S 2 R 202/05

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 2 R 202/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 147/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Einverständniserklärungen der Beteiligten bezüglich einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung sind Prozesserklärungen, die nicht frei widerruflich sind. Ein Widerruf könnte allenfalls in einer veränderten Prozesssituation begründet sein.

2. Wichtigste Anwendungsvoraussetzung der Regelung des § 45 SGB X ist, dass es sich um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt. Für diese Einordnung des aufzuhebenden Bescheids ist der Zeitpunkt seines Erlasses maßgebend. Spätere, wenn auch rückwirkende, Änderungen der Sach- oder Rechtslage berühren diese Frage dagegen nicht.

3. Ergibt sich die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts aus der Rücknahme eines Leistungsbescheids eines anderen Trägers, kann dieser Umstand sich auf die Frage der Rechtswidrigkeit erst auswirken, wenn der entsprechende Rücknahmebescheid wirksam geworden ist. Dies setzt die Bekanntgabe an den Betroffenen voraus.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 wird insoweit aufgehoben, als darin der Rentenbescheid vom 15. Mai 2001 für die Vergangenheit aufgehoben wird und Rentenleistungen für die Vergangenheit zurückgefordert werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/4 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.07.2001 und die Festsetzung eines Rückforderungsbetrags in Höhe von 29.468,64 Euro.

Der 1941 geborene Kläger war seit 1970 als Gießereiarbeiter bei der Fa. FZ. WR. in A Stadt versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 29.05.1992 wurde ihm aus betriebsbedingten und gesundheitlichen Gründen gekündigt. Er erhielt eine Abfindung von 25.624,27 DM. Nach der Arbeitsbescheinigung hätte ein Urlaubsanspruch bis zum 17.06.1992 bestanden, wenn der abgegoltene Urlaub im Anschluss an das Arbeitsverhältnis genommen worden wäre. Der Kläger meldete sich am 29.05.1992 arbeitslos. Vom 13.06. bis 27.09.1992 hielt er sich in der Türkei auf. Für die gesamte Dauer seines Auslandsaufenthalts erkannte die damalige Bundesanstalt für Arbeit seine Verfügbarkeit nicht an. Mit Bescheid vom 29.07.1992 stellte sie zudem das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen der gezahlten Abfindung bis zum 07.08.1992 fest. Am 28.09.1992 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld vom 28.09.1992 bis zum 17.11.1995 mit Ausnahme des Zeitraums vom 18. bis 21.02.1993, des Zeitraums vom 19.06. bis 30.09.1993, des Zeitraums vom 11.05. bis 04.09.1994 und des Zeitraums vom 13.05. bis 10.09.1995 wegen weiterer Türkeiaufenthalte. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bezog der Kläger in der Zeit vom 18.11.1995 bis zum 30.06.2001 Arbeitslosenhilfe mit Ausnahme folgender Zeiträume wegen weiterer Türkeiaufenthalte: 12.05. bis 29.09.1996, 30.04. bis 28.09.1997, 07.04. bis 16.04.1998 und 05.05. bis 27.09.1998. Ferner war er vom 17.04. bis 24.04.1998 arbeitsunfähig erkrankt und ohne Bezug von Arbeitslosenhilfe.

Mit Datum vom 26.01.2001 beantragte der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 15.05.2001 bewilligte die Beklagte Altersrente ab dem 01.07.2001, zunächst in Höhe von monatlich 1.325,49 DM.

Im Januar 2005 ging bei der Beklagten eine Kopie des Bescheids der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 ein. Zugleich teilte die zuständige Agentur für Arbeit der Beklagten mit, dass sie mit dem bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 08.11.2004 die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 18.11.1995 bis 11.05.1996, vom 30.11.1996 bis 29.04.1997, vom 29.09.1997 bis 06.04.1998, vom 25.04.1998 bis 04.05.1998 und vom 28.09.1998 bis 30.06.2001 zurückgenommen habe. Der Kläger habe in seinen seit November 1995 gestellten Anträgen auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe falsche Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht. Wegen mangelnder Bedürftigkeit habe in den genannten Zeiträumen tatsächlich kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestanden. Daher sei der Kläger gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu einer Rückzahlung überzahlter Leistungen (einschließlich abgeführter Sozialversicherungsbeiträge) in Höhe von insgesamt 37.745,17 Euro verpflichtet. Die entsprechenden Zeiten hätten daher der Beklagten nicht als Pflichtbeitragszeiten gemeldet werden dürfen.

