L 3 U 139/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8/18 U 2065/02 WA
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 139/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin streitet um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen, nachdem ihr Ehemann M. A., der Versicherte, 1998 anlässlich eines Verkehrsunfalls verstorben ist.

Der Versicherte hatte am Vorabend ein Betriebsfest der W. Organisationsleitung F-Stadt Nord, bei der er als Außendienstmitarbeiter tätig war, auf der X-Burg besucht. Nach den Auskünften der Firma W. vom 12. November und 26. November 1998 verließ er die Feier gegen 0:15 Uhr, um die Heimfahrt nach A-Stadt anzutreten. Nach den Feststellungen in der Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hanau verunglückte er gegen 0:37 Uhr tödlich auf der Autobahn A 66 Richtung Z-Stadt beim Ausfahren von der Autobahn an der Ausfahrt C-Stadt.

Die Beklagte zog die Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hanau bei, in der die Zeugen Sch. und R. Angaben zum Unfallgeschehen machten. In der Akte heißt es, der Versicherte sei aus Richtung Y-Stadt kommend ungebremst in die Autobahnausfahrt C-Stadt in Richtung Z-Stadt gerast. Die Akte enthält dienstliche Erklärungen der Polizeibeamten D., P., S. und N. über eine Fahrzeugkontrolle, die diese am 7. November 1998 gegen 0:30 Uhr auf der Bundesstraße 8 bzw. 40 am Ortseingang von Y-Stadt Fahrtrichtung H-Stadt durchführten. Sie berichteten von einem aus Richtung C-Stadt herannahenden Fahrzeug, das etwa 100 m vor der Kontrolle gewendet habe und mit hoher Geschwindigkeit davongefahren sei. Weder Nummernschild noch Fahrzeugtyp konnten sie erkennen. Der Polizeihauptmeister F. teilte in der Verkehrsunfallanzeige vom 7. November 1998 mit, der Versicherte habe sich vermutlich einer Polizeikontrolle entziehen wollen, die sich am Ortseingang Y-Stadt befunden habe, wie den Berichten der an der Kontrollstelle eingesetzten Beamten zu entnehmen sei. Die Blutentnahme ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,67 Promille. Die Akte enthält verschiedene Fotos und Skizzen vom Unfallort.

Mit Bescheid vom 22. Januar 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Der Unfallhergang, wonach der Versicherte ohne erkennbare Ursache ungebremst geradeaus in eine Böschung gefahren sei bei einer BAK von 0,67 Promille, ergäbe eindeutige Hinweise auf eine alkoholbedingte relative Fahruntüchtigkeit als allein wesentliche Unfallursache. Ob der Weg überhaupt versichert gewesen sei, könne angesichts dessen dahinstehen.

Mit Widerspruch vom 8. Februar 1999 machte die Klägerin geltend, der Versicherte sei auf dem direkten Heimweg gewesen, als er von der A 66 abgebogen sei. Er sei Alkohol gewöhnt gewesen, so dass eine BAK von 0,67 Promille seine Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigt habe. Im Übrigen sei der Versicherte ein außerordentlich sportlicher Fahrer gewesen, regelmäßig viel zu schnell gefahren und ortskundig gewesen. Die BAK von 0,67 Promille sei nicht gerichtsfest ermittelt und der Alkohol auch nicht die allein wesentliche Unfallursache gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 1999 verblieb die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung, wonach der Unfall allein alkoholbedingt zu erklären sei. Hinzu komme, dass der Versicherte nicht auf dem direkten Weg vom Ort der Betriebsfeier auf der X-Burg zu seiner Wohnung in A-Stadt verunglückt sei.

Mit Klage vom 2. Juli 1999 machte die Klägerin vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) geltend, warum der Versicherte von der X-Burg aus den Weg über die Autobahn gewählt habe und nicht durch C-Stadt nach Hause gefahren sei, könne aus tatsächlichen Gründen nicht mehr ermittelt werden. Es sei jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er einem Irrtum über den eingeschlagenen Weg unterlegen habe. Der Ort der Betriebsfeier sei ihm zwar bekannt gewesen. Den Weg dorthin habe er nicht gut gekannt. Die Zeit zwischen dem Verlassen der Feier und dem Verkehrsunfall lasse jedoch das Zurücklegen eines größeren Umweges oder eines sonstigen Aufenthalts als ausgeschlossen erscheinen. Ausschlaggebender Punkt für den Verkehrsunfall sei nicht der Alkohol gewesen, sondern die schnelle Fahrweise des Versicherten in Verbindung mit den überraschend schlechten Straßenverhältnissen, wobei dieser üblicherweise schnell gefahren sei. Der Versicherte sei von der X-Burg kommend bei der Einfahrt auf die L 3819 offenbar nach rechts statt nach links abgebogen und dann später über die Anschlussstelle X-Stadt auf die A 45 und von dort über die A 66 zur Abfahrt C-Stadt gelangt, über die er den Heimweg habe fortsetzen wollen.

