L 13 R 258/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 1900/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 258/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1949 in Griechenland geborene, seit August 1968 in Deutschland wohnende Klägerin hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war in Deutschland bis Februar 1970 als Spulerin in einer Spinnerei, von Juli bis Oktober 1970 sowie von Juli 1971 bis Juli 1983 in der Kameramontage, vom 10. Mai bis 22. Juni 1984 als Arbeiterin sowie vom 11. Februar 1985 bis Juni 1993 als Kabelmontiererin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran war sie mit Unterbrechungen durch den Bezug von Krankengeld bis Oktober 2002 durchgehend arbeitssuchend gemeldet (Versicherungsverlauf vom 23 November 2005). Sie wurde vom Arbeitsamt zur Näherin umgeschult, war in diesem Beruf aber nie tätig. Ihr wurde ab Februar 2002 ein GdB von 40 zuerkannt.

Den ersten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit stellte die Klägerin am 20. Januar 1997. Sie gab damals an, sie habe in Griechenland ohne versichert zu sein als Landarbeiterin und in Deutschland von 1968 bis 1993 als Fabrikarbeiterin gearbeitet. Das letzte Beschäftigungsverhältnis sei durch Kündigung wegen Betriebsstillegung beendet worden. Ein Ausbildungs- oder Anlernverhältnis habe nicht bestanden. Wegen Rückenleidens, seelischer Störung und eines psychovegetativen Syndroms könne sie bereits seit Jahren keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben.

Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Nervenarzt Dr. B. (Gutachten vom 20. März 1997) sowie den Internisten und Sozialmediziner Dr. B. (Gutachten vom 3. März 1997) begutachten. Die Klägerin gab dort an, seit der Berentung ihres Mannes vor ca. 10 Jahren gehe es auch ihr sehr schlecht. Sie leide unter ängstlichen Depressionen und seit rund zwei Jahren immer wieder unter Parästhesien im linken Arm (bei Rechtshändigkeit) sowie am Hinterkopf links, sei total fix und fertig und schwindlig. Ihr Neurologe dränge sie, eine Psychologin aufzusuchen. Bei der Untersuchung gab sie u.a. für die gesamte linke Schulter und den gesamten linken Arm eine Hypästhesie und Parästhesie bei ungestörter Motorik an. Sie erschien klagsam, ängstlich und unsicher, hypochondrisch gefärbt ohne Suizidalität, mit starker Verdeutlichungstendenz.

Dr. B. diagnostizierte eine depressive Neurose mit Somatisierungstendenzen bei einer möglicherweise dependenten Persönlichkeit mit Berentungswunsch und entsprechendem Tendenzverhalten, ein Wirbelsäulensyndrom mit radikulären Reizerscheinungen, eine ganz peripher bedingte und leichte Zehenheberschwäche links bei Hallux valgus links und einen Verdacht auf Analgetikamissbrauch. Er hielt die Klägerin zusammenfassend für fähig, vollschichtig leichte bis mittelschwere Frauenarbeiten in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde ohne schweres Heben und Tragen, die Einwirkung von Kälte, Nässe, Staub und Gasen oder häufiges Bücken zu verrichten.

Die Begutachtung durch Dr. B. ergab lediglich einen leicht erhöhten Blutdruck, eine Hyperlipidämie und Hypogammaglobulinämie ohne Einschränkung des Leistungsvermögens.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag vom 20. Januar 1997 daraufhin mit der Begründung ab, bei der Klägerin liege weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vor. Sie könne noch vollschichtig Arbeiten ohne Nacht- und Wechselschicht, Zwangshaltung, Zeitdruck oder Überkopfarbeit verrichten. (Bescheid vom 3. April 1997, Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1997).

Vom 6. bis 27. April 2000 erbrachte die Beklagte wegen LWS-Syndrom, BWS-Syndrom, Epikondylitis humero radialis links und chronischem Schwindel unklarer Genese stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Die Klägerin gab damals an, sie leide unter lokalen Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und Lendenwirbelsäuel (LWS) mit gelegentlicher, belastungsabhängiger Ausstrahlung in das linke Bein bis zur Kniekehle sowie Schwindel. Der neurologische und psychiatrische Befund war unauffällig. Die Entlassung erfolgte als arbeitsfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 25 kg oder Arbeiten in Körperzwangshaltungen.

