Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 805/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fehlt es für ein Leiden am Nachweis des schädigenden Ereignisses im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG, dann kann ein Beweisthema nach § 109 SGG zur Frage des Kausalzusammenhanges nicht rechtserheblich sein. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens kommt deshalb nicht in Betracht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1970 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Bei dem 1918 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt F. durch Bescheid vom 5. Juli 1952 nach vorangegangenen ärztlichen Untersuchungen "Reizlose Hautnarbe auf dem rechten Handrücken mit geringfügiger Streckhemmung des rechten Kleinfingers” als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in nicht rentenberechtigendem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) fest. Die Anerkennung von Magenbeschwerden aufgrund einer Schleimhautentzündung erfolgte nicht. Zeichen einer Unterernährung seien nicht mehr festgestellt worden. Weitere Schädigungsfolgen aufgrund des Wehrdienstes und der bis April 1948 währenden sowjetischen Kriegsgefangenschaft lägen nicht vor. Im anschließenden Rechtsmittelverfahren nahm der Kläger seine Berufung gegen das Urteil des Oberversicherungsamts Wiesbaden vom 16. Oktober 1953 in der mündlichen Verhandlung vor dem Hessischen Landessozialgericht am 28. Juli 1960 zurück, nachdem sich der Beklagte bereiterklärt hatte, wegen der im klägerischen Schriftsatz vom 15. Juni 1960 erstmalig als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen in Form von Leberschädigung sowie chronisch recidivierender Nierenbecken-Blasenentzündung in eine Prüfung einzutreten und einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.
Nach Beiziehung der Krankenunterlagen über den Kläger aus dem Kriege Veranlasste das Versorgungsamt hierauf dessen Untersuchung durch den Facharzt für Urologie Dr. A. Er führte in seinem Gutachten vom 29. April 1961 unter zusätzlicher Verwertung eines ärztlichen Befundberichts der Landesversicherungsanstalt Hessen vom Juni 1961 aus, für die von ihm gefundene Pyelonephritis beiderseits bei Verdacht auf Nierenkelchstein links und eine chronische Prostatitis sei eine Anerkennung gemäß § 1 BVG nicht möglich.
Hierauf und auf eine aktenmäßige Äußerung das ORMR Dr. H. vom 2. August 1961 über die Nichtnachweisbarkeit einer Leberschädigung gestützt, erging alsdann der durch Widerspruchsbescheid vom 28. November 1961 bestätigte Bescheid vom 10. August 1961, der die Feststellung einer Leberschädigung und Nierensteinerkrankung mit sekundärer Nierenbeckenentzündung als weitere Schädigungsfolgen ablehnte. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main erkannte der Beklagte in Würdigung einer Stellungnahme des Internisten Dr. D. vom 31. August 1962 "geringe Fibrose der Leber” als Schädigungsfolge ohne meßbare MdE an. Der Kläger betrachtete hierauf das Verfahren als erledigt.
Am 11. Dezember 1963 erteilte das Versorgungsamt den entsprechenden Ausführungsbescheid, der
1) Reizlose Hautnarbe auf dem rechten Handrücken mit geringfügiger Streckhemmung des rechten Kleinfingers,
2) Geringe Fibrose der Leber als Schädigungsfolge ohne Erreichen eines rentenberechtigenden Grades der MdE enthält.
Am 27. August 1964 stellte der Kläger mit einer Bescheinigung des Internisten Dr. S. vom Februar 1964 Antrag auf Neufeststellung, der eine Begutachtung durch den Facharzt für innere Medizin Dr. L. zur Folge hatte. In seinem Gutachten vom 8. Oktober 1964 kam er unter Wertung der Vorgeschichte, aller aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und eines neu angefertigten Röntgenbefundes zu dem Ergebnis, daß die MdE auf seinem Fachgebiet nach wie vor 0 v.H. betrage. Im Leberbefund sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die weiteren Gesundheitsstörungen, insbesondere auch der chronische Harnwegsinfekt bei Nierensteinleiden, seien nicht schädigungsbedingt.
Nach zustimmendem Prüfvermerk wies das Versorgungsamt den Antrag hierauf mit Bescheid vom 29. März 1965 ab, der durch Widerspruchsbescheid vom 6. September 1965 bestätigt wurde.
Im erneuten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main hat sich der Kläger auf Arztbriefe der Medizinischen Klinik des D. E. in D. vom November 1965 und April 1966, auf Unterlagen der Vereinigten Innungskrankenkassen H., Bescheinigungen früherer Arbeitgeber, auf ein von dem Facharzt für innere Medizin Dr. W. für sein Rentenstreitverfahren erstattetest Gutachten vom 18. Januar 1962 sowie auf ein Entlassungsgutachten des Sanatoriums H. in Bad W. vom 12. Mai 1965 berufen und zunächst gebeten, seinen jetzigen Hausarzt Dr. B. als sachverständigen Zeugen zu hören. Später hat er beantragt, diesen mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu beauftragen. Nach entsprechender Beschlussfassung, der die Anhörung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. F. als medizinischer Sachverständiger im Termin vom 15. Dezember 1966 vorausgegangen war, hat der praktische Arzt Dr. B. in seinem Gutachten vom 8. April 1968 ausgeführt, das bei dem Kläger vorliegende Leberleiden und darüber hinaus die Nierenerkrankung seien durch Kriegseinwirkung entstanden. Die MdE betrage über 70 v.H.
Hierzu hat der Beklagte durch ORMR W. Stellung nehmen lassen, der hinsichtlich der Lebererkrankung eine nochmalige Laparoskopie und wegen der Nierenbefunde eine fachurologische Begutachtung für notwendig gehalten hat, falls der Kläger hinsichtlich des schädigenden Ereignisses (behauptete Nierenerkrankung im Jahre 1944 in Russland) den entsprechenden Nachweis führe.
