L 23 SO 117/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 SO 6317/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 117/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2007 wie folgt neu gefasst wird: Der Bescheid des Beklagten vom 01. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 wird geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 01. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe weiterer 57, 00 Euro monatlich, insgesamt 684, 00 Euro, zu zahlen. Der Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII -, ohne Anrechnung von Ausbildungsgeld als Einkommen.

Die 1971 geborene Klägerin leidet an einer chronischen psychischen Krankheit und steht unter Betreuung ihres Vaters. Sie arbeitete seit dem 01. März 2005 mit 35 Wochenstunden im Eingangsverfahren des Berufsbildungsbereichs einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Hierfür erhielt sie Ausbildungsgeld von der Bundesagentur für Arbeit, und zwar für die Zeit vom 01. März 2005 bis 28. Februar 2006 in Höhe von 57,00 EUR und für die Zeit vom 01. März 2006 bis 31. Mai 2006 in Höhe von 67,00 EUR.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2005 gewährte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen wegen Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab 01. Juni 2005 bis auf Weiteres, zunächst bis einschließlich Mai 2006. Dabei wurde das Ausbildungsgeld vom 01. Juni 2005 an bis auf weiteres in Höhe von 57,00 EUR als Einkommen angerechnet. Aufgrund von Änderungen in der Höhe des Mietzinses und des Pflichtversicherungsbeitrages korrigierte der Beklagte den Bescheid vom 20. Juni 2005 mit Änderungsbescheid vom 01. Juli 2005 mit Wirkung ab 01. Juni 2005. Das Ausbildungsgeld wurde weiterhin als Einkommen angerechnet.

Am 26. Juli 2005 legte der Betreuer der Klägerin gegen den Bescheid vom 01. Juli 2005 Widerspruch ein, mit dem er sich dagegen wandte, dass die Beklagte einen Erstattungsanspruch bei der Kindergeldkasse anmelden wolle. Am 11. August 2005 ergänzte er den Widerspruch und wandte sich jetzt auch gegen die Anrechnung des Ausbildungsgeldes als Einkommen. Das Ausbildungsgeld sei eine zweckbestimmte Leistung, die nicht mit der gewährten Grundsicherung identisch sei. Vielmehr habe das Ausbildungsgeld Anreizfunktion, den Arbeitswillen und die Arbeitsbereitschaft des Behinderten zu fördern und zu erhalten. Dies sei nur gewährleistet, wenn seiner Tochter vom Ausbildungsgeld ein bedeutender Teilbetrag verbleibe.

Nachdem der Beklagte dem Widerspruch teilweise, bezüglich des Kindergeldes, abgeholfen hatte, wies er ihn im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ausbildungsgeld sei eine Lohnersatzleistung nach den §§ 104 bis 108 Drittes Buch Sozialgesetzbuch SGB III in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch SGB IX. Nach § 45 Abs. 5 SGB IX sei Ausbildungsgeld eindeutig zweckbestimmt für den Lebensunterhalt einzusetzen. Somit sei es als Einkommen anzurechnen.

