Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 34 KR 838/04
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 37/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die (vollständige) Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung einer Versicherten im Streit.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Krankenhaus in privater Trägerschaft mit insgesamt 126 Betten. Sie ist in den Krankenhausplan des Landes Hamburg aufgenommen und hat überdies einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen.
Aufgrund einer Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 14.10.2002 des Arztes für Chirurgie/Gefäßchirurgie/Phlebologie/Allgemeinmedizin Prof. Dr. med. habil. L., der als Vertragsarzt unter der Anschrift ... praktiziert und gleichzeitig Leiter der Angiologischen und gefäßchirurgischen Abteilung der Klägerin ist, wurde die am X.XXXX 1954 geborene Versicherte S1 H. am 14. Oktober 2002 um 10.29 Uhr im Krankenhaus der Klägerin zur vollstationären Behandlung nach Einbestellung aufgenommen und dort wegen der Diagnosen Stamm- und Seitenastvarikosen (ICD-10 Nr. 183.9) bis zum 19. Oktober 2002, 09.00 Uhr behandelt. Als Aufnahmediagnose des Krankenhauses wurde "Varizen-Op li" in der Krankenakte angegeben. Am 15. Oktober wurden in Intubationsnarkose Crossektomie und Stripping der Vena saphena Magna und eine Seitenastexhairese links durchgeführt. Die Operation dauerte von 09.50-10.20 Uhr und verlief ohne Komplikationen. Das Aufwachraumprotokoll notiert "Messungen des Blutdrucks bis 16.00, Trinken ab Aufwachen". Kostenübernahmeanträge vom 14. Oktober 2002 und vom 17. Oktober 2002 beschied die Beklagte nicht. Vielmehr bat sie den MDK Hamburg (MDK) um Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit des vollstationären Aufenthalts, weil die durchgeführte Operation in dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen nach § 115b SGB V enthalten sei.
Mit Schlussrechnung vom 23. Oktober 2002 rechnete die Klägerin für die erbrachte Leistung die Fallpauschale 10.01 ab und stellte dementsprechend insgesamt 1758,40 EUR in Rechnung. Diesen Betrag bezahlte die Beklagte zunächst, bat jedoch um eine Korrektur der Rechnung, nachdem der MDK aufgrund Auswertung der Krankenakte keine "zwingenden medizinischen Gründen für die Durchführung der Operation im Rahmen einer stationären Behandlung" hatte erkennen können. Auch angesichts dieser Stellungnahme hielt die Klägerin die vollstationäre Behandlung weiterhin für gerechtfertigt. Die Entscheidung hierüber habe der aufnehmende Arzt in eigener Verantwortung zu treffen. In diesem Falle habe sich der Operateur, der langjährige Gefäßspezialist Dr. S1., für die stationäre Behandlung ausgesprochen. Die einweisende Praxis habe dies ebenfalls getan, obwohl sie selber ambulant operiere und abrechne und demgemäß kein Interesse habe, ambulante Leistungen in eine Klinik zu verschieben. Schließlich sei der Katalog ambulanter Operationen nicht rechtsverbindlich. Der einweisende Arzt verteidigte ebenfalls die stationäre Behandlung. Es habe ein Zustand nach mehrfachen Sklerosierungstherapien sowie einer Thrombophlebitis links bestanden. Dies entspreche der chirurgischen Situation bei einer Rezidivvarikosis. Chirurgisch sei dies besonders aufwändig mit der Gefahr von Nachblutung, Hämatombildung, Thromboseneigung und Embolie. Außerdem habe die Patientin eine Kreislaufdepression während der phlebologischen Untersuchung erlitten. Der Operateur verwies in seiner Stellungnahme ergänzend auf die erhebliche Übergewichtigkeit der Patientin, die bei einer Körpergröße von 166 Zentimetern durch ein Körpergewicht von 89,5 kg dokumentiert sei. Hier bestehe ein hohes intra- und post- operatives Risiko durch Blutungen, Nachblutungen, Infektionen oder Thrombose. In einer weiteren Stellungnahme wies er erneut auf den Kollaps bei der phlebografischen Untersuchung hin. Dieser Umstand habe die behandelnden Ärzte im Krankenhaus veranlasst, den Eingriff stationär durchzuführen. Es sei wohl nachvollziehbar, dass nach so einem Erlebnis eine ambulante Durchführung des geplanten Eingriffes mit einem zusätzlichen Angstfaktor belegt sei.