Das Sozialgericht hat nunmehr von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, das der Facharzt für innere Krankheiten Dr. N. und der wissenschaftliche Assistent Dr. L. vom Zentrum der Inneren Medizin der J.-Universität in F. nach stationärer Untersuchung des Klägers am 28. April 1970 erstattet haben. Zusammenfassend haben sie ihn dahin beurteilt, daß sich die geringe Fibrose der Leber nicht verändert habe. Die MdE hierfür betrage wie bisher 0 v.H. Die übrigen Erkrankungen, insbesondere von seiten des Magen-Darmkanals, des Herzens und des neuro-vegetativen Systems seien nicht schädigungsbedingt. Nachdem der Kläger inzwischen am 15. September 1969 eine schriftliche Erklärung über einen Lazarettaufenthalt wegen seiner Nierenerkrankung im Jahre 1944 abgegeben habe, müsse aber die Frage des Zusammenhanges der vorliegenden chronischen Blasen-Nierenbeckenentzündung mit Kriegseinwirkungen erneut diskutiert werden. Insofern schlügen sie eine zusätzliche urologische Begutachtung vor. Bei ihrer Untersuchung hätten sie keinen Anhalt für einen aktiven Harnwegsinfekt gefunden. Im intravenösen Pyelogramm bestünden keine eindeutigen Hinweise auf Veränderungen des Kelchsystems. Die harnpflichtigen Substanzen seien normal und sprächen gegen eine grobe Funktionseinschränkung. Bei Urinkonzentrationsversuch hätten sich Anhaltspunkte für eine mangelnde Mitwirkung des Klägers gezeigt.
Mit Urteil vom 6. August 1970 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge. Die anerkannte Schädigungsfolge von seiten der Leber habe sich nicht verändert. Das gehe aus den ärztlichen Gutachten des Dr. L. und der Ärzte des Medizinischen Zentrums mit hinreichender Deutlichkeit hervor. Dr. B. sei dadurch widerlegt. Eine aktive Harnwegsinfektion sei derzeitig nicht vorhanden. Wenn eine abschließende urologische Beurteilung nicht möglich gewesen sei, so gehe das nach dem Grundsatz der objektiven Beweislosigkeit zu Lasten des Klägers. Auch sei erstmalig im Juni 1960 – irrtümlich im Urteil 1961 – von einer chronisch rezidivierenden Nierenbecken- und Blasenentzündung gesprochen worden, die in letzter Zeit aufgetreten sein solle.
Gegen dieses Urteil, das am 13. August 1970 mittels eingeschriebenen Briefes an den Kläger abgesandt worden ist, richtet sich seine am 7. September 1970 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung führte er aus, die gesundheitlichen Schäden von seiten der Leber und der Nieren habe er sich insbesondere in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft, die entbehrungsreich und lang gewesen sei, zugezogen. Da über die Schädigungsfolgen auf urologischem Fachgebiet noch keine endgültige Klärung erfolgt sei, bitte er um erneute Begutachtung von Amts wegen.
Der Kläger beantragte,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1970 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29. März 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1965 zu verurteilen, wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen zu Ziff. 2) und wegen "Nieren- und Blasenleidens” als weitere Schädigungsfolge Versorgung in angemessenem Grade der MdE zu gewähren,
hilfsweise,
weiteren Beweis zu erheben durch Einholung eines fachurologischen Gutachtens von Amts wegen,
höchsthilfsweise,
Einholung eines solchen Gutachtens gemäß § 109 SGG.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf eine aktenmäßige fachurologische Äußerung des Dr. U. vom 19. Oktober 1972 Bezug. Hiernach habe der Kläger erstmalig im Schriftsatz vom 15. Juni 1960 durch seine damalige Prozeßbevollmächtigte eine in letzter Zeit zusätzlich aufgetretene chronisch recidivierende Nierenbecken- und Nierenbecken-Blasenentzündung erwähnt. Aus den Akten gehe ein schädigendes Ereignis in Form einer Nierenentzündung im Jahre 1944 nicht hervor, sondern nur ein fieberhafter Infekt im Sinne einer Mandelentzündung aus dem Jahre 1941 oder eine fragliche Lungenentzündung aus dem Jahre 1944. Überdies sei der Kläger von seiten des uropoetischen Systems bei allen früheren ärztlichen Untersuchungen beschwerdefrei gewesen. Wenn im Entlassungsgutachten der Landesversicherungsanstalt Hessen vom 12. Mai 1965 dann im der Vorgeschichte erwähnt sei, 1944 habe eine Nierenbecken- und Blasenentzündung bestanden, so müsse das als Manipulation gelten, zumal die seit 1960/61, also 17 Jahre nach dem angeblichen schädigenden Ereignis, objektivierten krankhaften Erscheinungen von Seiten des Nieren-Blasensystems auf einem Steinleiden beruhten. Ein Zusammenhang mit der früheren Gelbsuchterkrankung des Jahres 1943 sei ärztlich ohnehin auszuschließen. Selbst wenn aber 1944 eine Feldnephritis oder eine Nierenbeckenentzündung unterstellt würde, ließen sich das 1954 bekannt gewordene Steinleiden und das 1960 manifest gewordene Nierenleiden nicht damit in Verbindung bringen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Hinweis, aufgrund der Entbehrungen in der Gefangenschaft seien sämtliche später aufgetretenen Leiden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schädigungsbedingt. Wegen der unterschiedlichen Auffassungen des Dr. B. und der übrigen gehörten Ärzte begehre er die Einholung eines weiteren unparteiischen Sachverständigengutachtens. Des weiteren nimmt er auf einen Leberstatus vom Januar 1973 Bezug.
