Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 770/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 49/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den 12 Quartalen I/00 bis IV/02 in Höhe von insgesamt 121.763,70 EUR.
Die Kläger sind Vertragszahnärzte. Sie führten in den streitbefangenen Quartalen eine Gemeinschaftspraxis. Der Kläger zu 1) ist seit 01.07.1985 und der Kläger zu 2) seit 17.01.1994 als zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Seit dem Quartal I/03 führt der Kläger zu 1) die Praxis alleine fort.
In den 12 Quartalen I/00 bis IV/02 ergaben sich folgende Abrechnungswerte der klägerischen Gemeinschaftspraxis (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):
Quartal Fallzahl Pkte. pro Fall Mehrkosten pro Fall in Punkten In % I/2000 VZA- 435 154 72 87,8
VG- 466 82
II/2000 VZA- 467 126 50 65,8
VG- 451 76
III/2000 VZA- 409 120 53 55,8
VG- 452 77
IV/2000 VZA- 492 106 35 49,3
VG- 529 71
I/2001 VZA- 422 128 47 58,0
VG- 473 81
II/2001 VZA- 497 124 49 65.3
VG- 465 75
III/2001 VZA- 475 145 68 88,3
VG- 452 77
IV/2001 VZA- 572 136 65 91,6
VG- 538 71
I/2002 VZA- 462 135 55 68,8
VG- 464 80
II/2002 VZA- 569 140 63 81,8
VG- 475 77
III/2002 VZA- 508 122 45 58,4
VG- 457 77
IV/2002 VZA- 596 137 67 95,7
VG- 544 70
Nach einem Auswahlverfahren führte der Prüfungsausschuss IV – ZH. - der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I/00 bis III/01 durch. Der Prüfungsausschuss lud die klägerische Gemeinschaftspraxis zu einer Prüfsitzung, an der der Kläger zu 1) teilnahm.
Mit Bescheid vom 07.02.2002, ausgefertigt am 22.04.2002, setzte der Prüfungsausschuss für die Quartale I/00 bis III/01 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 112.483,46 DM (57.511,88 EUR) fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4 fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.
Hiergegen legten die Kläger am 23.05.2002 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 21.05.2002 Widerspruch ein.
Nach einem Auswahlverfahren führte der Prüfungsausschuss eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale IV/01 bis IV/02 durch. Unter Datum vom 17.09.2003 nahmen die Kläger zum Prüfantrag Stellung. Sie trugen vor, die Statistik genüge nicht den Anforderungen. Sie sei nicht um die sog. Nullabrechner bereinigt. Auch enthalte sie die Daten der MKG-Chirurgen und der Kieferorthopäden, nicht dagegen der Universitätspolikliniken. Eine Verfälschung trete auch durch die Berücksichtigung von Abrechnungsscheinen aus den Vorquartalen ein. In den Quartalen des Jahres 2002 beanspruchten 10, 7, 12 bzw. 9 Patienten mit einem Fallwert von mehr als dem fünffachen des Landesdurchschnitts 12 %, 9 %, 15 % bzw. 9 % der Gesamtpunktmenge; 25, 33, 22 bzw. 27 Patienten mit einem Fallwert von dem drei- bis fünffachen des Landesdurchschnitts beanspruchten 31 %, 29 %, 31 % bzw. 28 % der Gesamtpunktmenge. Diese Patienten müssten einzeln geprüft werden. Eine Behandlung nach Maßgabe der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen sei wirtschaftlich, das Honorar dürfe nicht gekürzt werden. Werde eine Hauptleistung als wirtschaftlich angesehen, dürften Begleitleistungen nicht gekürzt werden. Nebenleistungen für genehmigte Leistungen müssten herausgerechnet werden. Leistungen, die von weniger als 50 % der Vergleichsgruppe erbracht würden, seien herauszurechnen. Das Entfernen einer Krone (Ekr) könne anhand der genehmigten Kronen überprüft werden. Die für PA, ZE, Extraktionen und Endodontie erbrachten Anästhesieleistungen seien herauszurechnen. Endodontie, besonders im Seitenzahnbereich sei eine Praxisbesonderheit. Zst und Mu seien als Vorbehandlung bei PA-Leistungen, Aufbaufüllungen und Röntgenleistungen bei Zahnersatz herauszurechnen. Nach Abzug dieser Punktmengen verblieben nur noch Überschreitungen von 26 %, 35 %, 24 % bzw. 54 %. Es werde auch stärker zahnerhaltend gearbeitet. Dies führe zu Ersparnissen, insgesamt zu wenigstens 204.200 EUR.
Der Prüfungsausschuss lud die Kläger zu einer Prüfsitzung, an der der Kläger zu 1) teilnahm.
Mit Bescheid vom 02.10.2003, ausgefertigt am 23.02.2004, setzte der Prüfungsausschuss für die Quartale IV/01 bis IV/02 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 69.002,24 EUR (134.956.64 DM) fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4 fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.
Hiergegen legten die Kläger am 22.03.2004 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 16.04.2004 Widerspruch ein.
Der Beklagte und lud die Kläger unter Datum vom 01.09.2005 zu einer weiteren Prüfsitzung für den 30.11.2005, an der wiederum der Kläger zu 1) teilnahm, unter Beifügung einer Patientenliste und verband beide Verfahren.
