Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 559/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Eine Abschiedsfeier für Kameraden ausserhalb des Kasernengeländes ist keine dienstliche Verrichtung im Sinne des § 80 SVG, wenn von dem Vorgesetzten Urlaub gewährt und keine Aufsicht ausgeübt worden ist.
2) Eine bei der Obduktion festgestellte grippale Lungeninfektion stellt keine wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes dar, wenn eine Alkoholkonzentration von 3,6 Promille in Blut errechnet worden ist.
2) Eine bei der Obduktion festgestellte grippale Lungeninfektion stellt keine wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes dar, wenn eine Alkoholkonzentration von 3,6 Promille in Blut errechnet worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 16. April 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Mutter des 1947 geborenen und am 8. September 1966 als Soldat der Bundeswehr verstorbenen N. H. (N. H.).
Am 1. Oktober 1966 stellte sie beim Versorgungsamt Frankfurt/M. Antrag auf Elternrente, das die Akten über N. H. von dem Wehrbereichs-Gebührnisamt V Stuttgart beizog. Diese enthalten u.a. den Krankenbericht des Städt. Krankenhauses M.-O. vom 16. September 1966, das von Prof. Dr. S. und Dr. L. erstellte Sektionsprotokoll vom 9. September 1966 und ein Aktengutachten des Prof. Dr. L. vom Institut für Gerichtliche und Versicherungsmedizin der Universität M. vom 16. November 1966.
Mit Bescheid vom 25. April 1967 wurde der Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, N. H. sei nicht an den Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S. des § 81 des Soldatenversorgungsgesetztes (SVG) gestorben. Sein Tod sei am 8. September 1966 an akuter Kreislaufversagen nach starkem Alkoholgenuß anläßlich einer privaten Feier eingetreten, die am 7. September 1966 abends stattgefunden habe. Durch Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1967 wurde dieser Bescheid bestätigt.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/M. hat die Klägerin vorgetragen, der Gruppenabend am 7. September 1966 sei keine private Veranstaltung gewesen. N. H. sei zuvor wegen Ohrtubenkatarrhs und Grippe, die er sich im Dienst zugezogen habe, krank gewesen und am 5. September 1966 durch den Vertragsarzt Dr. L. gesundgeschrieben worden. Nach dem Obduktionsbefund habe bei ihm im Zeitpunkt des Todes u.a. eine akute entzündliche Veränderung der Luftwege mit Entzündungsherden in der Lunge vorgelegen. Daraus sei zu entnehmen, daß seine Grippe noch nicht ausgeheilt gewesen, er am 5. September 1966 mithin fälschlicherweise für dienstfähig erklärt worden sei. Hiernach bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Wehrdienstbeschädigung und Ableben. Der Alkoholgenuß habe insoweit, nur eine untergeordnete Bedeutung gehabt.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, die Todesursache sei nach dem Gutachten des Prof. Dr. L. durch übermäßigen Alkoholgenuß bei bestehender Verengung der großen Körperschlagader durch akutes Kreislaufversagen eingetreten. Die Blutalkoholkonzentration habe 3,6 Promille betragen. Dabei könne es zum Einatmen von Mageninhalt kommen, was ausweislich der Obduktion auch tatsächlich geschehen sei. Dementsprechend stelle der Einstellungsbeschluß der Staatsanwaltschaft beim Landgericht M. I vom 1. Mai 1967 fest, daß N. H. an den Folgen des übermäßigen Alkoholgenusses gestorben sei. Aus den Akten des Wehrbereichsgebührnisamtes gehe eindeutig hervor, daß es sich am 7. September 1966 um eine rein private Feier gehandelt habe.
Mit Urteil vom 16. April 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, nach dem Obduktionsbefund und des Gutachten von Prof. Dr. L. stehe als Todesursache ein akutes Herz- und Kreislaufversagen im Vordergrund, das seine natürliche Erklärung in der Blutalkoholkonzentration finde. Auch bei einem kreislaufmäßigen gesunden Menschen könne eine Konzentration von 3,6 Promille den Tod zur Folge haben. Die bei der Obduktion festgestellte Grippe (Lungenentzündung) sei keine wesentliche Mitursache für den Tod. Der Alkoholgenuß habe in keinem ursächlichen Zusammenhang zum Wehrdienst gestanden.