Am 27. Dezember 2005 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und auf die bisher ergangene Rechtsprechung zur Frage der Anrechnung des Ausbildungsgeldes verwiesen hat.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. Februar 2007 die angefochtenen Bescheide abgeändert und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung ab 01. Juni 2005 ohne Berücksichtigung des Ausbildungsgeldes zu zahlen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, das Ausbildungsgeld sei nicht als Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen, da es einem anderen Zweck diene als die Sozialhilfe. Dem Ausbildungsgeld komme zweckgerichtet die Funktion einer Prämie für die Teilnahme an einem in einer Werkstatt für Behinderte durchgeführten Arbeitstraining zu. Schon aus seiner geringen Höhe sei ersichtlich, dass es keine unterhaltssichernde Funktion habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung des § 45 SGB IX, dort werde das Ausbildungsgeld lediglich aus systematischen Gründen unter der Überschrift "Leistungen zum Lebensunterhalt" aufgeführt. Das Ausbildungsgeld sei auch nicht im Sinne eines Taschengeldes zu verstehen, es sei auch nicht nur zum Teil zu berücksichtigen, wie etwa die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Für dieses Ergebnis spreche auch ein Vergleich mit der Vorschrift des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII. Würde man eine entsprechende Berechnung nach dieser Vorschrift für das Ausbildungsgeld vornehmen, wäre ein Betrag von 59,88 EUR abzusetzen. Diese fast dem Ausbildungsgeld entsprechende Höhe spreche ebenfalls für den Anreizcharakter des Ausbildungsgeldes, was auch der Gedanke des Gesetzgebers für die Regelung des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII gewesen sein dürfte.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 26. April 2007 zugestellte Urteil am 09. Mai 2007 Berufung eingelegt und ausgeführt, das von der Bundesagentur aufgebrachte Ausbildungsgeld diene der Bestreitung des Lebensunterhaltes. Dies folge insbesondere aus der gesetzlichen Bezeichnung in den §§ 44, 45 SGB IX als unterhaltssichernde und Leistung zum Lebensunterhalt. Allein aus der Höhe einer Sozialleistung könnten keine Rückschlüsse auf deren Zweck gezogen werden. Ein gesetzgeberischer Wille eines ausschließlichen Anreizcharakters des Ausbildungsgeldes könne nicht über eine Analogie zum Freibetrag des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII bewiesen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Freibetrag nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII beispielsweise bei dem Erhalt von Unterhaltsgeld durch einen Umschüler nicht abzusetzen, da es sich hierbei um eine Lohnersatzleistung handele und folglich die Tätigkeit nicht auf Erzielung eines Einkommens ausgerichtet gewesen sei. Es sei schwer vorstellbar, dass der Gesetzgeber einem behinderten Menschen, der an einer Maßnahme in einer Werkstatt für Behinderte teilnehme, zusätzlich zum durch einen anderen Sozialleistungsträger gesicherten Lebensunterhalt einen anrechnungsfreien zusätzlichen Geldbetrag habe zugestehen wollen. Nach der Gemeinsamen Arbeitsanweisung der Berliner Bezirksämter über den Einsatz von Einkommen nach dem SGB XII vom 28. Juni 2005 sei zwar als Motivation zur Teilnahme an einer Maßnahme im Berufsbildungsbereich einer WfbM ein Betrag in Höhe von 50 v. H. des Ausbildungsgeldes anrechnungsfrei zu belassen. Diese Regelungen bezögen sich jedoch nur auf die Beteiligung der Hilfesuchenden an den Kosten bei einer dauernden Unterbringung und könnten insofern nicht in den Bereich Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung übertragen werden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sofern das Land in der vom Beklagten angeführten Arbeitsanweisung das Ausbildungsgeld teilweise von der Anrechnung bei den Kosten der dauernden Unterbringung ausnehme, sei nicht ersichtlich, warum bezüglich der Anrechnung auf die Leistungen der Grundsicherung etwas anderes gelten solle. Wenn über die Grundlebenshaltungskosten hinaus ein finanzieller Anreiz verbleiben solle, könne es nicht darauf ankommen, wer die Leistungen erbringe und ob die Leistungsempfängerin im Rahmen einer Behindertenwerkstatt dauernd untergebracht sei oder im Familienverbund lebe. Würde man der Argumentation des Beklagten folgen, würde die Klägerin, die Unannehmlichkeiten und Ausgaben für die Tätigkeit in der Werkstatt in Kauf nehme, dafür bestraft werden, dass sie Initiative zeige und einer Tätigkeit nachgehe, da ihr, wenn sie einfach zuhause bliebe, der gleiche Geldbetrag zur Verfügung stünde. Die Erwähnung des Ausbildungsgeldes in § 45 SGB IX führe insofern in die Irre, als dass die von der Agentur für Arbeit im Übrigen als "Ausbildungsgeld" gezahlten Leistungen in der Regel wesentlich höher ausfielen als das der Klägerin gezahlte Ausbildungsgeld und dann auch tatsächlich unterhaltssichernden Charakter hätten. Daneben zeige die Regelung des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, wonach das Ausbildungsgeld teilweise nicht in die Berechnung der Grundsicherung einzubeziehen sei, dass ihm keine unterhaltssichernde Wirkung zugedacht sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Band Grundsicherungsakte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere ohne besondere Zulassungsentscheidung des Sozialgerichts nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG statthaft. Die Klägerin begehrt Leistungen der Grundsicherung ohne Anrechnung des ihr gewährten Ausbildungsgeldes. Mit dem angefochtenen Bescheid sind ihr Leistungen ab dem 01. Juni 2005 bis jedenfalls einschließlich Mai 2006 gewährt worden. Bis einschließlich Februar 2006 erhielt sie Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 57,00 EUR, in den Monaten März, April und Mai 2006 erhielt sie jeweils 67,00 EUR Ausbildungsgeld, mithin insgesamt 714,00 EUR. In dieser Höhe begehrt sie weitere Leistungen. Die Berufung ist auch im Übrigen frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 143 SGG).

