Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Leipzig (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 212/07 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Versicherungspflichtige i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 sind grundsätzlich zur Beitragszahlung in der gesetzlichen Kranken und sozialen Pflegeversicherung auch dann verpflichtet, wenn sie kein Arbeitslosengeld 2 erhalten; denn bei vorläufiger summarischer Prüfung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erscheint mangels Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 SGB 2 eine Beitragserhebung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht unbillig.
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Der am ...geborene Antragsteller ist gelernter Obstgärtner und seit 17.08.2006 arbeitslos. Den am 18.08.2006 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld II lehnte das Landratsamt Döbeln mit Bescheid vom 28.11.2006 ab. Er habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil er auf Grund der nachgewiesenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) sei.
Durch Schriftsatz vom 28.11.2006 beantragte er die Familienversicherung. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30.11.2006 ab, da eine kostenfreie Familienversicherung nur für Kinder bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres möglich sei. Hiergegen legte er am 04.12.2006 Widerspruch ein und beantragte am 11.12.2006 vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht Leipzig (Az: S 8 KR 399/06 ER). Dies lehnte das Sozialgericht Leipzig mit Beschluss vom 29.01.2007 ab. Über die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Sächsische Landessozialgericht noch nicht entschieden.
Nach Vorlage von Einkommensnachweisen auf Grund Antrages vom 10.05.2007 stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15.05.2007 seine Mitgliedschaft ohne Krankengeldanspruch in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.04.2007 fest. Der Beitragssatz belaufe sich ab 01.04.2007 in der Krankenkasse auf 106,17 EUR und 15,92 EUR in der Pflegeversicherung, insgesamt 122,09 EUR. Sie legte hierbei beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 816,67 EUR zu Grunde.
Hiergegen legte der Antragsteller am 22.05.2007 Widerspruch ein. Er sei finanziell nicht in der Lage, irgendeinen Beitrag zu zahlen, weil er über keinerlei Einkommen verfüge. Das der Beitragsbemessung zu Grunde liegende monatliche Einkommen von 816,67 EUR sei "eine völlig unrealistische Mutmaßung". Die Beitragszahlung müsse daher vollumfänglich erlassen werden.
Mit Schreiben vom 09.07.2007 mahnte die Antragsgegnerin die Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an und verwies darauf, dass ab ersten Monat der Säumnis auf den Beitragsrückstand 1 % und ab dem zweiten Monat 5 % Säumniszuschläge zu erheben seien. Die Begleichung der offenen Forderung vermeide Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Daraufhin hat der Antragsteller am 14.07.2007 vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Der Widerspruch sei noch nicht verbeschieden und damit weder vollzieh- noch vollstreckbar. Eine Mahnung sei daher nicht statthaft. Die Antragsgegnerin habe die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs missachtet. Sie sei nach ihrer Satzung verpflichtet, die Beiträge zu erlassen. Bei einer nicht nur kurzfristigen wirtschaftlichen Notlage sei es unbillig, auf der Zahlung eines Pflichtbeitrages zu bestehen.
Durch weiteren Beitragsbescheid vom 25.07.2007 setzte die Antragsgegnerin den Forderungsbetrag vom 01.05. bis 30.06.2007 einschließlich Säumniszuschlägen bis 16.07.2007 auf insgesamt 257,18 EUR fest. Auch hiergegen legte der Antragsteller am 30.07.2007 Widerspruch ein.