Am 27. November 2000 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie gab an, ihr Gesundheitszustand habe sich gegenüber dem ersten Antrag verschlechtert und sie könne bereits seit Jahren keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben. Der praktische Arzt Dr. A. teilte hierzu in einem Befundbericht vom 15. Dezember 2000 mit, die Klägerin habe seit 15 Jahren Schmerzen im Schulternackenbereich, seit einem Jahr rezidivierende Schwindelzustände und seit drei Jahren Depressionen.

Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. D. ambulant begutachten (Gutachten vom 29. Januar 2001). Die Klägerin gab an, sie befinde sich seit 1999 in psychiatrischer Behandlung bei Dr. R ... Damals habe sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Sie leide unter anderem unter Angstzuständen und Schwindel. Insgesamt habe sie dreimal eine heftige Schwindelattacke gehabt, zweimal im Bett und einmal tagsüber und jeweils das Bewusstsein verloren. Manchmal wolle sie nicht mehr leben und zittere am ganzen Körper. Sie habe Schmerzen im Nacken, die in die Schultern und die Hände ausstrahlen würden sowie Kreuzschmerzen, Zittern der Füße und leide manchmal noch an einem Schwindel, als ob Fliegen oder Ameisen im Kopf seien. Eine psychotherapeutische Behandlung habe sie noch nicht durchgeführt. Sie gehe alle zwei Wochen zum Psychiater Dr. R. und konsultiere gelegentlich den Neurologen Dr. C ... Außerdem kontrolliere der Hausarzt jede Woche Blutdruck und Blutzucker. Sie versorge den Haushalt, koche, putze und kaufe ein. Der neurologische Status war weitestgehend unauffällig, psychisch ergaben sich keine Hinweise für wesentliche Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit oder der Gedächtnisfunktionen, für inhaltliche Denkstörungen oder Wahrnehmungsstörungen. Es war auch kein deutlicher depressiver Affekt zu beobachten. Eine neurologische oder kardiologische Ursache für die angegebenen Schwindelattacken war nicht festzustellen. Dr. D. führte aus, im Vordergrund stehe die Angstsymptomatik (Angst vor Schwindelattacken, Dunkelheit), so dass am ehesten von einem ängstlich-depressiven Syndrom auf neurotischer Grundlage im Sinne einer Dysthymie auszugehen sei, wobei sich auch Hinweise für mögliche zusätzliche Phobien (Schwindel, Dunkelheit) ergäben. Diesbezüglich sei eine muttersprachliche psychotherapeutische Behandlung zu empfehlen. Aufgrund grenzwertig verzögerter Potenziale bestehe außerdem der Verdacht auf eine beginnende Polyneuropathie, wobei jedoch noch keine typischen Beschwerden geschildert würden. Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte bis teilweise mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht, besondere Anforderungen an die psychische Stabilität oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie in der Nähe von ungeschützt laufenden Maschinen verrichten. Für eine stationäre, insbesondere psychosomatische Rehabilitation bestehe keine zwingende Indikation und keine Motivation.

Die Beklagte lehnte auch den Rentenantrag vom 27. November 2000 mit der Begründung ab, die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne dauerndes Gehen und Stehen, Nacht- und Wechselschicht, häufiges Bücken, Zwangshaltung oder Zeitdruck verrichten (Bescheid vom 2. März 2001, Widerspruchsbescheid vom 24. April 2001).

Am 19. Juni 2002 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, ihr Gesundheitszustand habe sich seit der letzten Antragstellung weiter verschlechtert. Dr. R. teilte hierzu in einem Befundbericht vom 24. Juni 2002 mit, bei der Klägerin bestehe ein schweres depressives Zustandsbild mit deutlich verminderter Belastbarkeit. Sie leide unter Angstzuständen, Herzrasen, Schwindel, Schweißausbrüchen, Depressivität, starker innerlicher Unruhe, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit und sei vom 27. März bis 7. Mai 2002 (erstmals) stationär psychiatrisch behandelt worden.

Die Beklagte ließ die Klägerin nochmals nervenärztlich (Gutachten Dr. S. vom 25. Juli 2002) und internistisch (Gutachten Dr. M. vom 16. August 2002) begutachten.

