Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AL 892/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Praxis der Bundesagentur für Arbeit, Fahrtkostenbeihilfe bei Entfernungen außerhalb des Tagespendelbereichs auf die Höhe der Trennungskostenbeihilfe zu beschränken, erweist sich als nicht
ermessensfehlerhaft;
ermessensfehlerhaft;
I. Die Klage wird, sofern ihr nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis entsprochen wurde, abgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind, sofern sie nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis durch die Beklagte zu übernehmen sind, nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der bewilligten Fahrtkostenbeihilfe streitig.
Der 1970 geborene Kläger bezog ab 01.12.2005 Arbeitslosengeld von der Beklagten. Er nahm zum 15.03.2006 eine bis zum 28.02.2007 befristete Stelle als Küchenleiter in einer Großküche auf. Arbeitgeber war der A.-Betrieb. Dienstort war B.-Stadt. Am 20.02.2006 beantragte der Kläger Fahrtkostenbeihilfe für die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen seiner Wohnung in C.- Stadt und der Arbeitsstelle mit einem nicht öffentlichen Verkehrsmittel als Selbstfahrer für 266 km täglich. Er gab dabei an, dass ein Umzug an den Arbeitsort in nächster Zeit aufgrund vorhandener familiärer Bindungen (Kleinkind/Ehefrau mit regionalem Arbeitsverhältnis) nicht möglich sei.
Mit Bewilligungsbescheid vom 06.04.2006 bewilligte die Beklagte Fahrtkostenbeihilfe von 15.03.2006 bis 14.08.2006 in Höhe von Trennungskosten (260,00 EUR monatlich). Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.04.2006 sinngemäß Widerspruch ein und übersandte Unterlagen zum Kilometerstand seines Wagens (Renault Mégane) vor Arbeitsantritt. Nach Kenntnis über die Definition des Tagespendelbereichs teilte der Kläger mit, dass er von seinem Wohn- zum Arbeitsort und zurück jeweils genau eine Stunde und zwanzig Minuten Fahrzeit benötige, da er fast nur auf der Autobahn unterwegs ist. Der Kläger beanstandet (im Schreiben vom 09.05.2006) dass während des Beratungsgesprächs am 20.02.2006 das Wort "Tagespendelbereich" nicht gefallen war. Er legte ferner die Lohnbescheinigung für den Monat April 2006 vor (Bruttolohn 1.684,33 EUR; Nettobezüge 1.119,22 EUR). Weiter übersandte der Kläger Tankquittungen über den Zeitraum 14.03.2006 bis 15.05.2006 (Gesamtbetrag 1.305,43 EUR). Er reichte ferner Kopien verschiedener Routenplaner ein (Stadtplandienst, schneller Fahrer: 1 Stunde, 4 Minuten; normaler Fahrer: 1 Stunde, 16 Minuten; Via Mechelin: 1 Stunde, 21 Minuten; Yahoo: 1 Stunde, 22 Minuten; T-Online: 1 Stunde, 9 Minuten; Falk: 1 Stunde, 37 Minuten; Map24: 1 Stunde, 39 Minuten).
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2006). Sie verwies auf § 53 Abs. 2 SGB III. Es handle sich um eine so genannte Kann-Leistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch bestehe. Von Bedeutung sei, dass es jedem versicherungspflichtig Beschäftigten zugemutet werden könne, einen eigenen Beitrag zur Sicherung seiner Einnahmen zu leisten. Grundsätzlich werde angenommen, dass die täglichen Fahrtkosten aus dem Einkommen bestritten werden können. Maßgeblich sei der Ort der Arbeitsstätte (A.- Betrieb in B.- Stadt). Die Ermittlung der Entfernung für die Hin- und Rückfahrt habe eine durchschnittliche Distanz von 246,19 km ergeben. Die Beklagte verwies auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Bei der Berechnung der Kosten verwende die Beklagte bundeseinheitlich den Routenplaner des Anbieters www.falk.de. Im vorliegenden Fall sei ergänzend der Routenplaner des Anbieters www.map.24.de herangezogen worden. Die Pendelstrecke bedinge bei Anwendung des § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 935,52 EUR. Ein Förderungsbetrag in dieser Höhe könne den Ansprüchen der Mobilitätsleistung als unterstützende Förderung und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr gerecht werden. Ferner sei die Zumutbarkeit im Sinne des "§ 122 Abs. 4 SGB III" bei weitem überschritten. Die Beklagte verweist auf die Angaben der Routenplaner www.falk.de und www.map.24.de, die mit 3 Stunden, 14 Minuten bzw.
3 Stunden, 18 Minuten über dem Tagespendelbereich von 2 ½ Stunden liegen. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens wurde der Antrag in einen Antrag auf Gewährung von Trennungskostenbeihilfe umgedeutet. Damit könne der Kläger gemäß § 54 Abs. 5 SGB III für die ersten 6 Monate bis zu einem Betrag in Höhe von 260,00 EUR erhalten.
