Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 10 SB 101/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 2/07 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 13.12.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Streitig ist, ob der im Rahmen von Prozesskostenhilfe der Klägerin beigeordnete Prozessbevollmächtigte - Antragsteller - Anspruch auf eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG hat.
Mit ihrer Klage vom 04.04.2005 hat die Klägerin die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab 23.11.2004 begehrt.
Dieses Begehren wurde in den vom Sozialgericht (SG) eingeholten, den Beteiligten zugesandten Sachverständigengutachten gestützt. Hierzu hat die Klägerin durch den Antragsteller vorgetragen, dass den Gutachten beigetreten werde und der Beklagte den Klageanspruch anerkennen möge.
Der Beklagte hat eine dem Klageantrag entsprechende "Regelung" vorgeschlagen, mit der er sich ergänzend zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verpflichtete. Die Klägerin hat das "Angebot" des Beklagten angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Der Antragsteller hat die Festsetzung folgender Gebühren nach dem am 01.07.2004 in Kraft getretenen Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) beantragt:
Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG 2,00 EUR
16 % Mehrwertsteuer 105,92 EUR
Summe: 767,92 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Münster hat die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 547,52 EUR festgesetzt. Nicht in Ansatz gebracht wurde dabei eine Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG), weil ein besonderes Bemühen des Antragstellers, aufgrund dessen die Gegenseite den Anspruch in vollem Umfang anerkennt habe, nicht festzustellen sei.
Der dagegen eingelegten Erinnerung hat das SG nicht abgeholfen und die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 547,52 EUR festgesetzt (Beschluss vom 13.12.2006).
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung seine Aufforderung, der Beklagte möge den Anspruch nunmehr anerkennen, sei eindeutig auf eine unstreitige Erledigung gerichtet und sei zumindest mitursächlich für die Erledigung des Rechtsstreits, so dass die Erfolgsgebühr nach der Nr. 1006 VV RVG entstanden sei. Da diese Ursächlichkeit vermutet werde, müsse die Vermutung widerlegt werden. Ebenso müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin durch ihn zur Annahme des Angebots des Beklagten habe bewogen werden müssen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 56 Abs. 2 und 33 Abs. 3 RVG), aber nicht begründet.
Der Vergütungsanspruch des Antragstellers richtet sich vorliegend nach dem RVG, weil ihm der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit nach dem 30.06.2004 erteilt wurde (§§ 60, 61 RVG).
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt hat dem Grunde nach gemäß §§ 45, 45 RVG gegen die Landeskasse des Landes Nordrhein-Westfalen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Bei der Vertretung kostenprivilegierter Kläger (§§ 183, 197 a SGG) entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG).
Im Vergütungsverzeichnis (VV RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - sind folgende Betragsrahmengebühren für das im ersten Rechtszug anhängige sozialgerichtliche Verfahren vorgesehen: die Verfahrungsgebühr (Nr. 3102 VV RVG), die Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) und die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG).
Vorliegend ist für das Betreiben des Rechtsstreits die Verfahrensgebühr entstanden.
Die Terminsgebühr ist deshalb entstanden, weil - entgegen dem Sprachgebrauch der Beteiligten (Vorschlag einer "Regelung" und Annahme des "Angebot"s) - der Beklagte ein (vollständiges, dem Klagebegehren entsprechendes) Anerkenntnis abgegeben und die Klägerin dieses Anerkenntnis angenommen, das Verfahren also nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet hat (Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG). Von dieser Gebühr sind die Bemühungen des Antragstellers, "die Klägerin zur Zustimmung zu dem Angebot der Beklagten" zu bewegen, umfasst und können damit auch nicht zur Begründung der zusätzlich begehrten Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach der Nr. 1006 VV herangezogen werden.
Eine Einigungsgebühr ist nicht entstanden. Die Gebühr entsteht nur für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, nicht aber für eine "Regelung", die sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis bezieht (Nr. 1000 Ziff. 1 Satz 1 VV).
Eine Erledigungsgebühr setzt - neben der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts - die Erledigung des Rechtsstreits durch die anwaltliche Mitwirkung voraus (Nr. 1002 VV). Für die Erfüllung dieses Tatbestandes reicht die umgehende vollständige Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität nicht aus; die anwaltliche Mitwirkung muss vielmehr kausal für die Erledigung des Rechtsstreits gewesen sein (BSG; Urteile vom 07.11.2006 - B 1 KR 23/06 -, - B 1 KR 13/06 - und - B 1 KR 22/06 - m.w.N.; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 09.05.2006 - L 11 Kr 1144/06 - m.w.N; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.07.2006 - L 7 AS 528/06 - m.w.N.; Urteil des LSG NRW vom 22.08.2006 - L 1 AL 23/06 - mw.N.).
Davon kann allerdings keine Rede sein, wenn - wie vorliegend - der zur Abgabe des Anerkenntnisses führende Erkenntnisgewinn des Beklagten ausschließlich auf gerichtlicher Ermittlungstätigung - nämlich der Einholung von das Klagebegehren stützenden Gutachten - beruht. Offenkundig hat das o.a., von ihm zur Stützung seines Begehrens in Bezug genommene Vorbringen des Antragstellers zu keinem irgendwie gearteten weiteren Kenntnisgewinn geführt. Darüber hinaus ist auch weder in dem Vorbringen, dass die Klägerin dem sich aus den Gutachten ersichtlichen Beweisergebnis beitrete, noch in der erhobenen Forderung, der Beklagte möge nunmehr ein Anerkenntnis abgeben, eine besondere, nämlich eine über das Maß desjenigen hinausgehende, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das Betreiben des Rechtsstreits abgegolten wird, anwaltliche Aktivität zu sehen.