Bei Dr. S. gab die Klägerin an, sie leide seit 15 Jahren an belastungsabhängigen Neuralgie im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und LWS mit Ausstrahlung in beide Arme und beide Beine, verbunden mit Parästhesien in den Händen und Füßen und allgemeiner Muskelschwäche. Sie verrichte noch leichte Hausarbeiten und verbringe den Tag mit gymynastischen Übungen. Seit 10 Jahren leide sie an diffusen Cephalgien mit Drehschwindel- attacken und zunehmender Hörminderung sowie Ohrensausen beidseits, außerdem leide sie an depressiven Zuständen und Ängsten mit Herzrasen, Schweißausbrüchen, innerer Unruhe, Schlafstörungen und Händezittern. Sie sei durch die Depressivität ihres Mannes, der mehrmals versucht habe, sich das Leben zu nehmen, psychisch belastet. Die Untersuchung ergab mit Ausnahme einer angegebenen Hypästhesie am gesamten linken Bein, einem positiven Hoffmann-Tinel schen Zeichen für den Nervus medianus links im Handgelenksbereich und einem erloschenen Achillessehnenreflex links bei erkennbaren Verdeutlichungstendenzen keinen wesentlichen pathologischen Befund, wobei die Klägerin im Übrigen auch Flüstersprache (ohne Hörgerät) verstand. Psychisch fand sich eine nur gering- bis mäßiggradig gesenkte Stimmungslage, eine geringe Angstsymptomatik, ein mäßiggradiger Leidensdruck bezüglich der Erkrankung des Ehemannes und eine geringgradig reduzierte Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb war normal, die Affektlage ausreichend stabil und kein Hinweis für formale oder inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen festzustellen. Die angegebene überwiegende körperliche Schonung bezeichnete Dr. S. im Hinblick auf deutliche Arbeitsspuren an Händen und Füßen als nicht glaubwürdig. Anhaltspunkte für eine Einschränkung von Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit und Gedächtnisfunktion oder sonstige kognitive Leistungseinbußen ergaben sich nicht.

Dr. S. diagnostizierte eine gering bis mäßig stark ausgeprägte neurotische Depression mit geringer Angstsymptomatik und bewusstseinsnahen Verdeutlichungstendenzen, ein cervicales und lumbosacrales Wurzelreizsyndrom mit angegebener Hypästhesie im gesamten linken Bein ohne sonstige neurologische Defizite, einen Verdacht auf cerebrale Durchblutungsstörungen, vasomotorischen Kopfschmerzen, Vertigo und angegebenen Tinnitus beidseits sowie als Nebendiagnosen ein beginnendes Carpaltunnelsyndrom und eine erhebliche Adipositas. Eine diabetogene Polyneuropathie sei nicht zu bestätigen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte Tätigkeiten ohne ständiges Stehen und Gehen, Heben und Tragen sehr schwerer Lasten, häufiges Bücken, Zeitdruck, Schichtarbeit, körperliche Spitzenbelastungen und allgemeine Stresssituationen täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Stationäre medizinische Rehabilitationsleistungen seien nicht geeignet, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit wesentlich zu steigern.

Bei Dr. M. gab die Klägerin an, sie leide unter Angstzuständen, Herzrasen, Herzkrämpfen, vermehrtem Schwitzen, Hitzewallungen, Zittern, Schwindel, Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden sowie Bronchitis. Die Untersuchung ergab eine arterielle Hypertonie mit geringen Hinweisen für eine Linkshypertrophie bei normaler linksventrikulärer Funktion und leichter diastolischer Relaxationsstörung als teilweise Ursache der Schwindelsymptomatik. Der Blutzucker sei unter Medikation befriedigend eingestellt, eine Schilddrüsendysfunktion sei auszuschließen. Für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit oder eine chronisch-venöse Insuffizienz fand sich kein Anhaltspunkt. Es bestand auch keine gravierende Funktonseinschränkung des Stütz- und Bewegungsapparates und kein sicher nachweisbares sensomotorisches Defizit. Auch Dr. M. hielt die Kläger noch für fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten ausüben. Er nannte als ergänzende qualitativen Leistungseinschränkungen, dass die Arbeiten zu ebener Erde erfolgen und nicht gefahrgeneigt sein sollten.