Mit der hiergegen am 07.06.2006 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er errechnet aus den weiteren Routenplanern (Stadtplandienst, Via Michelin, Yahoo, T-Online) eine Durchschnittsdauer von 1 Stunde, 13,75 Minuten. Dabei sei von den Routenplanern ein Toleranzabschlag von 10 % vorzunehmen, da diese immer einen Sicherheitszuschlag geben würden. Der Kläger fahre zum Großteil auf der A4, die zu dieser Zeit (Arbeitsbeginn ist 6.30 Uhr) wenig befahren ist. Die regelmäßige Fahrzeit betrage 2 Stunden, 20 Minuten bis 2 Stunden, 25 Minuten und liege somit innerhalb des Tagespendelbereichs. Aufgrund familiärer Bindungen könne der Kläger nicht umziehen. Der Kläger legt den Rundbrief 21/2004 der Beklagten vor, wonach in einem Fallbeispiel bei täglichem Pendeln zwischen Görlitz und Dresden (1 Stunde, 15 Minuten) keine Beschränkung auf 260,00 EUR erfolgt. Der befristete Arbeitsvertrag wurde nicht verlängert, vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 war der Kläger wieder arbeitslos. Der Kläger legt weiter einen Vermittlungsvorschlag (vom 12.01.2007) vor, wonach ihm die Beklagte eine Stelle in D.- Stadt anbietet. Die später (zum 01.03.2007) erklärte Bereitschaft des Klägers, sich bundesweit der Vermittlung zur Verfügung zu stellen, ändere nichts am Anspruch des Klägers. Entscheidend für den Tagespendelbereich sollte nicht allein die Fahrtzeit, sondern eine Kombination aus Fahrtzeit und Entfernung sein. Auf den Vergleichsvorschlag des Gerichts (293,36 EUR pro Monat) erwidert der Kläger, dass dies in keiner Weise den tatsächlichen Kosten entspreche, was anhand der vorgelegten Tankquittungen belegt werden könne. Die Beklagte habe sich nur auf die Routenplaner von Falk und Map24 gestützt, so dass keine ausreichende Ermessensentscheidung vorliege. Fraglich sei, ob überhaupt Ermessen einzuräumen gewesen sei. Vermeintliche Ungerechtigkeiten, wie von der Beklagten ausgeführt, müssten durch Änderung des Tagespendelbereichs vermieden werden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.12.2007 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, dass seine Ehefrau mit 6 Stunden täglich einer Teilzeitbeschäftigung nachging. Der am 30.05.2004 geborene Sohn wurde morgens von der Ehefrau zur Kita gebracht und nachmittags ebenfalls von der Ehefrau wieder abgeholt. Nur donnerstags musste der Kläger den Sohn abholen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis einschließlich Kostenteilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dem Kläger Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von monatlich 300,00 EUR für 6 Monate zu gewähren und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger hat die Teilanerkenntnisse angenommen und die Klage aufrechterhalten.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2006, sofern er nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis abgeändert wurde, zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Fahrtkostenbeihilfe erneut, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage, sofern ihr nicht durch Teilanerkenntnis entsprochen wurde, abzuweisen.
Sie verweist auf den Wortlaut des § 53 Abs. 1 SGB III, wonach die berücksichtigungsfähigen Fahrtkosten nur übernommen werden können, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 7 SGB III sei der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Bei längeren Pendelstrecken sei zu prüfen, ob eine Wohnung oder Pension an der Arbeitsstelle gemietet werden könne, die mit 260,00 EUR monatlich gefördert werde. Nur in Fällen einer unbedingten Notwendigkeit zum täglichen Pendeln sei die Gewährung höherer Kosten angezeigt. Andernfalls werden Personen, die täglich pendeln, gegenüber denjenigen, die einen Ortswechsel vornehmen, bevorzugt. Bei Arbeitsaufnahme außerhalb des Tagespendelbereichs sei im Rahmen fürsorglicher Erwägungen zu prüfen, inwieweit tägliches Pendeln notwendig erscheint. Dies sei vor allem der Fall, wenn es unumgänglich ist (z.B. wegen der Betreuung eines Kindes, eines Familienangehörigen). Zwar betreue der Kläger das Kind mit. Für die Sicherstellung der Betreuung sorge wohl die Kindesmutter. Da der Kläger sich (bei seiner Arbeitslosmeldung) bundesweit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle, sei davon auszugehen, dass die Betreuung des Kindes anderweitig sichergestellt ist. Es handele sich bei den Fallbeispielen im Rundbrief 12/04 um interne Prüfungshinweise für die Ermessensausübung im Zusammenhang mit einer Einzelfallentscheidung. Die Beklagte verweist nochmals auf die Unverhältnismäßigkeit zwischen Nettoeinkommen und beantragter Fahrtkostenbeihilfe, die einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darstellen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die von dem Kläger nach Annahme des Teilanerkenntnisses fortgeführte Klage war abzuweisen. Der Bescheid vom 06.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2006 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Nach § 53 Abs. 1 SGB III können Arbeitslose, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung umfassen (u. a.) die Kosten für tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe, § 53 Abs. 2 Ziffer 3 Buchstabe b) SGB III).
Es ist zu beachten, dass grundsätzlich die Gewährung der streitigen Leistung im Ermessen der Beklagten steht (§ 3 Abs. 5 SGB III) wobei sich das Ermessen auf das Ob, auf die Höhe und die Dauer der Zahlung bezieht. Eine Überprüfung der Entscheidung durch das Gericht kann daher nur dahingehend erfolgen, ob die Beklagte von ihrem Ermessen fehlerfreien Gebrauch gemacht hat. Eine Ermessensentscheidung der Behörde ist nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG insbes. rechtswidrig bei Ermessensüber-/unterschreitung oder Ermessensfehlgebrauch.
Die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von zuletzt 300,00 EUR monatlich für die Dauer von 6 Monaten erweist sich dabei nicht als ermessensfehlerhaft.