Auf Bitten der Beklagten nahm der MDK unter dem 18. Mai 2004 erneut Stellung. Die durchgeführte Operation sei potenziell ambulant durchführbar. Die vorliegenden Unterlagen ergäben keine Hinweise darauf, dass aus medizinischen Gründen die Operation stationär hätte durchgeführt werden müssen. Ebenso wenig ergäben sich solche Gründe aus dem stationären Behandlungsverlauf. Hier habe es sich um einen elektiven, d. h. planbaren Eingriff gehandelt. Zeitdruck habe nicht bestanden. Es sei angesichts dieser Situation nicht erkennbar, was eine stationäre Behandlung hätte erforderlich machen können. Dies gelte sowohl für die Kreislaufdepression als auch für die Adipositas bei der Versicherten. Erstere sei differenzialdiagnostisch in erster Linie auf eine Unverträglichkeit gegen das bei der Untersuchung verwendete jodhaltige Röntgenkontrastmittel zu bewerten. Jedoch sei eine weitere medizinische Abklärung insoweit offenbar nicht für erforderlich gehalten und auch nicht durchgeführt worden. Demgemäß könne die Kreislaufdepression nicht von einem entscheidenden Krankheitswert gewesen sein. Die Angst hätte man der Versicherten auch durch prästationäre medizinische Abklärung der Kreislaufdysregulation nehmen können. Bei der Adipositas handele es sich um eine solche ersten Grades. Von einem erheblichen Übergewicht der Versicherten könne danach nicht die Rede sein. Hier werde die Neigung des Krankenhauses deutlich, gesundheitliche Probleme der Versicherten in unzulässiger Weise zu dramatisieren. Bei dieser habe weder präoperativ noch im stationären Behandlungsablauf ein Hypertonus vorgelegen. Ein adäquates Mittel zur Reduzierung eines eventuell bestehenden Risikos wäre im Übrigen die Gewichtsreduzierung vor Durchführung der (planbaren) Operation gewesen, die alsdann hätte tageschirurgisch durchgeführt werden können. Im Übrigen sei die Operation von Varizen mit radikaler Entfernung von Venen durch Stripping auch in den Fällen langjähriger ärztlicher Vorbehandlung, etwa durch Sklerosierungsmaßnahmen, keine Besonderheit
Im Anschluss hieran erklärte die Beklagte, die Kosten für die erfolgte Behandlung nicht tragen und die unter Vorbehalt erfolgte Zahlung mit künftigen Forderungen aufrechnen zu wollen. Bereits zuvor hatte sie die Bereitschaft erklärt, die Kosten einer entsprechenden ambulanten Behandlung zu tragen.
Daraufhin hat die Klägerin am 5. August 2004 Klage erhoben, mit der sie zunächst Zahlung von 1.758,40 EUR begehrt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, zwar könnten die Kostenträger die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit und Dauer einer stationären Behandlung überprüfen. Sie müssten dem Krankenhaus dazu aber nachweisen, dass seine Entscheidung aus der Sicht ex ante unvertretbar war. Hinsichtlich des vorliegend streitigen Eingriffes gebe es keine Verpflichtung, diesen ambulant durchzuführen. Vielmehr müsse dies in jedem Einzelfall entschieden werden. Da die Patientin bereits bei der ambulanten phlebografischen Untersuchung kollabiert sei, sie ferner unter erheblichem Übergewicht gelitten habe, der Eingriff chirurgisch besonders aufwändig gewesen sei und die Gefahr von Nachblutung, Hämatombildung, Thrombose und Embolie bestanden habe, sei zu Recht die Entscheidung getroffen worden, diesen Eingriff stationär durchzuführen. Diese Entscheidung könne nicht nachträglich durch die "richtige" Entscheidung ersetzt werden. Sie sei deshalb nur eingeschränkt überprüfbar.
Die Beklagte hat zunächst vorgetragen, dass sie mittlerweile in Höhe eines Betrages von 1008,40 EUR die Aufrechnung mit einer weiteren Forderung der Klägerin erklärt habe. Hinsichtlich eines Betrages von 750 EUR, welcher der Vergütung für eine ambulante Operation entspreche, sei Erfüllung eingetreten und die Klage unbegründet, soweit sie den Betrag von 1080,40 EUR übersteige. Hinsichtlich des noch streitigen Betrages sei anerkannt, dass ein stationärer Krankenhausaufenthalt auch nachträglich auf seine Notwendigkeit überprüft werden könne. Der hier durchgeführte Eingriff sei im Katalog der ambulant durchführbaren Operationen nach § 3 des am 1. April 1993 in Kraft getretenen Vertrages nach § 115 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) – Ambulantes Operieren im Krankenhaus enthalten. Dieser sei für die Krankenhäuser verbindlich. Es sei deshalb von vornherein zu berücksichtigen gewesen, dass der Eingriff in der Regel ambulant durchzuführen sei. Von daher obliege es dem Krankenhaus, die Gründe zu benennen, welche die behandelnden Ärzte bewogen hätten, von der regelhaft ambulanten Durchführung der Operation abzusehen. Die hierfür von der Klägerin benannten Gründe seien aber ausweislich der Begutachtungen des MDK nicht stichhaltig.
