S 2 KA 75/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 75/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Beigeladenen im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung der zahnmedizinischen Hochschulambulanzen für das Jahr 2003.

Im Hinblick auf die Änderung des § 120 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zum 01.01.2003 ergab sich das Erfordernis, die Vergütung der zahnmedizinischen Leistungen des beigeladenen Hochschulklinikums gemeinsam und einheitlich mit den klagenden Krankenkassen(verbänden) zu vereinbaren. Da kein Einvernehmen erzielt werden konnte, setzte die beklagte Schiedsstelle mit Feststellungsbeschluss vom 18.10.2004 die Punktwerte für die zahnmedizinischen Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums B für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2003 wie folgt fest:

für Teil 1, 2 und 4 BEMA auf 0,7671 EUR und für die Teile 3 und 5 BEMA auf 0,6525 EUR, zuzüglich der Laborkosten, die, soweit sie im eigenen Labor des Hochschulklinikums anfallen, um den Investitionskostenanteil von 10 % gemindert werden.

Zur Begründung führte sie aus, sie habe es für angezeigt gehalten, die Punktwerte mindestens so zu bemessen, dass die Leistungen der zahnärztlichen Hochschulambulanzen im Ergebnis nicht geringer vergütet würden als bisher von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV). Nach den Zielsetzungen des Gesetzgebers zur Novellierung des § 120 SGB V sei eine bloße Fortschreibung oder gar Absenkung der Vergütungssätze rechtlich weder geboten noch angemessen. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 120 SGB V die Hochschulkliniken auch in die Lage versetzen wollen, durch unmittelbare Verhandlungen mit den Krankenkassen zu erreichen, das bisher bestehende, allgemein bekannte "gravierende Missverhältnis zwischen den Vergütungen durch die Krankenkassen und den Kosten für die erbrachten spezifischen medizinischen Leistungen" wenigstens teilweise zu beseitigen.

Bei der Festsetzung der Vergütung sei die Beklagte auch nicht durch § 71 Abs. 2 SGB V begrenzt und könne die bisherige Vergütung nur um die Veränderungsraten erhöhen. Auch die bloße Anhebung der Vergütungssätze um die Veränderungsraten des § 71 Abs. 2 SGB V sei nicht geboten. Diese Bestimmung setze voraus, dass bereits eine Vereinbarung über die Vergütung vorliege. Daran fehle es hier. § 120 Abs. 2 SGB V eröffne den Parteien erstmals die Möglichkeit, eine vertragliche Regelung über eine angemessene Vergütung zu treffen. Nach der Zielsetzung des Gesetzes solle keinesfalls nur eine bereits bestehende Vereinbarung fortgeschrieben, sondern für die Vergütung eine neue vertragliche Grundlage erst geschaffen werden.

Das bedeute allerdings nicht, dass durch die nach § 120 Abs. 2 SGB V neu festzusetzende Vergütung sämtliche Kosten der Hochschulambulanzen voll abgedeckt werden müssten. Auch hierbei sei der Grundsatz der Beitragssatzstablilität (§ 71 Abs. 1 SGB V) zu beachten. Bei der Anhebung der bisherigen Vergütungssätze um das Drei- bis Vierfache bei sämtlichen Hochschulambulanzen wären Beitragssatzerhöhungen wahrscheinlich nicht vermeidbar. Allerdings sei es geboten, mindestens von der Vergütung auszugehen, welche dem Beigeladenen bisher von der KZV gewährt worden sei. Um das zu erreichen, sei es erforderlich, einen gewichteten Mischpunktwert und nicht den niedrigsten Punktwert der Primärkassen zugrunde zu legen.

Ein weiterer Abschlag von 20 % für Forschung und Lehre komme nicht in Betracht, weil § 120 Abs. 2 und 3 SGB V in seiner jetzigen Fassung einen solchen Abschlag nicht mehr vorsehe. Diesem Beschluss widersprachen die Kläger. Nach ihrer Auffassung habe die Beitragssatzstablilität nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden und seien die Grenzen der Fortschreibung der Vergütung im Hinblick auf vergleichbare Leistungen verkannt worden. Darüber hinaus hätte ein Abschlag für Forschung und Lehre Berücksichtigung finden müssen. Die Beklagte sei zudem bei der Ermittlung eines gewichteten Mischpunktwertes von falschen Grundlagen ausgegangen, da die in Art. 15 GKV-SolG angeordnete basiswirksame Absenkung der vereinbarten Punktwerte für Zahnersatz und Kieferorthopädie für das Jahr 1999 um mindestens 5 % im Ersatzkassenbereich ebenfalls hätte angerechnet werden müssen.