Nach § 54 Abs. 4 SGB III können als Fahrtkostenbeihilfe für die ersten 6 Monate der Beschäftigung die berücksichtigungsfähigen Fahrtkosten übernommen werden. Dabei sind grundsätzlich berücksichtigungsfähig die bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels anfallenden Kosten der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels, wobei mögliche Fahrpreisermäßigungen zu berücksichtigen sind (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel ist ein Betrag in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes berücksichtigungsfähig (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der Fassung des Reisekostenreformgesetzes vom 26.05.2005, Bundesgesetzblatt I Seite 1418). Die Regelung des § 46 SGB III betrifft in ihrem direkten Anwendungsfall die Reisekosten, die im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignungsfeststellung oder zu Vorstellungsgesprächen entstehen (vgl. § 45 Satz 2 Nr. 2 SGB III). Sie wird jedoch grundsätzlich auch für die hier streitige Fahrtkostenbeihilfe angewendet. Dem Grundsatz, Fahrtkostenbeihilfe für die ersten 6 Monate der Beschäftigung zu gewähren, hat die Beklagte mit dem Teilanerkenntnis entsprochen. Bei Anwendung von § 5 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes würde sich bei den von dem Kläger geltend gemachten 266 km täglich und durchschnittlich 19 Arbeitstagen pro Monat eine monatliche Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von 1.010,80 EUR errechnen. Die Beklagte ist im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, diesen Betrag nicht zu gewähren.
Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu gewähren (§ 7 Satz 1 SGB III). Dabei dürfen bei der Ermessenserwägung sowohl der erzielte Netto-Lohn aus der Beschäftigung wie auch die zu erwartenden Gesamtkosten berücksichtigt werden. Der Kläger hat während der befristeten Beschäftigung einen Bruttoverdienst von 1.684,33 EUR erzielt. Der Nettolohn lag bei 1.119,22 EUR. Würde die Beklagte dem Kläger, wie beantragt, 1.010,80 EUR monatlich an Fahrtkostenbeihilfe gewähren, hätte der Kläger neben seinem Verdienst quasi ein zweites Einkommen, das in etwa 90 % seines Nettolohns ausmacht. Diese im Vergleich zum Netto-Lohn unverhältnismäßig hohen Aufwendungen sind von der Beklagten keinesfalls zu erstatten. Die beantragte volle Übernahme der Fahrtkosten würde zudem außer Acht lassen, dass die von der Beklagten übernommene Mobilitätsleistung ergänzend zu den Eigenaufwendungen des Klägers und nicht als vollumfängliche Finanzierung der täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle dienen soll.
Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass bei längeren Pendelstrecken, die bei Anwendung des Bundesreisekostengesetzes zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, eine Absenkung, beispielsweise auf die Trennungskostenbeihilfe, vorgenommen werden kann. Nach dem Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 53 ff. SGB III soll bei größeren Entfernungen, bei denen ein tägliches Pendeln unzumutbar ist, die Arbeitsaufnahme durch Trennungskostenbeihilfe (nach § 54 Abs. 5 SGB III) erleichtert werden (vgl. Petzold in: Hauck/Noftz § 54 Rdn. 12). Aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung lässt sich eine Begrenzung der Fahrtkostenbeihilfe auf den Höchstbetrag der Trennungskostenbeihilfe ableiten (vgl. Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 54 Rdn. 12; Stratmann in Niesel, SGB III-Kommentar, 4. Auflage, § 46 Rdnr. 5). Die Praxis der Beklagten, die Fahrtkostenbeihilfe bei weiteren Entfernungen auf die Höhe der Trennungskostenbeihilfe zu begrenzen, erweist sich somit nicht als ermessensfehlerhaft.
Die Zumutbarkeit der täglichen Pendelzeiten ergibt sich aus § 121 Abs. 4 SGB III. Danach sind unverhältnismäßig lang Pendelzeiten von insgesamt mehr als 2 ½ Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden und Pendelzeiten von mehr als 2 Stunden bei einer Arbeitszeit von 6 Stunden und weniger (§ 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Dabei stellt das Gesetz ausdrücklich auf die Pendelzeiten, nicht auf die Entfernungen ab. Eine Kombination von Entfernung und Fahrzeit, wie vom Kläger vorgeschlagen, lässt sich hingegen aus dem Gesetz nicht entnehmen. Nach Auffassung des Gerichts sind im vorliegenden Fall die durchschnittlichen Pendelzeiten von 2 ½ Stunden überschritten. Dies ergibt sich aus den vom Kläger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens selbst vorgelegten Routenplanern, wobei das Gericht jeweils die Zeiten gewürdigt hat, die ein "normaler Fahrer" benötigt. Die vom Kläger eingereichte Routenbeschreibung von T-Online mit dem Ergebnis eines Zeitaufwands von 1 Stunde, 9 Minuten konnte bei der Ermittlung durch das Gericht nicht bestätigt werden. Unter Beachtung einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km auf der Autobahn und 80 km auf der Landstraße ergaben sich für die einfache Strecke 1 Stunde, 22 Minuten. Zusammen mit den übrigen Routenplanern, wobei jeweils auf die schnellste Route abzustellen ist, ergaben sich Pendelzeiten von mindestens 2 ½ Stunden täglich. Dabei hat das Gericht, anders als der Kläger, keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 10%iger Abschlag vorzunehmen sei. Dass die Routenplaner regelmäßig einen Sicherheitszuschlag geben würden, ist nicht ersichtlich. Die Unterschiede der jeweiligen zum Teil erheblich voneinander abweichenden Routenplaner werden durch die Bildung des Durchschnittswertes ausgeglichen. Es ergaben sich folgende Werte: Via Michelin: 1 Stunde, 21 Minuten; Yahoo: 1 Stunde, 22 Minuten; Stadtplandienst/normaler Fahrer: 1 Stunde 16 Minuten; Falkplan: 1 Stunde, 37 Minuten; Map24: 1 Stunde, 39 Minuten; T-Online/Durchschnittsgeschwindigkeit 120 km auf Autobahn/80 km auf Landstraßen nach den Ermittlungen des Gerichts: 1 Stunde, 22 Minuten). Daraus errechnet sich ein täglicher Durchschnittsbetrag von 2 Stunden, 52 Minuten, so dass der Tagespendelbereich überschritten ist.