Gegen dieses Urteil, das am 22. April 1969 mittels eingeschriebenen Briefes an die Klägerin abgesandt worden ist, richtet sich ihre am 23. Mai 1969 beim Hess. Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe den Tod zu Unrecht allein dem genossenen Alkohol zugeschrieben. Es habe auch ungeprüft gelassen ob der angegebene Blutalkoholgehalt tatsächlich vorgelegen habe. Eine umfassende Beweiserhebung durch Vernehmung sämtlicher am Kameradschaftsabend teilnehmenden Kameraden des N. H. hätte ergeben, daß sein Tod zumindest in gleichem Maße auf die Grippeerkrankung in Form einer Lungenentzündung zurückzuführen sei. Der Vertragsarzt Dr. L., der ihn unzureichend behandelt habe, hätte ihm Bettruhe verordnen müssen. Die Feier im Vorabend des Todes sei, weil sie vom Truppenkommandeur gebilligt worden sei und auf dem Kasernengelände stattgefunden habe, nicht rein privater Natur gewesen. N. H. hätte sich dieser Veranstaltung nicht entziehen können, da sein Urlaub lediglich zu diesem Zweck erteilt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 16. April 1969 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1967 zu verurteilen, Elternrente in gesetzlicher Höhe ab 1. Oktober 1966 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I mit dem Az.: beigezogen. Sie enthalten u.a. außer Vernehmungen von Kameraden des N. H., Polizeiberichten und Stellungnahmen des Vertragsarztes Dr. L. ein weiteres Gutachten des Prof. Dr. L. vom 11. September 1968, in dem er zu der Auffassung gelangt, die Gripperkrankung habe allein keine Todesursache gebildet. Erst das Zusammenwirken des übermäßigen Alkoholgenusses mit der akuten Erkrankung und der bestehenden Verengung der großen Körperschlagader habe das akute Kreislaufversagen begünstigt.
Dabei sei keineswegs auszuschließen, daß auch das Erbrechen mit Einatmen von Mageninhalt in die oberen Luftwege den raschen Todesablauf mitbestimmt habe. Weiter geht aus den Akten hervor, daß das Ermittlungsverfahren gegen Dr. L. durch Bescheid vom 1. Mai 1967 eingestellt worden ist, weil die Ermittlungen keine zureichenden Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden an dem Tod von N. H. ergeben hätten. Er sei an den Folgen eines übermäßigen Alkoholgenusses gestorben. Auf die Beschwerde dagegen kam es am 10. März 1969 zu einer erneuten Einstellung.
Die Elternrentenakten des Versorgungsamtes Frankfurt/M. mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Sie waren ebenso wie die Akten der Staatsanwaltschaft und die Gerichtsakten beider Instanzen Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt, der auszugsweise vorgetragen worden ist, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1967 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage sind die Vorschriften der §§ 80, 81 SVG, wonach ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erhält. Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Eine Wehrdienstbeschädigung steht einer gesundheitlichen Schädigung i.S. des § 1 BVG gleich, woraus folgt, daß zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges genügt. Stirbt ein Soldat an den Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S. des § 81 SVG, so haben seine Hinterbliebenen in entsprechender Anwendung des SVG Anspruch auf Elternrente.
Von diesen Vorschriften ausgehend mußte der Senat feststellen, daß der Tod von N. H. nicht mit Wahrscheinlichkeit i.S. der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie auf einer Wehrdienstbeschädigung beruht.