Die Akten das Versorgungsamts F. mit der Grundl.-Nr. sowie die Akten des Oberversicherungsamts W. (Streitlisten-Nr. ), die des Sozialgerichts Frankfurt/Main (Az.: S-13/V-283/61) und die Akten des Sozialgerichts Frankfurt/Main in der Arbeiterrentenversicherungs-Streitsache mit dem Aktenzeichen S. 2/J-2/61 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
Der Bescheid des Beklagten vom 29. März 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1965 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 62 Abs. 1 BVG, wonach der Anspruch auf Versorgung neu festzustellen ist, wenn in den Verhältnissen, die für seine Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn es ist nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie, daß sich die anerkannten Schädigungsfolgen zu Ziff. 2) des Bescheides vom 11. Februar 1963 wesentlich im Sinne einer Verschlimmerung geändert haben. Auch liegen keine Leiden auf urologischem Fachgebiet vor, welche als weitere Schädigungsfolgen in Betracht kämen.
Was das von dem Kläger behauptete Leberleiden angeht, so folgt der Senat ebenso wie das Sozialgericht den medizinischen Beurteilungen des Internisten Dr. L. und der Ärzte des Medizinischen Zentrums der J.-Universität in F. Besonders letztere haben die Mitteilungen der behandelnden Ärzte des Klägers, soweit sie abweichende Auffassungen enthalten, eindeutig widerlegt. Nach sorgfältiger stationärer Untersuchung von 8-tägiger Dauer hat sich von seiten der Leber nichts ergeben, was auf eine Verschlimmerung der anerkannten geringen Fibrose hinauslaufen könnte. Insofern nimmt der Senat insbesondere auf das Ergebnis der Laparoskopie Bezug. Da auch die anderen Spezialtests wie Serumelektrophorese, Bromthaleinuntersuchung und Blindpunktion in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der gezielten Punktion stehen, hat das Gericht keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Bewertung aller erhobenen Befunde zu zweifeln. Es bleibt nach wie vor bei einer geringen Fibrose, die einen meßbaren Grad der MdE nicht ergibt. Da die Gerichtsgutachten zusätzlich noch sämtliche in den beigezogenen Akten befindlichen Gutachten aus früheren Zeit ausgewertet und in ihre Beurteilung einbezogen haben, sieht der Senat keinen Anlaß, die objektiv feststehenden und keinen erkennbaren Widerspruch enthaltenden Beurteilungen durch Einholung eines weiteren Gutachtens erhärten zu müssen. Das umsoweniger, als der Internist Dr. F. zu gleicher Feststellungen gekommen ist und die Auffassung des Dr. B., die sich auf keine Spezialtests gründet, eindeutig widerlegt hat. Auch bringt das im Arbeiterrentenversicherungsstreit vom 2. Senat des Hessischen Landessozialgerichts eingeholte Gutachten des Dr. K. vom Kreiskrankenhaus G. vom 31. Januar 1969 dasselbe Ergebnis, wie es die Gerichtsgutachter in der vorliegenden Streitsache gefunden haben. Nach überzeugender Auffassung des Dr. K. liegt weder ein progredient-chronischer Prozeß der Leber noch eine akute aktive Leberparenchymschädigung vor. Erkrankungen dieser Art werden durch den Leberstatus vom Januar 1973 gleichfalls nicht bestätigte. Bis auf die leicht auffällige Takata-Reaktion haben die Tests normale Befunde gezeigt.
Zu dem Komplex der Nieren-Blasenerkrankung haben die Ärzte des Medizinischen Zentrums zwar nicht abschließend Stellung genommen, wenn sie aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde auch eine aktive Harnwegsinfektion ausschließen konnten. Mehr an Ergebnissen war wegen des im Gutachten beschriebenen Fehlverhaltens des Klägers nicht zu erlangen. Der Senat konnte insoweit jedoch dahingestellt sein lassen, ob deshalb schon der Grundsatz der objektiven Beweislosigkeit zum Tragen kommt, wie das Sozialgericht angenommen hat. Zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch Eingehen auf das Beweisanerbieten des Klägers und darüber hinaus in Form der Einholung medizinischer Sachverständigengutachten bestand schon deshalb kein Anlaß, weil das schädigende Ereignis im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG keinesfalls als nachgewiesen betrachtet werden kann. Insofern ist von wesentlicher Bedeutung, daß der Kläger sowohl im Krankenhaus P. im Jahre 1948 als bei seiner ersten Antragstellung nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft keine Nierenentzündung des Jahres 1944 erwähnt hat. Die Befunde und die vorläufige Feststellung seiner Versehrtenstufe vom August 1948 weisen etwas darauf bezügliches nicht aus. Bei seiner Untersuchung durch den Vertragsarzt Dr. G. am 17. April 1959 hat der Kläger wiederum keine Feldnephritis angegeben. Er sprach damals und auch in der Folgezeit stets nur von einer 1944 durchgemachten rechts- oder linksseitigen Lungenentzündung. Die ihm am 16. August 1960 formularmäßig gestellten Fragen nach Verwundungen und Krankheiten während des Kriegsdienstes hat er sogar ohne Erwähnung dieser Infektion beantwortet und seine behandelten Beschwerden der Jahre 1945 und 1944 nur auf Leber und Magen-Darm bezogen. An dieser Stelle hat er versichert, alles nach bestem Wissen und Gewissen angegeben zu haben. Die vom Versorgungsamt beigezogenen Krankenunterlagen aus dem Kriege weisen urkundlich einen fieberhaften Infekt für März 1944 aus, wegen dessen der Kläger im Lazarett O. behandelt worden ist. Außerdem sind die Gelbsucht aus dem Jahre 1945 und für Juni 1945 ein Nabelbruch aufgeführt. Hiernach besteht die sichere Annahme zu Recht, daß eine Nierenentzündung tatsächlich nicht stattgefunden hat. Sie wäre bei der Art und Führung der übersandten Krankenbuchauszüge als gravierende Erkrankung erwähnt worden. Des weiteren spricht für den mangelnden Beweis des schädigenden Ereignisses, daß der Kläger Dr. A. im April 1961 immer noch keine präzisen Angaben über eine Nierenentzündung im Felde gemacht hat. Ihm hat er nur Schmerzen im Rücken geschildert, wegen derer er drei bis vier Wochen mit Diät, Wärme und salzloser Kost behandelt worden sei. Die Art der Erkrankung habe nicht geklärt werden können.
