L 9 R 2389/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 6412/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2389/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2004 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit über den 31. Juli 2000 hinaus bis zum 31. Juli 2003 zu gewähren. Die Klage wird insoweit abgewiesen, als sie über das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten vom 18. Juli 2006 hinausgeht.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt ¼ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin über den 31.07.2000 hinaus Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.

Die 1949 geborene Klägerin hat vom 01.04.1964 bis 11.07.1966 eine nicht abgeschlossene Ausbildung als Verkaufslehrling absolviert. Danach war sie bis zum 04.05.1971 als Näherin versicherungspflichtig beschäftigt. Von 1972 bis 1990 übte sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung aus und erzog ihre am 12.09.1968, 26.05.1973 und 13.06.1975 geborenen Kinder. Vom 01.04.1990 bis 07.12.1995 war sie als Zuschneiderin tätig und beendete diese Tätigkeit wegen Schließung der Abteilung. Daran anschließend bezog sie Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 05.09.1998 bzw. Krankengeld. Am 20.11.1995 erfolgte durch den Orthopäden Dr. C. eine mikroneurochirurgische Bandscheiben-OP LWK4/5 rechts. Am 07.11.1996 erfolgte im Städtischen Krankenhaus S. eine Sequesterentfernung, Diskotomie L4/5 und L5/S1 rechts.

Am 27.08.1998 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Beklagte ließ sie daraufhin durch die Internistin Dr. R. gutachterlich untersuchen. Im Gutachten vom 13.10.1998 stellte Dr. R. die Diagnosen von Restbeschwerden nach Bandscheibenoperation 1995 und 96, rezidivierende depressive Phasen sowie Zustand nach Schilddrüsenoperation wegen Hyperthyreose 1973. Die Klägerin befinde sich seit 1986 in nervenärztlicher Behandlung wegen Depressionen mit Rückzugstendenzen. In der Folgezeit sei es etwa jährlich zu vorübergehenden depressiven Phasen gekommen, die vom Hausarzt behandelt würden. Wegen des Zustandes nach zweimaliger Bandscheibenoperation sollten Arbeiten mit häufigem Bücken und in Zwangshaltungen vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig möglich.

Mit Bescheid vom 26.10.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 30.11.1998 Widerspruch ein unter Vorlage eines ärztlichen Berichts des Allgemeinarztes Dr. J. vom 22.11.1998. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. S. ein. Dieser führte im Gutachten vom 09.03.1999 aus, die Arbeitsfähigkeit der Klägerin sei in erster Linie durch das Postnukleotomiesyndrom beeinträchtigt. Das Heben und Tragen von Gegenständen sei ausgeschlossen. Die Klägerin könne noch eine Tätigkeit mit wechselnder Positionierung zwischen Sitzen und Stehen mit geringer körperlicher Belastung ohne Zwangshaltung halb- bis unter vollschichtig verrichten.

Mit Bescheid vom 06.04.1999 bewilligte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.08.1998 bis 31.07.2000.

Am 10.04.2000 stellte die Klägerin den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte veranlasste die gutachterliche Untersuchung der Klägerin durch den Chirurgen Dr. R ... Im Gutachten vom 09.06.2000 stellte Dr. R. die Diagnosen von Restbeschwerden nach Bandscheiben-OP L4/5 bei degenerativen LWS-Veränderungen ohne Wurzelreizzeichen, mit Funktionsminderung sowie wiederkehrende Nacken-Schulter-Arm-Beschwerden bei beginnendem HWS-Verschleiß und wiederkehrendem Weichteilreiz im Bereich der Schultergelenke ohne Funktionseinschränkung. Seit der letzten Begutachtung im März 1999 sei es zu einer deutlichen Stabilisierung gekommen. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, in überwiegend einseitiger Körperhaltung oder mit häufigem Bücken. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könnten mittelschwere Arbeiten zweistündig bis unter halbschichtig und leichte Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden. Mit Bescheid vom 19.06.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen legte die Klägerin am 06.07.2000 Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie eine Bescheinigung des Orthopäden Dr. S. vom 21.07.2000 vor, in welchem dieser ausführt, bei der bisher durchgeführten Therapie sei es zu keiner eindeutigen Besserung des Beschwerdebildes gekommen. Seitens des MRT-Bildes sei von einer weiteren Kompression der Wurzel L5 auszugehen, wodurch die pseudoradikuläre Symptomatik erklärt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Gegen den am 27.10.2000 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 16.11.2000 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart. Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen und holte Gutachten auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet ein.

