Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 332/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 53/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben AVItech (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem 1947 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der T"" M vom 10. September 1973 der akademische Grad Diplom Ingenieur verliehen. Nach seinen eigenen Angaben war er ab dem 01. Oktober 1973 als Projektierungsingenieur beim VEB C F, vom 10. Januar 1977 bis 26. Oktober 1979 beim VEB E F und vom 29. Oktober 1979 bis 30. Juni 1990 beim VEB G F zunächst als Abteilungsleiter Technik und zuletzt ab dem 01. Januar 1982 als Hauptabeilungsleiter Wärmeversorgung tätig.
Der Kläger entrichtete ab September 1978 Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Rentenversicherung FZR im Beitrittsgebiet. Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage erhalten zu haben.
Im November 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des Beschäftigungszeitraumes vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, Versorgungs-system der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Juni 2002 den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.
Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe von 1973 bis 1976 in einem Produktionsbetrieb und in der Zeit vom 10. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 als Ingenieur im produzierenden Bereich eines Dienstleistungsbetriebes gearbeitet, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2003 zurück. Beim VEB G bzw. beim VEB K handele es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau), es sei auch kein einem volkseigenem Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen. Mit seiner am 20. Mai 2003 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, er habe am 30. Juni 1990 in einem den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Versorgungsbetrieb (hier Energie) gearbeitet. Die Firma "W" als Teilbetrieb des VEB G F habe 25 Mitarbeiter gehabt, deren Tätigkeit in der Erzeugung und Fortleitung von Wärmeenergie zum Zwecke der Raumheizung, Gebrauchswasseraufbereitung für Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen und Betriebe bestanden habe. Die Produktion habe jährlich 62 000 Megawattstunden Wärmeenergie betragen, zwei Drittel dieser Menge sei an nicht dem VEB G F zugehörige Abnehmer verkauft worden. Die Beschaffung von Reparaturmaterial und Ersatzinvestitionen habe der Bilanzierung durch die Fachabteilungen der Räte des Bezirkes und des Kreises unterlegen. Aus der bilanziellen Selbständigkeit ergebe sich, dass es sich um einen selbständigen Betrieb gehandelt habe.
Mit Urteil vom 23. September 2003 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 09. April 2002 (B 4 RA 42/01 R) im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der VEB G F weder ein volkseigener Produktionsbetrieb noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei. VEB K/VEBG seien vorwiegend für die Organisation und reibungslose Abwicklung der Maßnahmen zur komplexen Instandsetzung und Rekonstruktion der Gebäude und Wohnungen verantwortlich gewesen. Der diese Institutionen bestimmende Hauptinhalt der Arbeit habe sich auf verwaltungstechnische Bereiche beschränkt und sei nicht auf eine Produktion abgestimmt gewesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 30. Januar 2004 zugestellte Urteil am 20. Februar 2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Die vom erstinstanzlichen Gericht geäußerte Auffassung, zur Erlangung der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sei die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb erforderlich, finde in den gesetzlichen Bestimmungen der DDR keine Grundlage. Der Kläger habe aufgrund der durch den Einigungsvertrag übergeleiteten Vorschriften eine durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Anwartschaft erworben. Die einschränkende Rechtsprechung des erstinstanzlichen Gerichts stelle eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG dar. Der Kläger hat ferner in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens vorgetragen, dass der VEB G F sein Betriebsergebnis zirka zu 75 % aus dem Verkauf von Wärmeenergie und nur zu 25 % über Mieteinnahmen erzielt habe. Beim VEB G F habe daher der Charakter als Energie produzierender Betrieb bei weitem überwogen. Zum Beleg hierzu hat er einen Finanzbericht über das II. Quartal 1990 eingereicht und zum Beweis für die dargelegten Produktionsdaten Zeugnis der Frau M O angeboten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. September 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten ist der Antrag zu entnehmen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs-vorgänge der Beklagten (Aktenzeichen () und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt.
Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da er im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Rentenversicherungssystem nicht zurückgelegt hat, der bundesdeutsche Rentenversicherungs-träger aber grundsätzlich nur seinen Versicherten zur (höheren) Leistung verpflichtet ist, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des insoweit maßgeblichen Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie zur Wertbestimmung derartiger Berechtigungen nach dessen Grundsätzen jeweils besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines so genannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen das Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 20. Dezember 2001, Az.: B 4 RA 6/01 R m. w. N., SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht. Dies ist hier nicht der Fall.
Einen seinem Begehren entsprechenden Anspruch hat der Kläger schon deshalb nicht, weil er nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG fällt. Eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG keine Anwendung finden. Die Regelungen des AAÜG gelten für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte der Kläger noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war er noch nicht versorgungsberechtigt. Er hatte auch keine Versorgungsanwartschaft. Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab, oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Dass das AAÜG auch auf dem letztgenannten Personenkreis Zugehörige Anwendung findet, es also nicht allein darauf ankommt, ob zum 01. Juli 1990 in der DDR ein Versorgungsanspruch oder eine entsprechende Anwartschaft bestand, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist unter diesen Umständen rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach, das heißt abstrakt-generell, zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden. Ausgehend von dieser Basis bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 09. April 2002, Az.: B 4 RA 42/01 R, zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (vgl. die Entscheidungen des BSG vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R, SozR 3 8570 § 5 Nr. 3, und vom 30. Juni 1998, Az.: B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei entscheiden (vgl. das Urteil des BSG vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA 117/00 R, SozR 3 8570 § 5 Nr. 6).
Am 30. Juni 1990 gehörte der Kläger nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Ob jemand aufgrund seiner Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung zum Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Begünstigten zu zählen ist, lässt sich durch die Heranziehung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) allein nicht klären. Dort heißt es in § 1 nur, für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben werde über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Dass es unter anderem zur Konkretisierung des nur vage umrissenen Begriffs der Angehörigen der technischen Intelligenz und damit des Kreises der Begünstigten noch näherer Bestimmungen bedurfte, war dem Verordnungsgeber offenbar bewusst, denn § 5 zufolge waren durch das Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Die Ausfüllung des Begriffs "Angehörige der technischen Intelligenz", das heißt die Definition des von der Verordnung erfassten Personenkreises, dem die zusätzliche Versorgungsversicherung zugute kommen sollte, findet sich in der hier ebenfalls heranzuziehenden 2. DB zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487), durch welche die vom 26. September 1950 datierende Erste Durchführungsbestimmung (GBl. DDR S. 1043) außer Kraft gesetzt wurde.
Danach war das Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die
1. berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, 2. entsprechende Tätigkeiten tatsächlich ausübten und die 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig waren.
Bei dem Kläger lag im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme jedenfalls die dritte, das heißt die betriebsbezogene Voraussetzung nicht vor.
Er war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt, denn (Haupt-)Aufgabe des VEB G F war nicht die massenhafte Produktion von industriellen Gütern oder Bauwerken (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 08. Juni 2004, Az.: B 4 RA 57/03 R, zitiert nach juris).
Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 war der VEB G F. Mit diesem ist nach den eigenen Angaben des Klägers der Arbeitsvertrag geschlossen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht auf den Betriebsteil "W" abzustellen. Denn bei diesem handelte es sich nicht um einen selbständigen Betrieb, sondern nur um einen rechtlich unselbständigen – Betriebsteil, der nur Teilaufgaben des Gesamtbetriebes realisiert hat. Allein aus dem vom Kläger behaupteten Umstand, dass der Bereich "Wärmeversorgung" des VEB G F bilanziell selbständig geführt worden sei, ergibt sich eine rechtliche Selbständigkeit dieses Teilbetriebes nicht. Hierfür hätte es vielmehr der Eintragung in das Register der volkseigenen Betriebe bedurft.