Die Berufung ist indes unbegründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, der Klägerin Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch SGB XII ohne Berücksichtigung des Ausbildungsgeldes zu zahlen. Der Bescheid des Beklagten vom 01. Juli 2005, der, da er den ursprünglichen Bescheid aufgehoben hat, alleiniger Gegenstand des Rechtsstreits ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass das der Klägerin seit dem 01. März 2005 bewilligte Ausbildungsgeld nicht als ihr Einkommen anspruchsmindernd angerechnet werden durfte.

Der Klage stand nicht entgegen, dass die Klägerin erst am 11. August 2005 Widerspruch gegen den Änderungsbescheid erhoben hat, da der Beklagte über den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 in der Sache entschieden hat (vgl. BSGE 49, S. 85).

Die Anrechnung des der Klägerin gemäß §§ 104 Abs. 1 Nr. 2, 107 Drittes Buch Sozialgesetzbuch SGB III gewährten Ausbildungsgeldes auf die ihr vom Beklagten gewährten Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen.

Die Klägerin gehört aufgrund ihrer Behinderung und der Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XII) zum Personenkreis der Leistungsberechtigten nach § 41 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift haben dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen – wie die Klägerin - Anspruch auf Leistungen, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. In welchem Umfang Einkommen auf die Leistungen des Vierten Kapitels angerechnet wird, ist geregelt in §§ 82ff SGB XII. § 83 Abs. 1 SGB XII bestimmt, in welchen Fällen Einkommen nicht zu berücksichtigen ist.

Nach dieser Vorschrift setzt die Nichtberücksichtigung einer Leistung (Einkunft) als anrechenbares Einkommen voraus, dass sie aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährt wird - das trifft in Bezug auf das streitgegenständliche nach §§ 97 ff SGB III gewährte Ausbildungsgeld zu -, dass der Zweck, zu dem sie gewährt wird, ausdrücklich genannt ist und dass die im Einzelfall gewährte Sozialhilfe (hier: Leistungen der Grundsicherung) nicht demselben Zweck dient. Diese von ihrem Wortlaut her eindeutige und klare Vorschrift dient einerseits dem Schutz des Empfängers der anderen öffentlich-rechtlichen Leistung: Soll mit ihr ein ausdrücklich genannter besonderer Bedarf gedeckt werden, dann soll dem Empfänger der Leistung diese Bedarfsdeckung nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass er durch Versagung der Sozialhilfe (hier: der Hilfe zum Lebensunterhalt) gezwungen wird, die andere Leistung ihrer Zweckbestimmung zuwider zu verwenden. Andererseits dient die Vorschrift dazu, Doppelleistungen aus öffentlichen Kassen für e i n e n Zweck zu vermeiden (vgl. zur gleichlautenden Vorschrift des § 77 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz – BSHG - BVerwGE 45, 147, BVerwGE 69, 177).

Nach der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12. April 1984 - 5 C 3/83 - BVerwGE 69, 177) ist bei der Anwendung des § 77 BSHG - dasselbe hat für die Anwendung des § 83 SGB XII zu gelten - daher in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in dem anderen Leistungsgesetz der Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob in dem anderen Gesetz das Wort "Zweck" gebraucht wird (hierzu unter 1). Hat sich der Zweck der anderen Leistung so ausdrücklich genannt feststellen lassen, dann ist in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehenden Fürsorge-/Sozialhilfeleistung festzustellen (hierzu unter 2). In einem dritten Schritt sind die so festgestellten Zwecke der Leistungen einander gegenüber zu stellen (hierzu unter 3). Fehlt es an der Identität der Zwecke, dann ist die andere öffentlich-rechtliche Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen. Im anderen Fall ist sie zu berücksichtigen. Berücksichtigt werden muss sie aber auch dann, wenn die andere Leistung ohne ausdrückliche Nennung eines Zwecks, also "zweckneutral" gewährt wird. Dann bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine Einkunft in Geld als Einkommen zu berücksichtigen ist.

