L 3 B 117/06 U PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 98 U 178/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 B 117/06 U PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2006 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Ts L bewilligt.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Nach § 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. den §§ 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Rechtsstreit bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Für die Bejahung der Erfolgsaussicht ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Eine hinreichende Erfolgaussicht besteht, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der von ihm vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Die Erfolgsaussicht ist in der Regel gegeben, wenn das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder eine andere Beweiserhebung von Amts wegen für notwendig hält (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a RdNr. 7 ff m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann im vorliegenden Fall eine Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden, da die Beklagte ihre angefochtenen Entscheidungen auf einen unzureichend ermittelten Sachverhalt gestützt hat. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 25. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2005 ausgeführt, dass das Krankheitsbild einer Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (BK Nr. 4102 der Anlage zur BKV) nicht nachgewiesen sei. Hierbei hat sich die Beklagte auf das fachpathologische Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. F vom 19. Juli 2000 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2003 sowie auf das Gutachten von Prof. Dr. M vom 8. Dezember 2003 gestützt. Jedoch ergibt sich aus dem Befundbericht der behandelnden Lungenfachärzte H und F vom 14. Januar 2000 unter Einbeziehung des Berichtes von Dr. , Institut für Pathologie, vom 17. August 1999 sowie dem Mikroskopie- und Bakteriologiebericht des Krankenhauses - Abt. , dass aus dem am 17. August 1999 präoperativ bei der Bronchoskopie gewonnenen Bronchialsekret kulturell das Mykobakterium Tuberkulosis nachgewiesen werden konnte. Es wurde bei dem Kläger eine antituberkulöse Chemotherapie von 6 Monaten durchgeführt. Ausweislich des pathologisch-anatomischen Berichtes von Frau Prof. Dr. F, Krankenhaus Z, Lungenklinik H vom 15. September 1999 zeigte die Gewebeprobe H 9369-71 eine tumorfreie Lungenkeiloberlappenspitze mit chronischer und fibroplastischer Pleuritis der Endopleura, eine emphysematöse Gerüstfibrose und mehrfach im Interstitium granulomartige Hyalinisierungen im interstitiellen Lungengewebe mit vermehrt Rußstaubpigmentab-lagerungen, mögliche Anthrako-Silikose. Differentialdiagnostisch kämen die Befunde auch als Residuen einer abgelaufenen Tuberkulose in Frage.

Ausweislich des fachpathologischen Zusammenhangsgutachtens von Prof. Dr. F vom 19. Juli 2000 hat ihm diese Gewebeprobe, die er mit Schreiben vom 27. Juni 2000 von Frau Prof. Dr. Fangefordert hatte, bei der Begutachtung nicht vorgelegen (vgl. S. 13/14 des Gutachtens). Er hat einschränkend ausgeführt, dass die bisher durchgeführten feingeweblichen Untersuchungen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Berufkrankheit der Nrn. 4101, 4102, 4103 oder 4104 der BKV ergeben hätten. Auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2003 hat er die Frage der Beklagten nach dem Erhalt der Schnittpräparate, insbesondere der Nr. 9368-71/99, nicht beantwortet. Der Befund, der Anzeichen einer Tuberkulose aufwies, ist also von Prof. Dr. nicht begutachtet worden. Auch ausreichende Erkenntnisse über das Vorliegen einer Quarzstaublungenerkrankung des Klägers konnten aus den fachpathologischen Zusatzgutachten bzw. Stellungnahmen von Prof. Dr. M vom 31. August 2000 und 8. Dezember 2003 nicht gewonnen werden, da sich die Ermittlungen der Beklagten zu dem damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen auf die Klärung des Vorliegens einer Asbestose, nicht jedoch einer Quarzstaublungenerkrankung erstreckten.

Bei dieser Sachlage ist die Feststellung des Vorliegens einer BK Nr. 4102 ohne die Einholung eines Gutachtens unter erforderlicher Beiziehung und Verwertung der Gewebeprobe H 9368-71 nicht möglich. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage im Hinblick auf das offene Ergebnis der gutachterlichen Ermittlungen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verneint werden.

Der Kläger ist im Hinblick auf seine unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse auch bedürftig im Sinne der §§ 114, 115 Abs. 1 ZPO, da er nach seinen Angaben über ein monatliches Renteneinkommen von 954,88 EUR verfügt, von dem der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in Höhe von 380,00 EUR bzw. ab 01. Juli 2007 in Höhe von 382,00 EUR, Wohnkosten in Höhe von 255,65 EUR sowie die Abzüge nach § 82 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), d.h. monatliche Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung i.H. von 35,89 EUR und zur Hausrat- und Gebäudeversicherung i.H. von 8,72 EUR sowie als besondere Belastung die Unterhaltsleistung an den Sohn i.H. von 120,00 EUR monatlich abzusetzen waren, so dass lediglich ein anrechnungsfähiges Einkommen von 8,00 EUR (gerundet) verbleibt und ihm ratenfreie Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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