In der schriftlichen Zeugenaussage vom 15.12.2000 gab Dr. S. an, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten, sofern Schichtdienst, Akkord, Zwangshaltungen, Heben und Tragen von schweren Lasten sowie einseitige Körperhaltungen mit langer Verweildauer vermieden werden könnten. Der Arzt für Allgemeinmedizin und Phlebologie Dr. J. führte in der sachverständigen Zeugenaussage vom 19.12.2000 aus, er halte die Ausübung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch vollschichtig für möglich. Dieselbe Beurteilung trafen Chefarzt Prof. Dr. G. und Oberarzt Dr. S., Städtisches Krankenhaus S., in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 13.02.2001. Von der Röntgenpraxis Dr. S. wurden die Unterlagen über eine CT-gestützte Infiltration der Facettengelenke L4/5 und L5/S1 am 22.02. und 08.03.2001 beigezogen. Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Priv-Doz. Dr. S., bei dem sich die Klägerin einmalig am 23.01.2001 in Behandlung befunden hatte, stellte im Arztbrief vom 23.01.2001 die Diagnose eines Postnukleotomiesyndrom mit chronischer Schmerzsymptomatik. Nachdem sich die Klägerin am 08.05.2001 in die Behandlung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F.-S. begeben hatte, wurde diese als sachverständige Zeugin gehört. In der schriftlichen Zeugenaussage vom 16.07.2001 führte Dr. F.-S. aus, im Vordergrund der geklagten Beschwerden hätten ausgeprägte Schmerzen, eine ausgeprägte psychomotorische Unruhe sowie Ängste und Neigung zu depressiven Verstimmungen gestanden. Die Klägerin könne halb- bis unter vollschichtig tätig sein.

Das SG beauftragte Dr. B.-S. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens. Im Gutachten vom 04.09.2001 stellte Dr. B.-S. folgende Diagnosen: 1. Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, gelegentlich ausstrahlend in das rechte Bein mit gelegentlichem Pelzigkeitsgefühl ohne momentanen Hinweis auf Nervenwurzelreizsymptomatik und ohne Lähmungserscheinungen bei radiologisch deutlichen degenerativen Veränderungen im Segment L4/5 und L5/S1 bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 und Rezidivoperation L4/5 rechts. Die Beschwerden seien im Sinne eines Postnukleotomiesyndroms zu erklären. 2. Anamnestisch beginnende degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, momentan ohne Beschwerden oder Funktionseinschränkungen. 3. Nebenbefundlich anamnestisch und klinisch depressive Stimmungslage. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Heben und Bewegen von Lasten über fünf kg. Auch überwiegendes Stehen oder Sitzen, gleichförmige oder einseitige Körperhaltungen sowie häufiges Bücken seien zu vermeiden. Gleiches gelte für Bildschirmtätigkeit. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin noch vollschichtig tätig sein. Die Wegefähigkeit sei nicht beeinträchtigt. Das SG veranlasste weiter die gutachterliche Untersuchung der Klägerin auf nervenärztlichem Gebiet durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P ... Im Gutachten vom 21.11.2001 stellte Dr. P. aufgrund der Untersuchung der Klägerin am 16.11.2001 die Diagnose von Anpassungsstörungen mit depressiven Verstimmungen bei Zustand nach zweimaliger Bandscheibenoperation mit persistierenden Schmerzen im Bereich des rechten Beines (im Sinne eines Postnukleotomiesyndroms) ohne wesentliche neurologische Ausfälle. Die Klägerin könne mit den bereits im orthopädischen Gutachten von Dr. B.-S. genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig tätig sein. Dr. P. führte weiter aus, in der Untersuchungssituation sei es der Klägerin möglich gewesen, etwa über eine Stunde zu sitzen. Diese Zeiteinheit würde er ansetzen, nach der ein kurzzeitiger Wechsel in eine stehende Position vorgenommen werden sollte.

