Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 980/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 23/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben AVItech - (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Die 1948 geborene Klägerin war mit Abschlusszeugnis der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft M vom 30. Juli 1970 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Im Zeitraum von September 1970 bis Mai 1986 war sie beim VEB ProjektierungWasserwirtschaft C beschäftigt, von Juni 1986 bis Juli 1989 arbeitete sie beim VEB Kombinat Wassertechnik und Projektierung Wasserwirtschaft H und von Juli 1989 bis Juni 1990 war sie als Mitarbeiter Projektierung/Bauwirtschaft beim VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C bzw. bei dessen Nachfolgegesellschaft, der A mbH C, beschäftigt.
Vom Januar 1988 bis 30. Juni 1990 entrichtete die Klägerin Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung im Beitrittsgebiet FZR. Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde der Klägerin nicht ausgehändigt. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ist nicht vorgetragen worden.
Im Januar 2002 beantragte die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG bei der Beklagten die Überführung von Versorgungsan-wartschaften. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05. März 2002 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin weder um einen Produktions- noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.
Den hiergegen am 21. März 2002 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Oktober 2002 zurück. Bei dem VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung, habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt, der Betrieb sei auch nicht Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen.
Mit ihrer hiergegen am 12. November 2002 vor dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, dass es sich bei dem VEB BMK K um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Ferner hat ihr Prozessbevollmächtigter eine Reihe von Beweisanträgen und Beweisanregungen vorgetragen, wegen deren Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 23. Mai 2004 verwiesen wird.
Das Sozialgericht hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes C beigezogen (Register Nr.), aus dem sich ergibt, dass der VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C, am 14. Juni 1990 von Amts wegen gelöscht wurde. Ferner hat das Sozialgericht einen Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Cottbus () betreffend die A mbH C und den Bericht über die Prüfung der Eröffnungsbilanz in DM unter Kapitalneufestsetzung zum 01. Juli 1990 einschließlich des Gesellschaftsvertrags dieser Gesellschaft vom 31. Mai 1990 nebst Umwandlungserklärung vom 31. Mai 1990 beigezogen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Aus dem Handelsregisterauszug ergibt sich, dass die A GmbH zum 14. Juni 1990 eingetragen wurde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 08. Dezember 2004 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht in einem VE Produktions- oder gleichgestellten Betrieb, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 06. Januar 2005 zugestellte Urteil am 11. Januar 2005 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr Prozessbevollmächtigter hat umfänglich zu rechtlichen und politischen Fragen auf dem Gebiet der Renten- und Versorgungsüberleitung vorgetragen und angegeben, bei der AGmbH habe es sich um ein Konstruktionsbüro gehandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18. Juli und 20. Oktober 2005 sowie 14. März 2007 Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin den Geschäftszweck und die Aufgabengebiete des VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C und der A mbH C beschrieben; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. März 2007 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ferner schriftsätzlich die Anordnung des Ruhens bzw. die Aussetzung des Verfahrens beantragt und im Termin zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen auf "die Beweisanträge in den Akten".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten (Az.:) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf die Klägerin schon deshalb nicht anwendbar, weil sie am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG innehatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Klägerin war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaberin einer Versorgungs-anwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn sie hatte - unstreitig - bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihr war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und - B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie - B 4 RA 18/01 R - nicht veröffentlicht). Ein derartiger fingierter Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R - nicht veröffentlicht; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R -).
Allein maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVItech in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (AVItech-VO; GBl. S. 844) und der hierzu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung (2. DB; GBl. S. 487). Die genannten Vorschriften sind als faktische Anknüpfungspunkte unabhängig von der Verwaltungs- und Auslegungspraxis der DDR allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versorgungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung tatsächlich verrichtet haben und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Die Klägerin erfüllt ungeachtet dessen, ob sie die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat, jedenfalls nicht die genannte dritte Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage, denn sie war am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB, sondern in einer GmbH beschäftigt. Ein Betrieb dieser Rechtsform unterliegt nicht dem Anwendungsbereich der AVItech (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7; BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R - veröffentlicht in juris). Unerheblich ist dabei, ob der nach der Umwandlungs-VO umgewandelte Betrieb (die A mbH C) Rechtsnachfolger des vorhergehenden VEB geworden ist, was indes der Fall gewesen sein dürfte.
Die A mbH C war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB, insbesondere war sie kein Konstruktionsbüro. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 31. Mai 1990 war Gegenstand dieser Gesellschaft "die Ausführung von Vorbereitungs- und Planungsleistungen für Hoch- und Tiefbauten einschließlich Rekonstruktion, insbesondere von Industriebauten, aber auch die Vermittlung von Gewerbebauten, Grundstücken und die Finanzierung einschließlich möglicher schlüsselfertiger Leistungen als Generalunternehmer im eigenen und im Auftrag des Bauherrn zu übernehmen und Bauträgermaßnahmen aller Art durchzuführen." Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass der Gegenstand des Unternehmens im Gesellschaftsvertrag zutreffend dargestellt ist. Danach handelte es sich bei der ARCUS GmbH nicht um ein Konstruktionsbüro.