Das konnte schon deshalb nicht angenommen werden, weil die dem Ableben vorausgehende Abschiedsfeier am 7. September 1966, die in der außerhalb des Kasernengeländes gelegenen Wohnung der Eltern des Kameraden H. stattfand, wie dieser im Ermittlungsverfahren am 17. Oktober 1968 ausgesagt hat, privater Natur gewesen ist. Dem gegenteiligen Vorbringen der Klägerin war nicht zu folgen. Denn in den Akten des Wehrbereichsgebührnisamtes V Stuttgart ist mehrfach festgehalten, daß es sich um eine Veranstaltung privater Art gehandelt hatte, zu der keine dienstliche Veranlassung oder gar Abordnung bestand. Das gleiche Ergebnis haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I gehabt. Die Tatsache, daß N. H. wie seine teilnehmenden Kameraden zu dieser Feier beurlaubt wurde, spricht nicht gegen die Ansicht des Senats, sondern bestätigt sie. Hätte diese Veranstaltung dienstlichen Charakter gehabt, würde für eine Beurlaubung mangels Notwendigkeit keine Veranlassung bestanden haben. Sie wäre dann im Rahmen des Dienstes durchgeführt worden. Daß Feiern solcher Art üblich gewesen und wegen des kameradschaftlichen Zusammenhalts sogar gefördert worden sein mögen, kann durchaus zutreffend sein. Damit erhielten sie aber keinen dienstlichen Anstrich. Ein solcher wurde im konkreten Fall auch nicht durch die Anwesenheit von Vorgesetzten gegeben. Denn aus den Ermittlungsakten ist eindeutig zu entnehmen, daß an diesem Abend keinerlei Aufsichtspflicht bestand und eine Aufsicht nicht ausgeübt worden ist. Das haben die Dienstvorgesetzten des N. H. selbst ausgesagt.
Wenn N. H. auf dieser Feier Alkohol zu sich genommen hat, so geschah das hiernach außerdienstlich, weshalb sich bereits mangels eines schädigenden Ereignisses im Sinne des Versorgungsrechts ein ursächlicher Zusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung nicht herstellen läßt. Daß er des Alkohol in den Abendstunden des 7. September 1966 übermäßig zugesprochen hat, geht aus den beiden Gutachten des Prof. Dr. L. eindeutig hervor, der eine Alkoholkonzentration von 3,6 Promille festgestellt bzw. Rückrechnung ermittelt hat, ohne daß der Senat insofern Anlaß hatte, an der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu zweifeln. Diese Feststellungen konnte die Klägerin mit ihren Vorbringen nicht erschüttern. Mag N. H. nach ihrem Vortrag, den sie mit Zeugenaussagen von Kameraden stützen will, im Verlauf des Abends bis etwa 21 Uhr auch noch nüchtern gewirkt haben, so ist doch nicht auszuschließen, daß er tatsächlich – äußerlich noch unbemerkt – schon reichlich getrunken oder anschliessend bis zum Ende der Feier noch grössere Mengen Schnaps und Bier zu sich genommen hatte. Anders ist nicht zu erklären, daß er am Schluß der Veranstaltung schwankte, von Kameraden gestützt in einen Pkw gebracht werden mußte, dort laut schnarchend einschlief und im erkennbaren Zustand des Vollrauschs zu Bett gebracht werden musste.
Nach Auffassung von Prof. Dr. L., welcher der Senat folgt, hat dieser Alkoholkonsum die wesentliche Bedingung für das Ableben von N. H. gesetzt. Sein Tod wäre jedenfalls ohne den Alkoholgenuß mit der errechneten Blutkonzentration nicht eingetreten. Dieser Ursache gegenüber fallen die krankhaften Veränderungen der Atmungsorgane, die sich durch die Sektion ergeben haben, nicht entscheidend ins Gewicht. Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 11. September 1968 ausgeführt hat, auch die bei der Obduktion gefundene Verengung der großen Körperschlagader habe das akute Kreislaufversagen begünstigt, läßt sich ein ursächlicher Zusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung ebenfalls nicht herstellen. Denn hierbei handelte es sich um eine anlagebedingte Veränderung, die durch den Bundeswehrdienst nicht entstanden und nicht erkennbar verschlimmert worden ist, weil N. H. nach den Bekundungen seiner Kameraden und Vorgesetzten im Ermittlungsverfahren keinen übermäßigen Belastungen ausgesetzt war. Zusammen mit Prof. Dr. L. ist der Senat deshalb der Auffassung, daß die Grippeerkrankung nur eine Bedingung untergeordneter Bedeutung für das Ableben am 8. September 1966 gewesen ist.