Das Sozialgericht hat gemäß Beweisanordnung vom 25. April 2005 ein Gutachten nach Aktenlage der Ärztin für Chirurgie-Unfallchirurgie, Sozialmedizin, Sportmedizin Dr. S2. eingeholt und die Klage durch Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2006 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung der durch die stationäre Behandlung entstandenen Kosten. Es sei der medizinischen Sachverständigen zu folgen, die mit nachvollziehbaren Argumenten eine Indikation für eine stationäre Behandlung aufgrund der Gesamtumstände verneint habe. Auf die Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Sie ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. Juli 2006 zugestellt worden.
Die Klägerin hat am 23. August 2006 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgt. Das in erster Instanz eingeholte Gutachten sei widersprüchlich, weshalb ihm nicht gefolgt werden könne. Auch sei die Gutachterin zur Beurteilung eines gefäßchirurgischen Eingriffs nicht qualifiziert. Im Gegensatz zu deren Aussage sei die Adipositas eine Kontraindikation für ambulantes Operieren. Das werde auch vom MDK in Hessen so gesehen. Dieser vertrete die Auffassung, dass ab einem BMI von 30 eine ambulante Operation generell unterbleiben solle.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.008,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Sachverhalt nach der ergänzenden Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen für geklärt. Wegen deren klägerseits bestrittenen Qualifikation sei erneut der MDK Hamburg eingeschaltet worden. Dieser führe aus, dass der vorliegend in Rede stehende Eingriff sowohl zum Zeitpunkt seiner Durchführung als auch aktuell inhaltlicher Bestandteil allgemeinchirurgischer Abteilungen und damit auch Bestandteil des diesbezüglichen Operationskataloges für Allgemeinchirurgen sowie Bestandteil der entsprechenden Facharztprüfungen war und ist. Die überwiegende Zahl derartiger Operationen würden von Fachärzten für Chirurgie ohne die Zusatzbezeichnung "Gefäßchirurgie" durchgeführt. Des Weiteren begründe die bei der Patienten vorliegende Adipositas 1. Grades nicht per se die Notwendigkeit einer vollstationären Durchführung des Eingriffs. Insoweit lege der MDK dar, dass die generelle und unterschiedslose Festlegung eines BMI von 30 als Beurteilungskriterium willkürlich sei und als Abgrenzungsmerkmal rational nicht belegt werden könne. Auch komme einer Adipositas je nach Operation eine unterschiedliche Bedeutung zu. Bei einer Varizenoperation sei sie kein Ausschlussgrund. Generell sei die Adipositas nicht als Abgrenzungskriterium für ambulante oder stationäre Behandlung anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der ausweislich der Niederschrift der öffentlichen Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 105 Abs. 2, 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG eingelegte Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die im Hinblick auf das Gleichordnungsverhältnis der Beteiligten nach § 54 Abs. 1 SGG zulässige Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht ( BSG) 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1) zu Recht abgewiesen. Allerdings ist die Klage zulässig, obwohl die Beklagte den Anspruch zunächst befriedigt hat. Die Klägerin hat gleichwohl ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen weiteren Leistungsantrag. Denn die Beklagte hat mit ihrem behaupteten Rückforderungsanspruch gegenüber einem von der Klägerin geltend gemachten weiteren - unstreitigen - Vergütungsanspruch aufgerechnet und verweigert nun den Ausgleich jener – unbestrittenen – Rechnung in eben dieser Höhe. Die sonach zulässige Klage kann aber keinen Erfolg haben. Denn die Klägerin kann weitere Zahlungen nicht beanspruchen. Ihre unbestrittene Forderung ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch in Höhe von 1008,48 EUR erloschen. Dieser Rückforderungsanspruch stand der Beklagten zu, weil die Klägerin eine entsprechende Zahlung nicht verlangen konnte und die Beklagte demgemäß ohne Rechtsgrund geleistet hat (§ 812 Bürgerliches Gesetzbuch).