Mit Beschluss vom 30.11.2005, ausgefertigt am 26.04.2006 und dem Kläger zu 2) am 29.04.2006 und dem Kläger zu 1) am 27.04.2006 zugestellt, wies der Beklagte die Widersprüche der beigeladenen Verbände der Krankenkassen zurück und gab den Widersprüchen der Kläger insofern statt, als er zwar die Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 126.514,22 EUR bestätigte, diese aber mit Rücksicht auf den HVM-Einbehalt für das Jahr 2002 und die Degressionsneuberechnung auf 121.763,70 EUR reduzierte. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Entgegen der Einwände der Kläger könnten die Statistiken herangezogen werden. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte der Kläger legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Im Ergebnis hätten Praxisbesonderheiten sowie Unterschiede in der Praxisstruktur, die geeignet gewesen wären, den ausgewiesenen Mehraufwand in seinem gesamten Umfang zu rechtfertigen, nicht festgestellt werden können. Eine exemplarische Überprüfung der Behandlungsfälle habe gezeigt, dass die Vorgehensweise der Kläger sowohl unter dem Gesichtspunkt der Systematik als auch vom Umfang her nicht mit dem Gebot eines wirtschaftlichen Vorgehens als vereinbar angesehen werde. Der Beklagte hat dies im Einzelnen ausgeführt. Insoweit wird auf Seite 7 bis 10 des Beschlusses Bezug genommen. Weiter führte der Beklagte aus, der von den Klägern angegebene Anteil von Neupatienten (40 %) begründe keine Praxisbesonderheit. Hessen und insbesondere A-Stadt weise einen guten vertragszahnärztlichen Versorgungsstandard auf. Die Behandlung von Schmerzpatienten beschränke sich auf palliative Maßnahmen und wirke im Ergebnis eher punktwertsenkend. Begleitleistungen würden auch von der Vergleichsgruppe erbracht werden; die Praxis der Kläger weise keinen signifikanten Umfang an Begleitleistungen auf. Auch die Vergleichsgruppe arbeite seit Jahrzehnten zahnerhaltend. Er habe eine Kürzung auf den 1,4-fachen Vergleichswert für erforderlich gehalten. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Sozialgerichts Frankfurt habe man den sich daraus ergebenen Berichtigungsbetrag verringert, soweit für den Prüfzeitraum Einbehalte auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabs erfolgt seien.
Hiergegen haben die Kläger am 17.05.2006 die Klage erhoben. Sie tragen ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, die Praxis liege in einem überregionalen Einkaufszentrum mit täglich 25.000 bis 30.000 Besuchern. Bereits die Lage stelle eine Praxisbesonderheit dar. Sie habe einen großen Teil an Neupatienten, in den Prüfquartalen zwischen 33 und 45 %, die sich zu einem Großteil als Schmerzpatienten präsentierten. Es seien weiter 2.300 Angestellte tätig. Auch aus dieser Gruppe werde ihre Praxis frequentiert, die sich, da sie die Arbeit verließen, meist als Schmerzpatienten vorstellten. Bei Schmerzpatienten werde die Ä1 häufig vor der 01 erbracht. Es fielen Röntgenaufnahmen an, es müssten häufiger Füllungen gelegt werden, es fielen Maßnahmen zur Erhaltung der vitalen Pulpa sowie Wurzelbehandlungsmaßnahmen an, ebenso Anästhesien. Ein hoher Anteil neuer Patienten habe statistisch einen höheren Behandlungsaufwand. Es liege ein nahezu kompletter Ermessensausfall vor. Sie behandelten auch außerordentlich viele Angstpatienten, die tiefe kariöse Läsionen hätten. Die Erörterung von lediglich sieben Belegfällen sei zu wenig. Die mit 40 % gezogene Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sei unzureichend begründet. Ermessen sei hinsichtlich des Kürzungsumfangs nicht ausgeübt worden. So hätte die exponierte Lage berücksichtigt werden müssen. Die Häufigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfungen sei ein Indiz für ihre Praxisbesonderheiten.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 30.11.2005 den Beklagten zu verpflichten, ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 8) beantragen übereinstimmend,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, im Vorfeld der Prüfsitzung habe der Berichterstatter 130 Behandlungsfälle gesichtet, die die Basis für die Annahme gleichlaufender und grundlegender Beanstandungen in den Behandlungsfällen ergeben hätten. Der Sachverhalt sei hinreichend aufgeklärt worden. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise könne mit 40 % bei homogenen Arztgruppen gezogen werden. Die klägerische Gemeinschaftspraxis befinde sich seit 1998 fortlaufend in Prüfverfahren. Dies und die gravierenden Feststellungen hätten einem Zugeständnis unter Ermessensgesichtspunkten entgegengestanden.
Die Beigeladenen zu 2) und 4) schließen sich den Ausführungen des Beklagten an.
Mit Beschluss vom 17.05.2006 hat die Kammer die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Widersprüche gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 07.02.2002 und vom 02.10.2003. Die Klage war daher abzuweisen.
Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 SGB V) nicht erbringen.
Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes v. vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d. h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, zitiert nach juris, Rdnr. 17 m. w. N.).
Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1995 - Az: 6 RKa 37/93, BSGE 76, 53 = SozR 3 2500 § 106. Nr. 26 = NZS 1996, 33 = NJW 1996, 2448 = USK 9573, juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des BSG liegt zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20 % erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis hat das BSG früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem hat es - unter bestimmten Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien haben einen Beurteilungsspielraum, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund hat das BSG es nicht ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42, 38, 33 und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2000 - Az: B 6 KA 24/99 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 24). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum darf eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris Rdnr. 26). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten der einzelnen Praxen spricht, ist es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, aaO., juris Rdnr. 23).