Daraufhin lehnte die Beklagte auch den Rentenantrag vom 19. Juni 2002 ab (Bescheid vom 26. August 2002, Widerspruchsbescheid vom 7. November 2002). Die Klägerin habe keinen Berufsschutz, da sie zuletzt keine berufsgeschütze Tätigkeit ausgeübt habe. Sie sei daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem sie noch sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne Nacht- und Wechselschicht, Zeitdruck oder Heben und Tragen von Lasten über 10 kg verrichten könne.

Dagegen hat die Klägerin am 26. November 2002 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dres. C. , S. , R. und H. R. beigezogen und die Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. (Gutachten vom 8. Oktober 2003) und die Internistin, Kardiologin und Sozialmedizinerin Dr. L. (Gutachten vom 2. März 2004) sowie auf Antrag der Klägerin durch die Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. B. (Gutachten vom 16. August 2005) begutachten lassen.

Dr. K. und Dr. L. haben bei der Klägerin eine gering ausgeprägte Dysthymie, ein metabolisches Syndrom bei Adipositas Grad II, einen Diabetes mellitus Typ II b, eine Hyperlipidämie, einen essentiellen arteriellen Bluthochdruck Stadium I bis II, rezidivierende Schwindelattacken mit Verdacht auf funktionelle Genese im Rahmen eines Hyperventilationssyndroms, eine Neigung zu bronchialen Infekten, rezidivierende Blasenentzündungen und Stressinkontienenz der Blase Grad II, eine Hörminderung beidseits, einen Tinnitus rechts sowie chronisch rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert und die Klägerin übereinstimmend für fähig erachtet, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig körperlich leichte, geistig einfache und psychisch nicht belastende Arbeiten in geschlossenen Räumen (wegen Infektneigung der Bronchien und der Blase) im Gehen, Stehen und Sitzen mit gelegentlichem Positionswechsel, ohne lang anhaltendes Stehen und Gehen, schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, häufige Überkopfarbeit, länger anhaltende Fehlhaltungen der Wirbelsäule, Kälte, Nässe oder Zugluft, besondere psychische Belastungen wie erhöhten Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht oder höhere geistige Anforderungen zu verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit auf maximal 500 m bestehe nicht.

Demgegenüber hat Dr. B. die Klägerin wegen Depression verbunden mit Angstzuständen, Cervicobrachialsyndrom, Lumboischialgiesyndrom, degenerativem Wirbelsäulensyndrom mit Wurzelirritation bei L4 bis S1, chronischem Kopfschmerzsyndrom verbunden mit Vertigo, chronischem Schmerzsyndrom, Polyneuropathie bei Diabetes mellitus, unklarer Innenohrtieftonschwerhörigkeit, Tinnitus beidseits, Diabetes mellitus, Hypertonie, beginnender Coxarthrose beidseits, Innenmeniskusläsion beidseits, chronischem Wirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen der HWS, BWS und LWS bei Fehlstatik nach BWK9-Kompressionsfraktur 1997, Osteochondrose, Cervicobrachialgien beidseits, chronisch rezidivierenden Lumboischialgien, rezidivierender Pharyngitiden sowie Myomentfernung und persistierender Inkontinenz nicht mehr für fähig gehalten, einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert nachzugehen.

Die Beklagte hat gegen die Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. B. eingewandt, psychische Beeinträchtigungen oder eine für das Leistungsvermögen wesentliche diabetische Polyneuropathie seien nicht nachgewiesen. Im Übrigen seien die erheblichen Verdeutlichungstendenzen der Klägerin bei der Beurteilung der Beschwerdeangaben und der Befunderhebung nicht hinreichend berücksichtigt worden. Anhaltspunkte für eine tatsächliche Verlangsamung oder eine schwere Depression seien dem Gutachten nicht zu entnehmen.

Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung der Sachverständigen Dr. K. und Dr. L. angeschlossen und die Klage, mit der die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit begehrte, abgewiesen (Urteil vom 24. November 2005, dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 31. März 2006). Die Klägerin sei nicht voll erwerbsgemindert, denn sie könne noch vollschichtig leichte bis teilweise mittelschwere Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten. Der Leistungsbeurteilung der Sachverständigen Dr. B. könne sich das SG dagegen nicht anschließen.