Mit Beschluss vom 07.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wobei sie an ihren Rechtsauffassungen festhielt. Soweit es den zugrunde gelegten gewichteten Mischpunktwert betrifft, verhindere der Umstand, dass die in den vergangenen Jahren zugrunde gelegten Punktwerte zwischen den Parteien teilweise umstritten gewesen seien, die Festsetzung auf der Basis der tatsächlich praktizierten Punktwerte nicht. Die bisher gezahlte Vergütung stelle für die Festsetzung der Beklagten keineswegs eine Obergrenze, sondern nur ein Kriterium unter anderen dar. Dass durch die Festsetzung des Mischpunktwertes der Grundsatz der Beitragssatzstabilität verletzt werde, hätten die Kläger auch im Widerspruchsverfahren nicht vorgetragen, obwohl ihnen das ohne weiteres möglich gewesen wäre, weil sich die Festsetzung auf das Jahr 2003 beziehe.

Hiergegen richtet sich die am 21.06.2005 erhobene, zunächst unter dem Aktenzeichen S 8 KR 143/05 geführte Klage. Ein Ersuchen des Sozialgerichts Düsseldorf, ein örtlich zuständiges Sozialgericht zu bestimmen, hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 27.06.2006 - L 18 AR 13/05 - zurückgewiesen. Dabei hat es ausgeführt, bei Vergütungsvereinbarungen der vorliegenden Art handele es sich um vertragsarztrechtliche Entscheidungen oder Verträge. Die Streitsache ist daraufhin unter dem Aktenzeichen S 2 KA 75/06 fortgeführt worden.

Die Kläger sind der Ansicht, die Ausgliederung der Leistungsvergütung der Hochschulambulanzen aus der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung stelle in erster Linie eine Änderung des Zahlungsweges dar. Die Intention des Gesetzgebers sei dabei nicht gewesen, den Hochschulambulanzen eine privilegierte Stellung einzuräumen und absolute Neuverhandlungen zu ermöglichen, sondern vorrangig, die Gesamtvergütung zu bereinigen. Hierbei sei die entsprechend niedrigste Vergütung nach § 120 Abs. 2 Satz 6 SGB V zugrunde zu legen, soweit die Abstimmung mit vergleichbaren Vergütungen nach § 120 Abs. 2 Satz 4 SGB V keine anderen Ergebnisse nach sich ziehe und die vergleichbaren Vergütungen den Grundsatz der Beitragssatzstablilität nicht verletzten.

Richtigerweise sei die Beklagte zu der Auffassung gelangt, dass keine vergleichbaren Vergütungen im Bereich der Zahnmedizin hätten gefunden werden können, die höher als die bisherigen Vergütungen seien. Im Umkehrschluss sei die Verringerung der insgesamt gezahlten Vergütungen ab 2003 grundsätzlich möglich und nicht von vornherein ausgeschlossen. Mit der Annahme der "wenigstens teilweisen Beseitigung des gravierenden Missverhältnisses zwischen den Vergütungen und den Kosten" verkenne die Beklagte den inhaltlichen Zusammenhang zwischen § 120 Abs. 2 Satz 4 und Satz 6 SGB V als rechtliche Grenzen der Fortschreibung der Vergütung. Ausgangspunkt der Vergütungsfindung müssten die bisherigen, günstigsten Vergütungen im Krankenkassensystem sein, um die Einhaltung der Beitragssatzstabilität zu gewährleisten. Jede über die bisherige Vergütung hinausgehende Forderung erhöhe das Risiko der Gefährdung der Beitragssatzstablilität. Die Beklagte verkenne dabei zudem, dass auch § 71 Abs. 2 SGB V für alle einzelnen Krankenkassen anzuwenden sei. Darüber hinaus gehe § 71 SGB V dem Wegfall eines Abschlages zur Forschung und Lehre vor. Indem die Beklagte davon ausgehe, § 120 Abs. 2 und 3 SGB V sehe einen solchen Abschlag nicht mehr vor, verkenne sie die nach wie vor geltende duale Krankenhausfinanzierung. Aufwendungen für Forschung und Lehre sind dabei auch künftig nicht von den gesetzlichen Krankenkassen zu finanzieren. Gemäß Art. 5 des Beitragssatzsicherungsgesetzes (BSSichG) gelte für das Jahr 2003 abweichend von der Veränderungsrate des § 71 Abs. 2 SGB V eine Rate von 0 %. Durch den Wegfall der Fortgeltung eines 20 %igen Abschlages für Forschung und Lehre überschreite die von der Beklagten festgesetzte Vergütung die maximal zulässige Veränderungsrate bei Weitem, so dass auch dieser Teil der Entscheidung beitragssatzrelevant sein werde.