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Zahnärzten um eine inhomogene Arztgruppe handeln könnte und deshalb Veranlassung bestünde, der Verwaltung eine Sachaufklärung in dieser Richtung aufzugeben. Berücksichtigt man, dass es auch in der Zahnheilkunde und den angrenzenden ärztlichen Bereichen besondere Fach(zahn)ärzte für Spezialgebiete gibt, die besondere Fachgruppen bilden (Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Gebietsärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie), und ein großer Teil der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen ist, so bleiben im Wesentlichen lediglich die in Teil 1 des Bema aufgeführten "konservierenden und chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen" als Prüfungsgegenstand übrig. Da ferner in der Zahnheilkunde generell die Erhaltung der Zähne vorrangiges Behandlungsziel ist, kann angenommen werden, dass die allgemeinen Zahnarztpraxen in etwa einen gleichen Behandlungsbedarf zu befriedigen haben (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, SozR 2200 § 368n Nr. 48 = BSGE 62, 24 = SGb 1988, 549 = USK 87212, juris Rdnr. 20).
Ein statistischer Kostenvergleich kann dann nicht durchgeführt werden, wenn die Fallzahl des zu prüfenden Arztes so gering ist, als sie (Fall-)Zahlenbereiche unterschreitet, unterhalb derer ein statistischer Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Die Prüfung nach Durchschnittswerten geht von der Grundannahme aus, dass es die Ärzte der Vergleichsgruppe unter Einbeziehung des geprüften Arztes im Durchschnitt mit dem gleichen Krankengut zu tun haben und deshalb im Durchschnitt aller Fälle in etwa die gleichen Behandlungskosten benötigen. Diese Annahme ist aber nur gerechtfertigt, wenn für den Vergleich einerseits eine hinreichend große Anzahl vergleichbarer Ärzte und andererseits bei dem zu prüfenden Arzt eine hinreichende Zahl von Behandlungsfällen zur Verfügung stehen Zwar ist es statistisch genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass der zu prüfende Arzt mit geringer Fallzahl dieselbe Patientenstruktur aufweist wie die Ärzte seiner Vergleichsgruppe, so dass die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwändigen Behandlungsfällen in kleinen Praxen nicht notwendig anders sein muss als bei großen. Eine in Relation zur Vergleichsgruppe besonders niedrige Fallzahl des zu prüfenden Arztes kann aber zur Folge haben, dass einzelne schwere, besonders aufwändige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben. Deshalb ist zu verlangen, dass der mit einer sehr geringen Fallzahl einhergehenden Vergröberung des Aussagewerts der statistischen Vergleichsprüfung durch die Einführung einer Mindestquote der in die Prüfung einzubeziehenden Fälle zu begegnen ist. Dabei ist an ein objektives Kriterium, nämlich die durchschnittliche Fallzahl der Vergleichsgruppe anzuknüpfen. Die Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Krankenkasse ist daher nur mit der Einschränkung zugelassen worden, dass diese mindestens 20 v. H. der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe ausmachen. Die Mindestquote von 20 % der Durchschnittsfallzahl der Vergleichsgruppe ist nicht nur bei der auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Kasse beschränkten Prüfung zu beachten, sondern muss auch dann erreicht sein, wenn die Zahl der insgesamt vom zu prüfenden Arzt behandelten Patienten besonders niedrig ist. Soweit seit 1995 die Wirtschaftlichkeit der (nunmehr einheitlichen) vertragsärztlichen Versorgung für den (früheren) RVO-Kassen- und den Ersatzkassenbereich einheitlich geprüft wird, hat dies zur Folge, dass die in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einzubeziehenden Behandlungsfälle nunmehr das gesamte Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeit des zu prüfenden Arztes abdecken und nicht mehr - wie zuvor - jeweils nur einen Teilbereich. Dies spricht dafür, die absoluten Fallzahlenuntergrenzen bei einer die gesamte vertragsärztliche Tätigkeit erfassenden Prüfung höher anzusetzen, als das bisher in besonderen Konstellationen für den einen oder anderen Kassenbereich für zulässig gehalten worden ist. Gegen eine starre Grenzziehung etwa bei 100 Fällen spricht, dass dann die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei kleineren Arztpraxen aus solchen Arztgruppen, deren Durchschnittsfallzahlen unter 500 liegen, häufig nicht als statische Vergleichsprüfung durchgeführt werden könnte. Angesichts der ständig verbesserten statistischen Auswertung der Abrechnungen (z. B. Gewichtung des Rentneranteils, Beschränkung des Vergleichs auf Ärzte, die die fraglichen Leistungen abrechnen) ist es nicht gerechtfertigt, generell Ärzte mit Fallzahlen oberhalb der Grenze von 20 % des Durchschnitts von der Prüfung nach Durchschnittswerten auszunehmen, wenn ihre Fallzahl die absolute Grenze von 100 nicht erreicht (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1998 - Az: B 6 KA 50/97 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 45 = NZS 1999, 310 = Breith 1999, 664 = USK 98174, juris Rdnr. 15 bis 19).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.
Der Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung des Beklagten, an der der Kläger zu 1) teilgenommen hat, hat eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Eine Verpflichtung des Beklagten, alle sog. Belegfälle in der Prüfsitzung zu erörtern, besteht nicht. Die Belegfallprüfung dient im Rahmen der sog. intellektuellen Prüfung der Feststellung, ob die auf Unwirtschaftlichkeit hindeutenden Abrechnungswerte nicht durch Praxisbesonderheiten und kompensatorischen Ersparnisse ganz oder teilweise gerechtfertigt sind. Insofern besteht lediglich eine Mindestverpflichtung der Prüfgremien, bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses von Amts wegen nach Gründen für die hohen Abrechnungswerte zu suchen. Im Übrigen ist es Sache des Vertragszahnarztes, substantiiert den Anschein der Unwirtschaftlichkeit zu widerlegen.