Das ist um so mehr anzunehmen, als dieser Gutachter weiter ausgeführt hat, ein Erbrechen mit Einatmen von Mageninhalt auf Grund des übermässigen Alkoholgenusses sei als Ursache des raschen Todesablaufs nicht auszuschließen. Zu derselben und wegen des Absaugens von Mageninhalt aus Mund und Kehlkopf gesicherten Auffassung waren schon die behandelnden Ärzte des Krankenhauses M.-O. in ihrem Bericht vom 16. September 1966 gekommen, in dem sie als Schlußdiagnose für den Tod eine Alkoholvergiftung angenommen haben. Der Tod sei vermutlich durch Einatmen von Erbrochenem eingetreten. Diese Diagnose hat der Sektionsbefund bestätigt, da die Obduktion Zeichen von Erbrechen und einer agonalen Einatmung von erbrochenem Speisebrei ergeben hat. Hiernach muß der der zusammenfassende Schluß gezogen werden, daß die Veränderungen der Luftwege den Tod nicht herbeigeführt hätten, wenn nicht der übermäßige außerdienstliche Alkoholkonsum dazugekommen wäre, der eine Vergiftung und ein Kreislaufversagen – letzten Endes durch Ersticken – zur Folge hatte. Das geht aus den vorhandenen ärztlichen Unterlagen, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit in Bezug auf die Erhebung der Befunde und ihrer Bewertung nicht zu zweifeln war, mit Deutlichkeit hervor. Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte der Senat keinen Anlass, das Vorliegen von Verschulden bei dem Vertragsarzt Dr. L. zu prüfen, abgesehen davon, daß das einschlägige Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I endgültig eingestellt worden ist. Denn das Vorhandensein einer Grippe am 7. September 1966, das nicht bekannt war und wegen des aktenkundigen Verhaltens von N. H. auch nicht bekannt sein konnte, hat nicht die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes gesetzt. Aus den gleichen Grunde entfiel auch eine Veranlassung zur Einholung eines weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Mutter des 1947 geborenen und am 8. September 1966 als Soldat der Bundeswehr verstorbenen N. H. (N. H.).
Am 1. Oktober 1966 stellte sie beim Versorgungsamt Frankfurt/M. Antrag auf Elternrente, das die Akten über N. H. von dem Wehrbereichs-Gebührnisamt V Stuttgart beizog. Diese enthalten u.a. den Krankenbericht des Städt. Krankenhauses M.-O. vom 16. September 1966, das von Prof. Dr. S. und Dr. L. erstellte Sektionsprotokoll vom 9. September 1966 und ein Aktengutachten des Prof. Dr. L. vom Institut für Gerichtliche und Versicherungsmedizin der Universität M. vom 16. November 1966.