Er beantragt,
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 21.05.2007 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 15.05.2007 mit dem Az: 11558-PK wird festgestellt. 2. Die den Antragsteller gegenwärtig belastenden Vollzugsfolgen werden vorläufig aufgehoben, insbesondere werden die Mahnung der Antragsgegnerin vom 09.07.2007 und weitere zu besorgende Vollstreckungsmaßnahmen für unwirksam erklärt. 3. Hilfsweise werden die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 21.05.2007 angeordnet und die unter 2.) genannten Vollzugsfolgen aufgehoben. 4. Die Verfahrenskosten trägt die Antragsgegnerin. 5. Dem Antragsteller wird für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe gewährt. 6. Dem Antragsteller wird für dieses vorläufige Rechtsschutzverfahren unter Beiordnung des Rechtsanwaltes ..., ..., ... Prozesskostenhilfe gewährt. 7. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.07.2007 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 mit Az: 1558-PK wird angeordnet. 8. Die den Antragsteller gegenwärtig belastenden Vollzugsfolgen werden vorläufig aufgehoben, insbesondere wird der mit vorgenanntem Beitragsbescheid zugleich festgesetzte Säumniszuschlag von 13,00 EUR sowie weitere zu besorgende Vollstreckungsmaßnahmen für unwirksam erklärt. 9. Die Verfahrenskosten trägt auch hierfür die Antragsgegnerin. 10. Dem Antragsteller wird auch hierfür unter Beiordnung des Rechtsanwaltes ..., ..., ... Prozesskostenhilfe gewährt".
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, eine Gerichtsakte sowie einen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der statthafte Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Insoweit sich dem Vorbringen des Antragstellers entnehmen lässt, dass er sich gegen eine Beitragszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung wendet, wäre im Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage statthaft. Antragsziel ist damit die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes (Beitragsnachforderung).
Gem. § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG sollen zwar Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben; diese entfällt gleichwohl nach Maßgabe des Abs. 2 in den meisten Fällen. So auch hier nach der einschlägigen Nr. 1. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers kommt seinen Widersprüchen somit von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu.
Die Befugnisse des Gerichtes zur Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes ergeben sich aus § 86 b Abs. 1 SGG. Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei sachdienlicher Auslegung seines Antrages begehrt der Antragsteller deshalb die Anordnung - und nicht die Feststellung - der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Widersprüche vom 22.05. und 30.07.2007. Denn im Hauptsacheverfahren haben Feststellungsklagen keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Klagen zur Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Insoweit zur früher im sozialgerichtlichen Prozess entsprechend anwendbaren Regelung des § 80 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Ausnahmen anerkannt waren, ist wegen der nunmehr getroffenen klaren Regelung im Sozialgerichtsgesetz der Anwendungsbereich des § 86 a SGG auf Anfechtungsklagen beschränkt (wie hier: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 8. Auflage, Rdnr. 7). Der deklaratorische (feststellende) Ausspruch auf Antrag, dass ein eingelegter Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, käme nur dann in Betracht, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachten würde (so: LSG Thüringen, in: SGb 2002, Seite 449). Hierfür bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte.
Insoweit sich dem Vorbringen des Antragstellers entnehmen lassen könnte, dass er sich gegen die Vollstreckbarkeit der Beitragsforderung wendet, wäre möglicherweise das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft. Zwar hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.07.2007 mitgeteilt, dass eine rechtzeitige Beitragszahlung Vollstreckungsmaßnahmen vermeiden helfe. Dass sie eine Vollstreckung noch vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung einleiten würde, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Da für eine Antragsbefugnis und ein Rechtsschutzbedürfnis aber die mögliche Verletzung von Rechten des Antragstellers ausreicht, ist der Antrag zulässig. Er ist indes nicht begründet.
Nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll in den Fällen des Abs. 2 die Aussetzung der Vollziehung dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Voraussetzung für ein Obsiegen des Antragstellers ist, dass sein Interesse an der Anordnung bzw. Aussetzung der aufschiebenden Wirkung dasjenige der Antragsgegnerin am sofortigen Vollzug überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung ist zwar grundsätzlich nicht auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes abzustellen; soweit sie allerdings nach der im Rahmen dieses Verfahrens nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung absehbar sind, hat das Gericht sie bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen. Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, kann ein Interesse des Betroffenen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in der Regel nicht anerkannt werden. Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug rechtmäßiger Verwaltungsakte hat insofern regelmäßig Vorrang. Umgekehrt kann kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes bestehen, dessen Rechtmäßigkeit ernstlichen Zweifeln unterliegt (vgl. LSG Berlin, Breithaupt, 1990, 78 (80)). Hierfür reicht es aus, wenn sich die für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe zumindest die Waage halten (streitig; wie hier: Sächs. LSG, Beschluss vom 08.11.1999, L 3 B 39/99 AL-ER; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., Rdnr. 152 ff.). Bloße Bedenken begründen noch keine ernsthaften Zweifel.