Schließlich sei bei der vorgenommenen Bildung der Mischpunktwerte die Rechtsprechung des BSG außer acht gelassen worden, nach welcher die in Art. 5 GKV-SolG angeordnete Absenkung der vereinbarten Punktwerte für Zahnersatz und Kieferorthopädie für das Jahr 1999 um mindestens 5 % die verbindliche Ausgangsbasis für alle weiteren Anpassungen darstelle.

Die Kläger beantragen,

die Entscheidung der Schiedsstelle - KHG Rheinland im Verfahren 12/2003 vom 18.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig. Dem Maßstab der gerichtlichen Kontrolldichte ließen sich die Ausführungen der Kläger nur zum Teil zuordnen.

Die Kläger legten nicht dar, dass die angegriffene Entscheidung mit der Sollvorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 4 SGB V im Ergebnis unvereinbar wäre. Im Übrigen sei es nicht die Vorstellung des Gesetzgebers gewesen, als Vergütung für vergleichbare Leistungen allein die Vergütungen anzusehen, die für Leistungen im vertragszahnärztlichen Bereich gezahlt würden.

§ 71 Abs. 2 SGG sei unanwendbar. Es fehle nach seinem Wortlaut an der Voraussetzung, dass bereits eine Vereinbarung über die Vergütung vorliege. Hinzu komme, dass § 120 Abs. 2 Satz 6 SGB V eine von § 71 Abs. 2 SGB V abweichende Regelung über die Vereinbarung der Gesamtvergütungen enthalte. An die Stelle der Bindung an die Veränderungsrate trete die Verpflichtung, die Gesamtvergütungen für 2003 auf der Grundlage der für die Leistungen der Polikliniken gezahlten Vergütungen bereinigten Gesamtvergütungen des Vorjahres zu vereinbaren. Die strikte Bindung an die Veränderungsrate nach § 71 Abs. 2 SGB V sei auch mit der Absicht des Gesetzgebers unvereinbar, den Trägern der Hochschulkliniken erstmals eigenständige Vereinbarungen "zur Gewährleistung einer die besonderen Umstände der Leistungserbringung berücksichtigenden Vergütung" zu ermöglichen.

Aus dem Vorbringen der Kläger, der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehe dem Wegfall eines Abschlages für Forschung und Lehre vor, ergebe sich kein Verstoß der angefochtenen Entscheidungen gegen zwingendes Recht, weil die Beklagte den Grundsatz der Beitragssatzstabilität beachtet habe. Dass ein Abschlag für Forschung und Lehre gesetzlich geboten wäre, werde von den Klägern nicht dargelegt.

§ 5 BSSichG modifiziere für das Jahr 2003 die Bestimmung des § 71 Abs. 3 SGB V, die die in § 71 Abs. 2 SGB V enthaltenen Regelungen ergänze. Außerhalb des Anwendungsbereiches des § 71 Abs. 2 SGB V gelte auch die modifizierende Vorschrift nicht.

Schließlich sei die Beklagte an Art. 15 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GKV-SolG, der sich auf das Jahr 1999 bezogen habe, nicht gebunden gewesen. Für die erstmals im Jahre 2003 zu vereinbarenden Vergütungen der Hochschulambulanzen sei im Übrigen auch ein "Grundsatz der Vorjahresanknüpfung" gesetzlich nicht vorgeschrieben gewesen. Die Beklagte sei nicht gesetzlich verpflichtet gewesen, von der Vergütung auszugehen, die dem Beigeladenen in der Vergangenheit von der KZV gewährt gewesen sei.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Er ist ebenfalls der Ansicht, die Beklagte habe sich mit der Festsetzung der Vergütung an die rechtlichen Vorgaben gehalten und ihren Beurteilungsspielraum nicht verletzt.