Die Klägerin legte den Bescheid des Versorgungsamtes Stuttgart vom 13.03.2002 vor, wonach sie als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50 seit dem 27.12.2001 mit folgenden Funktionsbeeinträchtigungen anerkannt ist: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Schulter-Arm-Syndrom.

Der sachverständige Zeuge Prof. Dr. I., Orthopädische Klinik M., teilte unter dem 02.06.2003 mit, er habe die Klägerin zuletzt am 15.04.2002 behandelt. Bei der Untersuchung habe sich kein neurologisches und kein motorisches Defizit gezeigt. Es hätten reizlose Narbenverhältnisse sowie eine schmerzbedingt eingeschränkte Beweglichkeit der LWS sowie eine diskrete Hypästhesie im Bereich des rechten Unterschenkels lateral vorgelegen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis sechs Stunden ausüben. Das MRT der LWS vom 03.04.2002 beschrieb Dr. H., Facharzt für Radiologie dahingehend, in sagitaler Projektionsebene habe sich keine grundlegende Änderung bei bekannter Osteochondrose in den Höhen L5/S1 sowie L4/L5 gegenüber dem MRT vom 05.12.2000 ergeben, insbesondere kein Nachweis eines Reprolaps oder eines neuen Bandscheibenvorfalles und keine Lumbal-/Foramen-Stenose.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde Dr. M., Chefarzt der Orthopädischen Klinik P. S., mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 26.02.2003 (Untersuchung 04.12.2002) stellte Dr. M. folgende Diagnosen: 1. Ausgeprägtes Postnukleotomiesyndrom mit stark schmerzhafter Belastungsinsuffizienz der unteren LWS nach zweimaliger Bandscheibenoperation L4/L5 mit fortbestehender Instabilität, reaktivem Markraumödem, narbiger Nervenwurzelirritation. 2. Rezidivierendes HWS-Syndrom bei mittelgradigen Aufbrauchsveränderungen der mittleren HWS. 3. Leichte Schultereckgelenksarthrose links mit Impingement-Symptomatik des Schulterdaches links. Maßgeblich für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit seien die Veränderungen an den unteren beiden Lendensegmenten mit daraus resultierenden starken Schmerzen, die typischerweise im zeitlichen Ablauf in Abhängigkeit von der Dauer der Belastung oder der Zwangshaltung zunehmen würden und ein unzumutbares Ausmaß erreichten. Die Klägerin könne deshalb nur noch leichte körperliche Arbeiten mit Stellungswechsel maximal vier bis unter sechs Stunden ausüben. Hierbei sei ein etwa halbstündiger Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und gleichförmigen Körperhaltungen erforderlich. Die von der Vorgutachterin Dr. B.-S. abweichende Beurteilung resultiere daraus, dass diese nicht die Konsequenz eines glaubhaften Postnukleotomieschmerzsyndroms gezogen habe.

Dieser Beurteilung trat die Prüfärztin der Beklagten, Fachärztin für Chirurgie Dr. H., in der Stellungnahme vom 03.04.2003 entgegen.

Der nochmals als sachverständiger Zeuge gehörte Oberarzt Dr. S. teilte unter dem 15.05.2003 mit, die Klägerin sei vom 10.04. bis 03.05.2003 im Städtischen Krankenhaus S. stationär behandelt worden wegen des Verdachts auf einen medio-lateralen Bandscheibenvorfall L4/5 links. Am 23.04.2003 sei eine Diskotomie L4/5 links mit Sequesterentfernung erfolgt. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos bei reizloser Wundheilung gewesen, nach einem regelrechten Heilungsverlauf könne die Klägerin wieder vollschichtig tätig sein.

