L 8 SB 2385/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 5974/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2385/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. April 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.

Das Versorgungsamt Stuttgart (VA) stellte bei dem 1949 geborenen Kläger mit Bescheid vom 18.08.1986 unter Berücksichtigung degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Folgeerscheinungen und Bandscheibenvorfällen L4/L5 und L5/S1 einen GdB von 30 fest. Die von ihm im März 1996 beantragte Neufeststellung seiner Behinderung wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 18.06.1996 und Widerspruchsbescheid vom 30.09.1996 mangels eingetretener wesentlicher Änderung abgelehnt.

Am 05.07.2001 stellte er beim VA einen weiteren Antrag, mit dem er im Wesentlichen wegen Arthrosen im Bereich des rechten Hüftgelenkes, linken Schultergelenkes und des rechten Knies eine Erhöhung des GdB begehrte. Hierzu legte er den Bericht des Orthopäden K. vom 18.07.2001 vor. Nach Einholung eines Befundscheins von diesem Arzt und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme erließ das VA am 31.01.2002 einen Neufeststellungsbescheid, mit dem ab Juni 2001 ein GdB von 40 festgestellt wurde. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden berücksichtigt degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; Bandscheibenschaden, eine Funktionsbehinderung des Schultergelenkes links, eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke rechts und links, eine Funktionsbehinderung des Kniegelenkes rechts und ein Carpaltunnelsyndrom beidseits.

Dagegen legte der Kläger am 20.02.2002 Widerspruch ein, mit dem er einen GdB von mindestens 70 geltend machte. Er brachte vor, die bei ihm orthopädischerseits vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen, die sich inzwischen ohnehin weiter verschlimmert hätten, seien mit einem GdB von 40 zu niedrig bewertet. Es läge bei ihm eine deutlich zunehmende Einschränkung der Belastbarkeit und Beweglichkeit vor. Der Kläger legte hierzu den Befundbericht von Herrn K. vom 19.07.2002 vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2002 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 09.12.2002 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er machte einen GdB von 70 seit Juni 2001 geltend und brachte insbesondere unter Hinweis auf die aktenkundigen Berichte des Orthopäden K. vor, die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und Gelenke seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Seit dem Ausgangsbescheid vom 18.08.1986 sei eine Verschlechterung eingetreten, deren Ausmaß der Beklagte nicht genügend Rechnung getragen habe. Ferner leide er mittlerweile auch an einem Diabetes. Seit August 2004 sei er dauernd dienstunfähig und deshalb in den Ruhestand versetzt worden. Der Kläger übersandte die Liquidation von Herrn K. vom 09.12.2002 mit den dort aufgeführten Diagnosen sowie die seine Versetzung in den Ruhestand betreffenden Unterlagen der D. T. AG. Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seien mit einem GdB von 40 korrekt beurteilt. Er legte die versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 07.11.2003 und 07.01.2005 vor.

Das SG hörte zunächst den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. und den Orthopäden K. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. A. gab am 08.04.2003 unter Vorlage seiner Arztbriefe vom 13.08.2001 und 06.06.2002 an, er habe den Kläger lediglich am 08.08.2001 und am 05.06.2002 wegen eines beidseitigen Carpaltunnelsyndroms untersucht. Die hieraus resultierende Funktionsbeeinträchtigung sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Über weitere Gesundheitsstörungen lägen ihm keine Unterlagen vor. Herr K. teilte am 22.05.2003 die von ihm seit 2001 erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen mit und führte aus, sowohl bei dem cervicalen als auch bei dem lumbalen Wirbelsäulensyndrom handle es sich um häufige und länger anhaltende Bewegungs- und Funktionseinschränkungen. Es würden auch öfters Instabilitätssyndrome und Tragschwächensymptomatiken auftreten. Diese Syndrome seien als schwer zu bezeichnen. Hiervon sei die Hals-, die Brust- und die Lendenwirbelsäule betroffen. Insgesamt ging er auf seinem Fachgebiet von einem GdB von mindestens 75 aus. Der Orthopäde T. - der Kläger hatte einen Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt - erstattete am 31.03.2004 ein nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstelltes Gutachten. Dieser diagnostizierte eine Coxarthrose beidseits, rechts mehr als links, ein chronisch degeneratives Lumbalsyndrom bei Spondylarthrose und Osteochondrose L4/5, L5/S1, rezidivierende ISG-Blockaden (Blockaden im Darmbein-Kreuzbein-Gelenk) rechts mehr als links, ein PHS (Periarthritis humeroscapularis) links sowie Bandscheibenprotrusionen L4/5 und L5/S1 und bewertete das Lendenwirbelsäulensyndrom mit einem GdB von 30, die Hüftgelenksarthrose rechts mit einem GdB von 20, das Carpaltunnelsyndrom mit einem GdB von 10 und nahm insgesamt einen GdB von 40 an. Danach hörte das SG noch den Internisten Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte am 27.09.2004 als (weitere) Diagnose einen Diabetes mellitus Typ II mit. Dieser sei mit Diät und in Kombination mit Biguaniden (orale Antidiabetika) ausreichend therapiert. Eine zusätzliche Behandlung mit Sylfonylharnstoffen sei wieder beendet worden. Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 07.01.2005 vor, wonach der Diabetes einen GdB von 10 bedinge und insgesamt weiterhin ein GdB von 40 anzunehmen sei.