Mit der Neufassung des § 120 Abs. 2 SGB V sei nicht lediglich der Vergütungsweg neu geregelt worden, vielmehr habe der Gesetzgeber eine grundlegende Neukalkulation der Vergütung der Hochschulambulanzen erreichen wollen. Rechtsfehlerhaft stellten die Kläger für die Vergütungsfindung allein auf den Ausgliederungsbetrag gemäß § 120 Abs. 2 Satz 6 SGB V ab, obwohl sich hierfür weder im Gesetz noch in der amtlichen Begründung eine Stütze finde. Im Übrigen sei die Gesamtvergütung 2003 nicht unter Berücksichtigung der niedrigsten Punktwerte, sondern des tatsächlichen Leistungsgeschehen pro Krankenkasse bereinigt worden. Hieran habe sich auch die Kalkulation der Beklagten orientiert. Der in § 71 Abs. 1 SGB V enthaltene Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei bei der hier vorzunehmenden Erstkalkulation der Vergütung nicht zu berücksichtigen gewesen, da die Regelungen des § 120 SGB V sowohl nach dem Grundsatz der lex specialis- als auch der lex posterior-Regelung vorrangig seien. Im Übrigen schließt sich der Beigeladene argumentativ dem Vorbringen der Beklagten an.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger sind durch den angefochtenen Schiedsspruch nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtmäßig ist.

Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstellen gemäß § 120 Abs. 4 SGB V i.V.m. § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) unterliegen nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle. Die Beschränkung der Kontrolldichte berücksichtigt, dass Schiedsstellen, deren Entscheidungen nicht zustande gekommene Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Mit der paritätischen Zusammensetzung (§ 18a Abs. 2 KHG), dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§ 18a Abs. 3 KHG) will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zur Findung einer Entscheidung nutzen, die häufig Kompromisscharakter aufweist (vgl. BSG Urteil vom 29.11.2006 - B 6 KA 4/06 R - m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2002 - L 4 KR 133/99 - m.w.N.). Dementsprechend sind Schiedssprüche von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht ist demnach zu klären, ob die Schiedsstelle den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der von der Schiedsstelle zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsstelle den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 3).

Bei Zugrundelegung dieser Kontrolldichte weist die Entscheidung der Beklagten keine Rechtsfehler auf. Formelle Mängel des Schiedsverfahrens machen die Kläger nicht geltend.

Der Festsetzungsbeschluss hält die zwingenden rechtlichen Vorgaben des § 120 Abs. 2 SGB V i.d.F. ab 01.01.2003 ein. Danach werden die Leistungen der Hochschulambulanzen unmittelbar von der Krankenkasse vergütet (Satz 1). Die Vergütung wird von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Hochschulkliniken vereinbart (Satz 2). Bei der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen soll eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen. Bei Hochschulambulanzen an öffentlich geförderten Krankenhäusern ist ein Investitionskostenabschlag zu berücksichtigen (Satz 5). Die Gesamtvergütungen nach § 85 für das Jahr 2003 sind auf der Grundlage der um die für Leistungen der Polikliniken gezahlten Vergütungen bereinigten Gesamtvergütungen des Vorjahres zu vereinbaren (Satz 6).

Mit der Neuregelung des § 120 SGB V ist zum einen der Zahlungsweg geändert worden, nachdem bis zum 31.12.2002 die im Krankenhaus erbrachten ambulanten (zahn-)ärztlichen Leistungen aus der vertrags(zahn)ärztlichen Gesamtvergütung und damit von der K(Z)V vergütet wurden (§ 120 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F.). Gleichzeitig ist aber auch hinsichtlich der Höhe der zu vergütenden Leistungen eine Änderung eingetreten. Diese richtete sich bis zum 31.12.2002 "nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen", wobei die mit diesen Leistungen verbundenen allgemeinen Praxiskosten, die durch die Anwendung von ärztlichen Geräten entstehenden Kosten sowie die sonstigen Sachkosten mit den Gebühren abgegolten waren, soweit in den einheitlichen Bewertungsmaßstäben nichts Abweichendes bestimmt war (§ 120 Abs. 1 Sätze 1, 2 SGB V a.F.). Nunmehr soll bei der zu vereinbarenden Vergütung der Leistungen "eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen", wobei auf den bisher geltenden Vergütungsmaßstab nicht mehr verwiesen wird.