Eine ermessenslenkende Weisung der Beklagten, wonach bei Fahrten außerhalb des Tagespendelbereichs nicht die Fahrtkostenbeihilfe nach dem Bundesreisekostengesetz zu berechnen ist, erweist sich somit als ermessensfehlerfrei. Die entgegenstehenden Entscheidung des LSG Bremen (vom 05.12.1985, L 5 AR 34/85) war dabei nicht zu berücksichtigen. Die zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergangene Entscheidung berücksichtigt nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. § 7 SGB III ist erst mit Wirkung vom 01.01.1998 durch Art. 1 AFRG (vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594) eingeführt und zum 01.01.2002 durch das Job-Aktiv-Gesetz (vom 10.12.2001, BGBl. I S. 3443) angepasst worden und ist nunmehr die Grundsatznorm für die Erbringung von Ermessensleistungen. Danach wird die Beklagte ausdrücklich verpflichtet, beim Einsatz von Maßnahmen zur aktiven Arbeitsförderung wirtschaftlich zu handeln. Da die Entscheidung des LSG Bremen vor Einführung des § 7 SGB III erging, war ihr nicht zu folgen. Sie würde im Ergebnis auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen. Die Beklagte hat zu Recht darauf verwiesen, dass diejenigen Arbeitnehmer, die Arbeitsverhältnisses außerhalb des Tagespendelbereichs aufnehmen und dafür einen Zweitwohnsitz nehmen mit maximal 260,00 EUR gefördert werden. Würde diese Deckelung auf Arbeitnehmer, die außerhalb des Tagespendelbereichs pendeln keine Anwendung finden, läge eine nicht gerechtfertigte Besserstellung dieser Arbeitnehmer vor. Ein sachlicher Grund liegt für diese Besserstellung indes nicht vor. Insbesondere war die tägliche Heimkehr des Klägers aufgrund der persönlichen familiären Situation nicht zwingend erforderlich. Der Kläger hat angegeben, dass seine Ehefrau mit 6 Stunden täglich einer Teilzeitbeschäftigung nachging. Der am 30.05.2004 geborene Sohn wurde morgens von der Ehefrau zur Kita gebracht und nachmittags ebenfalls von der Ehefrau wieder abgeholt. Nur donnerstags musste der Kläger den Sohn abholen. Damit liegt jedoch noch kein sachlicher rechtfertigender Grund für eine Abweichung vom Grundsatz der Deckelung auf 260,00 EUR vor.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Rundbrief
Nr. 21/2004. Es handelt sich um eine interne Geschäftsanweisung, die allerdings gerichtlich voll überprüft werden kann. Dabei wird auf Seite 5 (unten) die Fahrtkostenbeihilfe außerhalb des Tagespendelbereichs auf 260,00 EUR im Monat beschränkt, was sich nach den Feststellungen des Gerichts (siehe oben) als ermessensfehlerfrei darstellt. Auch aus dem Fallbeispiel (Arbeitnehmer wohnt in Görlitz und nimmt in Dresden eine Vollzeitstelle an) ergibt sich nichts anderes. Hier verweist die Geschäftsanweisung darauf, dass der Vermittler erfragen muss, wie die Versorgung des Kindes während der Abwesenheit geregelt ist. Im vorliegenden Fall ist die Kammer nach den Erläuterungen des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dass die Versorgung des Sohnes des Klägers durch die Kindesmutter sichergestellt war (s.o.). Es lag somit auch nach dem Beispielsfall der Geschäftsanweisung keine Ausnahme von dem Grundsatz vor, wonach die Fahrtkostenbeihilfe auf die Trennungskostenbeihilfe beschränkt ist, wenn die Pendelzeiten außerhalb des Tagespendelbereichs liegen.
Auch aus dem Vermittlungsvorschlag vom 12.01.2007 ergibt sich nicht, dass die Beklagte aufgrund einer ermessensfehlerhaften Entscheidung zur Neuverbescheidung zu verurteilen wäre. Dem Kläger wurde dort für den Eintrittstermin am 01.03.2007 eine Stelle in D.- Stadt angeboten. Zum Eintrittstermin, nämlich am 01.03.2007, hat sich der Kläger der bundesweiten Vermittlung zur Verfügung gestellt. Somit ergibt sich aus dem Vermittlungsvorschlag vom 12.01.2007 nicht, dass die Beklagte annimmt, dass der Ausübungsort D.- Stadt innerhalb des Tagespendelbereichs liegt. Darüber hinaus können sich aus diesem Vermittlungsvorschlag für das streitige Verfahren ohnehin keine Erkenntnisse ergeben, da der Vorschlag, worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat, erst nach Ablauf der streitigen Förderung erstellt wurde.
Danach war die weitergeführte Klage, sofern ihr nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis entsprochen wurde, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Beklagte bereits im Kostengrundanerkenntnis die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers anerkannt hat. Darüber hinausgehende Kosten des Klägers sind wegen der Klageabweisung im Übrigen nicht zu erstatten.