Mit Bescheid vom 25. April 1967 wurde der Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, N. H. sei nicht an den Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S. des § 81 des Soldatenversorgungsgesetztes (SVG) gestorben. Sein Tod sei am 8. September 1966 an akuter Kreislaufversagen nach starkem Alkoholgenuß anläßlich einer privaten Feier eingetreten, die am 7. September 1966 abends stattgefunden habe. Durch Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1967 wurde dieser Bescheid bestätigt.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/M. hat die Klägerin vorgetragen, der Gruppenabend am 7. September 1966 sei keine private Veranstaltung gewesen. N. H. sei zuvor wegen Ohrtubenkatarrhs und Grippe, die er sich im Dienst zugezogen habe, krank gewesen und am 5. September 1966 durch den Vertragsarzt Dr. L. gesundgeschrieben worden. Nach dem Obduktionsbefund habe bei ihm im Zeitpunkt des Todes u.a. eine akute entzündliche Veränderung der Luftwege mit Entzündungsherden in der Lunge vorgelegen. Daraus sei zu entnehmen, daß seine Grippe noch nicht ausgeheilt gewesen, er am 5. September 1966 mithin fälschlicherweise für dienstfähig erklärt worden sei. Hiernach bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Wehrdienstbeschädigung und Ableben. Der Alkoholgenuß habe insoweit, nur eine untergeordnete Bedeutung gehabt.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, die Todesursache sei nach dem Gutachten des Prof. Dr. L. durch übermäßigen Alkoholgenuß bei bestehender Verengung der großen Körperschlagader durch akutes Kreislaufversagen eingetreten. Die Blutalkoholkonzentration habe 3,6 Promille betragen. Dabei könne es zum Einatmen von Mageninhalt kommen, was ausweislich der Obduktion auch tatsächlich geschehen sei. Dementsprechend stelle der Einstellungsbeschluß der Staatsanwaltschaft beim Landgericht M. I vom 1. Mai 1967 fest, daß N. H. an den Folgen des übermäßigen Alkoholgenusses gestorben sei. Aus den Akten des Wehrbereichsgebührnisamtes gehe eindeutig hervor, daß es sich am 7. September 1966 um eine rein private Feier gehandelt habe.
Mit Urteil vom 16. April 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, nach dem Obduktionsbefund und des Gutachten von Prof. Dr. L. stehe als Todesursache ein akutes Herz- und Kreislaufversagen im Vordergrund, das seine natürliche Erklärung in der Blutalkoholkonzentration finde. Auch bei einem kreislaufmäßigen gesunden Menschen könne eine Konzentration von 3,6 Promille den Tod zur Folge haben. Die bei der Obduktion festgestellte Grippe (Lungenentzündung) sei keine wesentliche Mitursache für den Tod. Der Alkoholgenuß habe in keinem ursächlichen Zusammenhang zum Wehrdienst gestanden.
Gegen dieses Urteil, das am 22. April 1969 mittels eingeschriebenen Briefes an die Klägerin abgesandt worden ist, richtet sich ihre am 23. Mai 1969 beim Hess. Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe den Tod zu Unrecht allein dem genossenen Alkohol zugeschrieben. Es habe auch ungeprüft gelassen ob der angegebene Blutalkoholgehalt tatsächlich vorgelegen habe. Eine umfassende Beweiserhebung durch Vernehmung sämtlicher am Kameradschaftsabend teilnehmenden Kameraden des N. H. hätte ergeben, daß sein Tod zumindest in gleichem Maße auf die Grippeerkrankung in Form einer Lungenentzündung zurückzuführen sei. Der Vertragsarzt Dr. L., der ihn unzureichend behandelt habe, hätte ihm Bettruhe verordnen müssen. Die Feier im Vorabend des Todes sei, weil sie vom Truppenkommandeur gebilligt worden sei und auf dem Kasernengelände stattgefunden habe, nicht rein privater Natur gewesen. N. H. hätte sich dieser Veranstaltung nicht entziehen können, da sein Urlaub lediglich zu diesem Zweck erteilt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 16. April 1969 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1967 zu verurteilen, Elternrente in gesetzlicher Höhe ab 1. Oktober 1966 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I mit dem Az.: beigezogen. Sie enthalten u.a. außer Vernehmungen von Kameraden des N. H., Polizeiberichten und Stellungnahmen des Vertragsarztes Dr. L. ein weiteres Gutachten des Prof. Dr. L. vom 11. September 1968, in dem er zu der Auffassung gelangt, die Gripperkrankung habe allein keine Todesursache gebildet. Erst das Zusammenwirken des übermäßigen Alkoholgenusses mit der akuten Erkrankung und der bestehenden Verengung der großen Körperschlagader habe das akute Kreislaufversagen begünstigt.