Das gleiche Bild zeigt sich, wenn die Gutachten ausgewertet werden, die im Verfahren vor dem Oberversicherungsamt W. eingeholt worden sind. Der Kläger hatte nämlich am 11. März 1957 Prof. Dr. H. gegenüber lediglich von einer 1944 durchgemachten Lungenentzündung gesprochen, ebenso wie anläßlich seiner Begutachtung durch Prof. Dr. H. und Dr. B. in der I. Medizinischen Universitätsklinik F. am 24. Februar 1960. Obwohl sämtliche der in diesem Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen sich mit dem gesamten Leidenszustand des Klägers befaßt und ganz sicher die entsprechenden Fragen zur Vorgeschichte gestellt hatten, heißt es auch dort lediglich, er habe im Frühjahr 1944 wegen einer Lungenentzündung links im Feldlazarett gelegen. Erst nachdem der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Hessen sein Rentenverfahren eingeleitet hatte, ist eine Nierenbeckenentzündung in die Anamnese eingeführt worden. Diese Krankheitsbezeichnung findet sich sowohl im Gutachten der Ärzte des Hospitals H. in F. vom 9. April 1964 als auch in dem späteren vom 22. Juni 1967, das im N. Krankenhaus erstattet worden ist. Hierbei ist bemerkenswert, daß der Kläger inzwischen durch seine damalige Prozeßbevollmächtigte hatte vortragen lassen, es lägen auch noch Schädigungsfolgen auf urologischem Fachgebiet vor. Allerdings lautet der betr. Schriftsatz vom 15. Juni 1960 dahin, daß "in der letzten Zeit” zusätzlich eine chronisch recidivierende Nierenbecken- und Nierenbecken-Blasenentzündung aufgetreten sei. Zusätzlich hat der Kläger im vorliegenden Verfahren dann noch versucht, seine im Widerspruch zu den früheren Schilderungen stehenden Angaben über die abgelaufene Nierenentzündung durch eine sogenannte eidesstattliche Versicherung zu erhärten. Diese der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht genügende Erklärung vom 15. September 1969 beweist das schädigende Ereignis jedoch ebensowenig wie seine ab 1964 den Ärzten gegenüber gemachten Mitteilungen. Gerade deshalb, weil der Kläger hierin auf das Wehrmachtslazarett O. Bezug genommen hat, wird die Manipulation seiner Einlassung offenbar. Denn die Krankenbuchauszüge weisen die Behandlung eines fieberhaften Infekts in diesem Lazarett aus. Angesichts aller aktenkundigen, nicht lösbaren Widersprüchen kann der Beweis des schädigenden Ereignisses keinesfalls als erbracht angesehen werden, zumal auch in dem Arztbrief der Urologischen Abteilung des S.-Krankenhauses vom 15. Oktober 1962, der sich auf Blatt 48 der Gerichtsakten in der Arbeiterrentenversicherungs-Streitsache befindet, von erstmaligen linksseitigen Nierenbeschwerden im Jahre 1954 gesprochen wird. Sind jedoch mindestens 10 Jahre seit dem angeblichen schädigenden Ereignis verstrichen, ohne daß Krankheitserscheinungen aufgetreten sind, so läßt sich ein Umkehrschluß dahin ziehen, daß eine Folgen zeitigende Nierenerkrankung im Jahre 1944 nicht abgelaufen ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage kam die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG mangels Vorliegens der gesetzlichen Grundvoraussetzung als nicht rechtserheblich nicht in Betracht, abgesehen davon, daß das Antragsrecht bei der konkreten Sachlage als verbraucht anzusehen gewesen wäre, nachdem sich Dr. B. als Arzt des Vertrauens zur Frage des Nieren-Blasenkomplexes bereits geäußert hatte und kein substantiiertes neues Beweismaterial vorgelegt worden ist.
Selbst wenn der Senat nun aber noch zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, er habe den Nachweis erbracht, zu der behaupteten Zeit im Lazarett O. tatsächlich wegen eines Nierenleidens behandelt worden zu sein, so wäre immer noch der Kausalzusammenhang i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG zu verneinen. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des Urologen Dr. U. Er hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Manifestation der Nierenerkrankung frühestens in den Jahren 1960/61 erfolgt sei. Ein Zeitintervall von 17 Jahren spricht jedoch entscheidend gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Hinzu kommt, daß es sich nach Auffassung der Gutachter bei dem Leiden des Klägers um typische Folgeerscheinungen des Steinleidens handelt, das 1954 zur Einweisung in das Krankenhaus H. geführt hatte. Insofern ist die Anlagebedingtheit hervorzuheben. Mit dieser Auffassung befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit den Ärzten des Krankenhauses N., die im Juni 1967 kein aktives entzündliches Geschehen feststellen konnten und damit ihrerseits in Übereinstimmung mit den Gutachtern des Medizinischen Zentrums der J.-Universität in F. stehen. Die Ergebnisse der Untersuchung in Kreiskrankenhaus G. die Dr. K. am 31. Januar 1969 beschrieben hat, liegen auf derselben Ebene. Alle erwähnten Befunde sprachen ebenso wie die prompte Ausscheidung des Kontrastmittels beider Nieren gegen eine renale Funktionsstörung. Auch eine latente Niereninsuffizienz lag nicht vor.