Ein Konstruktionsbüro ist eine Abteilung oder Einrichtung eines Betriebes bzw. eines Kombinates mit der Aufgabe, im Prozess der Vorbereitung der Produktion die Erzeugnisse zu gestalten, die Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Stücklisten aufzustellen und die Funktion des Erzeugnisses zu erproben (BSG, Urteil v. 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - Juris). Die Konstruktion von Erzeugnissen in Vorbereitung der Produktion dieser Erzeugnisse hat der A GmbH jedoch nicht oblegen. Vielmehr gehört die über den Bereich des Entwurfs und der Berechnung von Einzelteilen, Baugruppen und Erzeugnissen (Konstruktion) hinausgehende Umsetzung im Rahmen einer weitergehenden Gesamtkonzeption zum Bereich der Projektierung. Ein Betrieb, der mit diesen Projektierungsaufgaben befasst war, ist damit kein Konstruktionsbüro (speziell zur A GmbH bereits: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27. April 2005, - L 22 R 44/05 -, unveröffentlicht).
Andere Rechtsgrundlagen, auf die die Klägerin ihr Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben können, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 109 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommene Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juli 2003 - B 4 RA 1/03 R - veröffentlicht in juris). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesver-fassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - nicht veröffentlicht; Beschluss vom 08. September 2004 - 1 BvR 1503/04 - nicht veröffentlicht - und zuletzt zum Stichtag Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u. a. - veröffentlicht in juris).
Den Anregungen in den Schriftsätzen vom 18. Juli und 20. Oktober 2005 sowie 14. März 2007, das Verfahren zum Ruhen zu bringen bzw. es auszusetzen, war nicht zu entsprechen. Für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach § 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) fehlt es bereits an dem erforderlichen Antrag der Beklagten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem eine andere GmbH betreffenden Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az: L 6 R 1420/05) nach § 153 Abs. 1, § 114 SGG liegen offensichtlich nicht vor.
Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin, die sich im Wesentlichen auf sozialpolitische Erwägungen beziehen und am Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vorbeigehen, war nicht zu entsprechen, denn der entscheidungs-erhebliche Sachverhalt ist geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben AVItech - (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Die 1948 geborene Klägerin war mit Abschlusszeugnis der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft M vom 30. Juli 1970 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Im Zeitraum von September 1970 bis Mai 1986 war sie beim VEB ProjektierungWasserwirtschaft C beschäftigt, von Juni 1986 bis Juli 1989 arbeitete sie beim VEB Kombinat Wassertechnik und Projektierung Wasserwirtschaft H und von Juli 1989 bis Juni 1990 war sie als Mitarbeiter Projektierung/Bauwirtschaft beim VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C bzw. bei dessen Nachfolgegesellschaft, der A mbH C, beschäftigt.
Vom Januar 1988 bis 30. Juni 1990 entrichtete die Klägerin Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung im Beitrittsgebiet FZR. Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde der Klägerin nicht ausgehändigt. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ist nicht vorgetragen worden.
Im Januar 2002 beantragte die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG bei der Beklagten die Überführung von Versorgungsan-wartschaften. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05. März 2002 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin weder um einen Produktions- noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.
Den hiergegen am 21. März 2002 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Oktober 2002 zurück. Bei dem VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung, habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt, der Betrieb sei auch nicht Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen.
Mit ihrer hiergegen am 12. November 2002 vor dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, dass es sich bei dem VEB BMK K um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Ferner hat ihr Prozessbevollmächtigter eine Reihe von Beweisanträgen und Beweisanregungen vorgetragen, wegen deren Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 23. Mai 2004 verwiesen wird.