Das Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 Sozialgerichtsgesetz).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem sozialgerichtlichen Verfahren. Streitig ist, ob der im Rahmen von Prozesskostenhilfe der Klägerin beigeordnete Prozessbevollmächtigte - Antragsteller - Anspruch auf eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG hat.
Mit ihrer Klage vom 04.04.2005 hat die Klägerin die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab 23.11.2004 begehrt.
Dieses Begehren wurde in den vom Sozialgericht (SG) eingeholten, den Beteiligten zugesandten Sachverständigengutachten gestützt. Hierzu hat die Klägerin durch den Antragsteller vorgetragen, dass den Gutachten beigetreten werde und der Beklagte den Klageanspruch anerkennen möge.
Der Beklagte hat eine dem Klageantrag entsprechende "Regelung" vorgeschlagen, mit der er sich ergänzend zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verpflichtete. Die Klägerin hat das "Angebot" des Beklagten angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Der Antragsteller hat die Festsetzung folgender Gebühren nach dem am 01.07.2004 in Kraft getretenen Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) beantragt:
Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG 2,00 EUR
16 % Mehrwertsteuer 105,92 EUR
Summe: 767,92 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Münster hat die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 547,52 EUR festgesetzt. Nicht in Ansatz gebracht wurde dabei eine Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG), weil ein besonderes Bemühen des Antragstellers, aufgrund dessen die Gegenseite den Anspruch in vollem Umfang anerkennt habe, nicht festzustellen sei.
Der dagegen eingelegten Erinnerung hat das SG nicht abgeholfen und die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 547,52 EUR festgesetzt (Beschluss vom 13.12.2006).
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung seine Aufforderung, der Beklagte möge den Anspruch nunmehr anerkennen, sei eindeutig auf eine unstreitige Erledigung gerichtet und sei zumindest mitursächlich für die Erledigung des Rechtsstreits, so dass die Erfolgsgebühr nach der Nr. 1006 VV RVG entstanden sei. Da diese Ursächlichkeit vermutet werde, müsse die Vermutung widerlegt werden. Ebenso müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin durch ihn zur Annahme des Angebots des Beklagten habe bewogen werden müssen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 56 Abs. 2 und 33 Abs. 3 RVG), aber nicht begründet.
Der Vergütungsanspruch des Antragstellers richtet sich vorliegend nach dem RVG, weil ihm der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit nach dem 30.06.2004 erteilt wurde (§§ 60, 61 RVG).
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt hat dem Grunde nach gemäß §§ 45, 45 RVG gegen die Landeskasse des Landes Nordrhein-Westfalen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Bei der Vertretung kostenprivilegierter Kläger (§§ 183, 197 a SGG) entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG).
Im Vergütungsverzeichnis (VV RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - sind folgende Betragsrahmengebühren für das im ersten Rechtszug anhängige sozialgerichtliche Verfahren vorgesehen: die Verfahrungsgebühr (Nr. 3102 VV RVG), die Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) und die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG).
Vorliegend ist für das Betreiben des Rechtsstreits die Verfahrensgebühr entstanden.
Die Terminsgebühr ist deshalb entstanden, weil - entgegen dem Sprachgebrauch der Beteiligten (Vorschlag einer "Regelung" und Annahme des "Angebot"s) - der Beklagte ein (vollständiges, dem Klagebegehren entsprechendes) Anerkenntnis abgegeben und die Klägerin dieses Anerkenntnis angenommen, das Verfahren also nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet hat (Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG). Von dieser Gebühr sind die Bemühungen des Antragstellers, "die Klägerin zur Zustimmung zu dem Angebot der Beklagten" zu bewegen, umfasst und können damit auch nicht zur Begründung der zusätzlich begehrten Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach der Nr. 1006 VV herangezogen werden.
Eine Einigungsgebühr ist nicht entstanden. Die Gebühr entsteht nur für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, nicht aber für eine "Regelung", die sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis bezieht (Nr. 1000 Ziff. 1 Satz 1 VV).
Eine Erledigungsgebühr setzt - neben der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts - die Erledigung des Rechtsstreits durch die anwaltliche Mitwirkung voraus (Nr. 1002 VV). Für die Erfüllung dieses Tatbestandes reicht die umgehende vollständige Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität nicht aus; die anwaltliche Mitwirkung muss vielmehr kausal für die Erledigung des Rechtsstreits gewesen sein (BSG; Urteile vom 07.11.2006 - B 1 KR 23/06 -, - B 1 KR 13/06 - und - B 1 KR 22/06 - m.w.N.; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 09.05.2006 - L 11 Kr 1144/06 - m.w.N; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.07.2006 - L 7 AS 528/06 - m.w.N.; Urteil des LSG NRW vom 22.08.2006 - L 1 AL 23/06 - mw.N.).
Davon kann allerdings keine Rede sein, wenn - wie vorliegend - der zur Abgabe des Anerkenntnisses führende Erkenntnisgewinn des Beklagten ausschließlich auf gerichtlicher Ermittlungstätigung - nämlich der Einholung von das Klagebegehren stützenden Gutachten - beruht. Offenkundig hat das o.a., von ihm zur Stützung seines Begehrens in Bezug genommene Vorbringen des Antragstellers zu keinem irgendwie gearteten weiteren Kenntnisgewinn geführt. Darüber hinaus ist auch weder in dem Vorbringen, dass die Klägerin dem sich aus den Gutachten ersichtlichen Beweisergebnis beitrete, noch in der erhobenen Forderung, der Beklagte möge nunmehr ein Anerkenntnis abgeben, eine besondere, nämlich eine über das Maß desjenigen hinausgehende, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das Betreiben des Rechtsstreits abgegolten wird, anwaltliche Aktivität zu sehen.
Das Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 Sozialgerichtsgesetz).
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