Mit Schreiben der Beklagten vom 04.03.2005 wurde der Kläger zu diesem Sachverhalt angehört. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass damit die Voraussetzungen für die gewährte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr erfüllt seien. Daher sei beabsichtigt, den Rentenbescheid vom 15.05.2001 zurückzunehmen und die überzahlte Rente in Höhe von insgesamt 29.468,64 Euro zurückzufordern. Der Kläger trug hierzu vor, die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe treffe zu. Dennoch müssten die betreffenden Zeiträume weiterhin rentenrechtlich berücksichtigt werden. Arbeitslosigkeit habe vorgelegen. Die Aufhebung sei allein wegen der Vermögensverhältnisse erfolgt. Es seien Beiträge bezahlt worden. Es bestehe auch Vertrauensschutz. Er habe gegenüber der Beklagten keine falschen Angaben gemacht.

Mit Bescheid vom 21.03.2005 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 15.05.2001 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X mit Wirkung vom 01.07.2001 an zurück. Für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.03.2005 setzte sie den Erstattungsbetrag wegen Überzahlung auf 29.468,64 Euro fest. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zurückgenommen habe, seien nicht mehr als Beitragszeiten für die Rente zu berücksichtigen. Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug seien rentenversicherungsrechtlich allenfalls als Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI zu berücksichtigen. Dies scheide jedoch im vorliegenden Fall aus, da die entsprechenden Zeiten nicht eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen haben. Damit sei der Rentenbescheid vom 15.05.2001 von Beginn an rechtswidrig gewesen. Die für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.03.2005 entstandene Überzahlung in Höhe von insgesamt 29.468,64 Euro sei folglich vom Kläger zu erstatten. Ab dem 01.04.2005 werde die Rente nicht mehr gezahlt. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er gegenüber dem Arbeitsamt falsche Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht habe. Angesichts des nicht unerheblichen Vermögens des Klägers sei auch bei der Ausübung des Ermessens keine andere Entscheidung angezeigt. Mit weiterem Bescheid vom 22.03.2005 merkte die Beklagte die Zeiten, für die die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgehoben worden war, als Anrechnungszeiten vor. Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 12.04.2005 Widerspruch ein. Er trug vor, der maßgebliche Zehn-Jahres-Zeitraum, in dem acht Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt sein müssten, sei um die Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit zu verlängern. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2005 wies die Beklage den Widerspruch zurück. In der Begründung führte sie aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gehabt. Die dafür erforderliche Vorversicherungszeit (acht Jahre Pflichtbeiträge in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente) liege nicht vor. Der entsprechende Zehn-Jahres-Zeitraum sei auch nicht wegen Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit zu verlängern. Denn die Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosenhilfe von dem Kläger zurückgefordert habe, stellten keine solche Anrechnungszeit dar. Es fehle insoweit an der Voraussetzung, dass die Zeit der Arbeitslosigkeit eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbreche. Insoweit bestehe im Versicherungsverlauf des Klägers eine Lücke vom 30.05.1992 bis zum 27.09.1992. Bei diesem Sachverhalt könne sich der Kläger auch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Zum einen beruhe die Rentenbewilligung auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich unwahr oder zumindest grob fahrlässig unrichtig gemacht habe (gegenüber dem zuständigen Arbeitsamt). Zudem hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit der Rentenbewilligung erkennen müssen. Zumindest sei auch insoweit von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Damit überwiege das öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands das Interesse des Klägers am Fortbestand des rechtswidrigen Verwaltungsakts. Im vorliegenden Fall sei insbesondere nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Rücknahme in eine besondere wirtschaftliche Bedrängnis gerate. Ihm seien durch die nachträglich aufgehobene Rentenbewilligung auch nicht andere Sozialleistungen entgangen. Da der Kläger gegenüber der Bundesagentur für Arbeit ein großes Vermögen verschwiegen habe, könne er auch über die Höhe der Rückforderung nicht überrascht sein. Schließlich sei es der Beklagten selbst nicht möglich gewesen, im Vorhinein zu erkennen, dass der klägerische Rentenanspruch zu Unrecht anerkannt worden sei. Nach alledem sei die Rücknahme für die Vergangenheit und die Festsetzung des dementsprechenden Erstattungsbetrags recht- und zweckmäßig gewesen.