Bei dieser sich aus den Akten ergebenden Sachlage bestand für den Senat auch kein Anlaß zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Der Berufung war der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge vielmehr zu versagen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Bei dem 1918 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt F. durch Bescheid vom 5. Juli 1952 nach vorangegangenen ärztlichen Untersuchungen "Reizlose Hautnarbe auf dem rechten Handrücken mit geringfügiger Streckhemmung des rechten Kleinfingers” als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in nicht rentenberechtigendem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) fest. Die Anerkennung von Magenbeschwerden aufgrund einer Schleimhautentzündung erfolgte nicht. Zeichen einer Unterernährung seien nicht mehr festgestellt worden. Weitere Schädigungsfolgen aufgrund des Wehrdienstes und der bis April 1948 währenden sowjetischen Kriegsgefangenschaft lägen nicht vor. Im anschließenden Rechtsmittelverfahren nahm der Kläger seine Berufung gegen das Urteil des Oberversicherungsamts Wiesbaden vom 16. Oktober 1953 in der mündlichen Verhandlung vor dem Hessischen Landessozialgericht am 28. Juli 1960 zurück, nachdem sich der Beklagte bereiterklärt hatte, wegen der im klägerischen Schriftsatz vom 15. Juni 1960 erstmalig als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen in Form von Leberschädigung sowie chronisch recidivierender Nierenbecken-Blasenentzündung in eine Prüfung einzutreten und einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.
Nach Beiziehung der Krankenunterlagen über den Kläger aus dem Kriege Veranlasste das Versorgungsamt hierauf dessen Untersuchung durch den Facharzt für Urologie Dr. A. Er führte in seinem Gutachten vom 29. April 1961 unter zusätzlicher Verwertung eines ärztlichen Befundberichts der Landesversicherungsanstalt Hessen vom Juni 1961 aus, für die von ihm gefundene Pyelonephritis beiderseits bei Verdacht auf Nierenkelchstein links und eine chronische Prostatitis sei eine Anerkennung gemäß § 1 BVG nicht möglich.
Hierauf und auf eine aktenmäßige Äußerung das ORMR Dr. H. vom 2. August 1961 über die Nichtnachweisbarkeit einer Leberschädigung gestützt, erging alsdann der durch Widerspruchsbescheid vom 28. November 1961 bestätigte Bescheid vom 10. August 1961, der die Feststellung einer Leberschädigung und Nierensteinerkrankung mit sekundärer Nierenbeckenentzündung als weitere Schädigungsfolgen ablehnte. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main erkannte der Beklagte in Würdigung einer Stellungnahme des Internisten Dr. D. vom 31. August 1962 "geringe Fibrose der Leber” als Schädigungsfolge ohne meßbare MdE an. Der Kläger betrachtete hierauf das Verfahren als erledigt.
Am 11. Dezember 1963 erteilte das Versorgungsamt den entsprechenden Ausführungsbescheid, der
1) Reizlose Hautnarbe auf dem rechten Handrücken mit geringfügiger Streckhemmung des rechten Kleinfingers,
2) Geringe Fibrose der Leber als Schädigungsfolge ohne Erreichen eines rentenberechtigenden Grades der MdE enthält.
Am 27. August 1964 stellte der Kläger mit einer Bescheinigung des Internisten Dr. S. vom Februar 1964 Antrag auf Neufeststellung, der eine Begutachtung durch den Facharzt für innere Medizin Dr. L. zur Folge hatte. In seinem Gutachten vom 8. Oktober 1964 kam er unter Wertung der Vorgeschichte, aller aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und eines neu angefertigten Röntgenbefundes zu dem Ergebnis, daß die MdE auf seinem Fachgebiet nach wie vor 0 v.H. betrage. Im Leberbefund sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die weiteren Gesundheitsstörungen, insbesondere auch der chronische Harnwegsinfekt bei Nierensteinleiden, seien nicht schädigungsbedingt.
Nach zustimmendem Prüfvermerk wies das Versorgungsamt den Antrag hierauf mit Bescheid vom 29. März 1965 ab, der durch Widerspruchsbescheid vom 6. September 1965 bestätigt wurde.
Im erneuten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main hat sich der Kläger auf Arztbriefe der Medizinischen Klinik des D. E. in D. vom November 1965 und April 1966, auf Unterlagen der Vereinigten Innungskrankenkassen H., Bescheinigungen früherer Arbeitgeber, auf ein von dem Facharzt für innere Medizin Dr. W. für sein Rentenstreitverfahren erstattetest Gutachten vom 18. Januar 1962 sowie auf ein Entlassungsgutachten des Sanatoriums H. in Bad W. vom 12. Mai 1965 berufen und zunächst gebeten, seinen jetzigen Hausarzt Dr. B. als sachverständigen Zeugen zu hören. Später hat er beantragt, diesen mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu beauftragen. Nach entsprechender Beschlussfassung, der die Anhörung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. F. als medizinischer Sachverständiger im Termin vom 15. Dezember 1966 vorausgegangen war, hat der praktische Arzt Dr. B. in seinem Gutachten vom 8. April 1968 ausgeführt, das bei dem Kläger vorliegende Leberleiden und darüber hinaus die Nierenerkrankung seien durch Kriegseinwirkung entstanden. Die MdE betrage über 70 v.H.
Hierzu hat der Beklagte durch ORMR W. Stellung nehmen lassen, der hinsichtlich der Lebererkrankung eine nochmalige Laparoskopie und wegen der Nierenbefunde eine fachurologische Begutachtung für notwendig gehalten hat, falls der Kläger hinsichtlich des schädigenden Ereignisses (behauptete Nierenerkrankung im Jahre 1944 in Russland) den entsprechenden Nachweis führe.