Der maßgebliche Beschäftigungsbetrieb, den der Kläger selbst in seinem Widerspruch vom 26. Juni 2002 als "Dienstleistungsbetrieb" bezeichnet hat, war aber kein Produktionsbetrieb. Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R, juris). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebes, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Dass möglicherweise in einzelnen Bereichen eines Betriebes Produktionsaufgaben wahrgenommen wurden, ist insofern nicht ausreichend. Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist vielmehr, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat.
Dass der Hauptzweck des VEB G, auf den abzustellen ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, juris), nicht in der Wärmeproduktion, sondern wie bei jedem VEB der G in der Verwaltung, Bewirtschaftung und Erhaltung des ihm übertragenen Wohnbestandes einschließlich der unbebauten Grundstücke bestanden hat, ergibt sich insbesondere aus dem vom Kläger eingereichten Finanzbericht der VEB der W aus dem Berichtsjahr 1990. In diesem – vom Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik – Staatliche Zentralverwaltung für Statistik herausgegebenem -Formblatt 306-11 werden nämlich "Erlöse aus Mieten und Nutzungsentgelten für WE und sonstige VE ohne Wärme und Warmwasser" als Erlöse aus "Hauptleistungen" und "Erlöse aus der Abgabe von Wärme und Warmwasser" als Erlöse aus "Nebenleistungen" klassifiziert. Allein die wirtschaftliche Bedeutung dieser Nebenleistungen für den Gesamtbetrieb machen diese nicht zum Hauptzweck des Betriebes. Nicht die Erzeugung von Wärmeenergie hat dem VEB G das Gepräge gegeben, sondern die Verwaltung und Instandhaltung der staatlich verwalteten Gebäude.
Aus diesem Grund war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 auch kein durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellter Versorgungsbetrieb "Gas, Wasser, Energie". Unstreitig kamen dem Betrieb auch Aufgaben im Rahmen der Bewirtschaftung des übertragenen Gebäudebestandes zu, was wiederum die Bereitstellung von Fernwärme einschloss. Zur Bewältigung dieser Aufgaben war der Betriebsteil Wärmeversorgung geschaffen worden, der zweifelsohne Versorgungsleistungen erbrachte. Entgegen der Ansicht des Klägers ist aber – wie oben ausgeführt - aufgrund der Erfüllung dieser betrieblichen Aufgabe der VEB G insgesamt nicht als Versorgungsbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zu qualifizieren, zumal es sich bei dem Betriebsteil nicht um einen juristisch selbständigen Betrieb gehandelt hatte, sondern dieser nur Teilaufgaben des Gesamtbetriebes realisierte.
Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte allein auf die Sachlage am 30. Juni 1990 abgestellt hat. Dies ist insbesondere nicht willkürlich, weil das AAÜG als deutsches Recht nur an zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 bereits entstandene Versorgungsansprüche oder erworbene Anwartschaften anknüpft. Wer bis zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme nicht versorgungsberechtigt oder einbezogen war und im Zeitpunkt der Schließung der Systeme auch nach den Vorgaben der einschlägigen Versorgungsordnung nicht zwingend einzubeziehen war, konnte nach Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 keine neuen Ansprüche und Anwartschaften erwerben. Dass dies verfassungsgemäß ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) inzwischen bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004, 1 BvR 1597/91, veröffentlicht in juris; Beschluss vom 26. Oktober 2001, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, veröffentlicht in juris). Fachgerichte sind verfassungsrechtlich nicht gehalten, die aus einer Normsetzung oder Verwaltungspraxis der DDR folgende Ungleichbehandlung von Bürgern zu überprüfen und ggf. zu beseitigen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin eine Gleichbehandlung mit Personen geltend macht, die am 30. Juni 1990 in volkseigenen Produktionsbetrieben in der ehemaligen DDR beschäftigt gewesen sind.