Mit der am 18. April 2006 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung begehrt die Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit der Begründung, das SG sei der Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. B. zu Unrecht nicht gefolgt. Die zu Grunde liegenden Beeinträchtigungen seien in deren Gutachten aufgrund eingehender eigener Untersuchung und zahlreicher fachärztlicher Atteste ausführlich und nachvollziehbar diagnostiziert und nachgewiesen worden. Demgegenüber beruhe das Gutachten des Sachverständigen Dr. K. auf einer kurzen allgemeinen Untersuchung und sei daher nicht aussagekräftig. Eine Gesamtbewertung der Erkrankungen und Behinderungen unter Einbeziehung der verschiedenen Wechselwirkungen sei weder von ihm noch von der Sachverständigen Dr. L. vorgenommen worden. Die Stellungnahmen der Beklagten seien als parteilich abzulehnen und inhaltlich unzutreffend.

Die Klägerin hat Atteste der behandelnden Ärzte Dres. R. , C. , R. und S. vorgelegt. Der Senat hat für die Zeit ab September 2005 Befundberichte dieser Ärzte beigezogen und die Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. S. (Gutachten vom 12. März 2007) ambulant begutachten lassen. Der Sachverständige hat bei der Klägerin eine Panikstörung mit Agoraphobie und sekundären depressiven Verstimmungszuständen diagnostiziert und sie noch für fähig gehalten, täglich mindestens sechs Stunden oder mehr leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, im Freien oder in geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Akkord, Fließband, Wechsel- oder Nachtschicht, schweres Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten oder an gefährdenden Maschinen sowie besondere Belastungen wie extreme Temperaturen, Kälte oder Nässe zu verrichten. Neurologisch liege wahrscheinlich eine leichte Hirnleistungsschwäche vor, die aber für das frühere Berufsleben der Klägerin ohne Bedeutung gewesen und seitdem unverändert sei. Allerdings sei die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für bestimmte berufliche Anforderungen dadurch erschwert.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben dazu ausgeführt, aufgrund der vom Sachverständigen Dr. S. festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sei der Klägerin der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen. Bei ihr liege eine Summierung ungewöhnlicher schwerer Leistungseinschränkungen vor. Damit sei der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung gegeben. Im Übrigen sei die Klägerin unter Berücksichtigung ihres Alters und mangelnder Sprachkenntnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt faktisch nicht mehr vermittelbar.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragen,

zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin auf dem Arbeitsmarkt faktisch nicht vermittelbar ist, ein berufskundliches Gutachten einzuholen sowie

das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 19. Juni 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten, des SG (Az.: S 10 R 1900/02) und des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung (Az.: 1810 995/8) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 26. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin auf deren Antrag vom 19. Juni 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 24. November 2005 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat die durch einen Rechtsanwalt vertretene Klägerin, die offenkundig keinen Berufsschutz genießt, vor dem SG nicht geltend gemacht.

Zwar erfüllt die Klägerin aufgrund der von ihr von Februar 1985 bis zur Antragstellung im Juni 2002 durchgehend zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sowohl die allgemeine Wartezeit als auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI, doch liegt bei ihr keine volle oder teilweise Erwerbsminderung vor.

Erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung) bzw. drei Stunden (volle Erwerbsminderung) täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 SGB VI. Die Klägerin ist jedoch noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. K. , Dr. L. und Dr. S ...

Danach wird die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen durch eine degenerativ bedingte Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule, gelegentlichen Schwindel und eine Panikstörung mit Agoraphobie beeinträchtigt.