Dabei sei keineswegs auszuschließen, daß auch das Erbrechen mit Einatmen von Mageninhalt in die oberen Luftwege den raschen Todesablauf mitbestimmt habe. Weiter geht aus den Akten hervor, daß das Ermittlungsverfahren gegen Dr. L. durch Bescheid vom 1. Mai 1967 eingestellt worden ist, weil die Ermittlungen keine zureichenden Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden an dem Tod von N. H. ergeben hätten. Er sei an den Folgen eines übermäßigen Alkoholgenusses gestorben. Auf die Beschwerde dagegen kam es am 10. März 1969 zu einer erneuten Einstellung.
Die Elternrentenakten des Versorgungsamtes Frankfurt/M. mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Sie waren ebenso wie die Akten der Staatsanwaltschaft und die Gerichtsakten beider Instanzen Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt, der auszugsweise vorgetragen worden ist, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1967 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage sind die Vorschriften der §§ 80, 81 SVG, wonach ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erhält. Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Eine Wehrdienstbeschädigung steht einer gesundheitlichen Schädigung i.S. des § 1 BVG gleich, woraus folgt, daß zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges genügt. Stirbt ein Soldat an den Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S. des § 81 SVG, so haben seine Hinterbliebenen in entsprechender Anwendung des SVG Anspruch auf Elternrente.
Von diesen Vorschriften ausgehend mußte der Senat feststellen, daß der Tod von N. H. nicht mit Wahrscheinlichkeit i.S. der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie auf einer Wehrdienstbeschädigung beruht.
Das konnte schon deshalb nicht angenommen werden, weil die dem Ableben vorausgehende Abschiedsfeier am 7. September 1966, die in der außerhalb des Kasernengeländes gelegenen Wohnung der Eltern des Kameraden H. stattfand, wie dieser im Ermittlungsverfahren am 17. Oktober 1968 ausgesagt hat, privater Natur gewesen ist. Dem gegenteiligen Vorbringen der Klägerin war nicht zu folgen. Denn in den Akten des Wehrbereichsgebührnisamtes V Stuttgart ist mehrfach festgehalten, daß es sich um eine Veranstaltung privater Art gehandelt hatte, zu der keine dienstliche Veranlassung oder gar Abordnung bestand. Das gleiche Ergebnis haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I gehabt. Die Tatsache, daß N. H. wie seine teilnehmenden Kameraden zu dieser Feier beurlaubt wurde, spricht nicht gegen die Ansicht des Senats, sondern bestätigt sie. Hätte diese Veranstaltung dienstlichen Charakter gehabt, würde für eine Beurlaubung mangels Notwendigkeit keine Veranlassung bestanden haben. Sie wäre dann im Rahmen des Dienstes durchgeführt worden. Daß Feiern solcher Art üblich gewesen und wegen des kameradschaftlichen Zusammenhalts sogar gefördert worden sein mögen, kann durchaus zutreffend sein. Damit erhielten sie aber keinen dienstlichen Anstrich. Ein solcher wurde im konkreten Fall auch nicht durch die Anwesenheit von Vorgesetzten gegeben. Denn aus den Ermittlungsakten ist eindeutig zu entnehmen, daß an diesem Abend keinerlei Aufsichtspflicht bestand und eine Aufsicht nicht ausgeübt worden ist. Das haben die Dienstvorgesetzten des N. H. selbst ausgesagt.
Wenn N. H. auf dieser Feier Alkohol zu sich genommen hat, so geschah das hiernach außerdienstlich, weshalb sich bereits mangels eines schädigenden Ereignisses im Sinne des Versorgungsrechts ein ursächlicher Zusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung nicht herstellen läßt. Daß er des Alkohol in den Abendstunden des 7. September 1966 übermäßig zugesprochen hat, geht aus den beiden Gutachten des Prof. Dr. L. eindeutig hervor, der eine Alkoholkonzentration von 3,6 Promille festgestellt bzw. Rückrechnung ermittelt hat, ohne daß der Senat insofern Anlaß hatte, an der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu zweifeln. Diese Feststellungen konnte die Klägerin mit ihren Vorbringen nicht erschüttern. Mag N. H. nach ihrem Vortrag, den sie mit Zeugenaussagen von Kameraden stützen will, im Verlauf des Abends bis etwa 21 Uhr auch noch nüchtern gewirkt haben, so ist doch nicht auszuschließen, daß er tatsächlich – äußerlich noch unbemerkt – schon reichlich getrunken oder anschliessend bis zum Ende der Feier noch grössere Mengen Schnaps und Bier zu sich genommen hatte. Anders ist nicht zu erklären, daß er am Schluß der Veranstaltung schwankte, von Kameraden gestützt in einen Pkw gebracht werden mußte, dort laut schnarchend einschlief und im erkennbaren Zustand des Vollrauschs zu Bett gebracht werden musste.