Der Beklagte hat auch sein Ergebnis ausreichend begründet. Im Hinblick auf das Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses und eines statistischen Kostenvergleichs war er nicht gehalten, zu Ausführungen zu Einzelfällen Stellung zu nehmen. Der Beklagte hat einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Er hat zudem über fast vier engzeilig beschriebene Seiten (Seite 5 bis 11 des angefochtenen Beschlusses) weitere Ausführungen zur Dokumentation, zum systematischen Behandlungsverlauf, zu Leistungen nach Nr. Ä1 (Ber), 01 (U), zum Röntgenkomplex, zu Füllungsmaßnahmen, zu Leistungen nach Nr. 25 (Cp) und 26 (P), zur Endodontie (Wurzelbehandlungsmaßnahmen) und zu Leistungen nach Nr. 40 (I) und 41a (L1) gemacht. Von daher ist der Bescheid insgesamt ausreichend begründet.
Der Beklagte hat auch die Absetzungsfrist für den Bescheid von fünf Monaten eingehalten.
Der angefochtene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat den Kläger mit den Abrechnungswerten aller hessischen Vertragszahnärzte verglichen. Dies war nicht zu beanstanden, da die Mitglieder der Klägerin ebenfalls als Vertragszahnärzte in Hessen zugelassen und als solche tätig sind. Soweit der Beklage Honorarberichtigungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise vorgenommen hat, war nicht zu beanstanden, dass er vom Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes von 40 % ausging. Dem Einwand der Kläger, die Statistik genüge nicht den Anforderungen, vermochte die Kammer nicht zu folgen. Sie verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss, Seite 5 und 6 (§ 136 Abs. 3 SGG).
Eine Praxisbesonderheit liegt weder im Praxisstandort der klägerischen Praxis noch in dem von ihnen geltend gemachten Umfang an neuen Patienten, insbesondere auch nicht an der Vielzahl an Schmerzpatienten.
Eine Praxisbesonderheit liegt nur vor, wenn ein Patientengut zu behandeln ist, das einen im Vergleich zu den übrigen hessischen Zahnärzten wesentlich erhöhten Behandlungsbedarf hat. Nach Auffassung der fachkundig besetzten Kammer führt ein sog. "Durchsanieren" grundsätzlich nicht zu erhöhten Abrechnungswerten, da maßgeblich für den Umfang der notwendigen Behandlung ausschließlich der Befund bei den Patienten ist. Ein erhöhter Fallwert kann daher nur notwendig werden, wenn insgesamt die Patientenstruktur einer Praxis Patienten aufweist, die einer wesentlich umfangreicheren Behandlung als die Patienten der Vergleichsgruppe bedürfen. Der Kammer war nicht nachvollziehbar, weshalb gerade in der Praxis der Kläger, die bereits seit längerem bestand, ein erhöhter Anteil sog. "sanierungsbedürftiger" Patienten hätte vorhanden gewesen sein sollen. Schmerzpatienten bedingen insofern einen geringeren Aufwand, als zunächst nur Maßnahmen zur Schmerzbeseitigung zu ergreifen sind und von daher eines eher geringeren Versorgungsaufwandes bedürfen. Neue Patienten bedürfen ebf. nicht generell von vornherein eines erhöhten Versorgungsaufwandes.
Soweit der Kläger besonders teuere Fälle herausrechnet, ist zum einen nicht offensichtlich, dass es sich um eine gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant erhöhte Anzahl von Fällen mit einem besonderen Versorgungsaufwand handelt. Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Kläger nicht im Einzelnen dargelegt hat, weshalb bei diesen Patienten ein besonderer Versorgungsaufwand bestanden haben soll. Gerade im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung konservierend-chirurgischer zahnärztlicher Leistungen kann von einer hohen Abrechnung von Leistungen nicht von vornherein auf die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Behandlung geschlossen werden.
Nicht zu folgen vermochte die Kammer dem Vortrag des Kläger, die ZE- oder PAR-Fälle bedeuteten eine Praxisbesonderheit. Der hier strittige konservierend-chirurgische Behandlungsbereich ist nicht Teil des ZE- oder PAR-Behandlungskomplexes, sondern kommt allenfalls im Rahmen einer Vorbehandlung oder von Begleitleistungen zur Anwendung. Die Kammer geht davon aus, dass zum einen fast alle ZE-Fälle und PAR-Fälle auch als Behandlungsfälle in die Statistik der konservierend-chirurgischen Behandlung eingehen und zum anderen, dass Begleitleistungen nicht notwendig zu erhöhten durchschnittlichen Kosten führen. ZE-Leistungen können auch im Ergebnis zu geringeren Kosten im Bereich der konservierend-chirurgischen Behandlung führen, indem z. B. bei einer Überkronung eine mehrflächige Füllung erspart wird.
Insgesamt ist der Vortrag der Kläger unsubstantiiert und sehr allgemein gehalten. Dies gilt auch für den weiteren Vortrag, sie behandelten auch außerordentlich viele Angstpatienten, die tiefe kariöse Läsionen hätten, und sie arbeiteten zahnerhaltend. Auch die Vergleichsgruppe arbeitet seit Jahrzehnten zahnerhaltend, dies gehört zum zahnmedizinischen Behandlungsstandard.
Einen Ermessensfehler vermochte die Kammer ebf. nicht festzustellen. Soweit eine Kürzung lediglich bis zur Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses erfolgt, bleibt für weitere Ermessensüberlegungen nur in atypischen Fällen Raum. Aus den genannten Gründen kann eine exponierte Lage einen atypischen Fall nicht begründen. Der Kammer sind auch keine weiteren Gesichtspunkte ersichtlich, die der Beklagte hätte berücksichtigen müssen.
Nach allem war der angefochtene Widerspruchsbescheid nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den 12 Quartalen I/00 bis IV/02 in Höhe von insgesamt 121.763,70 EUR.