Mit Urteil vom 18.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 12.05.2005, wies das SG die Klage ab. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, wobei nur die Lendenwirbelsäule betroffen sei, mit einem GdB von 30, die beidseitige Coxarthrose und die Gonarthrose rechts mit einem GdB von 20 sowie die Funktionsbehinderung im Bereich des linken Schultergelenks, das Carpaltunnelsyndrom mit beidseitiger Bewegungseinschränkung geringen Grades im Bereich der Handgelenke und der Diabetes jeweils mit einem GdB von 10 zu bewerten seien. Unter Berücksichtigung dieser Teil-GdB-Werte sei ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.

Dagegen hat der Kläger am 13.06.2005 (Montag) Berufung eingelegt, mit der er weiterhin einen GdB von 70 ab Juni 2001 geltend macht. Er bringt vor, er wende sich nicht gegen die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem GdB von 30, sei aber der Auffassung, dass die Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke und des rechten Kniegelenks mit einem GdB von 20 nicht angemessen berücksichtigt sei. Für die Hüftgelenke sei ein GdB von 30, erhöht um einen weiteren GdB von 10 im Hinblick auf die Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke, in Ansatz zu bringen. Zur Frage der Bildung des Gesamt-GdB trägt der Kläger vor, die bei ihm vorliegenden Funktionsstörungen mit einem GdB von jeweils 10 erhöhten den Gesamt-GdB, da sich diese Funktionsstörungen wechselseitig verstärkten. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass er auch an einem Hallux rigidus rechts mit Einsteifung in ungünstiger Stellung leide. Er legt hierzu das ärztliche Attest des Orthopäden K. vom 09.06.2006 vor. Danach sei das Gelenk erheblich bewegungseingeschränkt und habe diesbezüglich ein Schonhinken zur Folge.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. April 2005 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 31. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 70 ab Juni 2001 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und macht geltend, der eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei durch die Anhebung des bisherigen GdB von 30 auf nunmehr 40 hinreichend Rechnung getragen worden. Ein GdB von 50 oder gar 70 - wie vom Kläger beantragt - läge nicht vor. Er legt die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 20.11.2006 vor.

Der Senat hat den Orthopäden K. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 28.08.2006 den Krankheits- und Behandlungsverlauf geschildert und angegeben, der Kläger befinde sich seit 13.05.2001 in seiner regelmäßigen Behandlung. Er hat die von ihm am 10.08.2006 erhobenen Befunde, einschließlich Kernspintomographiebefunde der Lenden- und Halswirbelsäule und der Schulter links, sowie die von ihm gestellten Diagnosen mitgeteilt und angegeben, sämtliche orthopädischen Gesundheitsstörungen hätten bis zum heutigen Tag eine Verschlechterung erfahren. Es seien stärkere Bewegungs-, Belastungs- und Funktionseinschränkungen sämtlicher genannter Gelenke und der Wirbelsäule eingetreten. Die Wirbelsäule sei in allen drei Abschnitten betroffen. Im Bereich des Großzehengrundgelenks rechts liege eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung (5/0/20 °) mit Verdickung und dorsomedialer Reizexostose (Knochenauswuchs) vor. Es bestünden starke Beschwerden beim Gehen, insbesondere bei unebenem Boden und beim Treppensteigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist nicht rechtswidrig. Damit ist ein GdB von 40 festgestellt, ein höherer GdB jedoch zutreffend verneint worden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 31.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2002, mit dem der Beklagte wegen wesentlicher Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers den GdB von bisher 30 auf 40 erhöht, eine weitergehende Erhöhung aber abgelehnt hat. Der Kläger macht demgegenüber geltend, dass eine Erhöhung des GdB auf 70 gerechtfertigt sei.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2004 (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5).

Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).