Das SG brachte das Klageverfahren zum Ruhen, da die Klägerin erstinstanzlich vor dem Landgericht Wiesbaden, Az.: 8-O-99/99 und sodann vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az.: 7-U-10/00 zivilrechtliche Leistungen aus einer Vollkaskoversicherung für sich und ihren Sohn geltend machte. Das Landgericht Wiesbaden verurteilte die beklagte Versicherung zur Zahlung, da eine grobe Fahrlässigkeit des Versicherten nicht erwiesen sei. Ebenso hielt es für nicht erwiesen, dass der Versicherte auf der Flucht vor der Polizei nach einer verweigerten Polizeikontrolle verunfallt sei. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigte dieses Urteil am 23. Mai 2002 und wies die Berufung zurück, da bei einer BAK von 0,67 Promille von einer grob fahrlässigen Unfallverursachung nicht auszugehen sei. Das Oberlandesgericht hatte zuvor ein Kfz-Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. X. vom 4. Juli 2001 eingeholt.

Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hat das SG die Verkehrsunfallanzeige des Polizeihauptmeisters F. vom 7. November 1998, die Akte aus dem Zivilverfahren sowie die Akte der Staatsanwaltschaft vom Landgericht Hanau beigezogen. Mit Urteil vom 24. Mai 2005 hat das SG die Klage abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 Sozialgesetzbuch – 7. Band (SGB VII) habe. Denn es sei nicht erwiesen, dass der Versicherte einen Wegeunfall erlitten habe. Der von ihm über die A 45 zurückgelegte Umweg sei nicht geringfügig. Denn dieser Weg sei doppelt so lang gewesen wie der direkte Weg von der X-Burg zu seinem Wohnort. Auch sei ein innerer Zusammenhang mit der Betriebsfeier nicht feststellbar, zumal nicht davon auszugehen sei, dass der ortskundige Versicherte sich verfahren habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 9. Juni 2005 zugestellte Urteil am 11. Juli 2005, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Versicherte habe entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Gerichtes nicht über ausreichende Ortskenntnisse verfügt. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass er sich verfahren habe, als er von der X-Burg herunterkommend nach rechts statt nach links abgebogen sei. Dies führe indessen nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes. Er sei dann auf die A 45 an der Anschlussstelle X-Stadt aufgefahren und habe seinen versicherten Heimweg fortgesetzt, auf dem er schließlich bei Verlassen der A 66 verunglückt sei. Dies sei geschehen, bevor er den kürzesten Weg von der X-Burg zu seinem Heimatort wieder erreicht habe, was unmittelbar hinter der Unfallstelle der Fall gewesen wäre. Innerhalb der Fahrzeit von 22 Minuten sei es dem Versicherten nicht möglich gewesen, an die Stelle zu gelangen, an dem das Fahrzeug gewendet habe, das vor der Polizeikontrolle geflüchtet sei. Es sei deshalb ausgeschlossen, dass dies der Versicherte gewesen sei. Zudem sei die Blutentnahme nicht regelgerecht erfolgt und auch eine relative Fahruntüchtigkeit nicht erwiesen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 1999 zu verurteilen, den Unfall des Versicherten vom 7. November 1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihr Hinterbliebenenleistungen in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie halte es in der Gesamtschau für am wahrscheinlichsten, dass der Versicherte den kürzesten Weg von der X-Burg bis C-Stadt gewählt habe, in C-Stadt auf die Autobahn in Richtung Y-Stadt aufgefahren sei, in Erlensee gewendet habe und wieder bis zur Ausfahrt C-Stadt zurückgefahren sei. Er habe für diese Fahrstrecke rund 20 Minuten zwischen dem Verlassen der Betriebsfeier und dem Unfall zur Verfügung gehabt. In dieser Zeit könne man laut der Auskunft von M. die Fahrt von der X-Burg bis Y-Stadt zurücklegen, dort wenden und bis zur Unfallstelle zurückfahren. Laut Auskunft betrage die Strecke 19 km und die Fahrzeit 17 Minuten. Demgegenüber sei die Fahrstrecke direkt von der X-Burg nach A-Stadt 15 km lang und in 18 Minuten zurückzulegen, während die Fahrt über die A 45 Anschlussstelle Y-Stadt bis A-Stadt 38 Kilometer betrage und man dafür 33 Minuten benötige. Jedenfalls habe der Versicherte einen erheblichen Umweg oder alternativ einen Abweg befahren, so dass der Unfall unversichert sei. Die X-Burg liege im Nahbereich seines Wohnortes, so dass ein irrtümliches Abbiegen des Versicherten beim Herabfahren von der X-Burg auszuschließen sei. Am Unfalltag sei es auch nicht regnerisch gewesen.

