägerin das Hafterlebnis erhebliche Ängste, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, depressive Zustände und körperliche Beschwerden hervorzurufen geeignet war. Für eine nach der Haftzeit längerdauernde depressive Reaktion ergeben sich jedoch keine sicheren Anhaltspunkte. Im Übrigen hat man nach Angaben der Klägerin für sie von der Haftanstalt F. extra eine Wachmeisterin angefordert, um sie zumindest als Frau angemessen zu betreuen, so dass sich für geschlechtsspezifischen Belastungen (Diskriminierungen/Vergewaltigungen oder deren Androhungen) nichts Gravierendes ergibt.

Im Übrigen wird das heute vorliegende Krankheitsbild der Klägerin im versorgungsärztlichen Gutachten des Dr.B. vom 28.06.1996 sowie in den Gerichtsgutachten der Dres.B. , W. und M. vom 21.06.1999, 14.02.2000, 18.12.2001 übereinstimment auf psychischem Gebiet als eine Psychasthenie auf der Basis einer genetischen Prädisposition mit u.a. Neigung zu Verstimmungszuständen geschildert. Die jetzt bestehenden psychischen Beschwerden seien eindeutig konstitutionell bedingt und könnten nicht auf die Inhaftierung zurückgeführt werden. Der am Ende des Berufungsverfahrens gehörte Sachverständige Dr.M. schränkt zwar in seinem Gutachten vom 28.12.2005 die Möglichkeit einer umfangreichen und erfolgversprechenden Begutachtung aufgrund mangelnder Mitwirkung und sachdienlicher Angaben der Klägerin, ihres gegenwärtigen Zustands eines Überwältigtseins durch die erneute Notwendigkeit von Begutachtung sowie in Anbetracht ihres Alters und ihrer Belastbarkeit ein, stellt jedoch ebenfalls klar, dass aufgrund des zeitlichen Verlaufs ein Zusammenhang der offensichtlich depressiven Störung mit der Haft eher unwahrscheinlich sei. Im Vergleich zu den Vorgutachten träten nun alters- und schicksalsbedingte schädigungsfremde Faktoren (hirnorganische Auffälligkeiten, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Ablenkbarkeit, Sprunghaftigkeit des Denkens etc.) hinzu, ein Zusammenhang mit den Erlebnissen der Haft sei jedoch ausgeschlossen. Damit steht für den Senat insgesamt fest, dass nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung auf seelischem Gebiet kein Krankheitsgeschehen vorliegt, das mit den von der Klägerin geschilderten Haftumständen in Zusammenhang stehen kann. Insoweit kann nicht einmal von einer Möglichkeit, geschweige denn von der im Sozialrecht erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges gesprochen werden.

Den Ausführungen des Dr.M. zum Vorliegen einer somatoformen Funktionsstörung im Sinne einer Stressinkontinenz, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Haft verursacht worden sei, kann sich der Senat nicht anschließen. Abgesehen davon, dass auffälligerweise bei der Untersuchung/Begutachtung durch Dr.M. die Symptome dieser Blasenstörung im Rahmen der spontanen Beschwerdeschilderung stark in den Hintergrund traten, hält auch Dr.M. "in der Summe der aus den Akten erhältlichen Informationen, sowie aufgrund der im Rahmen der heutigen Untersuchung gewonnenen Eindrücke" einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Blasenentleerungsstörung und den Erlebnissen der Haft eher für unwahrscheinlich. Im Übrigen weist Dr.S. u.a. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.10.2002 wiederholt darauf hin, bei der als Stressinkontinenz bezeichneten Harninkontinenz handle es sich eigentlich um eine Schwäche der Muskulatur der ableitenden Harnröhre. Bei der Stressinkontinenz liege der muskuläre Verschlussdruck in der Harnröhre unter dem bestehenden Druck in der Harnblase, der im Wesentlichen durch die Kontraktion der Harnblasenmuskulatur und durch den intraabdominellen Druck gebildet werde. Je nach Ausprägung der Stressinkontinenz könne es zu unwillkürlichem Harnabgang nur bei Husten oder Lachen kommen, oder bereits beim Gehen oder Treppensteigen oder gar unabhängig von der Tätigkeit oder auch im Liegen. Die Ursachen einer derartigen Inkontinenz seien vielfältig und könnten auch anlagebedingt sein. Auslösende Ereignisse seien häufig Geburtstraumen, anatomische Veränderungen der Gebärmutter bzw. des umliegenden Gewebes und mit zunehmendem Alter die Veränderungen im Hormonhaushalt. Die Klägerin habe zwei Kinder zur Welt gebracht, dies seien mögliche Gründe für die diagnostizierte Stressinkontinenz. Eine chronische Harnwegsinfektion, wie sie in der ergänzenden nervenärztlichen Stellungnahme vom 20.09.2002 diskutiert werde, sei bei unauffälligem Urinstatus ebenfalls auszuschließen. Fehlende Zeichen der Harnwegsinfektion seien auch nochmals durch die Abnahme des Urinstatus bei der versorgungsärztlichen Begutachtungsuntersuchung Dr.D. 1996 bestätigt worden. Soweit diesen Argumenten Dr.M. beispielsweise in seiner Stellungnahme vom 17.05.2004 entgegen hält, die vom Beklagten vorgetragene Auffassung, es handle sich überwiegend bei der Blasenstörung um ein organisch bedingtes Leiden, werde durch beweisende Befunde nicht belegt, ist dieser Einwand nicht geeignet, die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ursachenzusammenhanges zu begründen. Abgesehen davon, dass die Nervenärztin B. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.02.2002 u.a. unter Hinweis auf medizinische Literatur für das Entstehen einer Reizblase bzw. Inkontinenz aus psychosomatischer Sicht in erster Linie Beziehungsprobleme anführt und damit eine weitere Möglichkeit für das Entstehen einer Inkontinenz aufzeigt, kann der Senat in der Argumentation des Dr.M. bestenfalls eine weitere Möglichkeit für das Entstehen dieser Krankheit erkennen. Schließlich bleibt noch das Problem entsprechender Brückensymptome. Nachdem der behandelnde Arzt der Klägerin Dr.H. in seinem Befundbericht vom 17.10.1994 den Beschwerdenbeginn auf das Jahr 1968 datiert, in dem er der Klägerin u.a. auch Psychopharmaka (Librium und Rohypnol) verordnete, die nach Auffassung der Dr.B. vom 14.02.2000 ebenfalls eine Inkontinenz auslösen könnten, zumal der Konsum teilweise unkontrolliert und in großen Mengen erfolgt sei, fehlt ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der 1960 erlittenen Haft.

Nachdem sich bezüglich des von der Klägerin genannten Nierenleidens und einer Rheumaerkrankung weder entsprechende einschlägige ärztliche Unterlagen finden lassen und die Klägerin diesbezüglich auch nichts mehr vorbrachte - die Gutachter/ Sachverständigen haben diese Krankheiten nicht einmal als bloße Möglichkeiten diskutiert - braucht auch der Senat insoweit keine weiteren Ausführungen zur Sache zu machen.

Zusammenfassend kann demnach festgestellt werden, dass sich unter keinem Gesichtspunkt ein entsprechender Versorgungsanspruch der Klägerin begründen lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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