Da der Kläger mit dem Anspruch von 0,20 EUR pro Kilometer nach dem Bundesreisekostengesetz einen monatlichen Betrag von über 1.000,00 EUR geltend machte, ist die Berufung kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind, sofern sie nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis durch die Beklagte zu übernehmen sind, nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der bewilligten Fahrtkostenbeihilfe streitig.
Der 1970 geborene Kläger bezog ab 01.12.2005 Arbeitslosengeld von der Beklagten. Er nahm zum 15.03.2006 eine bis zum 28.02.2007 befristete Stelle als Küchenleiter in einer Großküche auf. Arbeitgeber war der A.-Betrieb. Dienstort war B.-Stadt. Am 20.02.2006 beantragte der Kläger Fahrtkostenbeihilfe für die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen seiner Wohnung in C.- Stadt und der Arbeitsstelle mit einem nicht öffentlichen Verkehrsmittel als Selbstfahrer für 266 km täglich. Er gab dabei an, dass ein Umzug an den Arbeitsort in nächster Zeit aufgrund vorhandener familiärer Bindungen (Kleinkind/Ehefrau mit regionalem Arbeitsverhältnis) nicht möglich sei.
Mit Bewilligungsbescheid vom 06.04.2006 bewilligte die Beklagte Fahrtkostenbeihilfe von 15.03.2006 bis 14.08.2006 in Höhe von Trennungskosten (260,00 EUR monatlich). Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.04.2006 sinngemäß Widerspruch ein und übersandte Unterlagen zum Kilometerstand seines Wagens (Renault Mégane) vor Arbeitsantritt. Nach Kenntnis über die Definition des Tagespendelbereichs teilte der Kläger mit, dass er von seinem Wohn- zum Arbeitsort und zurück jeweils genau eine Stunde und zwanzig Minuten Fahrzeit benötige, da er fast nur auf der Autobahn unterwegs ist. Der Kläger beanstandet (im Schreiben vom 09.05.2006) dass während des Beratungsgesprächs am 20.02.2006 das Wort "Tagespendelbereich" nicht gefallen war. Er legte ferner die Lohnbescheinigung für den Monat April 2006 vor (Bruttolohn 1.684,33 EUR; Nettobezüge 1.119,22 EUR). Weiter übersandte der Kläger Tankquittungen über den Zeitraum 14.03.2006 bis 15.05.2006 (Gesamtbetrag 1.305,43 EUR). Er reichte ferner Kopien verschiedener Routenplaner ein (Stadtplandienst, schneller Fahrer: 1 Stunde, 4 Minuten; normaler Fahrer: 1 Stunde, 16 Minuten; Via Mechelin: 1 Stunde, 21 Minuten; Yahoo: 1 Stunde, 22 Minuten; T-Online: 1 Stunde, 9 Minuten; Falk: 1 Stunde, 37 Minuten; Map24: 1 Stunde, 39 Minuten).
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2006). Sie verwies auf § 53 Abs. 2 SGB III. Es handle sich um eine so genannte Kann-Leistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch bestehe. Von Bedeutung sei, dass es jedem versicherungspflichtig Beschäftigten zugemutet werden könne, einen eigenen Beitrag zur Sicherung seiner Einnahmen zu leisten. Grundsätzlich werde angenommen, dass die täglichen Fahrtkosten aus dem Einkommen bestritten werden können. Maßgeblich sei der Ort der Arbeitsstätte (A.- Betrieb in B.- Stadt). Die Ermittlung der Entfernung für die Hin- und Rückfahrt habe eine durchschnittliche Distanz von 246,19 km ergeben. Die Beklagte verwies auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Bei der Berechnung der Kosten verwende die Beklagte bundeseinheitlich den Routenplaner des Anbieters www.falk.de. Im vorliegenden Fall sei ergänzend der Routenplaner des Anbieters www.map.24.de herangezogen worden. Die Pendelstrecke bedinge bei Anwendung des § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 935,52 EUR. Ein Förderungsbetrag in dieser Höhe könne den Ansprüchen der Mobilitätsleistung als unterstützende Förderung und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr gerecht werden. Ferner sei die Zumutbarkeit im Sinne des "§ 122 Abs. 4 SGB III" bei weitem überschritten. Die Beklagte verweist auf die Angaben der Routenplaner www.falk.de und www.map.24.de, die mit 3 Stunden, 14 Minuten bzw.
3 Stunden, 18 Minuten über dem Tagespendelbereich von 2 ½ Stunden liegen. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens wurde der Antrag in einen Antrag auf Gewährung von Trennungskostenbeihilfe umgedeutet. Damit könne der Kläger gemäß § 54 Abs. 5 SGB III für die ersten 6 Monate bis zu einem Betrag in Höhe von 260,00 EUR erhalten.
