Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 120/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 57/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine KV ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgrund eines sog. Job-Sharings gebunden. Überschreitet die Abrechnung den festgesetzten Leistungsumfang, so kann eine Honorarberichtigung erfolgen.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15.04.2008 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 4.386 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Honorarrückforderungsbescheid in Höhe von 17.544,87 EUR.
Die Antragstellerin war als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006, ausgefertigt am 07.09.2006, wurde ihr auf ihren Antrag vom 17.07.2006 hin die Beschäftigung des Herrn dr/Univ. T. S. C., Allgemeinarzt, als ganztags angestellter Arzt gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.11.2006 stellte dieser fest, dass die Tätigkeit des Herrn dr/Univ. C. zum 31.01.2007 ende. Ebf. zum 31.01.2007 verzichtete die Antragstellerin auf ihre Zulassung. Für das Quartal III/06 setzte die Antragsgegnerin das Nettohonorar auf insgesamt 55.472,98 EUR und für das Quartal IV/06 auf 65.520,75 EUR fest.
Die Antragstellerin zeigte gegenüber der Antragsgegnerin unter Datum vom 29.06.2006 an, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Sie reichte unter Datum vom 26.09.2006 eine entsprechende Patientenliste ein und bat um Erhöhung der Fallzahlbegrenzung.
Mit Bescheid vom 10.12.2007 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III und IV/06 wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 17.544,87 EUR zurück.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 02.01.2008 Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Hierauf habe sie bereits mit Schreiben vom 29.06.2006 hingewiesen. Es handele sich um 115 Patienten. Eine größere Zahl von Patienten habe sie abgewiesen. Sie habe auch die Erhöhung der Fallzahlbegrenzung beantragt. Vor Bescheidung ihres Antrages hätte eine Kürzung nicht erfolgen dürfen. Dass der Sitz in A-Stadt wieder besetzt worden sei, sei ihr erst am 12.10.2006 von Kollegen mitgeteilt worden.
Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008 den Widerspruch als unbegründet zurück. Über die hiergegen am 11.04.2008 erhobene Klage (Az: S 12 KA 117/08) wurde noch nicht entschieden.
Mit Ihrem am 11.04.2008 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid. Sie trägt vor, aufgrund des Todes ihres Kollegen sei es zu einer Fallzahlzunahme gekommen. Die Antragsgegnerin habe auf ihren Antrag eine Entscheidung wiederholt angekündigt, ihr jedoch nicht mitgeteilt, in welchem Umfang die Fallzahl verändert worden sei. Sie sei dann von der Rückforderung überrascht worden. Die Beklagte habe erst im Februar 2007 über ihren Antrag entschieden. Die Antragsgegnerin habe die Ursachen für die Rückforderung selbst herbeigeführt, indem sie nicht rechtzeitig entschieden habe. Daraus dürften ihr keine nachteiligen Folgen entstehen.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11.04.2008 gegen den Rückforderungsbescheid vom 10.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie trägt vor, den Praxissitz des am 06.03.2006 verstorbenen Dr. ZR. habe Herr Dr. NL. zum 01.07.2006 übernommen. Damit sei ab diesem Zeitpunkt ein Sicherstellungsproblem entfallen. Das Job-Sharing mit Dr. C sei erst am 15.08.2007 genehmigt worden. Die Antragstellerin habe die Leistungsbegrenzung anerkannt. Sie sei an die bestandskräftige Leistungsbegrenzung gebunden. Überwiegende Interessen der Antragstellerin für den Erlass einer einstweiligen Anordnung würden nicht vorgetragen werden.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).
Die Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 S. 9 SGB V). Bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, der die Honorarfestsetzung betrifft.
Der Antrag ist aber nach Aktenlage ohne Aussicht auf Erfolg. Die Kammer geht dabei davon aus, dass zwischen den Beteiligten unstrittig ist, dass der Bescheid des Zulassungsausschusses bestandskräftig ist und dass das von der Antragstellerin abgerechnete Honorarvolumen das im Bescheid des Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen überschritten hat, was die entsprechende Honorarrückforderung in Höhe von 17.544,87 EUR ergibt. Strittig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Frage, ob die Leistungsausweitung aufgrund des vorübergehend verwaisen Vertragsarztsitzes in A Stadt ganz oder teilweise bei der Berechnung des maßgeblichen Punktezahlvolumens auf der Grundlage des Bescheids des Zulassungsausschusses zu berücksichtigen ist. Der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses bindet nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Sie ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund eines sog. Job-Sharings gebunden. Hierauf weist die Antragsgegnerin zutreffend im angefochtenen Widerspruchsbescheid und ihrer Antragserwiderung hin.
Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs. 9, 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ergangene und bis März 2007 noch geltende Angestellte-Ärzte-Richtlinien, die insofern inhaltlich unverändert in die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte aufgenommen wurde, unterscheidet nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktezahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolgt vor allem deshalb, weil die Anstellung eines Arztes gerade auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht wird. Der im Rahmen des Job-Sharing angestellte Arzt wird nicht mehr bei der Bedarfsplanung berücksichtigt, weshalb eine Leistungsausweitung nur in ganz engen Grenzen möglich ist. Diese Begrenzung des Leistungsumfangs ist unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt wird, sondern folgt letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung.
Hinzu kommt, dass Änderungen gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Nur auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Auch die Antragsgegnerin oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 der Angestellte-Ärzte-Richtlinien). Eine Entscheidung hierüber obliegt aber weder der Antragsgegnerin noch dem Gericht. Insofern besteht eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses, solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert hat.
Die Kammer folgt insoweit auch der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hessen. Dieses hat mit Urteil vom 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – ausgeführt, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Ermächtigung bei Erlass der Richtlinien gehalten hat. Auch binde der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs, die der Zulassungsausschuss einvernehmlich mit der Antragstellerin festgelegt hatte, gebunden.
Etwaigen Besonderheiten tragen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung. Die Antragsgegnerin weist aber zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Anstellung des Dr. C der vorübergehende Vertragsarztsitz bereits wieder besetzt war. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Rückforderung nicht entgegen. Im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006 wird das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen festgestellt. Diese Leistungsbegrenzung hat die Antragstellerin zudem in einer gesonderten Erklärung anerkannt. Die Klägerin hätte bereits bei Beantragung der Genehmigung auf ein erhöhtes Leistungsvolumen hinweisen können. Im Übrigen trägt sie selbst vor, die Antragsgegnerin habe ihr auch keine anderen Begrenzungszahlen genannt. Allein die Antragstellung kann ein schutzwürdiges Vertrauen nicht begründen. Ggf. kann eine einstweilige Anordnung zum Erlass einer vorläufigen Regelung bei Gericht beantragt werden.
Im Übrigen ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Trotz Hinweises der Kammer hierauf mit Verfügung vom 15.04.2008 und Zurückstellens einer Entscheidung auf Antrag der Antragstellerin bis zum 23.05.2008 hat die Antragstellerin nicht ansatzweise dargelegt, weshalb ihr die Rückzahlung unzumutbar sein sollte.
Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klageverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718. Das Prozessgericht setzt den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen war vom Berichtigungsbescheid über 17.544,87 EUR. Hiervon war für das einstweilige Anordnungsverfahren 1/4 zu nehmen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 4.386 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Honorarrückforderungsbescheid in Höhe von 17.544,87 EUR.
Die Antragstellerin war als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006, ausgefertigt am 07.09.2006, wurde ihr auf ihren Antrag vom 17.07.2006 hin die Beschäftigung des Herrn dr/Univ. T. S. C., Allgemeinarzt, als ganztags angestellter Arzt gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 28.11.2006 stellte dieser fest, dass die Tätigkeit des Herrn dr/Univ. C. zum 31.01.2007 ende. Ebf. zum 31.01.2007 verzichtete die Antragstellerin auf ihre Zulassung. Für das Quartal III/06 setzte die Antragsgegnerin das Nettohonorar auf insgesamt 55.472,98 EUR und für das Quartal IV/06 auf 65.520,75 EUR fest.
Die Antragstellerin zeigte gegenüber der Antragsgegnerin unter Datum vom 29.06.2006 an, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Sie reichte unter Datum vom 26.09.2006 eine entsprechende Patientenliste ein und bat um Erhöhung der Fallzahlbegrenzung.
Mit Bescheid vom 10.12.2007 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III und IV/06 wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 17.544,87 EUR zurück.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 02.01.2008 Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass in A-Stadt im März 2006 ein Kollege verstorben und sein Praxissitz verwaist sei. Einen Teil seiner Patienten habe sie deshalb versorgt, weshalb die Praxis ausgeweitet worden sei. Hierauf habe sie bereits mit Schreiben vom 29.06.2006 hingewiesen. Es handele sich um 115 Patienten. Eine größere Zahl von Patienten habe sie abgewiesen. Sie habe auch die Erhöhung der Fallzahlbegrenzung beantragt. Vor Bescheidung ihres Antrages hätte eine Kürzung nicht erfolgen dürfen. Dass der Sitz in A-Stadt wieder besetzt worden sei, sei ihr erst am 12.10.2006 von Kollegen mitgeteilt worden.
Die Antragsgegnerin wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008 den Widerspruch als unbegründet zurück. Über die hiergegen am 11.04.2008 erhobene Klage (Az: S 12 KA 117/08) wurde noch nicht entschieden.