Das Sozialgericht hat nunmehr von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, das der Facharzt für innere Krankheiten Dr. N. und der wissenschaftliche Assistent Dr. L. vom Zentrum der Inneren Medizin der J.-Universität in F. nach stationärer Untersuchung des Klägers am 28. April 1970 erstattet haben. Zusammenfassend haben sie ihn dahin beurteilt, daß sich die geringe Fibrose der Leber nicht verändert habe. Die MdE hierfür betrage wie bisher 0 v.H. Die übrigen Erkrankungen, insbesondere von seiten des Magen-Darmkanals, des Herzens und des neuro-vegetativen Systems seien nicht schädigungsbedingt. Nachdem der Kläger inzwischen am 15. September 1969 eine schriftliche Erklärung über einen Lazarettaufenthalt wegen seiner Nierenerkrankung im Jahre 1944 abgegeben habe, müsse aber die Frage des Zusammenhanges der vorliegenden chronischen Blasen-Nierenbeckenentzündung mit Kriegseinwirkungen erneut diskutiert werden. Insofern schlügen sie eine zusätzliche urologische Begutachtung vor. Bei ihrer Untersuchung hätten sie keinen Anhalt für einen aktiven Harnwegsinfekt gefunden. Im intravenösen Pyelogramm bestünden keine eindeutigen Hinweise auf Veränderungen des Kelchsystems. Die harnpflichtigen Substanzen seien normal und sprächen gegen eine grobe Funktionseinschränkung. Bei Urinkonzentrationsversuch hätten sich Anhaltspunkte für eine mangelnde Mitwirkung des Klägers gezeigt.
Mit Urteil vom 6. August 1970 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge. Die anerkannte Schädigungsfolge von seiten der Leber habe sich nicht verändert. Das gehe aus den ärztlichen Gutachten des Dr. L. und der Ärzte des Medizinischen Zentrums mit hinreichender Deutlichkeit hervor. Dr. B. sei dadurch widerlegt. Eine aktive Harnwegsinfektion sei derzeitig nicht vorhanden. Wenn eine abschließende urologische Beurteilung nicht möglich gewesen sei, so gehe das nach dem Grundsatz der objektiven Beweislosigkeit zu Lasten des Klägers. Auch sei erstmalig im Juni 1960 – irrtümlich im Urteil 1961 – von einer chronisch rezidivierenden Nierenbecken- und Blasenentzündung gesprochen worden, die in letzter Zeit aufgetreten sein solle.
Gegen dieses Urteil, das am 13. August 1970 mittels eingeschriebenen Briefes an den Kläger abgesandt worden ist, richtet sich seine am 7. September 1970 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung führte er aus, die gesundheitlichen Schäden von seiten der Leber und der Nieren habe er sich insbesondere in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft, die entbehrungsreich und lang gewesen sei, zugezogen. Da über die Schädigungsfolgen auf urologischem Fachgebiet noch keine endgültige Klärung erfolgt sei, bitte er um erneute Begutachtung von Amts wegen.
Der Kläger beantragte,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 6. August 1970 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29. März 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1965 zu verurteilen, wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen zu Ziff. 2) und wegen "Nieren- und Blasenleidens” als weitere Schädigungsfolge Versorgung in angemessenem Grade der MdE zu gewähren,
hilfsweise,
weiteren Beweis zu erheben durch Einholung eines fachurologischen Gutachtens von Amts wegen,
höchsthilfsweise,
Einholung eines solchen Gutachtens gemäß § 109 SGG.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf eine aktenmäßige fachurologische Äußerung des Dr. U. vom 19. Oktober 1972 Bezug. Hiernach habe der Kläger erstmalig im Schriftsatz vom 15. Juni 1960 durch seine damalige Prozeßbevollmächtigte eine in letzter Zeit zusätzlich aufgetretene chronisch recidivierende Nierenbecken- und Nierenbecken-Blasenentzündung erwähnt. Aus den Akten gehe ein schädigendes Ereignis in Form einer Nierenentzündung im Jahre 1944 nicht hervor, sondern nur ein fieberhafter Infekt im Sinne einer Mandelentzündung aus dem Jahre 1941 oder eine fragliche Lungenentzündung aus dem Jahre 1944. Überdies sei der Kläger von seiten des uropoetischen Systems bei allen früheren ärztlichen Untersuchungen beschwerdefrei gewesen. Wenn im Entlassungsgutachten der Landesversicherungsanstalt Hessen vom 12. Mai 1965 dann im der Vorgeschichte erwähnt sei, 1944 habe eine Nierenbecken- und Blasenentzündung bestanden, so müsse das als Manipulation gelten, zumal die seit 1960/61, also 17 Jahre nach dem angeblichen schädigenden Ereignis, objektivierten krankhaften Erscheinungen von Seiten des Nieren-Blasensystems auf einem Steinleiden beruhten. Ein Zusammenhang mit der früheren Gelbsuchterkrankung des Jahres 1943 sei ärztlich ohnehin auszuschließen. Selbst wenn aber 1944 eine Feldnephritis oder eine Nierenbeckenentzündung unterstellt würde, ließen sich das 1954 bekannt gewordene Steinleiden und das 1960 manifest gewordene Nierenleiden nicht damit in Verbindung bringen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Hinweis, aufgrund der Entbehrungen in der Gefangenschaft seien sämtliche später aufgetretenen Leiden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schädigungsbedingt. Wegen der unterschiedlichen Auffassungen des Dr. B. und der übrigen gehörten Ärzte begehre er die Einholung eines weiteren unparteiischen Sachverständigengutachtens. Des weiteren nimmt er auf einen Leberstatus vom Januar 1973 Bezug.