Hiergegen hat der Kläger am 21.09.2005 (Eingangsdatum) durch seine Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Er trägt ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, er habe bei der Beantragung der Altersrente davon ausgehen dürfen, dass die entsprechenden rentenrechtlichen Voraussetzungen gegeben seien. Der Beklagten gegenüber habe er nämlich keinerlei falsche Angaben gemacht. Vielmehr sei ihm zu diesem Zeitpunkt für die streitgegenständlichen Zeiträume tatsächlich Arbeitslosenhilfe bewilligt und ausgezahlt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2007 hat der Kläger seine Klage bezüglich des Bescheids der Beklagten vom 22.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2005 zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Weiter führt sie aus, ein Vergleich mit den Unterlagen aus der Arbeitsamtsakte erkläre die Lücken im Versicherungskonto mit der urlaubsbedingten Abwesenheit des Klägers. Aufgrund dieser Versicherungslücken seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI nicht erfüllt. Hätte der Kläger von Anfang an korrekte Angaben gegenüber der Arbeitsverwaltung gemacht, wäre es nicht zu den später stornierten Beitragszeiten für den Bezug von Arbeitslosenhilfe gekommen. Dies rechtfertige die erfolgte Rücknahme des Rentenbescheids nach § 45 SGB X. Insoweit stützt sich die Beklagte auf das Urteil BSG, SozR 3-1300 § 107 Nr. 10. Hilfsweise lasse sich der streitgegenständliche Bescheid im Wege der Umdeutung aber auch auf § 48 SGB X stützen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf den vom Gericht angefertigten Auszug aus der beigezogenen Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 11.12.2007 und der Entscheidungsfindung durch die Kammer am 18.03.2008.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2007 mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Diese Einverständniserklärungen waren auch bei Erlass des Urteils am 18.03.2008 noch wirksam.

Die entsprechenden Prozesserklärungen sind nicht wirksam widerrufen worden. Soweit die Beklagte als rechtskundiger Sozialleistungsträger mit Schriftsatz vom 21.02.2008 erklärt hat, sie sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG nicht einverstanden, erscheint bereits zweifelhaft, ob hierin eine Widerrufserklärung erblickt werden kann. Jedenfalls liegt im vorliegenden Fall aber kein Widerrufsgrund vor. Die Einverständniserklärung nach § 124 Abs. 2 SGG ist (zumindest nachdem – wie hier – bereits alle Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben) nicht etwa frei widerruflich. Der Widerruf könnte allenfalls in einer veränderten Prozesssituation begründet sein (siehe zum Ganzen Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 124 Rn. 3 d). Eine solche liegt hier indes nicht vor. Die rechtliche Einschätzung der Kammer ist mit den Beteiligten bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2007 erörtert worden. Die Beteiligten hatten dort auch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem rechtlichen Hinweis des Gerichts. Seit diesem Zeitpunkt ist lediglich der zwischen den Beteiligten geschlossene Widerrufsvergleich widerrufen worden und die Beklagte hat ihre Rechtsansicht vertiefend dargelegt.

Schließlich ist die Einverständniserklärung der Beklagten auch nicht "verbraucht". Dabei kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben, ob dies überhaupt denkbar ist (dafür BSG, SozR 1500 § 124 Nr. 2 und 3). Dies unterliegt Bedenken im Hinblick auf die Rechtssicherheit, die einerseits eine Klarheit, andererseits aber auch eine Verbindlichkeit von Prozesserklärungen erfordert. Zumindest würde ein solcher Verbrauch der Einverständniserklärung eine ganz wesentlich veränderte Prozesssituation voraussetzen, etwa dass das Gericht nach Abgabe der Einverständniserklärungen weitere Sachverhaltsermittlungen nach § 106 Abs. 3 SGG angestellt hat. Ein solcher Fall ist hier jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht gegeben. Die Kammer hat die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet, da die Beteiligten nur noch über eine reine Rechtsfrage streiten.

Die Klage ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2005 war aufzuheben, soweit darin der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.05.2001 für die Vergangenheit zurückgenommen wird und Rentenleistungen zurückgefordert werden. Denn insoweit erweist sich der streitgegenständliche Verwaltungsakt als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Für die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung des Rentenbescheids vom 15.05.2001 mit Wirkung für die Vergangenheit existiert keine Rechtsgrundlage. Entgegen der Auffassung des Klägers stand ihm allerdings unter Berücksichtigung der Aufhebungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit kein Anspruch auf vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mehr zu. Infolge des Rücknahme- und Erstattungsbescheids der Bundesagentur vom 08.11.2004 erweist sich der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.05.2001 damit als rechtswidrig.

Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit hatten Versicherte gemäß § 237 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der im Mai 2001 anwendbaren Fassung des Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 20.12.1999 (a.F.), wenn sie
1. vor dem 1. Januar 1952 geboren sind,
2. das 60. Lebensjahr vollendet haben,
3. entweder
a) bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder
b) die Arbeitszeit aufgrund von Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes für mindestens 24 Kalendermonate vermindert haben,
4. in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und
5. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

Der Zeitraum von zehn Jahren, in dem acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sein müssen, verlängert sich auch um
1. Arbeitslosigkeitszeiten nach Satz 1,
2. Ersatzzeiten, soweit diese Zeiten nicht auch Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind (§ 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger unter Berücksichtigung des bestandskräftigen Rücknahme- und Erstattungsbescheids der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 nicht. Ihm fehlt die nach § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI a. F. erforderliche Vorversicherungszeit. Denn die Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit geleistete Arbeitslosenhilfe zurückgefordert hat, stellen keine Pflichtbeitragszeiten mehr dar. Lässt man diese Zeiträume außer Betracht, so stehen dem Kläger in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente nicht mehr acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch eine Verlängerung des Zehn-Jahres-Zeitraums hier nicht möglich. Denn die streitgegenständlichen Zeiten des früheren Arbeitslosenhilfebezugs des Klägers stellen weder Anrechnungszeiten noch Berücksichtigungszeiten noch Zeiten des Bezugs einer Rente aus einer eigenen Versicherung (vgl. § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI a.F.) dar. Denkbar wäre insoweit nur die Berücksichtigung als Anrechnungszeit. Als Anrechnungszeiten waren seinerzeit u.a. Zeiten anzurechnen, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F.). Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit liegen allerdings nur vor, wenn durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wird (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Insoweit wirkt sich zu Lasten des Klägers die Lücke in seinem Versicherungsverlauf aus, die vom 30.05.1992 bis zum 27.09.1992 besteht. In dieser Zeit stand der Kläger nicht mehr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Zwar hatte er sich bei seinem damaligen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet, er war jedoch nicht arbeitslos im Rechtssinne. Dafür fehlte es an der Verfügbarkeit, da sich der Kläger vom 13.06.1992 bis zum 27.09.1992 in der Türkei aufhielt. Deswegen ist in diesem Zeitraum keine rentenrechtlich relevante Zeit gegeben. Somit konnten die gesamten in der Folgezeit bestehenden Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht mehr eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrechen. Im Ergebnis handelt es sich aus diesem Grund nicht um Anrechnungszeiten. Schließlich war der Zehn-Jahres-Zeitraum hier auch nicht nach § 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. zu verlängern. Denn die streitgegenständlichen Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosenhilfe zurückgefordert hat, sind weder Arbeitslosigkeitszeiten nach § 237 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. (weil der Kläger in dieser Zeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand) noch Ersatzzeiten im Sinne von §§ 250, 251 SGB VI.

Die Beklagte stützt ihre Verwaltungsentscheidung jedoch zu Unrecht auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Wichtigste Anwendungsvoraussetzung dieser Regelung ist, dass es sich um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt. Dies ergibt sich bereits aus der amtlichen Überschrift der Norm sowie aus der Systematik der §§ 44 ff. SGB X, die penibel zwischen der Rücknahme eines rechtswidrigen und dem Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts differenzieren. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsakts und damit für die Auswahl der einschlägigen Rechtsgrundlage ist der Zeitpunkt seines Erlasses (deutlich in diesem Sinne etwa Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 45 Rn. 31 f. m.w.N.). Dafür spricht zum einen die Formulierung in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wo allgemein für die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X definiert wird, wann ein rechtswidriger Verwaltungsakt vorliegt. Dies setzt voraus, dass die Behörde bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erweist. Zum zweiten spricht die Regelung des § 48 SGB X für die Auslegung der Kammer. Dort findet sich (für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung) eine Spezialvorschrift für den Fall einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse. Dies würde keinen Sinn ergeben, wenn es für die Anwendung der §§ 44 ff. SGB X ohnehin auf den Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung und nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsakts ankäme. Insbesondere der Anordnung in § 48 Abs. 3 SGB X lässt sich entnehmen, dass nachträgliche Änderungen, die sich auf die Rechtmäßigkeit eines Bescheids auswirken, keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit des § 45 SGB X mehr haben.