Da der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben AVItech (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem 1947 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der T"" M vom 10. September 1973 der akademische Grad Diplom Ingenieur verliehen. Nach seinen eigenen Angaben war er ab dem 01. Oktober 1973 als Projektierungsingenieur beim VEB C F, vom 10. Januar 1977 bis 26. Oktober 1979 beim VEB E F und vom 29. Oktober 1979 bis 30. Juni 1990 beim VEB G F zunächst als Abteilungsleiter Technik und zuletzt ab dem 01. Januar 1982 als Hauptabeilungsleiter Wärmeversorgung tätig.
Der Kläger entrichtete ab September 1978 Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Rentenversicherung FZR im Beitrittsgebiet. Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage erhalten zu haben.
Im November 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des Beschäftigungszeitraumes vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, Versorgungs-system der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Juni 2002 den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.
Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe von 1973 bis 1976 in einem Produktionsbetrieb und in der Zeit vom 10. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 als Ingenieur im produzierenden Bereich eines Dienstleistungsbetriebes gearbeitet, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2003 zurück. Beim VEB G bzw. beim VEB K handele es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau), es sei auch kein einem volkseigenem Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen. Mit seiner am 20. Mai 2003 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, er habe am 30. Juni 1990 in einem den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Versorgungsbetrieb (hier Energie) gearbeitet. Die Firma "W" als Teilbetrieb des VEB G F habe 25 Mitarbeiter gehabt, deren Tätigkeit in der Erzeugung und Fortleitung von Wärmeenergie zum Zwecke der Raumheizung, Gebrauchswasseraufbereitung für Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen und Betriebe bestanden habe. Die Produktion habe jährlich 62 000 Megawattstunden Wärmeenergie betragen, zwei Drittel dieser Menge sei an nicht dem VEB G F zugehörige Abnehmer verkauft worden. Die Beschaffung von Reparaturmaterial und Ersatzinvestitionen habe der Bilanzierung durch die Fachabteilungen der Räte des Bezirkes und des Kreises unterlegen. Aus der bilanziellen Selbständigkeit ergebe sich, dass es sich um einen selbständigen Betrieb gehandelt habe.
Mit Urteil vom 23. September 2003 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 09. April 2002 (B 4 RA 42/01 R) im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der VEB G F weder ein volkseigener Produktionsbetrieb noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei. VEB K/VEBG seien vorwiegend für die Organisation und reibungslose Abwicklung der Maßnahmen zur komplexen Instandsetzung und Rekonstruktion der Gebäude und Wohnungen verantwortlich gewesen. Der diese Institutionen bestimmende Hauptinhalt der Arbeit habe sich auf verwaltungstechnische Bereiche beschränkt und sei nicht auf eine Produktion abgestimmt gewesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 30. Januar 2004 zugestellte Urteil am 20. Februar 2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Die vom erstinstanzlichen Gericht geäußerte Auffassung, zur Erlangung der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sei die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb erforderlich, finde in den gesetzlichen Bestimmungen der DDR keine Grundlage. Der Kläger habe aufgrund der durch den Einigungsvertrag übergeleiteten Vorschriften eine durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Anwartschaft erworben. Die einschränkende Rechtsprechung des erstinstanzlichen Gerichts stelle eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG dar. Der Kläger hat ferner in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens vorgetragen, dass der VEB G F sein Betriebsergebnis zirka zu 75 % aus dem Verkauf von Wärmeenergie und nur zu 25 % über Mieteinnahmen erzielt habe. Beim VEB G F habe daher der Charakter als Energie produzierender Betrieb bei weitem überwogen. Zum Beleg hierzu hat er einen Finanzbericht über das II. Quartal 1990 eingereicht und zum Beweis für die dargelegten Produktionsdaten Zeugnis der Frau M O angeboten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. September 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten ist der Antrag zu entnehmen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs-vorgänge der Beklagten (Aktenzeichen () und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt.
Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da er im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Rentenversicherungssystem nicht zurückgelegt hat, der bundesdeutsche Rentenversicherungs-träger aber grundsätzlich nur seinen Versicherten zur (höheren) Leistung verpflichtet ist, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des insoweit maßgeblichen Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie zur Wertbestimmung derartiger Berechtigungen nach dessen Grundsätzen jeweils besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines so genannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen das Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 20. Dezember 2001, Az.: B 4 RA 6/01 R m. w. N., SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht. Dies ist hier nicht der Fall.
Einen seinem Begehren entsprechenden Anspruch hat der Kläger schon deshalb nicht, weil er nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG fällt. Eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG keine Anwendung finden. Die Regelungen des AAÜG gelten für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte der Kläger noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war er noch nicht versorgungsberechtigt. Er hatte auch keine Versorgungsanwartschaft. Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab, oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Dass das AAÜG auch auf dem letztgenannten Personenkreis Zugehörige Anwendung findet, es also nicht allein darauf ankommt, ob zum 01. Juli 1990 in der DDR ein Versorgungsanspruch oder eine entsprechende Anwartschaft bestand, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist unter diesen Umständen rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach, das heißt abstrakt-generell, zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden. Ausgehend von dieser Basis bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 09. April 2002, Az.: B 4 RA 42/01 R, zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (vgl. die Entscheidungen des BSG vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R, SozR 3 8570 § 5 Nr. 3, und vom 30. Juni 1998, Az.: B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei entscheiden (vgl. das Urteil des BSG vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA 117/00 R, SozR 3 8570 § 5 Nr. 6).
Am 30. Juni 1990 gehörte der Kläger nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Ob jemand aufgrund seiner Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung zum Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Begünstigten zu zählen ist, lässt sich durch die Heranziehung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) allein nicht klären. Dort heißt es in § 1 nur, für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben werde über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Dass es unter anderem zur Konkretisierung des nur vage umrissenen Begriffs der Angehörigen der technischen Intelligenz und damit des Kreises der Begünstigten noch näherer Bestimmungen bedurfte, war dem Verordnungsgeber offenbar bewusst, denn § 5 zufolge waren durch das Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Die Ausfüllung des Begriffs "Angehörige der technischen Intelligenz", das heißt die Definition des von der Verordnung erfassten Personenkreises, dem die zusätzliche Versorgungsversicherung zugute kommen sollte, findet sich in der hier ebenfalls heranzuziehenden 2. DB zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487), durch welche die vom 26. September 1950 datierende Erste Durchführungsbestimmung (GBl. DDR S. 1043) außer Kraft gesetzt wurde.
Danach war das Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die
1. berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, 2. entsprechende Tätigkeiten tatsächlich ausübten und die 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig waren.
Bei dem Kläger lag im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme jedenfalls die dritte, das heißt die betriebsbezogene Voraussetzung nicht vor.
Er war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt, denn (Haupt-)Aufgabe des VEB G F war nicht die massenhafte Produktion von industriellen Gütern oder Bauwerken (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 08. Juni 2004, Az.: B 4 RA 57/03 R, zitiert nach juris).
Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 war der VEB G F. Mit diesem ist nach den eigenen Angaben des Klägers der Arbeitsvertrag geschlossen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht auf den Betriebsteil "W" abzustellen. Denn bei diesem handelte es sich nicht um einen selbständigen Betrieb, sondern nur um einen rechtlich unselbständigen – Betriebsteil, der nur Teilaufgaben des Gesamtbetriebes realisiert hat. Allein aus dem vom Kläger behaupteten Umstand, dass der Bereich "Wärmeversorgung" des VEB G F bilanziell selbständig geführt worden sei, ergibt sich eine rechtliche Selbständigkeit dieses Teilbetriebes nicht. Hierfür hätte es vielmehr der Eintragung in das Register der volkseigenen Betriebe bedurft.