Mit der hiergegen am 07.06.2006 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er errechnet aus den weiteren Routenplanern (Stadtplandienst, Via Michelin, Yahoo, T-Online) eine Durchschnittsdauer von 1 Stunde, 13,75 Minuten. Dabei sei von den Routenplanern ein Toleranzabschlag von 10 % vorzunehmen, da diese immer einen Sicherheitszuschlag geben würden. Der Kläger fahre zum Großteil auf der A4, die zu dieser Zeit (Arbeitsbeginn ist 6.30 Uhr) wenig befahren ist. Die regelmäßige Fahrzeit betrage 2 Stunden, 20 Minuten bis 2 Stunden, 25 Minuten und liege somit innerhalb des Tagespendelbereichs. Aufgrund familiärer Bindungen könne der Kläger nicht umziehen. Der Kläger legt den Rundbrief 21/2004 der Beklagten vor, wonach in einem Fallbeispiel bei täglichem Pendeln zwischen Görlitz und Dresden (1 Stunde, 15 Minuten) keine Beschränkung auf 260,00 EUR erfolgt. Der befristete Arbeitsvertrag wurde nicht verlängert, vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 war der Kläger wieder arbeitslos. Der Kläger legt weiter einen Vermittlungsvorschlag (vom 12.01.2007) vor, wonach ihm die Beklagte eine Stelle in D.- Stadt anbietet. Die später (zum 01.03.2007) erklärte Bereitschaft des Klägers, sich bundesweit der Vermittlung zur Verfügung zu stellen, ändere nichts am Anspruch des Klägers. Entscheidend für den Tagespendelbereich sollte nicht allein die Fahrtzeit, sondern eine Kombination aus Fahrtzeit und Entfernung sein. Auf den Vergleichsvorschlag des Gerichts (293,36 EUR pro Monat) erwidert der Kläger, dass dies in keiner Weise den tatsächlichen Kosten entspreche, was anhand der vorgelegten Tankquittungen belegt werden könne. Die Beklagte habe sich nur auf die Routenplaner von Falk und Map24 gestützt, so dass keine ausreichende Ermessensentscheidung vorliege. Fraglich sei, ob überhaupt Ermessen einzuräumen gewesen sei. Vermeintliche Ungerechtigkeiten, wie von der Beklagten ausgeführt, müssten durch Änderung des Tagespendelbereichs vermieden werden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.12.2007 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, dass seine Ehefrau mit 6 Stunden täglich einer Teilzeitbeschäftigung nachging. Der am 30.05.2004 geborene Sohn wurde morgens von der Ehefrau zur Kita gebracht und nachmittags ebenfalls von der Ehefrau wieder abgeholt. Nur donnerstags musste der Kläger den Sohn abholen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis einschließlich Kostenteilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dem Kläger Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von monatlich 300,00 EUR für 6 Monate zu gewähren und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger hat die Teilanerkenntnisse angenommen und die Klage aufrechterhalten.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2006, sofern er nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis abgeändert wurde, zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Fahrtkostenbeihilfe erneut, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage, sofern ihr nicht durch Teilanerkenntnis entsprochen wurde, abzuweisen.
Sie verweist auf den Wortlaut des § 53 Abs. 1 SGB III, wonach die berücksichtigungsfähigen Fahrtkosten nur übernommen werden können, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 7 SGB III sei der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Bei längeren Pendelstrecken sei zu prüfen, ob eine Wohnung oder Pension an der Arbeitsstelle gemietet werden könne, die mit 260,00 EUR monatlich gefördert werde. Nur in Fällen einer unbedingten Notwendigkeit zum täglichen Pendeln sei die Gewährung höherer Kosten angezeigt. Andernfalls werden Personen, die täglich pendeln, gegenüber denjenigen, die einen Ortswechsel vornehmen, bevorzugt. Bei Arbeitsaufnahme außerhalb des Tagespendelbereichs sei im Rahmen fürsorglicher Erwägungen zu prüfen, inwieweit tägliches Pendeln notwendig erscheint. Dies sei vor allem der Fall, wenn es unumgänglich ist (z.B. wegen der Betreuung eines Kindes, eines Familienangehörigen). Zwar betreue der Kläger das Kind mit. Für die Sicherstellung der Betreuung sorge wohl die Kindesmutter. Da der Kläger sich (bei seiner Arbeitslosmeldung) bundesweit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle, sei davon auszugehen, dass die Betreuung des Kindes anderweitig sichergestellt ist. Es handele sich bei den Fallbeispielen im Rundbrief 12/04 um interne Prüfungshinweise für die Ermessensausübung im Zusammenhang mit einer Einzelfallentscheidung. Die Beklagte verweist nochmals auf die Unverhältnismäßigkeit zwischen Nettoeinkommen und beantragter Fahrtkostenbeihilfe, die einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darstellen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die von dem Kläger nach Annahme des Teilanerkenntnisses fortgeführte Klage war abzuweisen. Der Bescheid vom 06.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2006 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Nach § 53 Abs. 1 SGB III können Arbeitslose, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung umfassen (u. a.) die Kosten für tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe, § 53 Abs. 2 Ziffer 3 Buchstabe b) SGB III).
Es ist zu beachten, dass grundsätzlich die Gewährung der streitigen Leistung im Ermessen der Beklagten steht (§ 3 Abs. 5 SGB III) wobei sich das Ermessen auf das Ob, auf die Höhe und die Dauer der Zahlung bezieht. Eine Überprüfung der Entscheidung durch das Gericht kann daher nur dahingehend erfolgen, ob die Beklagte von ihrem Ermessen fehlerfreien Gebrauch gemacht hat. Eine Ermessensentscheidung der Behörde ist nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG insbes. rechtswidrig bei Ermessensüber-/unterschreitung oder Ermessensfehlgebrauch.
Die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von zuletzt 300,00 EUR monatlich für die Dauer von 6 Monaten erweist sich dabei nicht als ermessensfehlerhaft.