Nach der - im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen - summarischen Betrachtungsweise unterliegen die angegriffenen Bescheide vom 15.05. und 25.07.2007 noch keinen ernstlichen Zweifeln im vorgenannten Sinne. Der Antragsteller hat wegen des, am 01.04.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbes in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) eingeführten, § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – wie von der Antragsgegnerin zu Recht festgestellt – einen Rechtsanspruch auf Krankenversicherung. Danach sind Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren es sei denn, dass sie zu den in Abs. 5 oder in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten, in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Mit dieser Vorschrift werden somit Personen erfasst, deren gesetzliche Krankenversicherung ohne Anschlussversicherung vor dem 01.04.2007 endete oder die im Anschluss an das Ende einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem 31.03.2007 ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sind.
Da hier – wie durch noch nicht rechtskräftigen Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 29.01.2007 (Az: S 8 KR 399/06 ER) festgestellt - kein Anspruch auf Familienversicherung besteht und der Antragsteller aufgrund Ablehnungsbescheid des Landratsamtes Döbeln vom 28.11.2006 auch nicht als Bezieher von Arbeitslosengeld II pflichtversichert ist (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V), zählt er als ehemals Versicherungspflichtiger zu dem vorgenannten Personenkreis. Zwar erfasst die Vorschrift des § 5 Abs. 1 SGB V – wie aus der Gesetzesüberschrift hervorgeht - nur "Versicherungspflichtige"; dennoch werden – unsystematisch – Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wie freiwillig Versicherte behandelt (wie hier: Sieben, in: Die Ersatzkasse, Sonderveröffentlichung April 2007, Seite 12). Denn nach § 227 SGB V gilt für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen § 240 SGB V entsprechend. Für diese neuen Gruppe von "Versicherungspflichtigen" sind damit die Grundsätze, die für die Beitragsbemessung und –erhebung bei freiwillig Versicherten gelten, uneingeschränkt bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Die Satzung muss hierbei mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Als beitragspflichtige Einnahmen nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift gilt für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Vorliegend hat die Antragsgegnerin zu Recht den 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße als Mindestbeitrag bestimmt. Nach § 250 Abs. 3 SGB V i.F.d. GKV-WSG tragen Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ihre Beiträge mit Ausnahme der aus Arbeitsentgelt und aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragenden Beiträge allein.
Aus § 223 Abs. 1 SGB V folgt, dass für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu entrichten sind, soweit sich aus dem SGB V nichts Abweichendes ergibt. Ein generelles Absehen von der Beitragserhebung ist daher grundsätzlich nicht möglich. Ein ausnahmsweiser Erlass nach § 20 a der Satzung der Antragsgegnerin dürfte nach der – im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen - Betrachtungsweise hier nicht möglich sein. Danach sind Beiträge zu erlassen, wenn das Mitglied aus Gründen, die es nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach dem in § 186 Abs. 11 SGB V genannten Zeitpunkt anzeigt.
Entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers kommt auch kein Erlass der Beitragsforderung nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in Betracht. Danach darf der Versicherungsträger Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beiträge erstattet oder angerechnet werden. Für die Billigkeitsentscheidung sind die gesamten Umstände eines Falles, d. h. insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Art und Höhe des Anspruchs, zu berücksichtigen.
Dass für den Fall, dass sich der Schuldner in einer nicht nur kurzfristigen wirtschaftlichen Notlage befindet, die Einziehung des Anspruchs bereits unbillig wäre, selbst wenn bei seiner Weiterverfolgung keine Existenzgefährdung zu besorgen ist (so: Borrmann, in: Hauck/Heines, § 76 SGB IV Rdnr. 17, 45. Lieferung), erscheint bei vorläufiger gerichtlicher Würdigung als zu weitgehend; denn § 76 Abs. 1 SGB IV schreibt als Grundsatz fest, dass Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind. Nur ausnahmsweise soll unter den (engen) Voraussetzungen des Abs. 2 hiervon abgesehen werden können im Sinne einer Stundung, Niederschlagung oder eines Erlasses der Beitragsforderung.