Der maßgebliche Beschäftigungsbetrieb, den der Kläger selbst in seinem Widerspruch vom 26. Juni 2002 als "Dienstleistungsbetrieb" bezeichnet hat, war aber kein Produktionsbetrieb. Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R, juris). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebes, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Dass möglicherweise in einzelnen Bereichen eines Betriebes Produktionsaufgaben wahrgenommen wurden, ist insofern nicht ausreichend. Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist vielmehr, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat.
Dass der Hauptzweck des VEB G, auf den abzustellen ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, juris), nicht in der Wärmeproduktion, sondern wie bei jedem VEB der G in der Verwaltung, Bewirtschaftung und Erhaltung des ihm übertragenen Wohnbestandes einschließlich der unbebauten Grundstücke bestanden hat, ergibt sich insbesondere aus dem vom Kläger eingereichten Finanzbericht der VEB der W aus dem Berichtsjahr 1990. In diesem – vom Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik – Staatliche Zentralverwaltung für Statistik herausgegebenem -Formblatt 306-11 werden nämlich "Erlöse aus Mieten und Nutzungsentgelten für WE und sonstige VE ohne Wärme und Warmwasser" als Erlöse aus "Hauptleistungen" und "Erlöse aus der Abgabe von Wärme und Warmwasser" als Erlöse aus "Nebenleistungen" klassifiziert. Allein die wirtschaftliche Bedeutung dieser Nebenleistungen für den Gesamtbetrieb machen diese nicht zum Hauptzweck des Betriebes. Nicht die Erzeugung von Wärmeenergie hat dem VEB G das Gepräge gegeben, sondern die Verwaltung und Instandhaltung der staatlich verwalteten Gebäude.
Aus diesem Grund war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 auch kein durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellter Versorgungsbetrieb "Gas, Wasser, Energie". Unstreitig kamen dem Betrieb auch Aufgaben im Rahmen der Bewirtschaftung des übertragenen Gebäudebestandes zu, was wiederum die Bereitstellung von Fernwärme einschloss. Zur Bewältigung dieser Aufgaben war der Betriebsteil Wärmeversorgung geschaffen worden, der zweifelsohne Versorgungsleistungen erbrachte. Entgegen der Ansicht des Klägers ist aber – wie oben ausgeführt - aufgrund der Erfüllung dieser betrieblichen Aufgabe der VEB G insgesamt nicht als Versorgungsbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zu qualifizieren, zumal es sich bei dem Betriebsteil nicht um einen juristisch selbständigen Betrieb gehandelt hatte, sondern dieser nur Teilaufgaben des Gesamtbetriebes realisierte.
Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte allein auf die Sachlage am 30. Juni 1990 abgestellt hat. Dies ist insbesondere nicht willkürlich, weil das AAÜG als deutsches Recht nur an zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 bereits entstandene Versorgungsansprüche oder erworbene Anwartschaften anknüpft. Wer bis zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme nicht versorgungsberechtigt oder einbezogen war und im Zeitpunkt der Schließung der Systeme auch nach den Vorgaben der einschlägigen Versorgungsordnung nicht zwingend einzubeziehen war, konnte nach Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 keine neuen Ansprüche und Anwartschaften erwerben. Dass dies verfassungsgemäß ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) inzwischen bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004, 1 BvR 1597/91, veröffentlicht in juris; Beschluss vom 26. Oktober 2001, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, veröffentlicht in juris). Fachgerichte sind verfassungsrechtlich nicht gehalten, die aus einer Normsetzung oder Verwaltungspraxis der DDR folgende Ungleichbehandlung von Bürgern zu überprüfen und ggf. zu beseitigen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin eine Gleichbehandlung mit Personen geltend macht, die am 30. Juni 1990 in volkseigenen Produktionsbetrieben in der ehemaligen DDR beschäftigt gewesen sind.
Da der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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