Das Berufungsgericht hat die Auskunft des Polizeioberkommissars (POK) F. vom 7. Februar 2006 eingeholt, wonach er sich zum Unfallzeitpunkt bei einer Standkontrolle am Unfallort aufgehalten habe. Kurz nach der Funkmeldung, dass sich ein Fahrzeug vermutlich der Kontrolle in Y-Stadt entzogen habe und auf der A 66 in Richtung Z-Stadt davongefahren sei, habe er das Fahrzeug des Versicherten von der Fahrbahn abkommen sehen. Seine Schilderung des Unfallhergangs in der Anzeige vom 7. November 1998 beruhe auf der Aussage des POK D.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene, zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG-) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen, da der Tod ihres Ehemannes M. A., des Versicherten, nicht infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Der tödliche Verkehrsunfall des Versicherten vom 7. November 1998 war nicht als Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Ziffer 1 SGB VII anzuerkennen.

Nach § 63 Abs. 1 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch u.a. auf Hinterbliebenenrenten, wenn der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Nach § 8 Abs. 2 Ziffer 1 SGB VII stellt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit dar. Als versicherter (Rück)weg kommt hier die Heimfahrt von einer Betriebsfeier in Betracht.

Beklagte und SG haben die Feier der W. Organisationsleitung F-Stadt Nord am Abend des 6. November 1998 auf der X-Burg als "betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung" angesehen (zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer solchen versicherten Veranstaltung: Schwerdtfeger in: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII, Kommentar, § 2 Anm. 151 bis 159). Auch der Senat geht davon aus, dass die Teilnahme des Versicherten an der Feier der W. Organisationsleitung F-Stadt Nord, der der Versicherte angehörte, als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz stand, der sich auch auf den von der Feier angetretenen Rückweg bis zur Wohnung erstreckte.

Der Versicherte ist indessen nicht auf dem kürzesten Weg zwischen dem Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung und der Wohnung verunglückt, was in aller Regel gefordert wird, um einen Wegeunfall im vorgenannten Sinne anzuerkennen (dazu Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 468, 514 zu § 8). Auf diesem kürzesten Weg, der den Versicherten von der X-Burg kommend durch C-Stadt nach A-Stadt geführt hätte, ist es nicht zum Unfall gekommen. Diesen kürzesten Weg im Umfang von 15 km hätte der Versicherte nach der von der Beklagten vorgelegten Auskunft von M. in 18 Minuten zurücklegen können. Er hätte diesen Weg aber erst wieder erreicht, wenn er die A 45 an der Anschlussstelle C-Stadt verlassen hätte und auf die nach A-Stadt führende Landstraße eingebogen wäre. Der Unfall ist indessen noch im Bereich der Autobahnausfahrt passiert.