Hierbei ist zu beachten, dass zu Lasten der Versichertengemeinschaft und der Beitragspflichtigen der Erlass einer Beitragsforderung Einzelne begünstigt. Dies führt mithin zu einem Abwägungsprozess zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft und der diesen dienenden Verpflichtung aus § 76 Abs. 1 SGB IV zur Beitragszahlung einerseits und den Individualinteressen des Zahlungspflichtigen andererseits. Aus dem Grundsatz der Beitragspflichtigkeit folgt somit, dass Zahlungspflichten zunächst selbst dann nicht unbillig sind, wenn sie den Zahlungspflichtigen erheblich wirtschaftlich belasten (wie hier: Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung – Kommentar, § 76 SGB IV Rdnr. 12 EL 52). Nur soweit sich ausnahmsweise im Einzelfall die Unbilligkeit einer Beitragserhebung ergibt, kann von der Pflicht zur Beitragszahlung abgesehen werden. Da aber Billigkeitsentscheidungen ausnahmslos Einzelfallentscheidungen sind, kann es nicht – generell – nur darauf ankommen, ob die wirtschaftliche Notlage dauerhaft besteht. Vielmehr sind bei der Abwägung insbesondere die in den persönlichen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen liegenden besonderen Umstände zu berücksichtigen, wobei zwischen persönlicher und sachlicher Unbilligkeit zu unterscheiden ist (ebenso: Baier, a.a.O., Rdnr. 13 f.).
Eine Sachunbilligkeit, d. h. sachliche Gründe, die nicht auf der persönlichen Situation des Zahlungspflichtigen beruhen, war hier nicht festzustellen. Dies wäre dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Umstände und Sachverhalte bewusst unberücksichtigt gelassen und unterschiedliche Folgen bewusst in Kauf genommen hätte, weil Sachverhalte nicht durch generalisierende gesetzliche Regelungen befriedigend hätten verwirklicht werden können und im Falle einer Regelung im Sinne einer Billigkeitsentscheidung gelöst worden wären. Ein Erlass von Forderungen soll insoweit insbesondere dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit dienen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 15).
Gegen eine generelle Beitragsbefreiung spricht indes bereits die ausdrückliche gesetzliche Regelung des § 227 SGB V, der auf § 240 SGB V und damit auf Beitragspflicht und Beitragserhebung für freiwillige Mitglieder verweist. Dass nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers in den Fällen, in denen Arbeitslosengeld II mangels Hilfebedürftigkeit versagt worden ist, ein Anspruch auf beitragsfreie Kranken- und Pflegeversicherung bestehen soll, ist demzufolge grundsätzlich nicht anzunehmen. Denn wenn nach Feststellung des Landratsamtes Döbeln im Bescheid vom 28.11.2006 der Antragsteller nicht "bedürftig" im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) ist, war bei summarischer Prüfung im Wege des vorläufigen Rechtschutzes davon auszugehen, dass die fehlende Hilfebedürftigkeit darauf beruht, dass er seinen Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern bzw. mit Hilfe anderer, insbesondere von Angehörigen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, im Wege des Unterhaltsanspruches sichern kann (vgl. § 9 SGB II).
Es ist nicht erkennbar oder dargetan, dass die Erfüllung der Zahlungspflicht von 122,09 EUR monatlich an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Antragsteller persönlich unbillig, weil existenzbedrohend oder zumindest in hohem Maße existenzgefährdend, wäre. Nicht ersichtlich ist, dass dadurch der notwendige Lebensunterhalt dauerhaft gefährdet wäre, zumal zur finanziellen Situation, insbesondere auch die der Unterhaltsverpflichteten, keine näheren Darlegungen erfolgt sind.