Die Akten das Versorgungsamts F. mit der Grundl.-Nr. sowie die Akten des Oberversicherungsamts W. (Streitlisten-Nr. ), die des Sozialgerichts Frankfurt/Main (Az.: S-13/V-283/61) und die Akten des Sozialgerichts Frankfurt/Main in der Arbeiterrentenversicherungs-Streitsache mit dem Aktenzeichen S. 2/J-2/61 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
Der Bescheid des Beklagten vom 29. März 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1965 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 62 Abs. 1 BVG, wonach der Anspruch auf Versorgung neu festzustellen ist, wenn in den Verhältnissen, die für seine Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn es ist nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie, daß sich die anerkannten Schädigungsfolgen zu Ziff. 2) des Bescheides vom 11. Februar 1963 wesentlich im Sinne einer Verschlimmerung geändert haben. Auch liegen keine Leiden auf urologischem Fachgebiet vor, welche als weitere Schädigungsfolgen in Betracht kämen.
Was das von dem Kläger behauptete Leberleiden angeht, so folgt der Senat ebenso wie das Sozialgericht den medizinischen Beurteilungen des Internisten Dr. L. und der Ärzte des Medizinischen Zentrums der J.-Universität in F. Besonders letztere haben die Mitteilungen der behandelnden Ärzte des Klägers, soweit sie abweichende Auffassungen enthalten, eindeutig widerlegt. Nach sorgfältiger stationärer Untersuchung von 8-tägiger Dauer hat sich von seiten der Leber nichts ergeben, was auf eine Verschlimmerung der anerkannten geringen Fibrose hinauslaufen könnte. Insofern nimmt der Senat insbesondere auf das Ergebnis der Laparoskopie Bezug. Da auch die anderen Spezialtests wie Serumelektrophorese, Bromthaleinuntersuchung und Blindpunktion in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der gezielten Punktion stehen, hat das Gericht keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Bewertung aller erhobenen Befunde zu zweifeln. Es bleibt nach wie vor bei einer geringen Fibrose, die einen meßbaren Grad der MdE nicht ergibt. Da die Gerichtsgutachten zusätzlich noch sämtliche in den beigezogenen Akten befindlichen Gutachten aus früheren Zeit ausgewertet und in ihre Beurteilung einbezogen haben, sieht der Senat keinen Anlaß, die objektiv feststehenden und keinen erkennbaren Widerspruch enthaltenden Beurteilungen durch Einholung eines weiteren Gutachtens erhärten zu müssen. Das umsoweniger, als der Internist Dr. F. zu gleicher Feststellungen gekommen ist und die Auffassung des Dr. B., die sich auf keine Spezialtests gründet, eindeutig widerlegt hat. Auch bringt das im Arbeiterrentenversicherungsstreit vom 2. Senat des Hessischen Landessozialgerichts eingeholte Gutachten des Dr. K. vom Kreiskrankenhaus G. vom 31. Januar 1969 dasselbe Ergebnis, wie es die Gerichtsgutachter in der vorliegenden Streitsache gefunden haben. Nach überzeugender Auffassung des Dr. K. liegt weder ein progredient-chronischer Prozeß der Leber noch eine akute aktive Leberparenchymschädigung vor. Erkrankungen dieser Art werden durch den Leberstatus vom Januar 1973 gleichfalls nicht bestätigte. Bis auf die leicht auffällige Takata-Reaktion haben die Tests normale Befunde gezeigt.
Zu dem Komplex der Nieren-Blasenerkrankung haben die Ärzte des Medizinischen Zentrums zwar nicht abschließend Stellung genommen, wenn sie aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde auch eine aktive Harnwegsinfektion ausschließen konnten. Mehr an Ergebnissen war wegen des im Gutachten beschriebenen Fehlverhaltens des Klägers nicht zu erlangen. Der Senat konnte insoweit jedoch dahingestellt sein lassen, ob deshalb schon der Grundsatz der objektiven Beweislosigkeit zum Tragen kommt, wie das Sozialgericht angenommen hat. Zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch Eingehen auf das Beweisanerbieten des Klägers und darüber hinaus in Form der Einholung medizinischer Sachverständigengutachten bestand schon deshalb kein Anlaß, weil das schädigende Ereignis im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG keinesfalls als nachgewiesen betrachtet werden kann. Insofern ist von wesentlicher Bedeutung, daß der Kläger sowohl im Krankenhaus P. im Jahre 1948 als bei seiner ersten Antragstellung nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft keine Nierenentzündung des Jahres 1944 erwähnt hat. Die Befunde und die vorläufige Feststellung seiner Versehrtenstufe vom August 1948 weisen etwas darauf bezügliches nicht aus. Bei seiner Untersuchung durch den Vertragsarzt Dr. G. am 17. April 1959 hat der Kläger wiederum keine Feldnephritis angegeben. Er sprach damals und auch in der Folgezeit stets nur von einer 1944 durchgemachten rechts- oder linksseitigen Lungenentzündung. Die ihm am 16. August 1960 formularmäßig gestellten Fragen nach Verwundungen und Krankheiten während des Kriegsdienstes hat er sogar ohne Erwähnung dieser Infektion beantwortet und seine behandelten Beschwerden der Jahre 1945 und 1944 nur auf Leber und Magen-Darm bezogen. An dieser Stelle hat er versichert, alles nach bestem Wissen und Gewissen angegeben zu haben. Die vom Versorgungsamt beigezogenen Krankenunterlagen aus dem Kriege weisen urkundlich einen fieberhaften Infekt für März 1944 aus, wegen dessen der Kläger im Lazarett O. behandelt worden ist. Außerdem sind die Gelbsucht aus dem Jahre 1945 und für Juni 1945 ein Nabelbruch aufgeführt. Hiernach besteht die sichere Annahme zu Recht, daß eine Nierenentzündung tatsächlich nicht stattgefunden hat. Sie wäre bei der Art und Führung der übersandten Krankenbuchauszüge als gravierende Erkrankung erwähnt worden. Des weiteren spricht für den mangelnden Beweis des schädigenden Ereignisses, daß der Kläger Dr. A. im April 1961 immer noch keine präzisen Angaben über eine Nierenentzündung im Felde gemacht hat. Ihm hat er nur Schmerzen im Rücken geschildert, wegen derer er drei bis vier Wochen mit Diät, Wärme und salzloser Kost behandelt worden sei. Die Art der Erkrankung habe nicht geklärt werden können.