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz scheidet aus, da der Versicherte keinen versicherten Umweg befuhr, als er tödlich verunglückte. Umwege in diesem Sinne sind Wege, die nicht die unmittelbare Verbindung von oder nach dem Ort der Tätigkeit bzw. der Wohnung darstellen, für deren Zurücklegung andere Gründe maßgebend sind als die Absicht, die Wohnung bzw. den Ort der Tätigkeit zu erreichen und die die Wegstrecke in nicht ganz unerheblichem Maße verlängern (dazu Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 502). Die Entscheidung der Frage, ob ein Umweg im Verhältnis zur kürzeren Wegverbindung als erheblich anzusehen ist, hängt nicht allein von der Länge der zu vergleichenden Wegstrecken ab. Es sind dabei alle nach der allgemeinen Verkehrsanschauung maßgeblichen Umstände in Betracht zu ziehen, insbesondere das gewählte Verkehrsmittel und die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Hinblick auf dieses Verkehrsmittel einen bestimmten Weg einzuschlagen, um möglichst schnell und sicher die Arbeitsstätte bzw. die Wohnung zu erreichen (Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 506). Führt der Umweg zu einer annähernden Verdoppelung der örtlichen Entfernung und des Zeitaufwandes im Vergleich zum üblichen kürzesten Weg, liegt dies nicht mehr im Rahmen des dem Versicherten zuzubilligenden Wahlrechts und ein solcher Weg ist als nicht versicherter erheblicher Umweg anzusehen (Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 502). Die vom Versicherten gewählte nach der Darlegung der Klägerin gewählte Strecke von der X-Burg über die A 45 bis nach Hause in A-Stadt über die A 45 betrug 38 km gegenüber 15 km für die kürzeste Verbindung. Die zeitliche Vorgabe von 18 Minuten für die kürzeste Fahrstrecke erhöhte sich auf 33 Minuten, so dass der Senat davon auszugehen hatte, dass der Versicherte sich auf einem erheblichen und damit unversicherten Umweg befand, als er tödlich verunglückte. Die zeitlichen und entfernungsmäßigen Vorgaben entnimmt der Senat den von der Beklagten vorgelegten Auskünften von M., die auch von Seiten der Klägerin nicht in Frage gestellt wurden.

Da keine besonderen betrieblichen Gründe bekannt oder von der Klägerin vorgetragen worden sind, die einen solchen erheblichen Umweg rechtfertigen könnten, käme gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nur in Betracht, wenn der Versicherte sich tatsächlich auf dem Heimweg verirrt hätte, wie die Klägerin vorträgt. Die Wahl eines längeren Heimweges als Folge eines Verirrens bei schlechter Orientierung steht der Annahme gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes grundsätzlich nicht entgegen (zu Einzelheiten Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 511, 570). Unterstellt man den Vortrag der

Klägerin insoweit als richtig, könnte für diese Sachverhaltsvariante gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bejaht werden.

Die Beklagte hat jedoch eine andere Sachverhaltsvariante vorgetragen und geht davon aus, dass der Versicherte den kürzesten Weg von der X-Burg bis C-Stadt gewählt hat, dort Richtung Y-Stadt gefahren ist, wo er gewendet hat, und zur Ausfahrt C-Stadt auf der A 66 zurückgefahren ist. Diese Strecke konnte der Versicherte ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Streckenberechnungen von M. innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Zeit von 22 Minuten zurücklegen. Hätte der Versicherte diesen Weg gewählt, wäre er auf einem Abweg verunglückt, der unversichert war. Während beim Umweg Zielrichtung des Weges die Wohnung bzw. der Ort der Tätigkeit ist, ist die Zielrichtung beim Abweg eine andere. Der Abweg führt im Allgemeinen zu derselben Stelle, von der er angetreten wurde und an der der nach § 8 Abs. 2 SGB VII geschützte Weg verlassen wurde (Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 502). Wenn der Versicherte von der X-Burg kommend über C-Stadt fahrend Richtung Y-Stadt abgebogen wäre, hätte er ein Ziel verfolgt, das nicht mehr dem Erreichen des Wohnortes diente. Dabei kann offen bleiben, welches Ziel er verfolgte, da von niemandem vorgetragen oder anderweitig erkennbar geworden ist, dass es sich dabei um betriebliche Belange gehandelt haben könnte. Er hatte den direkten Weg zum Wohnort noch nicht erreicht, als es zum tödlichen Verkehrsunfall kam und er wäre nach der von der Beklagten vorgetragenen Geschehensversion noch auf einem unversicherten Abweg verunglückt.