Nach § 54 Abs. 4 SGB III können als Fahrtkostenbeihilfe für die ersten 6 Monate der Beschäftigung die berücksichtigungsfähigen Fahrtkosten übernommen werden. Dabei sind grundsätzlich berücksichtigungsfähig die bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels anfallenden Kosten der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels, wobei mögliche Fahrpreisermäßigungen zu berücksichtigen sind (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel ist ein Betrag in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes berücksichtigungsfähig (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der Fassung des Reisekostenreformgesetzes vom 26.05.2005, Bundesgesetzblatt I Seite 1418). Die Regelung des § 46 SGB III betrifft in ihrem direkten Anwendungsfall die Reisekosten, die im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignungsfeststellung oder zu Vorstellungsgesprächen entstehen (vgl. § 45 Satz 2 Nr. 2 SGB III). Sie wird jedoch grundsätzlich auch für die hier streitige Fahrtkostenbeihilfe angewendet. Dem Grundsatz, Fahrtkostenbeihilfe für die ersten 6 Monate der Beschäftigung zu gewähren, hat die Beklagte mit dem Teilanerkenntnis entsprochen. Bei Anwendung von § 5 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes würde sich bei den von dem Kläger geltend gemachten 266 km täglich und durchschnittlich 19 Arbeitstagen pro Monat eine monatliche Fahrtkostenbeihilfe in Höhe von 1.010,80 EUR errechnen. Die Beklagte ist im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, diesen Betrag nicht zu gewähren.
Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu gewähren (§ 7 Satz 1 SGB III). Dabei dürfen bei der Ermessenserwägung sowohl der erzielte Netto-Lohn aus der Beschäftigung wie auch die zu erwartenden Gesamtkosten berücksichtigt werden. Der Kläger hat während der befristeten Beschäftigung einen Bruttoverdienst von 1.684,33 EUR erzielt. Der Nettolohn lag bei 1.119,22 EUR. Würde die Beklagte dem Kläger, wie beantragt, 1.010,80 EUR monatlich an Fahrtkostenbeihilfe gewähren, hätte der Kläger neben seinem Verdienst quasi ein zweites Einkommen, das in etwa 90 % seines Nettolohns ausmacht. Diese im Vergleich zum Netto-Lohn unverhältnismäßig hohen Aufwendungen sind von der Beklagten keinesfalls zu erstatten. Die beantragte volle Übernahme der Fahrtkosten würde zudem außer Acht lassen, dass die von der Beklagten übernommene Mobilitätsleistung ergänzend zu den Eigenaufwendungen des Klägers und nicht als vollumfängliche Finanzierung der täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle dienen soll.
Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass bei längeren Pendelstrecken, die bei Anwendung des Bundesreisekostengesetzes zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, eine Absenkung, beispielsweise auf die Trennungskostenbeihilfe, vorgenommen werden kann. Nach dem Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 53 ff. SGB III soll bei größeren Entfernungen, bei denen ein tägliches Pendeln unzumutbar ist, die Arbeitsaufnahme durch Trennungskostenbeihilfe (nach § 54 Abs. 5 SGB III) erleichtert werden (vgl. Petzold in: Hauck/Noftz § 54 Rdn. 12). Aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung lässt sich eine Begrenzung der Fahrtkostenbeihilfe auf den Höchstbetrag der Trennungskostenbeihilfe ableiten (vgl. Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 54 Rdn. 12; Stratmann in Niesel, SGB III-Kommentar, 4. Auflage, § 46 Rdnr. 5). Die Praxis der Beklagten, die Fahrtkostenbeihilfe bei weiteren Entfernungen auf die Höhe der Trennungskostenbeihilfe zu begrenzen, erweist sich somit nicht als ermessensfehlerhaft.
Die Zumutbarkeit der täglichen Pendelzeiten ergibt sich aus § 121 Abs. 4 SGB III. Danach sind unverhältnismäßig lang Pendelzeiten von insgesamt mehr als 2 ½ Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden und Pendelzeiten von mehr als 2 Stunden bei einer Arbeitszeit von 6 Stunden und weniger (§ 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Dabei stellt das Gesetz ausdrücklich auf die Pendelzeiten, nicht auf die Entfernungen ab. Eine Kombination von Entfernung und Fahrzeit, wie vom Kläger vorgeschlagen, lässt sich hingegen aus dem Gesetz nicht entnehmen. Nach Auffassung des Gerichts sind im vorliegenden Fall die durchschnittlichen Pendelzeiten von 2 ½ Stunden überschritten. Dies ergibt sich aus den vom Kläger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens selbst vorgelegten Routenplanern, wobei das Gericht jeweils die Zeiten gewürdigt hat, die ein "normaler Fahrer" benötigt. Die vom Kläger eingereichte Routenbeschreibung von T-Online mit dem Ergebnis eines Zeitaufwands von 1 Stunde, 9 Minuten konnte bei der Ermittlung durch das Gericht nicht bestätigt werden. Unter Beachtung einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km auf der Autobahn und 80 km auf der Landstraße ergaben sich für die einfache Strecke 1 Stunde, 22 Minuten. Zusammen mit den übrigen Routenplanern, wobei jeweils auf die schnellste Route abzustellen ist, ergaben sich Pendelzeiten von mindestens 2 ½ Stunden täglich. Dabei hat das Gericht, anders als der Kläger, keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 10%iger Abschlag vorzunehmen sei. Dass die Routenplaner regelmäßig einen Sicherheitszuschlag geben würden, ist nicht ersichtlich. Die Unterschiede der jeweiligen zum Teil erheblich voneinander abweichenden Routenplaner werden durch die Bildung des Durchschnittswertes ausgeglichen. Es ergaben sich folgende Werte: Via Michelin: 1 Stunde, 21 Minuten; Yahoo: 1 Stunde, 22 Minuten; Stadtplandienst/normaler Fahrer: 1 Stunde 16 Minuten; Falkplan: 1 Stunde, 37 Minuten; Map24: 1 Stunde, 39 Minuten; T-Online/Durchschnittsgeschwindigkeit 120 km auf Autobahn/80 km auf Landstraßen nach den Ermittlungen des Gerichts: 1 Stunde, 22 Minuten). Daraus errechnet sich ein täglicher Durchschnittsbetrag von 2 Stunden, 52 Minuten, so dass der Tagespendelbereich überschritten ist.