Für eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens durch internistische Erkrankungen, insbesondere eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder eine Einschränkung der Lungenfunktion, ergaben sich bei der Begutachtung durch Dr. L. keine Anhaltspunkte. Die feststellbaren internistischen Erkrankungen bedingen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Diabetes und Bluthochdruck zeigten sich bei der Begutachtung durch Dr. L. zufriedenstellend eingestellt. Wesentliche Folgeerkrankungen lagen nicht vor. Die feststellbaren linksventrikulären Veränderungen wiesen zwar auf eine beginnende diastolische Dysfunktion hin, eine Minderung des Restleistungsvermögens ergab sich aber noch nicht. Den späteren Arztbriefen und Befundberichten sind derartige Folgeerkrankungen ebenfalls nicht zu entnehmen. Die bei der Klägerin bestehende Anfälligkeit für Bronchial- und Blaseninfektionen mindert nicht die körperliche Leistungsfähigkeit, führt aber qualitativ zu einem Ausschluss von Arbeiten unter Kälte, Nässe, Zugluft oder (wegen Beckenbodenschwäche) schwerem Heben und Tragen, lang anhaltendem Sitzen und häufigem Bücken. Wegen der von der Klägerin angegebenen Schwindelerscheinungen, für die bislang keine internistische, HNO-ärztliche oder orthopädische Ursache ermittelt werden konnte, sollten präventiv auch Arbeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen vermieden werden. Anzumerken ist aber, dass die Klägerin starke Schwindelattacken nur 1999 angegeben hat. Nach einem Arztbrief der HNO-Ärztin Dr. B. vom 31. September 1999 hat die Klägerin dort angegeben, am 14. August 1999 in Griechenland beim Bücken ohnmächtig geworden zu sein. Seitdem glaube sie schlechter zu hören. Eine Verschlechterung der bekannten Innenohrtieftonschwerhörigkeit beidseits konnte jedoch ausgeschlossen werden. Nach einem Bericht des Internisten Dr. D. vom 19. Oktober 1999 hat die Klägerin dort angegeben, in der Nacht vom 18. zum 19. Oktober 1999 einen Schwindelanfall mit Bewusstlosigkeit und lautem Schreien sowie anschließender Benommenheit und Schwindel beim Blick nach unten, schlimmer beim Schließen der Augen, erlitten zu haben. Eine kardiologische Ursache wurde ausgeschlossen. Eine reproduzierbare Schwindelsymptomatik konnte bei den wiederholten neurologischen Untersuchungen nicht festgestellt werden.

Eine höhergradige Hörminderung liegt bei der Klägerin nicht vor. Sowohl bei der Begutachtung durch Dr. L. als auch durch Dr. K. und Dr. S. konnte die Klägerin Umgangssprache und auch Flüstersprache verstehen. Lediglich bei Dr. B. gab die Klägerin an, nur laute und deutliche Sprache zu verstehen, während sie bei der späteren Begutachtung durch Dr. S. selbst geflüsterte Worte und Zahlen problemlos nachsprechen konnte. Nach den HNO-ärztlichen Befunden liegt bei der Kläger auch lediglich eine Innenohrtieftonschwerhörigkeit vor. Für eine Einschränkung des Hörvermögens durch den von ihr angegebenen Tinnitus bieten die medizinischen Unterlagen keinen Anhalt.

Auch aus orthopädischer Sicht wird die Leistungsfähigkeit der Klägerin nur in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Die von ihr in wechselnder Lokalisation und Ausprägung angegebenen Beschwerden an HWS, LWS, BWS und Ellenbogengelenken korrespondieren mit den auch röntgenologisch feststellbaren degenerativen Veränderungen und den bei den Untersuchungen festgestellten wechselnden Muskelverspannungen, Klopf- und Druckschmerzen. Eine dauerhafte deutliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit konnte aber nicht festgestellt werden. Die Wirbelsäule zeigte durchweg eine ausreichende Entfaltbarkeit. Drehung und Seitneigung waren nur temporär eingeschränkt. Eine wiederholt angegebene und demonstrierte Kraftlosigkeit der Arme und Hände konnte bei einer unter Ablenkung und nach Aufforderung unbeeinträchtigten Kraftentfaltung nicht verifiziert werden. Wegen der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sind der Klägerin jedoch Arbeiten mit besonderer Wirbelsäulenbelastung wie schwerem Heben und Tragen oder längerer Zwangshaltung nicht mehr zumutbar. Auch längere Überkopfarbeiten sollten wegen der Wirbelsäulenbeschwerden und der wiederholten Schulterbeschwerden nicht abverlangt werden. Die Funktionsfähigkeit der Hände und der unteren Extremitäten war bei den Untersuchungen durch Dr. K. , Dr. L. und Dr. S. weitgehend unbeeinträchtigt. Anhaltspunkte einer Einschränkung der Wegefähigkeit wurden zu keinem Zeitpunkt festgestellt.