Für eine dadurch möglicherweise bewirkte unbillige Härte ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da es sich hierbei um eine "Soll-Vorschrift" handelt, muss die Aussetzung im Regelfall ausgesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen; nur in besonderen Fällen darf sie versagt werden. Eine unbillige Härte liegt danach nur vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können. Insoweit ist es erforderlich, dass der Antragsteller konkrete Angaben macht (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, in: NZS 2003, 100). Dies war hier indes nicht festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Der am ...geborene Antragsteller ist gelernter Obstgärtner und seit 17.08.2006 arbeitslos. Den am 18.08.2006 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld II lehnte das Landratsamt Döbeln mit Bescheid vom 28.11.2006 ab. Er habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil er auf Grund der nachgewiesenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) sei.
Durch Schriftsatz vom 28.11.2006 beantragte er die Familienversicherung. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30.11.2006 ab, da eine kostenfreie Familienversicherung nur für Kinder bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres möglich sei. Hiergegen legte er am 04.12.2006 Widerspruch ein und beantragte am 11.12.2006 vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht Leipzig (Az: S 8 KR 399/06 ER). Dies lehnte das Sozialgericht Leipzig mit Beschluss vom 29.01.2007 ab. Über die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Sächsische Landessozialgericht noch nicht entschieden.
Nach Vorlage von Einkommensnachweisen auf Grund Antrages vom 10.05.2007 stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15.05.2007 seine Mitgliedschaft ohne Krankengeldanspruch in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.04.2007 fest. Der Beitragssatz belaufe sich ab 01.04.2007 in der Krankenkasse auf 106,17 EUR und 15,92 EUR in der Pflegeversicherung, insgesamt 122,09 EUR. Sie legte hierbei beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 816,67 EUR zu Grunde.
Hiergegen legte der Antragsteller am 22.05.2007 Widerspruch ein. Er sei finanziell nicht in der Lage, irgendeinen Beitrag zu zahlen, weil er über keinerlei Einkommen verfüge. Das der Beitragsbemessung zu Grunde liegende monatliche Einkommen von 816,67 EUR sei "eine völlig unrealistische Mutmaßung". Die Beitragszahlung müsse daher vollumfänglich erlassen werden.
Mit Schreiben vom 09.07.2007 mahnte die Antragsgegnerin die Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an und verwies darauf, dass ab ersten Monat der Säumnis auf den Beitragsrückstand 1 % und ab dem zweiten Monat 5 % Säumniszuschläge zu erheben seien. Die Begleichung der offenen Forderung vermeide Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Daraufhin hat der Antragsteller am 14.07.2007 vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Der Widerspruch sei noch nicht verbeschieden und damit weder vollzieh- noch vollstreckbar. Eine Mahnung sei daher nicht statthaft. Die Antragsgegnerin habe die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs missachtet. Sie sei nach ihrer Satzung verpflichtet, die Beiträge zu erlassen. Bei einer nicht nur kurzfristigen wirtschaftlichen Notlage sei es unbillig, auf der Zahlung eines Pflichtbeitrages zu bestehen.
Durch weiteren Beitragsbescheid vom 25.07.2007 setzte die Antragsgegnerin den Forderungsbetrag vom 01.05. bis 30.06.2007 einschließlich Säumniszuschlägen bis 16.07.2007 auf insgesamt 257,18 EUR fest. Auch hiergegen legte der Antragsteller am 30.07.2007 Widerspruch ein.
Er beantragt,
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 21.05.2007 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 15.05.2007 mit dem Az: 11558-PK wird festgestellt. 2. Die den Antragsteller gegenwärtig belastenden Vollzugsfolgen werden vorläufig aufgehoben, insbesondere werden die Mahnung der Antragsgegnerin vom 09.07.2007 und weitere zu besorgende Vollstreckungsmaßnahmen für unwirksam erklärt. 3. Hilfsweise werden die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 21.05.2007 angeordnet und die unter 2.) genannten Vollzugsfolgen aufgehoben. 4. Die Verfahrenskosten trägt die Antragsgegnerin. 5. Dem Antragsteller wird für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe gewährt. 6. Dem Antragsteller wird für dieses vorläufige Rechtsschutzverfahren unter Beiordnung des Rechtsanwaltes ..., ..., ... Prozesskostenhilfe gewährt. 7. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.07.2007 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 mit Az: 1558-PK wird angeordnet. 8. Die den Antragsteller gegenwärtig belastenden Vollzugsfolgen werden vorläufig aufgehoben, insbesondere wird der mit vorgenanntem Beitragsbescheid zugleich festgesetzte Säumniszuschlag von 13,00 EUR sowie weitere zu besorgende Vollstreckungsmaßnahmen für unwirksam erklärt. 9. Die Verfahrenskosten trägt auch hierfür die Antragsgegnerin. 10. Dem Antragsteller wird auch hierfür unter Beiordnung des Rechtsanwaltes ..., ..., ... Prozesskostenhilfe gewährt".