Vom 07.05. bis 28.05.2003 befand sich die Klägerin zur Durchführung einer stationären Anschlussheilbehandlung in der Fachklinik S., Rehaklinik für Innere Medizin und Orthopädie. Im Entlassungsbericht vom 05.06.2003 stellten die behandelnden Ärzte folgende Diagnosen: 1. Chronische Lumboischialgie links bei NPP L4/5 links, sensomotorische Radikulopathie mit Fußheber- und Großzehenheberschwäche links, Zustand nach zweimaliger NPP-OP rechts und Revision L4/5 und L5/S1 rechts 1995 und 96. 2. Zustand nach Mamma-PE rechts am 02.04.2003 mit histologisch nachgewiesener fibrozystischer Mastopathie ohne Malignität. In der Anamnese wird ausgeführt, die Klägerin habe seit 1994 über zunehmende Beschwerden geklagt, die zu den Operationen 1995 und 96 geführt hätten. Bis Anfang 2003 sei die Klägerin beschwerdefrei gewesen und habe dann wieder starke unerträgliche lumbale Schmerzen gehabt. Durch die intensiven konservativen krankengymnastischen Maßnahmen seien die Schmerzen im Bereich der LWS während des stationären Verlaufes deutlich gebessert worden. Bei der Abschlussuntersuchung habe noch ein geringer Druckschmerz im Bereich der LWS paravertebral und leichte Kribbelparästhesien im Bereich des linken Fußes bestanden. Auch habe noch die Fußheber- und Großzehenheberschwäche vorgelegen.

Mit Urteil vom 26.05.2004 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 19.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit über den 31.07.2000 hinaus bis zum 31.07.2003 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung stützte es sich auf die gutachterliche Beurteilung von Dr. M., wonach ein die zeitliche Leistungsfähigkeit begrenzendes ausgeprägtes Postnukleotomiesyndrom mit stark schmerzhafter Belastungsinsuffizienz der unteren Lendenwirbelsäule nach zweimaliger Bandscheibenoperation L4/L5 mit fortbestehender Instabilität, reaktivem Markraumödem und narbiger Nervenwurzelirritation vorlägen. Die Rente sei jedoch zeitlich befristet zu gewähren, insbesondere aus dem Abschlussbericht der Fachklinik S. vom 05.06.2003 ergebe sich ein deutlicher Rückgang der Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule.

Gegen das Urteil haben die Beklagte am 18.06.2004 und die Klägerin am 28.06.2004 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Der Senat hat Beweis erhoben.

Die vom Senat als sachverständige Zeugin gehörte Dr. F.-S. hat unter dem 27.07.2004 mitgeteilt, sie habe die Klägerin zuletzt am 09.04.2002 behandelt. Im Vordergrund hätten die Probleme der Klägerin mit der Rentenantragstellung, mit Behörden, Untersuchungsstellen und Ärzten gestanden. Ausweislich des Arztbriefes vom 09.04.2002 lagen keine Hinweise auf eine Myelopathie oder ein erneutes Wurzelkompressionssyndrom vor.

