Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1322/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 246/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. November 2006 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abge-lehnt.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozess¬bevollmächtigten bewilligt.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht stattgegeben und den Antragsgegner mit Beschluss vom 8. November 2006 verpflichtet, darlehensweise die Umzugskosten des Antragstellers für den am 27. Januar 2006 erfolgten Umzug in die Rstraße in B zu übernehmen. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Not-wendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO –). Bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruches ist höchst zweifelhaft. Eine Anspruchs-grundlage für die Übernahme der Kosten für einen Umzug in eine – auch nach Kenntnis des Antragstellers – unangemessen teure Wohnung dürfte nicht bestehen. Nach der Aussage der Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau H, hat der Antragsgegner den Antragsteller zwar wohl zur Suche nach angemessenem Wohnraum veranlasst, eine Kosten-übernahme für den Umzug jedoch ausdrücklich nicht erklärt. Gegenteiliges ist - anders als das Sozialgericht annimmt - auch der Erklärung des Vertreters des Antragsgegners in der mündli-chen Verhandlung vom 7. November 2006 nicht zu entnehmen. Aus einer erteilten Zusage kann der Antragsteller mithin nichts herleiten. Ein Anspruch auf Kostenübernahme kommt somit lediglich aus § 29 Abs. 1 S. 8 SGB XII in Betracht. Den Umzug, für den vorliegend Umzugskosten begehrt werden, hat der Antragsgeg-ner jedoch weder veranlasst noch dürfte er aus anderen Gründen notwendig gewesen sein. Den Umzug in eine ihrer Auffassung nach unangemessene Wohnung hat der Antragsgegner mit der Aufforderung, die bestehende ebenfalls unangemessene Wohnung aufzugeben, nicht veranlassen wollen. Die Übernahme der Umzugskosten kommt mithin nur in Betracht, wenn eine Notwendigkeit für den Umzug bestand. Nach einer in der Literatur vertretenen Meinung ist dies nur dann der Fall, wenn die bisherige Unterkunft nicht bedarfsdeckend ist bzw. abseh-bar nicht mehr zur Verfügung steht (Grube in Grube/Wahrendorff, SGB XII, Komm., 2005, § 29 Rn. 55). Dies war nicht der Fall. Die bisherige Wohnung des Antragstellers mag unange-messen gewesen sein, bedarfsdeckend war sie jedoch. Der Umstand, dass der Leistungsberech-tigte mit dem Einzug in eine neue Wohnung die Unterkunftskosten senkt, mag zwar ebenfalls die Notwendigkeit eines Auszugs aus der alten Wohnung begründen, der Umzug ist aber grundsätzlich nur dann notwendig, wenn auch der Einzug in die neue Wohnung sozialhilfe-rechtlich notwendig ist. Grundsätzlich ist ein Umzug von einer unangemessenen Wohnung in eine andere ebenfalls unangemessene Wohnung nicht notwendig und sind die mit diesem Um-zug entstehenden Kosten nicht erstattungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, FEVS 39,73; OVG Hamburg FEVS 44,293; Niedersächsisches OVG, FEVS 35,362, jeweils zur Vorgänger-regelung des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG). Ob vorliegend ein anders zu beurteilender Ausnahmefall gegeben ist, konnte der Senat dahin stehen lassen. Denn der Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsgrund, die Notwendigkeit der erstreb-ten Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, nicht glaubhaft gemacht. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 b Anm. 28). Des Weiteren muss die angestrebte Regelung zur Abwendung einer vorgetragenen drohenden Notlage geeignet und erforderlich sein; der Anordnungsgrund muss auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung im Beschwerdeverfahren vorliegen (OVG Hamburg, NVWZ 1990, 976; OVG Bautzen, Sächsische Verwaltungsblätter 1994, 144; Finkenburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, § 24 Anm. 480). Das Erfordernis ei-ner gerichtlichen Regelung zur Abwendung einer drohenden Notlage ist vorliegend nicht er-kennbar. Bei den streitgegenständlichen Umzugskosten in Höhe von 1.020 Euro, über die – nach Anerkenntnis des Antragstellers im Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten zum Ge-schäftszeichen 9 C 171/06 – mit Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. April 2006 bereits ein vollstreckbarer Titel vorliegt, handelt es sich um Schulden des Antragstellers. Es ist dem Antragsteller, der nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners bereits am 2. März 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Eine vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss befürchtete Pfändung von Gegenständen in seiner Wohnung hat der Antragsteller in Anbetracht der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung nicht zu befürchten. Allein der Um-stand, dass bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren ggf. weitere Kosten anfallen können, begründet keinen die Vorwegnahme der Hauptsache begründenden wesentlichen Nachteil. Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei kommt es auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung nicht an, da er in erster Instanz obsiegt und der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abge-lehnt.