Die Kläger sind Vertragszahnärzte. Sie führten in den streitbefangenen Quartalen eine Gemeinschaftspraxis. Der Kläger zu 1) ist seit 01.07.1985 und der Kläger zu 2) seit 17.01.1994 als zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Seit dem Quartal I/03 führt der Kläger zu 1) die Praxis alleine fort.
In den 12 Quartalen I/00 bis IV/02 ergaben sich folgende Abrechnungswerte der klägerischen Gemeinschaftspraxis (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):
Quartal Fallzahl Pkte. pro Fall Mehrkosten pro Fall in Punkten In % I/2000 VZA- 435 154 72 87,8
VG- 466 82
II/2000 VZA- 467 126 50 65,8
VG- 451 76
III/2000 VZA- 409 120 53 55,8
VG- 452 77
IV/2000 VZA- 492 106 35 49,3
VG- 529 71
I/2001 VZA- 422 128 47 58,0
VG- 473 81
II/2001 VZA- 497 124 49 65.3
VG- 465 75
III/2001 VZA- 475 145 68 88,3
VG- 452 77
IV/2001 VZA- 572 136 65 91,6
VG- 538 71
I/2002 VZA- 462 135 55 68,8
VG- 464 80
II/2002 VZA- 569 140 63 81,8
VG- 475 77
III/2002 VZA- 508 122 45 58,4
VG- 457 77
IV/2002 VZA- 596 137 67 95,7
VG- 544 70
Nach einem Auswahlverfahren führte der Prüfungsausschuss IV – ZH. - der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I/00 bis III/01 durch. Der Prüfungsausschuss lud die klägerische Gemeinschaftspraxis zu einer Prüfsitzung, an der der Kläger zu 1) teilnahm.
Mit Bescheid vom 07.02.2002, ausgefertigt am 22.04.2002, setzte der Prüfungsausschuss für die Quartale I/00 bis III/01 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 112.483,46 DM (57.511,88 EUR) fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4 fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.
Hiergegen legten die Kläger am 23.05.2002 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 21.05.2002 Widerspruch ein.
Nach einem Auswahlverfahren führte der Prüfungsausschuss eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale IV/01 bis IV/02 durch. Unter Datum vom 17.09.2003 nahmen die Kläger zum Prüfantrag Stellung. Sie trugen vor, die Statistik genüge nicht den Anforderungen. Sie sei nicht um die sog. Nullabrechner bereinigt. Auch enthalte sie die Daten der MKG-Chirurgen und der Kieferorthopäden, nicht dagegen der Universitätspolikliniken. Eine Verfälschung trete auch durch die Berücksichtigung von Abrechnungsscheinen aus den Vorquartalen ein. In den Quartalen des Jahres 2002 beanspruchten 10, 7, 12 bzw. 9 Patienten mit einem Fallwert von mehr als dem fünffachen des Landesdurchschnitts 12 %, 9 %, 15 % bzw. 9 % der Gesamtpunktmenge; 25, 33, 22 bzw. 27 Patienten mit einem Fallwert von dem drei- bis fünffachen des Landesdurchschnitts beanspruchten 31 %, 29 %, 31 % bzw. 28 % der Gesamtpunktmenge. Diese Patienten müssten einzeln geprüft werden. Eine Behandlung nach Maßgabe der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen sei wirtschaftlich, das Honorar dürfe nicht gekürzt werden. Werde eine Hauptleistung als wirtschaftlich angesehen, dürften Begleitleistungen nicht gekürzt werden. Nebenleistungen für genehmigte Leistungen müssten herausgerechnet werden. Leistungen, die von weniger als 50 % der Vergleichsgruppe erbracht würden, seien herauszurechnen. Das Entfernen einer Krone (Ekr) könne anhand der genehmigten Kronen überprüft werden. Die für PA, ZE, Extraktionen und Endodontie erbrachten Anästhesieleistungen seien herauszurechnen. Endodontie, besonders im Seitenzahnbereich sei eine Praxisbesonderheit. Zst und Mu seien als Vorbehandlung bei PA-Leistungen, Aufbaufüllungen und Röntgenleistungen bei Zahnersatz herauszurechnen. Nach Abzug dieser Punktmengen verblieben nur noch Überschreitungen von 26 %, 35 %, 24 % bzw. 54 %. Es werde auch stärker zahnerhaltend gearbeitet. Dies führe zu Ersparnissen, insgesamt zu wenigstens 204.200 EUR.
Der Prüfungsausschuss lud die Kläger zu einer Prüfsitzung, an der der Kläger zu 1) teilnahm.
Mit Bescheid vom 02.10.2003, ausgefertigt am 23.02.2004, setzte der Prüfungsausschuss für die Quartale IV/01 bis IV/02 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 69.002,24 EUR (134.956.64 DM) fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4 fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.
Hiergegen legten die Kläger am 22.03.2004 und die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 16.04.2004 Widerspruch ein.
Der Beklagte und lud die Kläger unter Datum vom 01.09.2005 zu einer weiteren Prüfsitzung für den 30.11.2005, an der wiederum der Kläger zu 1) teilnahm, unter Beifügung einer Patientenliste und verband beide Verfahren.