Nachdem die Versicherte der Beklagten bereits vollstationäre Krankenhausbehandlung in Anspruch genommen hat, kommt als Rechtsgrundlage des ursprünglich von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Versorgungsvertrag in Betracht, den die Klägerin nach § 108 Nr. 3 SGB V mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen abgeschlossen hat. Dabei korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, der in § 39 SGB V geregelt ist. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welcher der erkennende Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung folgt, unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn dessen Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 39 SGB V erforderlich gewesen ist (BSG 07.07.2005 - B 3 KR 40/04 R, Juris). Nach Satz 2 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Aufnahme in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Ausgangspunkt der Prüfung der Erforderlichkeit ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte Anspruch auf Krankenhausbehandlung haben, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung müssen danach zwar objektiv gegeben sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. 13.05.2004 - B 3 KR 18/03 R, SozR 4-2500 § 39 Nr. 2; 07.07.2005 - B 3 KR 40/04 R, Juris) ist dies jedoch nicht im Wege einer nachträglichen Betrachtung (ex post) zu beantworten, sondern aus einer Vorausschau (ex ante), wobei auf die Prognose des behandelnden Arztes abzustellen ist, dem hierbei ein Einschätzungsspielraum zukommt. Die Einschätzung des Krankenhausarztes ist aber dann nicht maßgeblich, wenn sie ersichtlich verfehlt oder als Verstoß gegen medizinische Standards, mithin nicht vertretbar erscheint (BSG a.a.O. sowie 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; 03.08.2006 – B 3 KR 1/06 S, juris Rn. 10). Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung. Demgegenüber hält der für die Ansprüche der Versicherten gegenüber den Krankenkassen zuständige 1. Senat des Bundessozialgerichts in einem Vorlagebeschluss an den Großen Senat des Bundessozialgerichts die Voraussetzungen für die Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung für gerichtlich voll überprüfbar (07.11.2006 – B 1 KR 32/04 R, Juris, Rn. 51).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob auch nach dem Vorlagebeschluss des 1. Senats noch der Rechtsprechung des 3. Senats zu folgen ist. Denn die Klägerin hatte nach beiden Auffassungen keinen Anspruch auf Vergütung der gewährten vollstationären Versorgung. Insoweit unterliegt es zwischen den Beteiligten keinem Streit und ist auch im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen, dass die Erkrankung der Versicherten der Behandlung in einem Krankenhaus bedurfte. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bedurfte diese Erkrankung aber nicht der Behandlung im Rahmen vollstationärer Aufnahme, vielmehr hätte ambulante Krankenhausbehandlung im Sinne des § 115b SGB V ausgereicht. Wie sich aus der Anlage zu § 3 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren im Krankenhaus – in der hier anzuwendenden Fassung vom 1. Juli 2002 (AOP-Vertrag) ergibt, gehört die vorliegend durchgeführte Maßnahme zu den im Einheitlichen Bewertungsmaßstab, Stand 1. Oktober 2001 (EBM 2001, dort unter 2862) aufgeführten Operationen, die ambulant durchgeführt werden können. Wenn auch eine Adipositas im Zusammenhang mit der Vornahme einer Operation wie der vorliegend in Rede stehenden im Einzelfall Anlass für eine stationäre Aufnahme sein mag, so bietet der Sachverhalt bei einer ex-ante-Betrachtung – und erst recht bei voller Überprüfung aus der ex-post Situation – keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier eine stationäre Aufnahme hätte erfolgen müssen. In diesem Sinne äußern sich sowohl der MDK als auch die gerichtlich bestellte medizinische Sachverständige. Dieser Einschätzung folgt der Senat. Sie ist schlüssig und nachvollziehbar, weil die Patientin im Übrigen gesund und als einzige Begleiterkrankung eine Adipositas ersten Grades dokumentiert war, die jedoch nicht mit einem Bluthochdruck oder sonstigen Leiden einherging und für sich betrachtet keine Kontraindikation für den ambulanten Eingriff darstellte. Die vorgelegte Stellungnahme des MDK Hessen bietet zu anderer Einschätzung keinen Anlass. Sie ist eine Handlungsanweisung zur Verwaltungsvereinfachung und betrifft keinen Einzelfall. Auch trifft sie keine Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen ambulanten Operationen und stellt schon deshalb ein geeignetes Abgrenzungskriterium nicht dar. Für die Gefahr einer Nachblutung finden sich mit den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen ebenfalls keine Anhaltspunkte. Dies gilt auch für die Behauptung erhöhter Schwierigkeit des Eingriffs und der Gefahr einer Kreislaufdepression. Die medizinische Sachverständige weist auch zutreffend darauf hin, dass der geringe Umfang der präoperativ durchgeführten Untersuchungen für einen Routineeingriff ohne besondere Risiken spricht. Schließlich lagen auch die nach § 2 Abs. 1 und 2 AOP-Vertrag erforderlichen Voraussetzungen, namentlich ein gesichertes häusliches Umfeld, vor. Die Versicherte war verheiratet und lebte – nach Aktenlage – in gesicherten Verhältnissen. Auch die häusliche ärztliche Versorgung war als gesichert anzusehen, zumal behandelnder niedergelassener und einweisender Arzt in Gestalt des Leiters der entsprechenden Abteilung der Klägerin personenidentisch waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 VwGO sowohl die Gerichtskosten als auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten notwendigen Aufwendungen der Beklagten, zu tragen, da weder sie noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die (vollständige) Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung einer Versicherten im Streit.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Krankenhaus in privater Trägerschaft mit insgesamt 126 Betten. Sie ist in den Krankenhausplan des Landes Hamburg aufgenommen und hat überdies einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen.