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, eine Gerichtsakte sowie einen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der statthafte Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Insoweit sich dem Vorbringen des Antragstellers entnehmen lässt, dass er sich gegen eine Beitragszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung wendet, wäre im Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage statthaft. Antragsziel ist damit die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes (Beitragsnachforderung).
Gem. § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG sollen zwar Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben; diese entfällt gleichwohl nach Maßgabe des Abs. 2 in den meisten Fällen. So auch hier nach der einschlägigen Nr. 1. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers kommt seinen Widersprüchen somit von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu.
Die Befugnisse des Gerichtes zur Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes ergeben sich aus § 86 b Abs. 1 SGG. Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei sachdienlicher Auslegung seines Antrages begehrt der Antragsteller deshalb die Anordnung - und nicht die Feststellung - der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Widersprüche vom 22.05. und 30.07.2007. Denn im Hauptsacheverfahren haben Feststellungsklagen keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Klagen zur Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes. Insoweit zur früher im sozialgerichtlichen Prozess entsprechend anwendbaren Regelung des § 80 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Ausnahmen anerkannt waren, ist wegen der nunmehr getroffenen klaren Regelung im Sozialgerichtsgesetz der Anwendungsbereich des § 86 a SGG auf Anfechtungsklagen beschränkt (wie hier: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 8. Auflage, Rdnr. 7). Der deklaratorische (feststellende) Ausspruch auf Antrag, dass ein eingelegter Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, käme nur dann in Betracht, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachten würde (so: LSG Thüringen, in: SGb 2002, Seite 449). Hierfür bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte.
Insoweit sich dem Vorbringen des Antragstellers entnehmen lassen könnte, dass er sich gegen die Vollstreckbarkeit der Beitragsforderung wendet, wäre möglicherweise das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft. Zwar hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.07.2007 mitgeteilt, dass eine rechtzeitige Beitragszahlung Vollstreckungsmaßnahmen vermeiden helfe. Dass sie eine Vollstreckung noch vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung einleiten würde, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Da für eine Antragsbefugnis und ein Rechtsschutzbedürfnis aber die mögliche Verletzung von Rechten des Antragstellers ausreicht, ist der Antrag zulässig. Er ist indes nicht begründet.
Nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll in den Fällen des Abs. 2 die Aussetzung der Vollziehung dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Voraussetzung für ein Obsiegen des Antragstellers ist, dass sein Interesse an der Anordnung bzw. Aussetzung der aufschiebenden Wirkung dasjenige der Antragsgegnerin am sofortigen Vollzug überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung ist zwar grundsätzlich nicht auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes abzustellen; soweit sie allerdings nach der im Rahmen dieses Verfahrens nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung absehbar sind, hat das Gericht sie bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen. Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, kann ein Interesse des Betroffenen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in der Regel nicht anerkannt werden. Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug rechtmäßiger Verwaltungsakte hat insofern regelmäßig Vorrang. Umgekehrt kann kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes bestehen, dessen Rechtmäßigkeit ernstlichen Zweifeln unterliegt (vgl. LSG Berlin, Breithaupt, 1990, 78 (80)). Hierfür reicht es aus, wenn sich die für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe zumindest die Waage halten (streitig; wie hier: Sächs. LSG, Beschluss vom 08.11.1999, L 3 B 39/99 AL-ER; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., Rdnr. 152 ff.). Bloße Bedenken begründen noch keine ernsthaften Zweifel.