Nach dem Ergebnis der vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seit dem Erstbescheid vom 18.08.1986 (GdB 30) nicht in einem Ausmaß verschlimmert haben, dass seit Juni 2001 ein höherer GdB als 40 anzunehmen ist. Zu Recht ist das SG zu dem Ergebnis gekommen, dass die Funktionsbehinderung des Klägers im Bereich der Wirbelsäule mit einem GdB von 30 nicht zu niedrig bewertet ist, die Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke und des rechten Kniegelenks keinen höheren GdB als 20 bedingt sowie die übrigen Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung der linken Schulter, Carpaltunnelsyndrom beidseits und Diabetes) jeweils nur mit einem GdB von 10 zu bewerten sind. Daraus resultiert nach den Beurteilungskriterien der "Anhaltspunkte" insgesamt ein GdB von 40. Der Senat schließt sich den entsprechenden Darlegungen des SG im Einzelnen an und nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung insoweit Bezug darauf (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Sachaufklärung im Berufungsverfahren führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule einschließlich des Bandscheibenschadens sind auch unter Berücksichtigung der Angaben des behandelnden Orthopäden K. gegenüber dem Senat vom 28.08.2006 mit einem GdB von 30 weiterhin angemessen bewertet. Zu dieser Beurteilung ist bereits der Sachverständige T. in seinem für das SG erstatteten orthopädischen Gutachten vom 31.03.2004 gelangt. Das von ihm diagnostizierte Lumbalsyndrom hat er nur als leichte bis mittelschwere Behinderung bezeichnet. Selbst wenn man mit dem Orthopäden K. von funktionellen Auswirkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten ausgehen würde, käme ein GdB von mehr als 30 nicht in Betracht, da in keinem der Wirbelsäulenabschnitte schwere Funktionsstörungen im Sinne von Nr. 26.18, S. 116 der "Anhaltspunkte" belegt sind. Mit der Berufung wendet sich der Kläger im Übrigen selbst nicht mehr gegen die Bewertung seines Wirbelsäulenleidens mit einem GdB von 30.

Entgegen der Auffassung des Klägers bedingen die Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hüftgelenke und des rechten Kniegelenks keinen GdB von 30 oder mehr. Der Sachverständige T. ging lediglich von einer Coxarthrose beidseits, rechts mehr als links, aus, für die er bei den vom Kläger geschilderten Beschwerden, aber guter Beweglichkeit beider Hüftgelenke einen GdB von 20 annahm. Eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Kniegelenke fand der Sachverständige nicht. Demgegenüber sprach der Orthopäde K. von einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten und einer endgradigen Schmerzhaftigkeit des linken Hüftgelenks sowie im Bereich der Kniegelenke von einer Retropatellararthrose beidseits bei medialen Druckschmerzen. Über stärkere Bewegungseinschränkungen im Bereich dieser Gelenke berichtet aber auch er nicht. Erst - hier nicht vorliegende - Bewegungseinschränkungen mittleren Grades würden jedoch einen GdB von 30 (Hüftgelenk) bzw. 20 (Kniegelenk) rechtfertigen, bei beidseitiger Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades ist hingegen nur ein GdB von 20 bis 30 anzunehmen. Dass der Beklagte und diesem folgend der Sachverständige T. hierfür einen GdB von 20 angesetzt hat, ist angesichts der auch von seinem behandelnden Orthopäden nicht bescheinigten nennenswerten Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Hüftgelenks nicht zu beanstanden.

Eine Versteifung des Großzehengrundgelenks rechts in ungünstiger Stellung - wie vom Kläger unter Hinweis auf das von ihm vorgelegte Attest von Herrn K. vom 09.06.2006 geltend gemacht - liegt nach dessen auf Veranlassung des Senats erfolgten näheren Angaben vom 28.08.2006 eindeutig nicht vor. Vielmehr ist dort nur von einer endgradigen Schmerzhaftigkeit mit Verdickung des Großzehengrundgelenks und dorsomedialer Reizexostose die Rede, die starke Beschwerden beim Gehen, insbesondere bei unebenem Boden und beim Treppensteigen verursachten. Ein GdB von 20 wird dadurch jedoch nicht bedingt, da dies nach Nr. 26.18, S. 128 der "Anhaltspunkte" eine Versteifung des Großzehengelenks in ungünstiger Stellung (z.B. Plantarflexion im Grundgelenk über 10 °) voraussetzt. Allenfalls käme ein GdB von 0 bis 10 in Betracht, wenn man die insoweit geschilderten Beschwerden mit einer Versteifung des Großzehengelenks in günstiger Stellung gleichsetzen würde.

Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers (Funktionsbehinderung der linken Schulter, Carpaltunnelsyndrom beidseits und Diabetes) bedingen jeweils einen GdB von 10. Dass diese Bewertungen zu niedrig sind, ergibt sich weder aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen noch wird dies vom Kläger selbst explizit geltend gemacht.

Die Gesamtbeurteilung ergibt keinen höheren GdB als 40. Dabei ist Nr. 19 der "Anhaltspunkte", insbesondere die Abs. 3 und 4, zu beachten. Daraus folgt, dass bei einem höchsten Teil-GdB von 30 und weiteren Teil-GdB-Werten von 20, 10, 10 und 10 kein höherer GdB als insgesamt 40 anzunehmen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Diesen Grundsatz hat das Bundessozialgericht ausdrücklich bestätigt (vgl. BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 28). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die mit einem GdB von lediglich 10 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen einen höheren GdB als 40 nicht zu begründen vermögen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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