Aufgrund einer Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 14.10.2002 des Arztes für Chirurgie/Gefäßchirurgie/Phlebologie/Allgemeinmedizin Prof. Dr. med. habil. L., der als Vertragsarzt unter der Anschrift ... praktiziert und gleichzeitig Leiter der Angiologischen und gefäßchirurgischen Abteilung der Klägerin ist, wurde die am X.XXXX 1954 geborene Versicherte S1 H. am 14. Oktober 2002 um 10.29 Uhr im Krankenhaus der Klägerin zur vollstationären Behandlung nach Einbestellung aufgenommen und dort wegen der Diagnosen Stamm- und Seitenastvarikosen (ICD-10 Nr. 183.9) bis zum 19. Oktober 2002, 09.00 Uhr behandelt. Als Aufnahmediagnose des Krankenhauses wurde "Varizen-Op li" in der Krankenakte angegeben. Am 15. Oktober wurden in Intubationsnarkose Crossektomie und Stripping der Vena saphena Magna und eine Seitenastexhairese links durchgeführt. Die Operation dauerte von 09.50-10.20 Uhr und verlief ohne Komplikationen. Das Aufwachraumprotokoll notiert "Messungen des Blutdrucks bis 16.00, Trinken ab Aufwachen". Kostenübernahmeanträge vom 14. Oktober 2002 und vom 17. Oktober 2002 beschied die Beklagte nicht. Vielmehr bat sie den MDK Hamburg (MDK) um Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit des vollstationären Aufenthalts, weil die durchgeführte Operation in dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen nach § 115b SGB V enthalten sei.
Mit Schlussrechnung vom 23. Oktober 2002 rechnete die Klägerin für die erbrachte Leistung die Fallpauschale 10.01 ab und stellte dementsprechend insgesamt 1758,40 EUR in Rechnung. Diesen Betrag bezahlte die Beklagte zunächst, bat jedoch um eine Korrektur der Rechnung, nachdem der MDK aufgrund Auswertung der Krankenakte keine "zwingenden medizinischen Gründen für die Durchführung der Operation im Rahmen einer stationären Behandlung" hatte erkennen können. Auch angesichts dieser Stellungnahme hielt die Klägerin die vollstationäre Behandlung weiterhin für gerechtfertigt. Die Entscheidung hierüber habe der aufnehmende Arzt in eigener Verantwortung zu treffen. In diesem Falle habe sich der Operateur, der langjährige Gefäßspezialist Dr. S1., für die stationäre Behandlung ausgesprochen. Die einweisende Praxis habe dies ebenfalls getan, obwohl sie selber ambulant operiere und abrechne und demgemäß kein Interesse habe, ambulante Leistungen in eine Klinik zu verschieben. Schließlich sei der Katalog ambulanter Operationen nicht rechtsverbindlich. Der einweisende Arzt verteidigte ebenfalls die stationäre Behandlung. Es habe ein Zustand nach mehrfachen Sklerosierungstherapien sowie einer Thrombophlebitis links bestanden. Dies entspreche der chirurgischen Situation bei einer Rezidivvarikosis. Chirurgisch sei dies besonders aufwändig mit der Gefahr von Nachblutung, Hämatombildung, Thromboseneigung und Embolie. Außerdem habe die Patientin eine Kreislaufdepression während der phlebologischen Untersuchung erlitten. Der Operateur verwies in seiner Stellungnahme ergänzend auf die erhebliche Übergewichtigkeit der Patientin, die bei einer Körpergröße von 166 Zentimetern durch ein Körpergewicht von 89,5 kg dokumentiert sei. Hier bestehe ein hohes intra- und post- operatives Risiko durch Blutungen, Nachblutungen, Infektionen oder Thrombose. In einer weiteren Stellungnahme wies er erneut auf den Kollaps bei der phlebografischen Untersuchung hin. Dieser Umstand habe die behandelnden Ärzte im Krankenhaus veranlasst, den Eingriff stationär durchzuführen. Es sei wohl nachvollziehbar, dass nach so einem Erlebnis eine ambulante Durchführung des geplanten Eingriffes mit einem zusätzlichen Angstfaktor belegt sei.