Neurologisch ergaben die Untersuchungen mit Ausnahme einer Wurzelirritation L4/S1 keine für das Leistungsvermögen relevanten pathologischen Befunde, wobei die Klägerin auch hier wechselnde Beschwerden angab. Neurologische Ausfälle wurden zu keiner Zeit beschrieben. Für eine von Dr. B. diagnostizierte diabetische Polyneuropathie liegen, wie insbesondere Dr. S. ausführlich dargelegt hat, ebenfalls keine objektiven Befunde vor.

Psychiatrisch besteht bei der Klägerin neben einer möglichen vorbestehenden leichten Hirnleistungsschwäche, die bereits während der Berufstätigkeit der Klägerin vorlag, eine Panikstörung mit Agoraphobie und sekundären depressiven Verstimmungszuständen. Eine in ärztlichen Berichten wiederholt genannte Depression, insbesondere eine schwere chronische Depression, konnte bei der Begutachtung durch Dr. K. und Dr. S. nicht bestätigt werden. Die Klägerin erschien bei den dortigen Untersuchungen nicht wesentlich depressiv verstimmt, zeigte keinen erheblichen Leidensdruck und war im Affekt ausgeglichen. Danach lag bei der Klägerin lediglich im Jahr 2002 vorübergehend eine schwere depressive Episode vor, die eine stationäre psychiatrische Behandlung erforderlich machte. Weitere depressive Episoden werden aber weder von der Klägerin noch in den medizinischen Unterlagen beschrieben. Auch die von Dr. B. angegebenen psychischen Befunde führen zu keinem anderen Ergebnis, zumal die Sachverständige die von ihr angegebene Verlangsamung der Klägerin nicht vor dem Hintergrund einer vorbestehenden intellektuellen Einschränkung, sondern einseitig als Zeichen psychischer Veränderung und Ausdruck einer Depressivität wertet. Die vor und nach der Begutachtung durch Dr. B. von Dr. K. Dr. S. übereinstimmend erhobenen Befunde widerlegen jedoch die von Dr. B. angenommen depressive Auslenkung, psychosomatische Verlangsamung und affektive wie emotionale Einengung der Klägerin, für die sich bei der Vor- und Nachbegutachtung keine Anhaltspunkte fanden.

Die Annahme einer die Leistungsfähigkeit der Klägerin insbesondere zeitlich beeinträchtigenden Schmerzerkrankung ist danach ebenfalls nicht begründet. Insbesondere zeigte die Klägerin bei den Begutachtungen durch Dr. K. und Dr. S. , aber auch bei den wiederholten Begutachtungen in den Verwaltungsverfahren, weder einen erkennbaren Leidensdruck, noch haben die von ihr über Jahre hinweg in wechselnder Lokalisation und Ausprägung angegebenen Beschwerden zu einer dauerhaften depressiven Entwicklung geführt, wie dies bei einer langjährigen schweren Schmerzbelastung zu erwarten wäre. In diesem Zusammenhang hat Dr. S. in seinem Gutachten zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeschilderung der Klägerin im fast zehnjährigen Krankheitsverlauf Symptome quer durch das psychiatrische Diagnoseinventar des ICD enthalten, ohne ein für ein psychiatrisches Krankheitsbild typisches Muster erkennen zu lassen, was sich in den wechselnden und widersprüchlichen psychiatrischen Diagnosen widerspiegelt. Er hat weiter darauf hingewiesen und ausführlich dargelegt, dass auch die diagnostische Zuordnung der Beschwerden durch Dr. B. sowohl in sich widersprüchlich als auch mit den Bewertungskriterien des ICD unvereinbar ist, da sie nicht zwischen Panikstörung und generalisierter Angststörung differenziert und daher keine zutreffende Zuordnung der jeweiligen Symptomatik vornimmt, die erst eine sachgerechte Beurteilung der tatsächlich vorliegenden Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf das Leistungsvermögen erlauben würde.