Nach Auffassung von Prof. Dr. L., welcher der Senat folgt, hat dieser Alkoholkonsum die wesentliche Bedingung für das Ableben von N. H. gesetzt. Sein Tod wäre jedenfalls ohne den Alkoholgenuß mit der errechneten Blutkonzentration nicht eingetreten. Dieser Ursache gegenüber fallen die krankhaften Veränderungen der Atmungsorgane, die sich durch die Sektion ergeben haben, nicht entscheidend ins Gewicht. Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 11. September 1968 ausgeführt hat, auch die bei der Obduktion gefundene Verengung der großen Körperschlagader habe das akute Kreislaufversagen begünstigt, läßt sich ein ursächlicher Zusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung ebenfalls nicht herstellen. Denn hierbei handelte es sich um eine anlagebedingte Veränderung, die durch den Bundeswehrdienst nicht entstanden und nicht erkennbar verschlimmert worden ist, weil N. H. nach den Bekundungen seiner Kameraden und Vorgesetzten im Ermittlungsverfahren keinen übermäßigen Belastungen ausgesetzt war. Zusammen mit Prof. Dr. L. ist der Senat deshalb der Auffassung, daß die Grippeerkrankung nur eine Bedingung untergeordneter Bedeutung für das Ableben am 8. September 1966 gewesen ist.
Das ist um so mehr anzunehmen, als dieser Gutachter weiter ausgeführt hat, ein Erbrechen mit Einatmen von Mageninhalt auf Grund des übermässigen Alkoholgenusses sei als Ursache des raschen Todesablaufs nicht auszuschließen. Zu derselben und wegen des Absaugens von Mageninhalt aus Mund und Kehlkopf gesicherten Auffassung waren schon die behandelnden Ärzte des Krankenhauses M.-O. in ihrem Bericht vom 16. September 1966 gekommen, in dem sie als Schlußdiagnose für den Tod eine Alkoholvergiftung angenommen haben. Der Tod sei vermutlich durch Einatmen von Erbrochenem eingetreten. Diese Diagnose hat der Sektionsbefund bestätigt, da die Obduktion Zeichen von Erbrechen und einer agonalen Einatmung von erbrochenem Speisebrei ergeben hat. Hiernach muß der der zusammenfassende Schluß gezogen werden, daß die Veränderungen der Luftwege den Tod nicht herbeigeführt hätten, wenn nicht der übermäßige außerdienstliche Alkoholkonsum dazugekommen wäre, der eine Vergiftung und ein Kreislaufversagen – letzten Endes durch Ersticken – zur Folge hatte. Das geht aus den vorhandenen ärztlichen Unterlagen, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit in Bezug auf die Erhebung der Befunde und ihrer Bewertung nicht zu zweifeln war, mit Deutlichkeit hervor. Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte der Senat keinen Anlass, das Vorliegen von Verschulden bei dem Vertragsarzt Dr. L. zu prüfen, abgesehen davon, daß das einschlägige Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht M. I endgültig eingestellt worden ist. Denn das Vorhandensein einer Grippe am 7. September 1966, das nicht bekannt war und wegen des aktenkundigen Verhaltens von N. H. auch nicht bekannt sein konnte, hat nicht die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes gesetzt. Aus den gleichen Grunde entfiel auch eine Veranlassung zur Einholung eines weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
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