Auf Bitten der Beklagten nahm der MDK unter dem 18. Mai 2004 erneut Stellung. Die durchgeführte Operation sei potenziell ambulant durchführbar. Die vorliegenden Unterlagen ergäben keine Hinweise darauf, dass aus medizinischen Gründen die Operation stationär hätte durchgeführt werden müssen. Ebenso wenig ergäben sich solche Gründe aus dem stationären Behandlungsverlauf. Hier habe es sich um einen elektiven, d. h. planbaren Eingriff gehandelt. Zeitdruck habe nicht bestanden. Es sei angesichts dieser Situation nicht erkennbar, was eine stationäre Behandlung hätte erforderlich machen können. Dies gelte sowohl für die Kreislaufdepression als auch für die Adipositas bei der Versicherten. Erstere sei differenzialdiagnostisch in erster Linie auf eine Unverträglichkeit gegen das bei der Untersuchung verwendete jodhaltige Röntgenkontrastmittel zu bewerten. Jedoch sei eine weitere medizinische Abklärung insoweit offenbar nicht für erforderlich gehalten und auch nicht durchgeführt worden. Demgemäß könne die Kreislaufdepression nicht von einem entscheidenden Krankheitswert gewesen sein. Die Angst hätte man der Versicherten auch durch prästationäre medizinische Abklärung der Kreislaufdysregulation nehmen können. Bei der Adipositas handele es sich um eine solche ersten Grades. Von einem erheblichen Übergewicht der Versicherten könne danach nicht die Rede sein. Hier werde die Neigung des Krankenhauses deutlich, gesundheitliche Probleme der Versicherten in unzulässiger Weise zu dramatisieren. Bei dieser habe weder präoperativ noch im stationären Behandlungsablauf ein Hypertonus vorgelegen. Ein adäquates Mittel zur Reduzierung eines eventuell bestehenden Risikos wäre im Übrigen die Gewichtsreduzierung vor Durchführung der (planbaren) Operation gewesen, die alsdann hätte tageschirurgisch durchgeführt werden können. Im Übrigen sei die Operation von Varizen mit radikaler Entfernung von Venen durch Stripping auch in den Fällen langjähriger ärztlicher Vorbehandlung, etwa durch Sklerosierungsmaßnahmen, keine Besonderheit
Im Anschluss hieran erklärte die Beklagte, die Kosten für die erfolgte Behandlung nicht tragen und die unter Vorbehalt erfolgte Zahlung mit künftigen Forderungen aufrechnen zu wollen. Bereits zuvor hatte sie die Bereitschaft erklärt, die Kosten einer entsprechenden ambulanten Behandlung zu tragen.
Daraufhin hat die Klägerin am 5. August 2004 Klage erhoben, mit der sie zunächst Zahlung von 1.758,40 EUR begehrt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, zwar könnten die Kostenträger die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit und Dauer einer stationären Behandlung überprüfen. Sie müssten dem Krankenhaus dazu aber nachweisen, dass seine Entscheidung aus der Sicht ex ante unvertretbar war. Hinsichtlich des vorliegend streitigen Eingriffes gebe es keine Verpflichtung, diesen ambulant durchzuführen. Vielmehr müsse dies in jedem Einzelfall entschieden werden. Da die Patientin bereits bei der ambulanten phlebografischen Untersuchung kollabiert sei, sie ferner unter erheblichem Übergewicht gelitten habe, der Eingriff chirurgisch besonders aufwändig gewesen sei und die Gefahr von Nachblutung, Hämatombildung, Thrombose und Embolie bestanden habe, sei zu Recht die Entscheidung getroffen worden, diesen Eingriff stationär durchzuführen. Diese Entscheidung könne nicht nachträglich durch die "richtige" Entscheidung ersetzt werden. Sie sei deshalb nur eingeschränkt überprüfbar.
Die Beklagte hat zunächst vorgetragen, dass sie mittlerweile in Höhe eines Betrages von 1008,40 EUR die Aufrechnung mit einer weiteren Forderung der Klägerin erklärt habe. Hinsichtlich eines Betrages von 750 EUR, welcher der Vergütung für eine ambulante Operation entspreche, sei Erfüllung eingetreten und die Klage unbegründet, soweit sie den Betrag von 1080,40 EUR übersteige. Hinsichtlich des noch streitigen Betrages sei anerkannt, dass ein stationärer Krankenhausaufenthalt auch nachträglich auf seine Notwendigkeit überprüft werden könne. Der hier durchgeführte Eingriff sei im Katalog der ambulant durchführbaren Operationen nach § 3 des am 1. April 1993 in Kraft getretenen Vertrages nach § 115 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) – Ambulantes Operieren im Krankenhaus enthalten. Dieser sei für die Krankenhäuser verbindlich. Es sei deshalb von vornherein zu berücksichtigen gewesen, dass der Eingriff in der Regel ambulant durchzuführen sei. Von daher obliege es dem Krankenhaus, die Gründe zu benennen, welche die behandelnden Ärzte bewogen hätten, von der regelhaft ambulanten Durchführung der Operation abzusehen. Die hierfür von der Klägerin benannten Gründe seien aber ausweislich der Begutachtungen des MDK nicht stichhaltig.