Hinweise auf die Vergütung lassen die Gesetzesmaterialien erkennen. Nach dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drucksache 14/7862, S. 5) zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drucksache 14/6893) und zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksachen 14/7421 und 14/7461) - jeweils zum Fallpauschalengesetz - erhielten durch § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V die Hochschulen oder Hochschulkliniken das Recht, selbst die Vergütung der im Rahmen von Forschung und Lehre erbrachten Leistungen mit den Krankenkassen zu vereinbaren. Dies sei zur Gewährleistung einer die besonderen Umstände der Leistungserbringung berücksichtigenden Vergütung erforderlich. Die in Satz 4 vorgesehene Abstimmung der Vergütung der Leistungen der Hochschulkliniken mit den Vergütungen für vergleichbare Leistungen solle eine einheitliche Leistungsbewertung ermöglichen. Solche Leistungsbereiche seien insbesondere vor- und nachstationäre Leistungen. Auch der Bundesrat hatte sich in diese Richtung geäußert, indem er ausführt (BR-Drucksache 701/01, S. 6), für die Vergütung der Krankenbehandlung in den Hochschulambulanzen stellten zahlreiche andere Leistungsbereiche Vergütungsmaßstäbe zur Verfügung. Solche Leistungsbereiche seien insbesondere stationsersetzende Eingriffe, die voll-, teil-, vor- und nachstationäre sowie die ambulante Krankenhausbehandlung, ferner alle sonstigen nicht im Krankenhaus erbrachten ambulanten Behandlungen.

Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass eine bloße Fortschreibung oder gar Absenkung der Vergütungssätze nach den Zielsetzungen des Gesetzgebers rechtlich weder geboten noch angemessen war. Dies gilt auch deshalb, weil nach dem o.g. Bericht des Ausschusses für Gesundheit (a.a.O., S. 5) durch die Neuregelung vermieden wird, dass die Vergütung der Hochschulkliniken durch die innerärztliche Honorarverteilung betroffen wird. Dies gilt insbesondere für die Vertragszahnärzte im Bereich der KZV Nordrhein. Im Hinblick auf die gesetzliche Budgetierung der Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Versorgung sieht die KZV Nordrhein seit 1994 in ihren Honorarverteilungsmaßstäben in unterschiedlicher Ausgestaltung Honorarkontingente für die einzelnen Leistungsbereiche und für die verschiedenen Kassenarten (Primär- und Ersatzkassen) vor. Multipliziert mit der Zahl der Behandlungsfälle ergibt dies individuelle Kontingentgrenzen für jeden Vertragszahnarzt. Nur bis zum Erreichen dieser Grenzen werden die einzelnen Leistungen mit dem gesamtvertraglich vereinbarten Punktwert vergütet; darüber hinaus abgerechnete Leistungen lösen in einer Jahresschlussabrechnung Honorarrückforderungen aus (dazu näher erstmals BSG, Urteil vom 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 -). Von solchen Begrenzungen der Vergütung sollen die Hochschulambulanzen aber nicht (mehr) betroffen werden.

Soweit die Beklagte ausführt, der Gesetzgeber habe durch die Neufassung des § 120 SGB V die Hochschulkliniken auch in die Lage versetzen wollen, durch unmittelbare Verhandlungen mit den Krankenkassen zu erreichen, das bisher bestehende, allgemein bekannte "gravierende Missverhältnis zwischen den Vergütungen durch die Krankenkassen und den Kosten für die erbrachten spezifischen medizinischen Leistungen" wenigstens teilweise zu beseitigen, hält sich dies im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Wenn es zur Gewährleistung einer die besonderen Umstände der Leistungserbringung berücksichtigenden Vergütung erforderlich ist, dass die Hochschulen oder Hochschulkliniken das Recht erhalten, selbst die Vergütung der im Rahmen von Forschung und Lehre erbrachten Leistungen mit den Krankenkassen zu vereinbaren, ist es ein legitimer Verhandlungsgegenstand, die bisherige Kostenunterdeckung der Hochschulambulanzen wenigstens teilweise zu beseitigen.

Rechtsfehlerfrei hat die Beklagte bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung nicht auf den Ausgliederungsbetrag (§ 120 Abs. 2 Satz 6 SGB V) abgestellt. Die Bereinigung der Gesamtvergütung ist allein zwingende Folge der Gesetzesänderung zum 01.01.2003, um eine Doppelbelastung der Krankenkassen zu vermeiden, nachdem die Gesamtvergütung von solchen Leistungen entlastet werden soll, die nicht aus Gründen der Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung erbracht werden, sondern im Rahmen von Forschung und Lehre (vgl. BT-Drucksache 14/7862, S. 5).

Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat die Beklagte bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung von einem - abgesehen vom Investitionskostenabschlag von 10 % (§ 120 Abs. 2 Satz 5 SGB V) - weiteren Abschlag von 20 % für Forschung und Lehre abgesehen. Ein solcher Abschlag war in § 120 Abs. 3 Satz 2 SGB V i.d.F. bis 31.12.2002 gesetzlich noch vorgesehen (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 120 Nrn. 6 und 8 sowie SozR 3-2500 § 311 Nr. 6). In die Neufassung des § 120 Abs. 3 SGB V zum 01.01.2003 hat dieser weitere Abschlag jedoch keinen Einzug gefunden. Er kann auch nicht als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in die Gesetzesnovelle hineingelesen werden, weil in den als Maßstab heranzuziehenden vergleichbaren Leistungsentgelten kein Aufwand für Forschung und Lehre berücksichtigt ist (BT-Drucksache 14/7862, S. 5; BR-Drucksache 701/01, S. 6).

Der angefochtene Festsetzungsbeschluss verstößt auch nicht gegen die zwingende rechtliche Vorgabe des Art. 5 BSSichG (BGBl. 2002 I, 4640). Danach gilt abweichend von § 71 Abs. 3 SGB V für das Jahr 2003 anstelle der vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung festgestellten Veränderungsraten eine Rate von Null vom Hundert für die Vereinbarung von Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 2 SGB V. Diese Bestimmung modifiziert für das Jahr 2003 die Regelung des § 71 Abs. 2 SGB V, nach welcher die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Absatz 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten darf, um den Vorgaben nach Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 (Grundsatz der Beitragssatzstabilität) zu entsprechen. § 71 Abs. 2 SGB V ist indes nicht anwendbar, da keine zu verändernde Vereinbarung über die Vergütung vorliegt, sondern erstmalig die Vergütung zu vereinbaren war. Demgemäß findet auch die Veränderungsrate um 0 % nach Art. 5 BSSichG keine Anwendung.

Gleiches gilt für die 1999 gesetzlich angeordnete Reduzierung des Ausgabenvolumens und der gesamtvertraglich vereinbarten Punktwerte in den Bereichen Zahnersatz und Kieferorthopädie auf die Werte von 1997 abzüglich 5 % (Art. 15 GKV-SolG). Diese Reduzierung ist zwar wegen des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung der Ausgangspunkt für die nachfolgend zu vereinbarenden Gesamtvergütungen (BSG, Urteile vom 27.04.2005 - B 6 KA 22/04 R und B 6 KA 23/04 R -). Die Hochschulambulanzen sind aber ab dem 01.01.2003 aus der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung gerade entlassen worden, und es liegt keine Fortschreibung einer bisherigen Vergütung vor, sondern eine erstmalige Neukalkulation.

Die Beklagte hat schließlich auch den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V) beachtet. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass dieser Grundsatz wegen der Prinzipien der leges speciales oder posteriores oder bei teleologischer Auslegung für den Fall der hier vorzunehmenden Erstkalkulation nach § 120 Abs. 2 SGB V n.F. keine Anwendung findet. Nach dem Wortlaut des § 71 Abs. 1 SGB V haben die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragssatzerhöhungen (grundsätzlich) ausgeschlossen werden. Dieser Grundsatz stellt eine verbindliche gesetzliche Vorgabe dar, die für sämtliche Vergütungsvereinbarungen und damit auch für die vorliegende erstmalige Vergütungsfestsetzung zwingend zu beachten ist (vgl. grundlegend BSG SozR 3-2500 § 71 Nr. 2).

Die Beklagte hat diesen Grundsatz beachtet, indem sie das Risiko von Beitragssatzerhöhungen erkannt hat, wenn die bisherigen Vergütungssätze um das Drei- bis Vierfache angehoben worden wären, um sämtliche Kosten der Hochschulambulanzen voll abzudecken. Rechtsfehlerfrei hat sie insofern Mischpunktwerte gebildet und ist dabei von der Vergütung ausgegangen, die dem Beigeladenen bisher von der KZV Nordrhein gewährt worden ist. Hierbei hat sie die Fallzahlen der Primär- und Ersatzkassen sowie die im Jahre 2002 für die jeweiligen Kassenbereiche geltenden Punktwerte zugrunde gelegt. Dies hält sich im Rahmen dessen, was auch die Vertragspartner selbst hätten vereinbaren dürfen. Im Übrigen haben die Kläger weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren vorgetragen, dass es durch die Festsetzung der Mischpunktwerte tatsächlich zu Beitragssatzerhöhungen gekommen ist, obwohl das Jahr 2003 inzwischen längst verstrichen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG sowie § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren dabei aus Gründen der Billigkeit den Klägern aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war wegen der schwierigen Sach- und Rechtslage für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
Rechtskraft
Aus
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