Der (den Kläger begünstigende) Rentenbescheid vom 15.05.2001 stellte indes bei seinem Erlass keinen rechtswidrigen Verwaltungsakt dar. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte vielmehr zu Recht die oben dargelegten Voraussetzungen eines Anspruchs auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 SGB VI a.F. bejaht. Insbesondere war seinerzeit davon auszugehen, dass der Kläger die erforderliche Vorversicherungszeit erfüllt. Denn ihm standen aus damaliger Sicht für die letzten zehn Jahre vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu. Denn dazu zählen gemäß § 55 Abs. 2 SGB VI auch Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 SGB VI oder § 4 SGB VI genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind. Diese Voraussetzungen waren im Mai 2001 erfüllt. Der Kläger war zuvor tatsächlich arbeitslos gewesen. Er war bei einem deutschen Arbeitsamt gemeldet und hat eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen. Als Bezieher von Arbeitslosenhilfe war er versicherungspflichtig nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F. gewesen. Diese Leistung war ihm wiederum durch bestandskräftige Bescheide der damaligen Bundesanstalt für Arbeit zuerkannt worden. Entsprechende Rentenversicherungsbeiträge waren an die Beklagte abgeführt worden. Weitere Voraussetzungen hatte die Bewilligung der Altersrente im Mai 2001 nicht. Die Beklagte hatte auch lediglich auf die genannten tatsächlichen Umstände abzustellen. Fiktive Überlegungen, was gewesen wäre, wenn der Kläger gegenüber der Arbeitsverwaltung von vorneherein wahrheitsgemäße Angaben gemacht hätte, waren dagegen von der Beklagten nicht anzustellen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Bewilligungen von Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit mit Rückwirkung zurückgenommen worden sind. Denn der entsprechende Aufhebungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 ist erst mit seiner Bekanntgabe an den Kläger wirksam geworden. Vor diesem Zeitpunkt konnten von ihm keine rechtlichen Wirkungen ausgehen. Deshalb konnte und durfte die Beklagte diese Rücknahmeentscheidung im maßgebenden Zeitpunkt (Mai 2001) auch nicht berücksichtigen. Spätere, wenn auch rückwirkende, Änderungen der Sach- oder Rechtslage berühren die im Rahmen der §§ 44, 45 SGB X erhebliche ursprüngliche Rechtswidrigkeit dagegen nicht (so schon BSG, SozR 3-2600 § 93 Nr. 3 m.w.N.). Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Urteil BSG, SozR 3-1300 § 107 Nr. 10, auf das sich die Beklagte stützt.

Dass die Bewilligung der Altersrente mit Bescheid vom 15.05.2001 rechtmäßig war, zeigt schließlich auch eine einfache "Gegenprobe". Die Beklagte war nämlich im Mai 2001 sogar verpflichtet, die streitgegenständlichen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe als Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit anzuerkennen. Denn sie hatte damals nur den tatsächlichen Bezug von Arbeitslosenhilfe durch den Kläger, nicht jedoch dessen Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Insofern war sie an die Feststellungswirkung der entsprechenden Bewilligungsbescheide der damaligen Bundesanstalt für Arbeit gebunden. Ihr stand dagegen kein eigenes materielles Prüfungsrecht hinsichtlich der Berechtigung des Klägers zum Arbeitslosenhilfebezug zu. Folglich hätte sie den Rentenantrag des Klägers im Mai 2001 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ablehnen dürfen. Der Erlass des Rentenbescheids vom 15.05.2001 stellte somit ein rechtmäßiges und für die Beklagte unausweichliches Verwaltungshandeln dar.

Da es sich nach alledem bei Erlass des Rentenbescheids vom 15.05.2001 um einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt hat, wäre allenfalls der Anwendungsbereich des § 47 SGB X eröffnet gewesen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit sind jedoch offensichtlich nicht erfüllt. Denn § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB X setzt dafür einen Verwaltungsakt voraus, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zuerkennt. Die dem Kläger von der Beklagten mit Bescheid vom 15.05.2001 gewährte Altersrente ist jedoch keine zweckbestimmte Leistung.