Der Senat hat Dr. H. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 03.11.2004 hat Dr. H. die Diagnosen eines chronischen lumbalen Schmerzsyndroms bei ausgeprägter Bandscheibendegeneration L4/L5 nach dreifacher Bandscheibenoperation in dieser Etage mit Gefühlsstörung im linken Fußrücken und in der linken Knieregion, ohne sichere motorische Störungen bei mäßiggradiger globaler Bewegungsstörung im LWS-Bereich gestellt. Die Schmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule bestünden seit etwa zehn Jahren. Nachdem Ende 1995 ausstrahlende Schmerzen und Missempfindungen im rechten Bein hinzugetreten seien sei die erste Bandscheibenoperation durchgeführt worden. Danach sei die Klägerin ein halbes bis dreiviertel Jahr weitestgehend beschwerdefrei gewesen sei. Nach danach erneut auftretenden Rücken- und Beinschmerzen sei im November 1996 eine erneute Operation erfolgt. Diese habe zu einer ca. zwei Jahre dauernd deutlichen Besserung der Beschwerden geführt. Danach hätten zunächst lokal begrenzte Schmerzen der unteren Lendenwirbelsäule ohne Ausstrahlung eingesetzt. Im März 2003 hätten sich hierzu abrupt einsetzende Gefühlsstörungen, verbunden mit einer Fußheberschwäche im linken Bein gesellt. Nach der dritten Operation im April 2003 sei es zu einer deutlichen Beschwerdelinderung gekommen. Erst in den letzten Wochen habe die Klägerin das Gefühl, als wenn die Beschwerden erneut zunehmen würden. Die Klägerin könne keine Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über fünf kg mehr ausüben. Zu vermeiden sei auch häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten. Gleiches gelte für Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen (insbesondere Nässe und Kälte). Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin noch vollschichtig tätig sein, wenn die Möglichkeit bestehe, die Körperposition mindestens stündlich wechseln zu können. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Dieser Beurteilung trat die Klägerin mit Schreiben vom 16.11.2004 mit der Begründung entgegen, sie sei nie ganz schmerzfrei gewesen.

Die Klägerin hat die Arztbriefe des Orthopäden Dr. S. vom 23.09.2004, 25.11.2004 und 18.03.2005 mit den Diagnosen Postnukleotomiesyndrom, Senk-Spreiz-Fuß beidseits mit statischer Insuffizienz und Lumboischialgie rechts vorgelegt.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG wurde Dr. W., Oberarzt und Sektionsleiter am Krankenhaus P. S., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 07.04.2006 hat Dr. W. aufgrund einer gutachterlichen Untersuchung der Klägerin am 20.07.2005 ausgeführt, führend sei der degenerative Zustand der unteren Lendenwirbelsäule. Hier habe sich im Vergleich zum Vorgutachten Dr. M. ein vergleichbarer Leidensdruck an der Lendenwirbelsäule im Übergangsbereich gezeigt, darüber hinaus habe sich auch bei der klinischen Untersuchung bei der segmentalen Prüfung eine vergleichbare Schmerzprovokation wie bei der Voruntersuchung ergeben. Die Funktionswerte seien im Vergleich um Grade besser gewesen, insbesondere bei der Rotation und Neigungsfähigkeit in der Lendenwirbelsäule. Der radiologische Befund zeige im Vergleich zum Status vom 04.12.2002 keine relevante Befundprogredienz. Die bei der Untersuchung durch Dr. M. bestehende Fußheber- und Großzehenheberschwäche rechts und die Kribbelparästhesien im linken Fuß lägen nicht mehr vor. Es bestehe ein Postnukleotomie-Syndrom sowie erhebliche degenerative Veränderungen in zwei Bewegungssegmenten der Lendenwirbelsäule im Sinne einer schweren Osteochondrose L4/L5 und L5/S1. Gegenüber dem Vorgutachten von Dr. M. zeigten die aktuellen klinischen Befunde durch die erneute Operation eine Besserung. Während beim Vorgutachten Rotation und Neigung um drei Viertel eingeschränkt gewesen seien, würden aktuell nahezu physiologische Bewegungsumfänge erreicht. Bei Rumpfvorbeugung habe der Finger-Boden-Abstand im Vorgutachten 60 cm betragen, bei der aktuellen Untersuchung 39 cm. Dies führe dazu, dass die Klägerin täglich noch sechs Stunden leichte körperliche Tätigkeiten ausüben könne unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, häufigem Bücken, Arbeiten in Reklination, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkordarbeit sowie Tätigkeiten in Nässe. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Der aktuelle Zustand bestehe seit Abschluss der Rehabilitationsphase in der S.klinik W., somit ab Ende Mai 2003.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.07.2006 hat die Beklagte eine ärztliche Stellungnahme von Dr. Stark vom 17.07.2006 vorgelegt und nach einem Hinweis des Senats ausgehend von einem Leistungsfall vom 22.02.2001 im Wege des Teilanerkenntnisses den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit für die Zeit vom 01.09.2001 bis zum 31.05.2003 anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2004 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit über den 31. Juli 2000 bis zum 31. Juli 2003 zu gewähren und die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 18.07.2006 hinausgeht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Juli 2000 hinaus auf Dauer zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin sowie die Berufung der Beklagten sind zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Demgegenüber ist - ausgehend von dem im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.07.2006 von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten - die insoweit noch aufrechterhaltene Berufung der Beklagten begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Klägerin weder Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 31.07.2000 hinaus auf Dauer, noch hat sie Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit über den 31.05.2003 hinaus

Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) wurde das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit neu geordnet. Wesentlicher Inhalt der Neuregelung ist die Abschaffung der Rente wegen Berufsunfähigkeit für nach dem 01.01.1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und halber Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden.

Nach § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - sind jedoch aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

Für die Prüfung des Anspruchs auf Weitergewährung der bis zum 31.07.2000 bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sind die bis zum 31.12.2000 geltenden Vorschriften noch anzuwenden, wenn bis zum 31.12.2000 ein Anspruch bestanden hat. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch sind danach die §§ 43, 44, 240, 241 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (im Folgenden §§ 43, 44, 240, 241 a.F.).

Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufs- bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt des Versicherungsfalles die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F.).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 01. April 1999 monatlich 630,- Deutsche Mark) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 SGB VI a.F.).

Die Klägerin war über den 31.07.2000 hinaus bis zum Wiederauftreten der von Dr. S. ab dem 22.02.2001 behandelten erheblichen Schmerzzustände nicht erwerbsunfähig. Eine Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als 8 Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats für diesen Zeitraum nicht belegen. Dies ergibt sich im wesentlichen aus der Würdigung des von Dr. R. im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachtens vom 09.06.2000, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, und der zeitnahen Äußerungen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Danach fand Dr. R. im Vergleich zu den von Dr. S. im Gutachten vom 09.03.1999 erhobenen Befunden eine deutliche Stabilisierung im Zustand der Klägerin. In gleicher Weise äußerten sich die behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. J. und Dr. G. in den sachverständigen Zeugenaussagen vom 15.12. und 19.12.2000 und vom 13.02.2001, die zwar eine verminderte Belastbarkeit der Wirbelsäule feststellten, eine vollschichtige Leistungsfähigkeit mit qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten in Zwangshaltungen, mit häufigem Heben und Tragen von mittelschweren Lasten, im Freien und auf Leitern und Gerüsten) aber für gegeben ansahen. Dr. G. hatte im Dezember 2000 ein weiteres MRT der LWS anfertigen lassen, welches, genauso wie das am 05.04.2002 angefertigte MRT, eine Befundkonstanz im Vergleich zu dem MRT vom 15.04.1999 insbesondere auch im Hinblick auf die von Dr. G. als gering bezeichnete Narbenbildung an der L5-Wurzel rechts zeigte. Mithin war die Entscheidung der Beklagten, die Weitergewährung der bis 31.07.2000 auslaufenden Erwerbsunfähigkeitsrente abzulehnen, nicht zu beanstanden.

Der Klägerin steht auch keine Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.05.2003 hinaus zu.

Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn Sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist seit dem 01.06.2003 wieder in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 05.06.2003, dem Gutachten von Dr. H. vom 03.11.2004 und dem Gutachten von Dr. W. vom 07.04.2006.

Danach wird das Leistungsvermögen der Klägerin weiterhin maßgeblich beeinträchtigt durch Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Hier besteht nach den Feststellungen von Dr. W. eine sekundäre ausgeprägte Osteochondrose L4 bis S1 bei Zustand nach wiederholter Nucleotomie L4/L5, L5/S1 mit therapierefraktärer ausgeprägter Lumboischialgie rechtsbetont und eine Chondropathia patellae rechts. Eine noch im Entlassungsbericht der Fachklinik S. geschilderte Fußheber- und Großzehenschwäche Kraftgrad III bis IV rechts und Kribbelparästhesien im linken Fuß konnte Dr. W. nicht mehr feststellen. Daneben besteht ein Zustand nach Mamma-PE rechts am 02.04.2003 wegen einer fibrozystischen Mastopathie ohne Malignität sowie auf nervenärztlichem Gebiet eine Anpassungsstörung mit depressiven Verstimmungen. Hinsichtlich letzterer ist zwischenzeitlich eine Besserung eingetreten, die letzte nervenärztliche Behandlung erfolgte am 09.04.2002.