Das Sozialgericht hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes C beigezogen (Register Nr.), aus dem sich ergibt, dass der VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C, am 14. Juni 1990 von Amts wegen gelöscht wurde. Ferner hat das Sozialgericht einen Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Cottbus () betreffend die A mbH C und den Bericht über die Prüfung der Eröffnungsbilanz in DM unter Kapitalneufestsetzung zum 01. Juli 1990 einschließlich des Gesellschaftsvertrags dieser Gesellschaft vom 31. Mai 1990 nebst Umwandlungserklärung vom 31. Mai 1990 beigezogen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Aus dem Handelsregisterauszug ergibt sich, dass die A GmbH zum 14. Juni 1990 eingetragen wurde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 08. Dezember 2004 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht in einem VE Produktions- oder gleichgestellten Betrieb, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 06. Januar 2005 zugestellte Urteil am 11. Januar 2005 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr Prozessbevollmächtigter hat umfänglich zu rechtlichen und politischen Fragen auf dem Gebiet der Renten- und Versorgungsüberleitung vorgetragen und angegeben, bei der AGmbH habe es sich um ein Konstruktionsbüro gehandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18. Juli und 20. Oktober 2005 sowie 14. März 2007 Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin den Geschäftszweck und die Aufgabengebiete des VEB BMK K, Kombinatsbetrieb Forschung und Projektierung C und der A mbH C beschrieben; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. März 2007 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ferner schriftsätzlich die Anordnung des Ruhens bzw. die Aussetzung des Verfahrens beantragt und im Termin zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen auf "die Beweisanträge in den Akten".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten (Az.:) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf die Klägerin schon deshalb nicht anwendbar, weil sie am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG innehatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Klägerin war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaberin einer Versorgungs-anwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn sie hatte - unstreitig - bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihr war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und - B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie - B 4 RA 18/01 R - nicht veröffentlicht). Ein derartiger fingierter Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R - nicht veröffentlicht; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R -).
Allein maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVItech in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (AVItech-VO; GBl. S. 844) und der hierzu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung (2. DB; GBl. S. 487). Die genannten Vorschriften sind als faktische Anknüpfungspunkte unabhängig von der Verwaltungs- und Auslegungspraxis der DDR allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versorgungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung tatsächlich verrichtet haben und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Die Klägerin erfüllt ungeachtet dessen, ob sie die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt hat, jedenfalls nicht die genannte dritte Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage, denn sie war am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB, sondern in einer GmbH beschäftigt. Ein Betrieb dieser Rechtsform unterliegt nicht dem Anwendungsbereich der AVItech (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7; BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R - veröffentlicht in juris). Unerheblich ist dabei, ob der nach der Umwandlungs-VO umgewandelte Betrieb (die A mbH C) Rechtsnachfolger des vorhergehenden VEB geworden ist, was indes der Fall gewesen sein dürfte.
Die A mbH C war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB, insbesondere war sie kein Konstruktionsbüro. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 31. Mai 1990 war Gegenstand dieser Gesellschaft "die Ausführung von Vorbereitungs- und Planungsleistungen für Hoch- und Tiefbauten einschließlich Rekonstruktion, insbesondere von Industriebauten, aber auch die Vermittlung von Gewerbebauten, Grundstücken und die Finanzierung einschließlich möglicher schlüsselfertiger Leistungen als Generalunternehmer im eigenen und im Auftrag des Bauherrn zu übernehmen und Bauträgermaßnahmen aller Art durchzuführen." Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass der Gegenstand des Unternehmens im Gesellschaftsvertrag zutreffend dargestellt ist. Danach handelte es sich bei der ARCUS GmbH nicht um ein Konstruktionsbüro.
Ein Konstruktionsbüro ist eine Abteilung oder Einrichtung eines Betriebes bzw. eines Kombinates mit der Aufgabe, im Prozess der Vorbereitung der Produktion die Erzeugnisse zu gestalten, die Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Stücklisten aufzustellen und die Funktion des Erzeugnisses zu erproben (BSG, Urteil v. 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - Juris). Die Konstruktion von Erzeugnissen in Vorbereitung der Produktion dieser Erzeugnisse hat der A GmbH jedoch nicht oblegen. Vielmehr gehört die über den Bereich des Entwurfs und der Berechnung von Einzelteilen, Baugruppen und Erzeugnissen (Konstruktion) hinausgehende Umsetzung im Rahmen einer weitergehenden Gesamtkonzeption zum Bereich der Projektierung. Ein Betrieb, der mit diesen Projektierungsaufgaben befasst war, ist damit kein Konstruktionsbüro (speziell zur A GmbH bereits: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27. April 2005, - L 22 R 44/05 -, unveröffentlicht).
Andere Rechtsgrundlagen, auf die die Klägerin ihr Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben können, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 109 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommene Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juli 2003 - B 4 RA 1/03 R - veröffentlicht in juris). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesver-fassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - nicht veröffentlicht; Beschluss vom 08. September 2004 - 1 BvR 1503/04 - nicht veröffentlicht - und zuletzt zum Stichtag Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u. a. - veröffentlicht in juris).
Den Anregungen in den Schriftsätzen vom 18. Juli und 20. Oktober 2005 sowie 14. März 2007, das Verfahren zum Ruhen zu bringen bzw. es auszusetzen, war nicht zu entsprechen. Für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach § 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) fehlt es bereits an dem erforderlichen Antrag der Beklagten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem eine andere GmbH betreffenden Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az: L 6 R 1420/05) nach § 153 Abs. 1, § 114 SGG liegen offensichtlich nicht vor.
Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin, die sich im Wesentlichen auf sozialpolitische Erwägungen beziehen und am Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vorbeigehen, war nicht zu entsprechen, denn der entscheidungs-erhebliche Sachverhalt ist geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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