Eine Aufhebung des Rentenbescheids vom 15.05.2001 mit Wirkung für die Vergangenheit lässt sich schließlich auch nicht auf die Regelung des § 48 Abs. 1 SGB X stützen. Danach kann ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgehoben werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine rückwirkende Aufhebung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse setzt dabei voraus, dass
• die Änderung entweder zugunsten des Betroffenen erfolgte (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X),
• der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X),
• nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, dass zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) oder
• der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X der Erlass des Rücknahmebescheids der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 ist. Dieser ist dem Kläger im November 2004 bekanntgegeben worden, so dass eine Aufhebung des Rentenbescheids gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X lediglich Rückwirkung ab Dezember 2004 entfalten könnte. Es ist jedoch keine der aufgeführten Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung erfüllt. Da die Änderung der Verhältnisse hier nicht zugunsten des Klägers eingetreten ist und es sich nicht um einen Fall des Wegfalls oder der Minderung eines einkommensabhängigen Anspruchs handelt, kommen allenfalls die Regelungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X in Betracht. Die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X greift jedoch letztlich nicht durch, selbst wenn man eine Pflicht des Klägers anerkennen wollte, die Beklagte über den Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 zu informieren. Denn eine entsprechende Obliegenheitsverletzung des Klägers wäre letztlich nicht kausal für die Überzahlung der Rente geworden, da die Beklagte insoweit unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit über die Aufhebung informiert worden ist. Schließlich ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht einschlägig, weil der Kläger weder wusste noch grob fahrlässig verkannt hat, dass sein Rentenanspruch infolge des Rücknahme- und Erstattungsbescheids der Bundesagentur für Arbeit weggefallen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Ausmaß verletzt hat. Ein derart gravierender Pflichtenverstoß ist dem Kläger hier indes nicht vorzuwerfen. Denn es muss einem durchschnittlichen Altersrentenempfänger nicht ohne weiteres einleuchten, dass seine vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit von dem Vorbezug von Arbeitslosenhilfe in früheren Zeiträumen abhängt. Dies gilt hier umso mehr, als die Rechtswidrigkeit der Rentengewährung nach dem oben Gesagten allein auf dem Umstand beruht, dass die entsprechenden Arbeitslosigkeitszeiten des Klägers nach der Aufhebungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit auch nicht mehr als Anrechungszeiten zu berücksichtigen waren. Eine derart komplizierte Rechtslage zu verkennen, stellt jedoch keine grobe Fahrlässigkeit dar.

Dagegen ist die Aufhebung des Rentenbescheids vom 15.05.2001 für die Zukunft, das heißt für die Zeit ab der Wirksamkeit des Aufhebungsbescheids, rechtmäßig. Die Beklagte durfte damit die Rentenzahlungen an den Kläger mit Wirkung vom 01.04.2005 an einstellen. Insoweit findet der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 21.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2005 (nach einer Umdeutung seines Verfügungssatzes von einer Rücknahme- in eine Aufhebungsentscheidung) seine Rechtsgrundlage in der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Norm sieht vor, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dies ist hier der Fall.

Bei dem Rentenbescheid der Beklagten vom 15.05.2001 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Wie oben bereits ausführlich begründet, war dieser zunächst rechtmäßig. Dabei hatte die Beklagte die tatsächlichen Verhältnisse bei Erlass des Rentenbescheids im Mai 2001 zu berücksichtigen. Diese beinhalteten den Umstand, dass der Kläger zuvor Leistungen der Arbeitslosenhilfe von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit bezogen hatte. Infolgedessen erfüllte er die in § 237 SGB VI vorausgesetzte Vorversicherungszeit. Dieser tatsächliche Umstand ist nachträglich weggefallen. Infolge des Rücknahme- und Erstattungsbescheids der Bundesagentur für Arbeit vom 08.11.2004 standen dem Kläger nunmehr in den letzten zehn Jahren vor Rentenbeginn nicht mehr die erforderlichen acht Jahre an Pflichtbeitragszeiten zu. Dabei handelt es sich auch um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, da sie von maßgebender Bedeutung für die Entscheidung der Beklagten über die vorgezogene Altersrente bei Arbeitslosigkeit war. Wie bereits eingangs dargelegt, stand dem Kläger unter Berücksichtigung der Aufhebungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit kein Anspruch auf vorgezogene Altersrente bei Arbeitslosigkeit nach § 237 SGB VI a.F. zu. Folglich hatte die Beklagte ihren Rentenbescheid vom 15.05.2001 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; ein Ermessensspielraum stand ihr bei der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Quotelung entspricht dem wechselseitigen Verhältnis von Unterliegen und Obsiegen.
Rechtskraft
Aus
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