Das gleiche Bild zeigt sich, wenn die Gutachten ausgewertet werden, die im Verfahren vor dem Oberversicherungsamt W. eingeholt worden sind. Der Kläger hatte nämlich am 11. März 1957 Prof. Dr. H. gegenüber lediglich von einer 1944 durchgemachten Lungenentzündung gesprochen, ebenso wie anläßlich seiner Begutachtung durch Prof. Dr. H. und Dr. B. in der I. Medizinischen Universitätsklinik F. am 24. Februar 1960. Obwohl sämtliche der in diesem Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen sich mit dem gesamten Leidenszustand des Klägers befaßt und ganz sicher die entsprechenden Fragen zur Vorgeschichte gestellt hatten, heißt es auch dort lediglich, er habe im Frühjahr 1944 wegen einer Lungenentzündung links im Feldlazarett gelegen. Erst nachdem der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Hessen sein Rentenverfahren eingeleitet hatte, ist eine Nierenbeckenentzündung in die Anamnese eingeführt worden. Diese Krankheitsbezeichnung findet sich sowohl im Gutachten der Ärzte des Hospitals H. in F. vom 9. April 1964 als auch in dem späteren vom 22. Juni 1967, das im N. Krankenhaus erstattet worden ist. Hierbei ist bemerkenswert, daß der Kläger inzwischen durch seine damalige Prozeßbevollmächtigte hatte vortragen lassen, es lägen auch noch Schädigungsfolgen auf urologischem Fachgebiet vor. Allerdings lautet der betr. Schriftsatz vom 15. Juni 1960 dahin, daß "in der letzten Zeit” zusätzlich eine chronisch recidivierende Nierenbecken- und Nierenbecken-Blasenentzündung aufgetreten sei. Zusätzlich hat der Kläger im vorliegenden Verfahren dann noch versucht, seine im Widerspruch zu den früheren Schilderungen stehenden Angaben über die abgelaufene Nierenentzündung durch eine sogenannte eidesstattliche Versicherung zu erhärten. Diese der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht genügende Erklärung vom 15. September 1969 beweist das schädigende Ereignis jedoch ebensowenig wie seine ab 1964 den Ärzten gegenüber gemachten Mitteilungen. Gerade deshalb, weil der Kläger hierin auf das Wehrmachtslazarett O. Bezug genommen hat, wird die Manipulation seiner Einlassung offenbar. Denn die Krankenbuchauszüge weisen die Behandlung eines fieberhaften Infekts in diesem Lazarett aus. Angesichts aller aktenkundigen, nicht lösbaren Widersprüchen kann der Beweis des schädigenden Ereignisses keinesfalls als erbracht angesehen werden, zumal auch in dem Arztbrief der Urologischen Abteilung des S.-Krankenhauses vom 15. Oktober 1962, der sich auf Blatt 48 der Gerichtsakten in der Arbeiterrentenversicherungs-Streitsache befindet, von erstmaligen linksseitigen Nierenbeschwerden im Jahre 1954 gesprochen wird. Sind jedoch mindestens 10 Jahre seit dem angeblichen schädigenden Ereignis verstrichen, ohne daß Krankheitserscheinungen aufgetreten sind, so läßt sich ein Umkehrschluß dahin ziehen, daß eine Folgen zeitigende Nierenerkrankung im Jahre 1944 nicht abgelaufen ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage kam die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG mangels Vorliegens der gesetzlichen Grundvoraussetzung als nicht rechtserheblich nicht in Betracht, abgesehen davon, daß das Antragsrecht bei der konkreten Sachlage als verbraucht anzusehen gewesen wäre, nachdem sich Dr. B. als Arzt des Vertrauens zur Frage des Nieren-Blasenkomplexes bereits geäußert hatte und kein substantiiertes neues Beweismaterial vorgelegt worden ist.
Selbst wenn der Senat nun aber noch zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, er habe den Nachweis erbracht, zu der behaupteten Zeit im Lazarett O. tatsächlich wegen eines Nierenleidens behandelt worden zu sein, so wäre immer noch der Kausalzusammenhang i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG zu verneinen. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des Urologen Dr. U. Er hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Manifestation der Nierenerkrankung frühestens in den Jahren 1960/61 erfolgt sei. Ein Zeitintervall von 17 Jahren spricht jedoch entscheidend gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Hinzu kommt, daß es sich nach Auffassung der Gutachter bei dem Leiden des Klägers um typische Folgeerscheinungen des Steinleidens handelt, das 1954 zur Einweisung in das Krankenhaus H. geführt hatte. Insofern ist die Anlagebedingtheit hervorzuheben. Mit dieser Auffassung befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit den Ärzten des Krankenhauses N., die im Juni 1967 kein aktives entzündliches Geschehen feststellen konnten und damit ihrerseits in Übereinstimmung mit den Gutachtern des Medizinischen Zentrums der J.-Universität in F. stehen. Die Ergebnisse der Untersuchung in Kreiskrankenhaus G. die Dr. K. am 31. Januar 1969 beschrieben hat, liegen auf derselben Ebene. Alle erwähnten Befunde sprachen ebenso wie die prompte Ausscheidung des Kontrastmittels beider Nieren gegen eine renale Funktionsstörung. Auch eine latente Niereninsuffizienz lag nicht vor.
Bei dieser sich aus den Akten ergebenden Sachlage bestand für den Senat auch kein Anlaß zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Der Berufung war der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge vielmehr zu versagen.
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