Das Sozialgericht hat gemäß Beweisanordnung vom 25. April 2005 ein Gutachten nach Aktenlage der Ärztin für Chirurgie-Unfallchirurgie, Sozialmedizin, Sportmedizin Dr. S2. eingeholt und die Klage durch Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2006 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung der durch die stationäre Behandlung entstandenen Kosten. Es sei der medizinischen Sachverständigen zu folgen, die mit nachvollziehbaren Argumenten eine Indikation für eine stationäre Behandlung aufgrund der Gesamtumstände verneint habe. Auf die Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Sie ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. Juli 2006 zugestellt worden.
Die Klägerin hat am 23. August 2006 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgt. Das in erster Instanz eingeholte Gutachten sei widersprüchlich, weshalb ihm nicht gefolgt werden könne. Auch sei die Gutachterin zur Beurteilung eines gefäßchirurgischen Eingriffs nicht qualifiziert. Im Gegensatz zu deren Aussage sei die Adipositas eine Kontraindikation für ambulantes Operieren. Das werde auch vom MDK in Hessen so gesehen. Dieser vertrete die Auffassung, dass ab einem BMI von 30 eine ambulante Operation generell unterbleiben solle.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.008,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Sachverhalt nach der ergänzenden Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen für geklärt. Wegen deren klägerseits bestrittenen Qualifikation sei erneut der MDK Hamburg eingeschaltet worden. Dieser führe aus, dass der vorliegend in Rede stehende Eingriff sowohl zum Zeitpunkt seiner Durchführung als auch aktuell inhaltlicher Bestandteil allgemeinchirurgischer Abteilungen und damit auch Bestandteil des diesbezüglichen Operationskataloges für Allgemeinchirurgen sowie Bestandteil der entsprechenden Facharztprüfungen war und ist. Die überwiegende Zahl derartiger Operationen würden von Fachärzten für Chirurgie ohne die Zusatzbezeichnung "Gefäßchirurgie" durchgeführt. Des Weiteren begründe die bei der Patienten vorliegende Adipositas 1. Grades nicht per se die Notwendigkeit einer vollstationären Durchführung des Eingriffs. Insoweit lege der MDK dar, dass die generelle und unterschiedslose Festlegung eines BMI von 30 als Beurteilungskriterium willkürlich sei und als Abgrenzungsmerkmal rational nicht belegt werden könne. Auch komme einer Adipositas je nach Operation eine unterschiedliche Bedeutung zu. Bei einer Varizenoperation sei sie kein Ausschlussgrund. Generell sei die Adipositas nicht als Abgrenzungskriterium für ambulante oder stationäre Behandlung anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der ausweislich der Niederschrift der öffentlichen Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 105 Abs. 2, 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG eingelegte Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die im Hinblick auf das Gleichordnungsverhältnis der Beteiligten nach § 54 Abs. 1 SGG zulässige Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht ( BSG) 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1) zu Recht abgewiesen. Allerdings ist die Klage zulässig, obwohl die Beklagte den Anspruch zunächst befriedigt hat. Die Klägerin hat gleichwohl ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen weiteren Leistungsantrag. Denn die Beklagte hat mit ihrem behaupteten Rückforderungsanspruch gegenüber einem von der Klägerin geltend gemachten weiteren - unstreitigen - Vergütungsanspruch aufgerechnet und verweigert nun den Ausgleich jener – unbestrittenen – Rechnung in eben dieser Höhe. Die sonach zulässige Klage kann aber keinen Erfolg haben. Denn die Klägerin kann weitere Zahlungen nicht beanspruchen. Ihre unbestrittene Forderung ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch in Höhe von 1008,48 EUR erloschen. Dieser Rückforderungsanspruch stand der Beklagten zu, weil die Klägerin eine entsprechende Zahlung nicht verlangen konnte und die Beklagte demgemäß ohne Rechtsgrund geleistet hat (§ 812 Bürgerliches Gesetzbuch).