Mit Beschluss vom 30.11.2005, ausgefertigt am 26.04.2006 und dem Kläger zu 2) am 29.04.2006 und dem Kläger zu 1) am 27.04.2006 zugestellt, wies der Beklagte die Widersprüche der beigeladenen Verbände der Krankenkassen zurück und gab den Widersprüchen der Kläger insofern statt, als er zwar die Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 126.514,22 EUR bestätigte, diese aber mit Rücksicht auf den HVM-Einbehalt für das Jahr 2002 und die Degressionsneuberechnung auf 121.763,70 EUR reduzierte. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Entgegen der Einwände der Kläger könnten die Statistiken herangezogen werden. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte der Kläger legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Im Ergebnis hätten Praxisbesonderheiten sowie Unterschiede in der Praxisstruktur, die geeignet gewesen wären, den ausgewiesenen Mehraufwand in seinem gesamten Umfang zu rechtfertigen, nicht festgestellt werden können. Eine exemplarische Überprüfung der Behandlungsfälle habe gezeigt, dass die Vorgehensweise der Kläger sowohl unter dem Gesichtspunkt der Systematik als auch vom Umfang her nicht mit dem Gebot eines wirtschaftlichen Vorgehens als vereinbar angesehen werde. Der Beklagte hat dies im Einzelnen ausgeführt. Insoweit wird auf Seite 7 bis 10 des Beschlusses Bezug genommen. Weiter führte der Beklagte aus, der von den Klägern angegebene Anteil von Neupatienten (40 %) begründe keine Praxisbesonderheit. Hessen und insbesondere A-Stadt weise einen guten vertragszahnärztlichen Versorgungsstandard auf. Die Behandlung von Schmerzpatienten beschränke sich auf palliative Maßnahmen und wirke im Ergebnis eher punktwertsenkend. Begleitleistungen würden auch von der Vergleichsgruppe erbracht werden; die Praxis der Kläger weise keinen signifikanten Umfang an Begleitleistungen auf. Auch die Vergleichsgruppe arbeite seit Jahrzehnten zahnerhaltend. Er habe eine Kürzung auf den 1,4-fachen Vergleichswert für erforderlich gehalten. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Sozialgerichts Frankfurt habe man den sich daraus ergebenen Berichtigungsbetrag verringert, soweit für den Prüfzeitraum Einbehalte auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabs erfolgt seien.
Hiergegen haben die Kläger am 17.05.2006 die Klage erhoben. Sie tragen ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, die Praxis liege in einem überregionalen Einkaufszentrum mit täglich 25.000 bis 30.000 Besuchern. Bereits die Lage stelle eine Praxisbesonderheit dar. Sie habe einen großen Teil an Neupatienten, in den Prüfquartalen zwischen 33 und 45 %, die sich zu einem Großteil als Schmerzpatienten präsentierten. Es seien weiter 2.300 Angestellte tätig. Auch aus dieser Gruppe werde ihre Praxis frequentiert, die sich, da sie die Arbeit verließen, meist als Schmerzpatienten vorstellten. Bei Schmerzpatienten werde die Ä1 häufig vor der 01 erbracht. Es fielen Röntgenaufnahmen an, es müssten häufiger Füllungen gelegt werden, es fielen Maßnahmen zur Erhaltung der vitalen Pulpa sowie Wurzelbehandlungsmaßnahmen an, ebenso Anästhesien. Ein hoher Anteil neuer Patienten habe statistisch einen höheren Behandlungsaufwand. Es liege ein nahezu kompletter Ermessensausfall vor. Sie behandelten auch außerordentlich viele Angstpatienten, die tiefe kariöse Läsionen hätten. Die Erörterung von lediglich sieben Belegfällen sei zu wenig. Die mit 40 % gezogene Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sei unzureichend begründet. Ermessen sei hinsichtlich des Kürzungsumfangs nicht ausgeübt worden. So hätte die exponierte Lage berücksichtigt werden müssen. Die Häufigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfungen sei ein Indiz für ihre Praxisbesonderheiten.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 30.11.2005 den Beklagten zu verpflichten, ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 8) beantragen übereinstimmend,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, im Vorfeld der Prüfsitzung habe der Berichterstatter 130 Behandlungsfälle gesichtet, die die Basis für die Annahme gleichlaufender und grundlegender Beanstandungen in den Behandlungsfällen ergeben hätten. Der Sachverhalt sei hinreichend aufgeklärt worden. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise könne mit 40 % bei homogenen Arztgruppen gezogen werden. Die klägerische Gemeinschaftspraxis befinde sich seit 1998 fortlaufend in Prüfverfahren. Dies und die gravierenden Feststellungen hätten einem Zugeständnis unter Ermessensgesichtspunkten entgegengestanden.
Die Beigeladenen zu 2) und 4) schließen sich den Ausführungen des Beklagten an.
Mit Beschluss vom 17.05.2006 hat die Kammer die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Widersprüche gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 07.02.2002 und vom 02.10.2003. Die Klage war daher abzuweisen.
Im System der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt - die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorgt die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen, unterfällt damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, darf er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 SGB V) nicht erbringen.
Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes v. vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d. h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, zitiert nach juris, Rdnr. 17 m. w. N.).
Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen ist, entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1995 - Az: 6 RKa 37/93, BSGE 76, 53 = SozR 3 2500 § 106. Nr. 26 = NZS 1996, 33 = NJW 1996, 2448 = USK 9573, juris Rdnr. 18). Nach der Rechtsprechung des BSG liegt zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20 % erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis hat das BSG früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem hat es - unter bestimmten Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien haben einen Beurteilungsspielraum, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund hat das BSG es nicht ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42, 38, 33 und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2000 - Az: B 6 KA 24/99 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50 = USK 2000-171, juris Rdnr. 24). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum darf eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um +40 % oder weniger vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - Az: B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 = Breith 2004, 13, juris Rdnr. 26). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten der einzelnen Praxen spricht, ist es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, aaO., juris Rdnr. 23).