Nach den im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen für die an die richterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen ist es erforderlich, die entscheidungserheblichen Tatsachen zweifelsfrei mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit festzustellen (BSGE 7, 103, 106; BSG in SozR 2200 Nr. 38 zu § 548 Reichsversicherungsordnung –RVO-). Dabei trägt im Rahmen der im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachtenden objektiven Beweislast jeder die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, Anm. 19a zu § 103 SGG). Auch bei Feststellung der Voraussetzungen gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes muss unter Beachtung dieser allgemeinen Grundsätze nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit im Unfallzeitpunkt als erbracht angesehen werden können. Es muss also sicher feststehen, dass eine auch zu diesem Zeitpunkt noch versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128; Urteil des Senats vom 18. September 1996, Az.: L-3/U - 277/95). Ein beim Auffinden eines toten Versicherten am Arbeitsplatz eventuell auftretender Beweisnotstand der Hinterbliebenen rechtfertigt es indessen, an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen zu stellen, so dass das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein kann. Die mangelnde Feststellung eines genauen Unfallherganges muss in Fällen dieser Art der Annahme eines Arbeitsunfalles dann nicht entgegenstehen, wenn die überwiegenden Umstände auf einen Arbeitsunfall hinweisen und andere Ursachen mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (Urteil des Senats, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen). Der Senat hält diese Grundsätze einer erleichterten Beweisführung auch zugunsten der Klägerin für anwendbar, da sie sich nach dem Verkehrsunfall ihres Ehemannes und dem Versterben des einzigen "Unfallzeugen" in einem ähnlichen Beweisnotstand befindet wie die Witwe eines tödlich am Arbeitsplatz aufgefundenen Versicherten.

Der Senat konnte indessen überwiegende, auf einen Arbeitsunfall hindeutende Umstände im vorgenannten Sinne zugunsten der Klägerin nicht feststellen. Die von der Klägerin einerseits und der Beklagten andererseits behaupteten Geschehensverläufe sind beide denkbar und möglich, wobei nicht überwiegende Gesichtspunkte für die Version der Klägerin sprechen. Denn die Klägerin hat ihren Ehemann selbst als versierten Autofahrer dargestellt, der zudem als Außendienstmitarbeiter einer Bausparkasse und Versicherungsgruppe arbeitstäglich ständig mit dem Pkw unterwegs war. Er wohnte nur wenige Kilometer von der X-Burg entfernt, einem weithin bekannten und stark frequentierten Ausflugsziel, und es ist angesichts vorstehender Umstände davon auszugehen, dass er sich in den Straßenverhältnissen im Nahbereich seines Wohnortes auskannte. Gegen ein irrtümliches Verfahren auf dem Rückweg von der X-Burg spricht auch, dass er dieselbe Strecke nur wenige Stunden zuvor auf der Hinfahrt mit dem eigenen Pkw zurückgelegt hatte und dass auch eine beim Versicherten erhobene Blutalkoholkonzentration von 0,67 Promille auf dem Rückweg – so die Klägerin selbst – beim alkoholgewohnten Versicherten nicht zu Ausfallerscheinungen geführt haben dürfte. Während danach erhebliche Zweifel an der ungeachtet dessen immerhin vorstellbaren, von der Klägerin vorgetragenen Sachverhaltsversion verbleiben, würde die von der Beklagten vorgetragene Geschehensversion mit den Angaben der Polizei in der Akte der Staatsanwaltschaft Hanau übereinstimmen und auch erklären, warum der Versicherte mit einem völlig überhöhten Tempo auf der Flucht vor der Polizei die Autobahnabfahrt C-Stadt befuhr und beim Verlassen der A 66 auf einem ihm gut bekannten Streckenabschnitt ohne nachgewiesene Einwirkung äußerer Umstände tödlich verunglückte. Der Senat konnte dahinstehen lassen, ob für die Beklagtenversion letztlich mehr Umstände sprechen als für die von der Klägerin vorgetragene. Denn die vorstehend aufgezeigten und auch für die Klägerin anzuwendenden Grundsätze der Beweiserleichterung können nicht dazu führen, dass einem möglichen Geschehensablauf gegenüber einem anderen ebenfalls möglichen Geschehensablauf in letztlich nicht begründbarer Weise der Vorzug gegeben und einer der beiden als erwiesen angesehen wird. Vielmehr konnte der Senat im Rahmen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin nicht davon ausgehen, dass ihr Ehemann infolge Verirrens auf einem weiteren aber dennoch versicherten Rückweg nach Hause verunglückte und ihr daher die gesetzlichen Hinterbliebenenleistungen zuzuerkennen wären. Vielmehr war die im Ergebnis zutreffende erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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