Aufgrund ihrer Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet kann die Klägerin keine Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren oder mittelschweren Lasten über 5 kg mehr ausüben. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten. Gleiches gilt für Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen, insbesondere in Nässe und Kälte. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit einer Sitzdauer von bis zu 1 Stunde mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies haben die Ärzte der S.klinik, Dr. H. und Dr. W. übereinstimmend so beurteilt. Letzterer hat insbesondere darauf hingewiesen, dass durch die erneute Operation im April 2003 eine Besserung der klinischen Befunde eingetreten ist, wobei bei der Rotation und Neigung nahezu physiologische Bewegungsumfänge erreicht wurden. Auch die Rumpfvorbeugung hat sich erheblich verbessert. Eine weitergehende Leistungseinschränkung der Klägerin resultiert auch nicht aus ihren Erkrankungen auf nervenärztlichem Gebiet. Vielmehr ist auch hier eine zwischenzeitliche Besserung eingetreten. Während die behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F.-S. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 16.07.2001 noch eine ausgeprägte psychomotorische Unruhe sowie Ängste und Neigung zu depressiven Verstimmungen angegeben hatte, diagnostizierte Dr. P. im nervenärztlichen Gutachten vom 21.11.2001 Anpassungsstörungen mit depressiven Verstimmungen. Maßgeblich leistungseinschränkend erachtete Dr. F.-S. die Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet. Auch Dr. P. hat den Anpassungsstörungen mit depressiven Verstimmungen keine über die durch die orthopädischen Leiden bedingten hinausgehenden Leistungseinschränkungen beigemessen. Einschränkungen auf psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. H. bei der gutachterlichen Untersuchung vom 12.08.2004 nicht mehr feststellen können. Nach seiner Beurteilung hat sich das psychische Erscheinungsbild in den letzten Jahren vielmehr verbessert. Hierfür spricht auch, das die letztmalige Behandlung durch Dr. F.-S. am 09.04.2002 erfolgt ist. Die Klägerin ist somit über den 31.05.2003 hinaus nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei Versicherten, die noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten können, weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem zeitlichen Umfang noch leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der in § 43 Abs. 3 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Der Klägerin ist somit nach dem 31.05.2003 keine Rente mehr zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Arbeitsagentur einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn über sechs Stunden leistungsfähige Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte. Darüber hinaus liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den vorhandenen Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeiten bereits hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren, in wechselnder Körperhaltung zu verrichtenden leichten körperlichen Tätigkeiten von vornherein nicht mit häufigem Bücken oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verbunden. Die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Sortier-, Montier- Etikettier- oder Überwachungsarbeiten) werden überwiegend in geschlossenen wohltemperierten Räumen durchgeführt und sind nicht regelmäßig mit Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit verbunden. Schließlich ist eine schwere spezifische Leistungsbehinderung nicht erkennbar. Ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGBVI a.F. ab dem 01.08.2000 bzw. auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI i.d. ab 01.01.2001 geltenden Fassung ab dem 01.06.2003 besteht nicht. Die Klägerin hat keine Berufsausbildung abgeschlossen und hat als angelernte Näherin und Zuschneiderin versicherungspflichtig gearbeitet. Aus diesen Tätigkeiten resultiert kein Berufsschutz. Vielmehr muss sich die Klägerin auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Die Berufung der Klägerin konnte demnach keinen Erfolg haben.

Auf die - eingeschränkte - Berufung der Beklagten war das Urteil des SG insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit über den 31.07.2000 hinaus bis zum 31.07.2003 zu gewähren. Die Klage war insoweit abzuweisen, als sie über das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten vom 18.07.2006 hinausgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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