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Zahnärzten um eine inhomogene Arztgruppe handeln könnte und deshalb Veranlassung bestünde, der Verwaltung eine Sachaufklärung in dieser Richtung aufzugeben. Berücksichtigt man, dass es auch in der Zahnheilkunde und den angrenzenden ärztlichen Bereichen besondere Fach(zahn)ärzte für Spezialgebiete gibt, die besondere Fachgruppen bilden (Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Gebietsärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie), und ein großer Teil der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen ist, so bleiben im Wesentlichen lediglich die in Teil 1 des Bema aufgeführten "konservierenden und chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen" als Prüfungsgegenstand übrig. Da ferner in der Zahnheilkunde generell die Erhaltung der Zähne vorrangiges Behandlungsziel ist, kann angenommen werden, dass die allgemeinen Zahnarztpraxen in etwa einen gleichen Behandlungsbedarf zu befriedigen haben (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.1987 - Az: 6 RKa 23/86, SozR 2200 § 368n Nr. 48 = BSGE 62, 24 = SGb 1988, 549 = USK 87212, juris Rdnr. 20).
Ein statistischer Kostenvergleich kann dann nicht durchgeführt werden, wenn die Fallzahl des zu prüfenden Arztes so gering ist, als sie (Fall-)Zahlenbereiche unterschreitet, unterhalb derer ein statistischer Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Die Prüfung nach Durchschnittswerten geht von der Grundannahme aus, dass es die Ärzte der Vergleichsgruppe unter Einbeziehung des geprüften Arztes im Durchschnitt mit dem gleichen Krankengut zu tun haben und deshalb im Durchschnitt aller Fälle in etwa die gleichen Behandlungskosten benötigen. Diese Annahme ist aber nur gerechtfertigt, wenn für den Vergleich einerseits eine hinreichend große Anzahl vergleichbarer Ärzte und andererseits bei dem zu prüfenden Arzt eine hinreichende Zahl von Behandlungsfällen zur Verfügung stehen Zwar ist es statistisch genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich, dass der zu prüfende Arzt mit geringer Fallzahl dieselbe Patientenstruktur aufweist wie die Ärzte seiner Vergleichsgruppe, so dass die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwändigen Behandlungsfällen in kleinen Praxen nicht notwendig anders sein muss als bei großen. Eine in Relation zur Vergleichsgruppe besonders niedrige Fallzahl des zu prüfenden Arztes kann aber zur Folge haben, dass einzelne schwere, besonders aufwändige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben. Deshalb ist zu verlangen, dass der mit einer sehr geringen Fallzahl einhergehenden Vergröberung des Aussagewerts der statistischen Vergleichsprüfung durch die Einführung einer Mindestquote der in die Prüfung einzubeziehenden Fälle zu begegnen ist. Dabei ist an ein objektives Kriterium, nämlich die durchschnittliche Fallzahl der Vergleichsgruppe anzuknüpfen. Die Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Krankenkasse ist daher nur mit der Einschränkung zugelassen worden, dass diese mindestens 20 v. H. der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe ausmachen. Die Mindestquote von 20 % der Durchschnittsfallzahl der Vergleichsgruppe ist nicht nur bei der auf die Behandlungsfälle einer einzelnen Kasse beschränkten Prüfung zu beachten, sondern muss auch dann erreicht sein, wenn die Zahl der insgesamt vom zu prüfenden Arzt behandelten Patienten besonders niedrig ist. Soweit seit 1995 die Wirtschaftlichkeit der (nunmehr einheitlichen) vertragsärztlichen Versorgung für den (früheren) RVO-Kassen- und den Ersatzkassenbereich einheitlich geprüft wird, hat dies zur Folge, dass die in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einzubeziehenden Behandlungsfälle nunmehr das gesamte Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeit des zu prüfenden Arztes abdecken und nicht mehr - wie zuvor - jeweils nur einen Teilbereich. Dies spricht dafür, die absoluten Fallzahlenuntergrenzen bei einer die gesamte vertragsärztliche Tätigkeit erfassenden Prüfung höher anzusetzen, als das bisher in besonderen Konstellationen für den einen oder anderen Kassenbereich für zulässig gehalten worden ist. Gegen eine starre Grenzziehung etwa bei 100 Fällen spricht, dass dann die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei kleineren Arztpraxen aus solchen Arztgruppen, deren Durchschnittsfallzahlen unter 500 liegen, häufig nicht als statische Vergleichsprüfung durchgeführt werden könnte. Angesichts der ständig verbesserten statistischen Auswertung der Abrechnungen (z. B. Gewichtung des Rentneranteils, Beschränkung des Vergleichs auf Ärzte, die die fraglichen Leistungen abrechnen) ist es nicht gerechtfertigt, generell Ärzte mit Fallzahlen oberhalb der Grenze von 20 % des Durchschnitts von der Prüfung nach Durchschnittswerten auszunehmen, wenn ihre Fallzahl die absolute Grenze von 100 nicht erreicht (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1998 - Az: B 6 KA 50/97 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 45 = NZS 1999, 310 = Breith 1999, 664 = USK 98174, juris Rdnr. 15 bis 19).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.
Der Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung des Beklagten, an der der Kläger zu 1) teilgenommen hat, hat eine ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Eine Verpflichtung des Beklagten, alle sog. Belegfälle in der Prüfsitzung zu erörtern, besteht nicht. Die Belegfallprüfung dient im Rahmen der sog. intellektuellen Prüfung der Feststellung, ob die auf Unwirtschaftlichkeit hindeutenden Abrechnungswerte nicht durch Praxisbesonderheiten und kompensatorischen Ersparnisse ganz oder teilweise gerechtfertigt sind. Insofern besteht lediglich eine Mindestverpflichtung der Prüfgremien, bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses von Amts wegen nach Gründen für die hohen Abrechnungswerte zu suchen. Im Übrigen ist es Sache des Vertragszahnarztes, substantiiert den Anschein der Unwirtschaftlichkeit zu widerlegen.