Mit Ihrem am 11.04.2008 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid. Sie trägt vor, aufgrund des Todes ihres Kollegen sei es zu einer Fallzahlzunahme gekommen. Die Antragsgegnerin habe auf ihren Antrag eine Entscheidung wiederholt angekündigt, ihr jedoch nicht mitgeteilt, in welchem Umfang die Fallzahl verändert worden sei. Sie sei dann von der Rückforderung überrascht worden. Die Beklagte habe erst im Februar 2007 über ihren Antrag entschieden. Die Antragsgegnerin habe die Ursachen für die Rückforderung selbst herbeigeführt, indem sie nicht rechtzeitig entschieden habe. Daraus dürften ihr keine nachteiligen Folgen entstehen.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11.04.2008 gegen den Rückforderungsbescheid vom 10.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2008 bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie trägt vor, den Praxissitz des am 06.03.2006 verstorbenen Dr. ZR. habe Herr Dr. NL. zum 01.07.2006 übernommen. Damit sei ab diesem Zeitpunkt ein Sicherstellungsproblem entfallen. Das Job-Sharing mit Dr. C sei erst am 15.08.2007 genehmigt worden. Die Antragstellerin habe die Leistungsbegrenzung anerkannt. Sie sei an die bestandskräftige Leistungsbegrenzung gebunden. Überwiegende Interessen der Antragstellerin für den Erlass einer einstweiligen Anordnung würden nicht vorgetragen werden.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).
Die Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 S. 9 SGB V). Bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, der die Honorarfestsetzung betrifft.
Der Antrag ist aber nach Aktenlage ohne Aussicht auf Erfolg. Die Kammer geht dabei davon aus, dass zwischen den Beteiligten unstrittig ist, dass der Bescheid des Zulassungsausschusses bestandskräftig ist und dass das von der Antragstellerin abgerechnete Honorarvolumen das im Bescheid des Zulassungsausschusses genannte Leistungsvolumen überschritten hat, was die entsprechende Honorarrückforderung in Höhe von 17.544,87 EUR ergibt. Strittig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Frage, ob die Leistungsausweitung aufgrund des vorübergehend verwaisen Vertragsarztsitzes in A Stadt ganz oder teilweise bei der Berechnung des maßgeblichen Punktezahlvolumens auf der Grundlage des Bescheids des Zulassungsausschusses zu berücksichtigen ist. Der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses bindet nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Sie ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund eines sog. Job-Sharings gebunden. Hierauf weist die Antragsgegnerin zutreffend im angefochtenen Widerspruchsbescheid und ihrer Antragserwiderung hin.
Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs. 9, 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ergangene und bis März 2007 noch geltende Angestellte-Ärzte-Richtlinien, die insofern inhaltlich unverändert in die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte aufgenommen wurde, unterscheidet nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktezahlvolumens. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolgt vor allem deshalb, weil die Anstellung eines Arztes gerade auch in wegen Überversorgung gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht wird. Der im Rahmen des Job-Sharing angestellte Arzt wird nicht mehr bei der Bedarfsplanung berücksichtigt, weshalb eine Leistungsausweitung nur in ganz engen Grenzen möglich ist. Diese Begrenzung des Leistungsumfangs ist unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung gezahlt wird, sondern folgt letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung.
Hinzu kommt, dass Änderungen gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Nur auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Auch die Antragsgegnerin oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 der Angestellte-Ärzte-Richtlinien). Eine Entscheidung hierüber obliegt aber weder der Antragsgegnerin noch dem Gericht. Insofern besteht eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses, solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert hat.
Die Kammer folgt insoweit auch der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Hessen. Dieses hat mit Urteil vom 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – ausgeführt, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Ermächtigung bei Erlass der Richtlinien gehalten hat. Auch binde der Zulassungsbescheid des Zulassungsausschusses nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs, die der Zulassungsausschuss einvernehmlich mit der Antragstellerin festgelegt hatte, gebunden.
Etwaigen Besonderheiten tragen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung. Die Antragsgegnerin weist aber zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Anstellung des Dr. C der vorübergehende Vertragsarztsitz bereits wieder besetzt war. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Rückforderung nicht entgegen. Im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.08.2006 wird das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen festgestellt. Diese Leistungsbegrenzung hat die Antragstellerin zudem in einer gesonderten Erklärung anerkannt. Die Klägerin hätte bereits bei Beantragung der Genehmigung auf ein erhöhtes Leistungsvolumen hinweisen können. Im Übrigen trägt sie selbst vor, die Antragsgegnerin habe ihr auch keine anderen Begrenzungszahlen genannt. Allein die Antragstellung kann ein schutzwürdiges Vertrauen nicht begründen. Ggf. kann eine einstweilige Anordnung zum Erlass einer vorläufigen Regelung bei Gericht beantragt werden.
Im Übrigen ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Trotz Hinweises der Kammer hierauf mit Verfügung vom 15.04.2008 und Zurückstellens einer Entscheidung auf Antrag der Antragstellerin bis zum 23.05.2008 hat die Antragstellerin nicht ansatzweise dargelegt, weshalb ihr die Rückzahlung unzumutbar sein sollte.
Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klageverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718. Das Prozessgericht setzt den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen war vom Berichtigungsbescheid über 17.544,87 EUR. Hiervon war für das einstweilige Anordnungsverfahren 1/4 zu nehmen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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