Nach der - im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen - summarischen Betrachtungsweise unterliegen die angegriffenen Bescheide vom 15.05. und 25.07.2007 noch keinen ernstlichen Zweifeln im vorgenannten Sinne. Der Antragsteller hat wegen des, am 01.04.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbes in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) eingeführten, § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – wie von der Antragsgegnerin zu Recht festgestellt – einen Rechtsanspruch auf Krankenversicherung. Danach sind Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren es sei denn, dass sie zu den in Abs. 5 oder in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten, in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Mit dieser Vorschrift werden somit Personen erfasst, deren gesetzliche Krankenversicherung ohne Anschlussversicherung vor dem 01.04.2007 endete oder die im Anschluss an das Ende einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem 31.03.2007 ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sind.
Da hier – wie durch noch nicht rechtskräftigen Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 29.01.2007 (Az: S 8 KR 399/06 ER) festgestellt - kein Anspruch auf Familienversicherung besteht und der Antragsteller aufgrund Ablehnungsbescheid des Landratsamtes Döbeln vom 28.11.2006 auch nicht als Bezieher von Arbeitslosengeld II pflichtversichert ist (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V), zählt er als ehemals Versicherungspflichtiger zu dem vorgenannten Personenkreis. Zwar erfasst die Vorschrift des § 5 Abs. 1 SGB V – wie aus der Gesetzesüberschrift hervorgeht - nur "Versicherungspflichtige"; dennoch werden – unsystematisch – Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wie freiwillig Versicherte behandelt (wie hier: Sieben, in: Die Ersatzkasse, Sonderveröffentlichung April 2007, Seite 12). Denn nach § 227 SGB V gilt für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen § 240 SGB V entsprechend. Für diese neuen Gruppe von "Versicherungspflichtigen" sind damit die Grundsätze, die für die Beitragsbemessung und –erhebung bei freiwillig Versicherten gelten, uneingeschränkt bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Die Satzung muss hierbei mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Als beitragspflichtige Einnahmen nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift gilt für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Vorliegend hat die Antragsgegnerin zu Recht den 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße als Mindestbeitrag bestimmt. Nach § 250 Abs. 3 SGB V i.F.d. GKV-WSG tragen Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ihre Beiträge mit Ausnahme der aus Arbeitsentgelt und aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragenden Beiträge allein.
Aus § 223 Abs. 1 SGB V folgt, dass für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu entrichten sind, soweit sich aus dem SGB V nichts Abweichendes ergibt. Ein generelles Absehen von der Beitragserhebung ist daher grundsätzlich nicht möglich. Ein ausnahmsweiser Erlass nach § 20 a der Satzung der Antragsgegnerin dürfte nach der – im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen - Betrachtungsweise hier nicht möglich sein. Danach sind Beiträge zu erlassen, wenn das Mitglied aus Gründen, die es nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach dem in § 186 Abs. 11 SGB V genannten Zeitpunkt anzeigt.
Entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers kommt auch kein Erlass der Beitragsforderung nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in Betracht. Danach darf der Versicherungsträger Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beiträge erstattet oder angerechnet werden. Für die Billigkeitsentscheidung sind die gesamten Umstände eines Falles, d. h. insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Art und Höhe des Anspruchs, zu berücksichtigen.
Dass für den Fall, dass sich der Schuldner in einer nicht nur kurzfristigen wirtschaftlichen Notlage befindet, die Einziehung des Anspruchs bereits unbillig wäre, selbst wenn bei seiner Weiterverfolgung keine Existenzgefährdung zu besorgen ist (so: Borrmann, in: Hauck/Heines, § 76 SGB IV Rdnr. 17, 45. Lieferung), erscheint bei vorläufiger gerichtlicher Würdigung als zu weitgehend; denn § 76 Abs. 1 SGB IV schreibt als Grundsatz fest, dass Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind. Nur ausnahmsweise soll unter den (engen) Voraussetzungen des Abs. 2 hiervon abgesehen werden können im Sinne einer Stundung, Niederschlagung oder eines Erlasses der Beitragsforderung.