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozess¬bevollmächtigten bewilligt.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht stattgegeben und den Antragsgegner mit Beschluss vom 8. November 2006 verpflichtet, darlehensweise die Umzugskosten des Antragstellers für den am 27. Januar 2006 erfolgten Umzug in die Rstraße in B zu übernehmen. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Not-wendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO –). Bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruches ist höchst zweifelhaft. Eine Anspruchs-grundlage für die Übernahme der Kosten für einen Umzug in eine – auch nach Kenntnis des Antragstellers – unangemessen teure Wohnung dürfte nicht bestehen. Nach der Aussage der Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau H, hat der Antragsgegner den Antragsteller zwar wohl zur Suche nach angemessenem Wohnraum veranlasst, eine Kosten-übernahme für den Umzug jedoch ausdrücklich nicht erklärt. Gegenteiliges ist - anders als das Sozialgericht annimmt - auch der Erklärung des Vertreters des Antragsgegners in der mündli-chen Verhandlung vom 7. November 2006 nicht zu entnehmen. Aus einer erteilten Zusage kann der Antragsteller mithin nichts herleiten. Ein Anspruch auf Kostenübernahme kommt somit lediglich aus § 29 Abs. 1 S. 8 SGB XII in Betracht. Den Umzug, für den vorliegend Umzugskosten begehrt werden, hat der Antragsgeg-ner jedoch weder veranlasst noch dürfte er aus anderen Gründen notwendig gewesen sein. Den Umzug in eine ihrer Auffassung nach unangemessene Wohnung hat der Antragsgegner mit der Aufforderung, die bestehende ebenfalls unangemessene Wohnung aufzugeben, nicht veranlassen wollen. Die Übernahme der Umzugskosten kommt mithin nur in Betracht, wenn eine Notwendigkeit für den Umzug bestand. Nach einer in der Literatur vertretenen Meinung ist dies nur dann der Fall, wenn die bisherige Unterkunft nicht bedarfsdeckend ist bzw. abseh-bar nicht mehr zur Verfügung steht (Grube in Grube/Wahrendorff, SGB XII, Komm., 2005, § 29 Rn. 55). Dies war nicht der Fall. Die bisherige Wohnung des Antragstellers mag unange-messen gewesen sein, bedarfsdeckend war sie jedoch. Der Umstand, dass der Leistungsberech-tigte mit dem Einzug in eine neue Wohnung die Unterkunftskosten senkt, mag zwar ebenfalls die Notwendigkeit eines Auszugs aus der alten Wohnung begründen, der Umzug ist aber grundsätzlich nur dann notwendig, wenn auch der Einzug in die neue Wohnung sozialhilfe-rechtlich notwendig ist. Grundsätzlich ist ein Umzug von einer unangemessenen Wohnung in eine andere ebenfalls unangemessene Wohnung nicht notwendig und sind die mit diesem Um-zug entstehenden Kosten nicht erstattungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, FEVS 39,73; OVG Hamburg FEVS 44,293; Niedersächsisches OVG, FEVS 35,362, jeweils zur Vorgänger-regelung des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG). Ob vorliegend ein anders zu beurteilender Ausnahmefall gegeben ist, konnte der Senat dahin stehen lassen. Denn der Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsgrund, die Notwendigkeit der erstreb-ten Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, nicht glaubhaft gemacht. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 b Anm. 28). Des Weiteren muss die angestrebte Regelung zur Abwendung einer vorgetragenen drohenden Notlage geeignet und erforderlich sein; der Anordnungsgrund muss auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung im Beschwerdeverfahren vorliegen (OVG Hamburg, NVWZ 1990, 976; OVG Bautzen, Sächsische Verwaltungsblätter 1994, 144; Finkenburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, § 24 Anm. 480). Das Erfordernis ei-ner gerichtlichen Regelung zur Abwendung einer drohenden Notlage ist vorliegend nicht er-kennbar. Bei den streitgegenständlichen Umzugskosten in Höhe von 1.020 Euro, über die – nach Anerkenntnis des Antragstellers im Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten zum Ge-schäftszeichen 9 C 171/06 – mit Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. April 2006 bereits ein vollstreckbarer Titel vorliegt, handelt es sich um Schulden des Antragstellers. Es ist dem Antragsteller, der nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners bereits am 2. März 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Eine vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss befürchtete Pfändung von Gegenständen in seiner Wohnung hat der Antragsteller in Anbetracht der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung nicht zu befürchten. Allein der Um-stand, dass bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren ggf. weitere Kosten anfallen können, begründet keinen die Vorwegnahme der Hauptsache begründenden wesentlichen Nachteil. Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei kommt es auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung nicht an, da er in erster Instanz obsiegt und der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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