Der Beklagte hat auch sein Ergebnis ausreichend begründet. Im Hinblick auf das Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses und eines statistischen Kostenvergleichs war er nicht gehalten, zu Ausführungen zu Einzelfällen Stellung zu nehmen. Der Beklagte hat einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Er hat zudem über fast vier engzeilig beschriebene Seiten (Seite 5 bis 11 des angefochtenen Beschlusses) weitere Ausführungen zur Dokumentation, zum systematischen Behandlungsverlauf, zu Leistungen nach Nr. Ä1 (Ber), 01 (U), zum Röntgenkomplex, zu Füllungsmaßnahmen, zu Leistungen nach Nr. 25 (Cp) und 26 (P), zur Endodontie (Wurzelbehandlungsmaßnahmen) und zu Leistungen nach Nr. 40 (I) und 41a (L1) gemacht. Von daher ist der Bescheid insgesamt ausreichend begründet.
Der Beklagte hat auch die Absetzungsfrist für den Bescheid von fünf Monaten eingehalten.
Der angefochtene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat den Kläger mit den Abrechnungswerten aller hessischen Vertragszahnärzte verglichen. Dies war nicht zu beanstanden, da die Mitglieder der Klägerin ebenfalls als Vertragszahnärzte in Hessen zugelassen und als solche tätig sind. Soweit der Beklage Honorarberichtigungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise vorgenommen hat, war nicht zu beanstanden, dass er vom Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes von 40 % ausging. Dem Einwand der Kläger, die Statistik genüge nicht den Anforderungen, vermochte die Kammer nicht zu folgen. Sie verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss, Seite 5 und 6 (§ 136 Abs. 3 SGG).
Eine Praxisbesonderheit liegt weder im Praxisstandort der klägerischen Praxis noch in dem von ihnen geltend gemachten Umfang an neuen Patienten, insbesondere auch nicht an der Vielzahl an Schmerzpatienten.
Eine Praxisbesonderheit liegt nur vor, wenn ein Patientengut zu behandeln ist, das einen im Vergleich zu den übrigen hessischen Zahnärzten wesentlich erhöhten Behandlungsbedarf hat. Nach Auffassung der fachkundig besetzten Kammer führt ein sog. "Durchsanieren" grundsätzlich nicht zu erhöhten Abrechnungswerten, da maßgeblich für den Umfang der notwendigen Behandlung ausschließlich der Befund bei den Patienten ist. Ein erhöhter Fallwert kann daher nur notwendig werden, wenn insgesamt die Patientenstruktur einer Praxis Patienten aufweist, die einer wesentlich umfangreicheren Behandlung als die Patienten der Vergleichsgruppe bedürfen. Der Kammer war nicht nachvollziehbar, weshalb gerade in der Praxis der Kläger, die bereits seit längerem bestand, ein erhöhter Anteil sog. "sanierungsbedürftiger" Patienten hätte vorhanden gewesen sein sollen. Schmerzpatienten bedingen insofern einen geringeren Aufwand, als zunächst nur Maßnahmen zur Schmerzbeseitigung zu ergreifen sind und von daher eines eher geringeren Versorgungsaufwandes bedürfen. Neue Patienten bedürfen ebf. nicht generell von vornherein eines erhöhten Versorgungsaufwandes.
Soweit der Kläger besonders teuere Fälle herausrechnet, ist zum einen nicht offensichtlich, dass es sich um eine gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant erhöhte Anzahl von Fällen mit einem besonderen Versorgungsaufwand handelt. Zum anderen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Kläger nicht im Einzelnen dargelegt hat, weshalb bei diesen Patienten ein besonderer Versorgungsaufwand bestanden haben soll. Gerade im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung konservierend-chirurgischer zahnärztlicher Leistungen kann von einer hohen Abrechnung von Leistungen nicht von vornherein auf die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Behandlung geschlossen werden.
Nicht zu folgen vermochte die Kammer dem Vortrag des Kläger, die ZE- oder PAR-Fälle bedeuteten eine Praxisbesonderheit. Der hier strittige konservierend-chirurgische Behandlungsbereich ist nicht Teil des ZE- oder PAR-Behandlungskomplexes, sondern kommt allenfalls im Rahmen einer Vorbehandlung oder von Begleitleistungen zur Anwendung. Die Kammer geht davon aus, dass zum einen fast alle ZE-Fälle und PAR-Fälle auch als Behandlungsfälle in die Statistik der konservierend-chirurgischen Behandlung eingehen und zum anderen, dass Begleitleistungen nicht notwendig zu erhöhten durchschnittlichen Kosten führen. ZE-Leistungen können auch im Ergebnis zu geringeren Kosten im Bereich der konservierend-chirurgischen Behandlung führen, indem z. B. bei einer Überkronung eine mehrflächige Füllung erspart wird.
Insgesamt ist der Vortrag der Kläger unsubstantiiert und sehr allgemein gehalten. Dies gilt auch für den weiteren Vortrag, sie behandelten auch außerordentlich viele Angstpatienten, die tiefe kariöse Läsionen hätten, und sie arbeiteten zahnerhaltend. Auch die Vergleichsgruppe arbeitet seit Jahrzehnten zahnerhaltend, dies gehört zum zahnmedizinischen Behandlungsstandard.
Einen Ermessensfehler vermochte die Kammer ebf. nicht festzustellen. Soweit eine Kürzung lediglich bis zur Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses erfolgt, bleibt für weitere Ermessensüberlegungen nur in atypischen Fällen Raum. Aus den genannten Gründen kann eine exponierte Lage einen atypischen Fall nicht begründen. Der Kammer sind auch keine weiteren Gesichtspunkte ersichtlich, die der Beklagte hätte berücksichtigen müssen.
Nach allem war der angefochtene Widerspruchsbescheid nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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