Nachdem die Versicherte der Beklagten bereits vollstationäre Krankenhausbehandlung in Anspruch genommen hat, kommt als Rechtsgrundlage des ursprünglich von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Versorgungsvertrag in Betracht, den die Klägerin nach § 108 Nr. 3 SGB V mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen abgeschlossen hat. Dabei korrespondiert der Zahlungsanspruch des Krankenhauses mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, der in § 39 SGB V geregelt ist. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welcher der erkennende Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung folgt, unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn dessen Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 39 SGB V erforderlich gewesen ist (BSG 07.07.2005 - B 3 KR 40/04 R, Juris). Nach Satz 2 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Aufnahme in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Ausgangspunkt der Prüfung der Erforderlichkeit ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte Anspruch auf Krankenhausbehandlung haben, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung müssen danach zwar objektiv gegeben sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. 13.05.2004 - B 3 KR 18/03 R, SozR 4-2500 § 39 Nr. 2; 07.07.2005 - B 3 KR 40/04 R, Juris) ist dies jedoch nicht im Wege einer nachträglichen Betrachtung (ex post) zu beantworten, sondern aus einer Vorausschau (ex ante), wobei auf die Prognose des behandelnden Arztes abzustellen ist, dem hierbei ein Einschätzungsspielraum zukommt. Die Einschätzung des Krankenhausarztes ist aber dann nicht maßgeblich, wenn sie ersichtlich verfehlt oder als Verstoß gegen medizinische Standards, mithin nicht vertretbar erscheint (BSG a.a.O. sowie 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; 03.08.2006 – B 3 KR 1/06 S, juris Rn. 10). Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung. Demgegenüber hält der für die Ansprüche der Versicherten gegenüber den Krankenkassen zuständige 1. Senat des Bundessozialgerichts in einem Vorlagebeschluss an den Großen Senat des Bundessozialgerichts die Voraussetzungen für die Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung für gerichtlich voll überprüfbar (07.11.2006 – B 1 KR 32/04 R, Juris, Rn. 51).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob auch nach dem Vorlagebeschluss des 1. Senats noch der Rechtsprechung des 3. Senats zu folgen ist. Denn die Klägerin hatte nach beiden Auffassungen keinen Anspruch auf Vergütung der gewährten vollstationären Versorgung. Insoweit unterliegt es zwischen den Beteiligten keinem Streit und ist auch im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen, dass die Erkrankung der Versicherten der Behandlung in einem Krankenhaus bedurfte. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bedurfte diese Erkrankung aber nicht der Behandlung im Rahmen vollstationärer Aufnahme, vielmehr hätte ambulante Krankenhausbehandlung im Sinne des § 115b SGB V ausgereicht. Wie sich aus der Anlage zu § 3 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren im Krankenhaus – in der hier anzuwendenden Fassung vom 1. Juli 2002 (AOP-Vertrag) ergibt, gehört die vorliegend durchgeführte Maßnahme zu den im Einheitlichen Bewertungsmaßstab, Stand 1. Oktober 2001 (EBM 2001, dort unter 2862) aufgeführten Operationen, die ambulant durchgeführt werden können. Wenn auch eine Adipositas im Zusammenhang mit der Vornahme einer Operation wie der vorliegend in Rede stehenden im Einzelfall Anlass für eine stationäre Aufnahme sein mag, so bietet der Sachverhalt bei einer ex-ante-Betrachtung – und erst recht bei voller Überprüfung aus der ex-post Situation – keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier eine stationäre Aufnahme hätte erfolgen müssen. In diesem Sinne äußern sich sowohl der MDK als auch die gerichtlich bestellte medizinische Sachverständige. Dieser Einschätzung folgt der Senat. Sie ist schlüssig und nachvollziehbar, weil die Patientin im Übrigen gesund und als einzige Begleiterkrankung eine Adipositas ersten Grades dokumentiert war, die jedoch nicht mit einem Bluthochdruck oder sonstigen Leiden einherging und für sich betrachtet keine Kontraindikation für den ambulanten Eingriff darstellte. Die vorgelegte Stellungnahme des MDK Hessen bietet zu anderer Einschätzung keinen Anlass. Sie ist eine Handlungsanweisung zur Verwaltungsvereinfachung und betrifft keinen Einzelfall. Auch trifft sie keine Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen ambulanten Operationen und stellt schon deshalb ein geeignetes Abgrenzungskriterium nicht dar. Für die Gefahr einer Nachblutung finden sich mit den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen ebenfalls keine Anhaltspunkte. Dies gilt auch für die Behauptung erhöhter Schwierigkeit des Eingriffs und der Gefahr einer Kreislaufdepression. Die medizinische Sachverständige weist auch zutreffend darauf hin, dass der geringe Umfang der präoperativ durchgeführten Untersuchungen für einen Routineeingriff ohne besondere Risiken spricht. Schließlich lagen auch die nach § 2 Abs. 1 und 2 AOP-Vertrag erforderlichen Voraussetzungen, namentlich ein gesichertes häusliches Umfeld, vor. Die Versicherte war verheiratet und lebte – nach Aktenlage – in gesicherten Verhältnissen. Auch die häusliche ärztliche Versorgung war als gesichert anzusehen, zumal behandelnder niedergelassener und einweisender Arzt in Gestalt des Leiters der entsprechenden Abteilung der Klägerin personenidentisch waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 VwGO sowohl die Gerichtskosten als auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten notwendigen Aufwendungen der Beklagten, zu tragen, da weder sie noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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