Hierbei ist zu beachten, dass zu Lasten der Versichertengemeinschaft und der Beitragspflichtigen der Erlass einer Beitragsforderung Einzelne begünstigt. Dies führt mithin zu einem Abwägungsprozess zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft und der diesen dienenden Verpflichtung aus § 76 Abs. 1 SGB IV zur Beitragszahlung einerseits und den Individualinteressen des Zahlungspflichtigen andererseits. Aus dem Grundsatz der Beitragspflichtigkeit folgt somit, dass Zahlungspflichten zunächst selbst dann nicht unbillig sind, wenn sie den Zahlungspflichtigen erheblich wirtschaftlich belasten (wie hier: Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung – Kommentar, § 76 SGB IV Rdnr. 12 EL 52). Nur soweit sich ausnahmsweise im Einzelfall die Unbilligkeit einer Beitragserhebung ergibt, kann von der Pflicht zur Beitragszahlung abgesehen werden. Da aber Billigkeitsentscheidungen ausnahmslos Einzelfallentscheidungen sind, kann es nicht – generell – nur darauf ankommen, ob die wirtschaftliche Notlage dauerhaft besteht. Vielmehr sind bei der Abwägung insbesondere die in den persönlichen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen liegenden besonderen Umstände zu berücksichtigen, wobei zwischen persönlicher und sachlicher Unbilligkeit zu unterscheiden ist (ebenso: Baier, a.a.O., Rdnr. 13 f.).
Eine Sachunbilligkeit, d. h. sachliche Gründe, die nicht auf der persönlichen Situation des Zahlungspflichtigen beruhen, war hier nicht festzustellen. Dies wäre dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Umstände und Sachverhalte bewusst unberücksichtigt gelassen und unterschiedliche Folgen bewusst in Kauf genommen hätte, weil Sachverhalte nicht durch generalisierende gesetzliche Regelungen befriedigend hätten verwirklicht werden können und im Falle einer Regelung im Sinne einer Billigkeitsentscheidung gelöst worden wären. Ein Erlass von Forderungen soll insoweit insbesondere dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit dienen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 15).
Gegen eine generelle Beitragsbefreiung spricht indes bereits die ausdrückliche gesetzliche Regelung des § 227 SGB V, der auf § 240 SGB V und damit auf Beitragspflicht und Beitragserhebung für freiwillige Mitglieder verweist. Dass nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers in den Fällen, in denen Arbeitslosengeld II mangels Hilfebedürftigkeit versagt worden ist, ein Anspruch auf beitragsfreie Kranken- und Pflegeversicherung bestehen soll, ist demzufolge grundsätzlich nicht anzunehmen. Denn wenn nach Feststellung des Landratsamtes Döbeln im Bescheid vom 28.11.2006 der Antragsteller nicht "bedürftig" im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) ist, war bei summarischer Prüfung im Wege des vorläufigen Rechtschutzes davon auszugehen, dass die fehlende Hilfebedürftigkeit darauf beruht, dass er seinen Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern bzw. mit Hilfe anderer, insbesondere von Angehörigen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, im Wege des Unterhaltsanspruches sichern kann (vgl. § 9 SGB II).
Es ist nicht erkennbar oder dargetan, dass die Erfüllung der Zahlungspflicht von 122,09 EUR monatlich an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Antragsteller persönlich unbillig, weil existenzbedrohend oder zumindest in hohem Maße existenzgefährdend, wäre. Nicht ersichtlich ist, dass dadurch der notwendige Lebensunterhalt dauerhaft gefährdet wäre, zumal zur finanziellen Situation, insbesondere auch die der Unterhaltsverpflichteten, keine näheren Darlegungen erfolgt sind.
Für eine dadurch möglicherweise bewirkte unbillige Härte ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG soll in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da es sich hierbei um eine "Soll-Vorschrift" handelt, muss die Aussetzung im Regelfall ausgesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen; nur in besonderen Fällen darf sie versagt werden. Eine unbillige Härte liegt danach nur vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können. Insoweit ist es erforderlich, dass der Antragsteller konkrete Angaben macht (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, in: NZS 2003, 100). Dies war hier indes nicht festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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