Eine ermessenslenkende Weisung der Beklagten, wonach bei Fahrten außerhalb des Tagespendelbereichs nicht die Fahrtkostenbeihilfe nach dem Bundesreisekostengesetz zu berechnen ist, erweist sich somit als ermessensfehlerfrei. Die entgegenstehenden Entscheidung des LSG Bremen (vom 05.12.1985, L 5 AR 34/85) war dabei nicht zu berücksichtigen. Die zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergangene Entscheidung berücksichtigt nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. § 7 SGB III ist erst mit Wirkung vom 01.01.1998 durch Art. 1 AFRG (vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594) eingeführt und zum 01.01.2002 durch das Job-Aktiv-Gesetz (vom 10.12.2001, BGBl. I S. 3443) angepasst worden und ist nunmehr die Grundsatznorm für die Erbringung von Ermessensleistungen. Danach wird die Beklagte ausdrücklich verpflichtet, beim Einsatz von Maßnahmen zur aktiven Arbeitsförderung wirtschaftlich zu handeln. Da die Entscheidung des LSG Bremen vor Einführung des § 7 SGB III erging, war ihr nicht zu folgen. Sie würde im Ergebnis auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen. Die Beklagte hat zu Recht darauf verwiesen, dass diejenigen Arbeitnehmer, die Arbeitsverhältnisses außerhalb des Tagespendelbereichs aufnehmen und dafür einen Zweitwohnsitz nehmen mit maximal 260,00 EUR gefördert werden. Würde diese Deckelung auf Arbeitnehmer, die außerhalb des Tagespendelbereichs pendeln keine Anwendung finden, läge eine nicht gerechtfertigte Besserstellung dieser Arbeitnehmer vor. Ein sachlicher Grund liegt für diese Besserstellung indes nicht vor. Insbesondere war die tägliche Heimkehr des Klägers aufgrund der persönlichen familiären Situation nicht zwingend erforderlich. Der Kläger hat angegeben, dass seine Ehefrau mit 6 Stunden täglich einer Teilzeitbeschäftigung nachging. Der am 30.05.2004 geborene Sohn wurde morgens von der Ehefrau zur Kita gebracht und nachmittags ebenfalls von der Ehefrau wieder abgeholt. Nur donnerstags musste der Kläger den Sohn abholen. Damit liegt jedoch noch kein sachlicher rechtfertigender Grund für eine Abweichung vom Grundsatz der Deckelung auf 260,00 EUR vor.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Rundbrief
Nr. 21/2004. Es handelt sich um eine interne Geschäftsanweisung, die allerdings gerichtlich voll überprüft werden kann. Dabei wird auf Seite 5 (unten) die Fahrtkostenbeihilfe außerhalb des Tagespendelbereichs auf 260,00 EUR im Monat beschränkt, was sich nach den Feststellungen des Gerichts (siehe oben) als ermessensfehlerfrei darstellt. Auch aus dem Fallbeispiel (Arbeitnehmer wohnt in Görlitz und nimmt in Dresden eine Vollzeitstelle an) ergibt sich nichts anderes. Hier verweist die Geschäftsanweisung darauf, dass der Vermittler erfragen muss, wie die Versorgung des Kindes während der Abwesenheit geregelt ist. Im vorliegenden Fall ist die Kammer nach den Erläuterungen des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dass die Versorgung des Sohnes des Klägers durch die Kindesmutter sichergestellt war (s.o.). Es lag somit auch nach dem Beispielsfall der Geschäftsanweisung keine Ausnahme von dem Grundsatz vor, wonach die Fahrtkostenbeihilfe auf die Trennungskostenbeihilfe beschränkt ist, wenn die Pendelzeiten außerhalb des Tagespendelbereichs liegen.
Auch aus dem Vermittlungsvorschlag vom 12.01.2007 ergibt sich nicht, dass die Beklagte aufgrund einer ermessensfehlerhaften Entscheidung zur Neuverbescheidung zu verurteilen wäre. Dem Kläger wurde dort für den Eintrittstermin am 01.03.2007 eine Stelle in D.- Stadt angeboten. Zum Eintrittstermin, nämlich am 01.03.2007, hat sich der Kläger der bundesweiten Vermittlung zur Verfügung gestellt. Somit ergibt sich aus dem Vermittlungsvorschlag vom 12.01.2007 nicht, dass die Beklagte annimmt, dass der Ausübungsort D.- Stadt innerhalb des Tagespendelbereichs liegt. Darüber hinaus können sich aus diesem Vermittlungsvorschlag für das streitige Verfahren ohnehin keine Erkenntnisse ergeben, da der Vorschlag, worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat, erst nach Ablauf der streitigen Förderung erstellt wurde.
Danach war die weitergeführte Klage, sofern ihr nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis entsprochen wurde, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Beklagte bereits im Kostengrundanerkenntnis die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers anerkannt hat. Darüber hinausgehende Kosten des Klägers sind wegen der Klageabweisung im Übrigen nicht zu erstatten.
Da der Kläger mit dem Anspruch von 0,20 EUR pro Kilometer nach dem Bundesreisekostengesetz einen monatlichen Betrag von über 1.000,00 EUR geltend machte, ist die Berufung kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
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