Ausgehend von einer vertiefenden Exploration hat Dr. S. unter Berücksichtigung des langjährigen Krankheitsverlaufs und der von der Klägerin (entsprechend den früheren Angaben) ausführlich beschriebenen Symptome ihrer Attacken (Beklemmung in der Brust, Atemnot, Herzrasen, Schwindel- und Benommenheitsgefühl, Missempfindungen in den Beinen, ausstrahlend auf den ganzen Körper bis in den Kopf, gelegentlich Kältegefühl, Zittern in den Händen und Füßen oder Schwächegefühl in den Beinen) überzeugend dargelegt, dass bei der Kläger bereits seit dem frühen Erwachsenenalter eine Panikstörung vorliegt, wobei die Attacken nach ihren Angaben seit 1995 an Schwere und Häufigkeit zugenommen haben. Daneben haben sich bei der Klägerin eine für Panikstörungen als Begleitsymptomatik typische Agoraphobie sowie sekundäre depressive Verstimmungszustände entwickelt. Nach Ansicht des Sachverständigen ist diese Erkrankung bisher nicht zutreffend erkannt und daher nicht konsequent behandelt worden, einer (insbesondere verhaltenstherapeutischen) Behandlung und Besserung aber weiterhin zugänglich. Eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit ergibt sich hieraus nicht. Zwar gibt die Klägerin selbst an, sie traue sich wegen der 1 bis 2-mal wöchentlich auftretenden Attacken praktisch nicht mehr alleine auf die Straße, doch kann sie diese Vermeidenshaltung nach Angaben des Sachverständigen Dr. S. bei zumutbarer Willensanspannung aus eigener Kraft und mit ärztlicher Hilfe überwinden. Somit ist die Klägerin in der Lage, sich in der Öffentlichkeit und mit öffentlichen Verkehrsmitteln einschließlich U-Bahnen zu bewegen und somit auf diesem Wege einen Arbeitsplatz zu erreichen.

Bei der Kläger liegen entgegen der Ansicht ihrer Prozessbevollmächtigten auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor (vgl. BSG SozR3-2200 § 1246 Nr. 50). Sehfähigkeit, Hörvermögen, Wegefähigkeit und Funktionsfähigkeit der Hände (vgl. u.a. BSG SozR3-2200 § 1246 Nrn. 8 und 30) sind bei der Klägerin nicht wesentlich eingeschränkt. Insbesondere liegen keine Einäugigkeit oder Taubheit, keine Einschränkung der Gehfähigkeit oder der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und keine funktionelle Einhändigkeit vor. Auch bilden die quantitativen Leistungseinschränkungen, wie sie von den Sachverständigen Dr. K. , Dr. L. und Dr. S. beschrieben wurden, keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Der Ausschluss schweren Hebens und Tragens entspricht bereits der Beschränkung der Leistungsfähigkeit auf körperlich leichte Tätigkeiten. Arbeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten, an gefährdenden Maschinen, unter extremen Temperaturschwankungen oder anderen Umwelteinflüssen sowie unter besonderer nervlicher Belastung zählen zu den besonderen Arbeitsplatzbelastungen, die nicht arbeitsmarkttypisch sind und den Kreis der Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht derart einschränken, dass dieser Arbeitsmarkt für die Klägerin als verschlossen angesehen werden könnte (vgl. BSG SozR-2200 § 1246 Nr. 117). Soweit Dr. S. eine Einschränkung der Anpassung- und Umstellungsfähigkeit beschreibt, steht diese einer Einarbeitung der Klägerin in einfache ungelernte Tätigkeiten ebenfalls nicht entgegen (vgl. (vgl. BSG SozR-2200 § 1246 Nr. 104). Diese Einschränkung beruht, wie der Sachverständige ausführlich dargelegt hat, nicht auf einer depressiven Entwicklung, sondern bestand bereits während des Berufslebens der Klägerin, in dessen Verlauf sie sich wiederholt in neue Tätigkeiten eingearbeitet hat. Eine zwischenzeitliche Verschlechterung ist nicht erkennbar.

Dem Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, ein berufskundliches Gutachten zur faktischen Vermittelbarkeit der Klägerin einzuholen, war nicht zu folgen. Im Gegensatz zu der Frage, ob für die Klägerin aufgrund bestehender gesundheitlicher Leistungseinschränkungen der Arbeitsmarkt verschlossen ist, ist die Aussicht auf tatsächliche Vermittlung eines zustandsangepassten Arbeitsplatzes für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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