(1) Eine den Anforderungen des § 83 Abs. 1 SGB XII genügende Zweckbestimmung der betreffenden Leistung ist dann gegeben, wenn sich dieser Zweck aus der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt. Hierbei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen. Es ist ausreichend, dass die Zweckbestimmung aus den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung folgt, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang die vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung eindeutig ableiten lässt (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 03. Dezember 2002 - B 2 U 12/02 R - BSGE 90, 172; W. Schellhorn in Schellhorn/ Schellhorn/Hohm, SGB XII, Komm., 17. Aufl., 2007, § 83 Rdnr. 11; Decker in Oestreicher, SGB XII, SGB II, Komm., Stand Sept. 2007, § 83 Rdnr. 11; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, Kommentar, 2007, § 83 Rdnr. 7; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 2. Aufl., § 83 Rdnr. 6; sowie die h. M. zu § 77 BSHG, vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1984 - 5 C 8/81 - FEVS 34, 1 und BVerwGE 69, 177).

In Anwendung dieser Grundsätze, die auch im Rahmen des § 83 SGB XII gelten, ist von einer "ausdrücklichen" Zweckbestimmung des während einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer WfbM gemäß §§ 104, 107 SGB III gewährten Ausbildungsgeldes auszugehen. Es handelt sich nach der gesetzlichen Konzeption um eine zusätzliche Leistung, die auf eine Erhöhung der für den persönlichen Bedarf tatsächlich zur Verfügung stehenden Finanzmittel gerichtet ist, um die besonderen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Maßnahme im Eingangs- oder Berufsbildungsbereich einer WfbM zu decken und hierdurch die Durchführung dieser Maßnahme zu fördern (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1990 - 9 b/7 RAr 100/89 - FEVS 41, 468).

Bei dem nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 107 SGB III gewährten Ausbildungsgeld handelt es sich um eine sog. ergänzende Leistung zu den besonderen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, die zur Deckung des ausbildungsbedingten Mehrbedarfs als Leistung zum Lebensunterhalt geleistet wird. Die Leistung ist gesetzlich geregelt im Siebenten Abschnitt des SGB III "Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben". Gemäß § 97 SGB III können behinderten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. § 98 SGB III bestimmt, dass für behinderte Menschen 1. allgemeine Leistungen sowie 2. besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen erbracht werden können. Die sog. besonderen und die sie ergänzenden Leistungen sind geregelt im Dritten Unterabschnitt (§§ 102 bis 115 SGB III). Die sog. ergänzenden Leistungen umfassen nach § 103 SGB III 1. das Übergangsgeld nach den §§ 160 bis 162, 2. das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann und 3. die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme. § 104 Abs. 1 Nr. 2 SGB III bestimmt, dass behinderte Menschen Anspruch auf Ausbildungsgeld während einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann. § 107 SGB III setzt den Bedarf bei Maßnahmen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im ersten Jahr auf 57,00 EUR und danach auf 67,00 EUR monatlich fest. § 108 Abs. 1 SGB III bestimmt, dass bei derartigen Maßnahmen auf den Bedarf Einkommen nicht angerechnet wird.

Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen werden gem. § 102 Abs. 2 SGB III nach § 40 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch SGB IX erbracht. § 40 SGB IX regelt die Voraussetzungen und Dauer der Leistungserbringung. Danach werden Leistungen im Eingangsverfahren zur Feststellung erbracht, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist, sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Leistungen im Berufsbildungsbereich werden erbracht, wenn sie erforderlich sind, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit des behinderten Menschen soweit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistungen zu erbringen (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX). § 44 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX bestimmt, dass die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben ergänzt werden durch unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, u. a. das Ausbildungsgeld (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). § 45 SGB IX "Leistungen zum Lebensunterhalt" regelt die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit für die Gewährung von Ausbildungsgeld nach Maßgabe der §§ 104 bis 108 SGB III (§ 45 Abs. 5 SGB IX).

Bei dem Ausbildungsgeld handelt es sich danach im Grundsatz um eine ergänzende Leistung zur Unterhaltssicherung (vgl. Majerski Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski Pahlen, SGB IX, Kommentar, 11. Auflage, 2004, § 44 Rdnr. 4). Dies folgt neben der gesetzlichen Bezeichnung des Ausbildungsgeldes als "Leistung zum Lebensunterhalt" in § 45 SGB IX und seiner systematischen Stellung in § 44 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX als eine der "unterhaltssichernden" Leistungen neben "Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe" bereits aus den Regelungen des SGB III.

Denn nach der gesetzlichen Bestimmung in § 104 SGB III besteht ein Anspruch auf Ausbildungsgeld in den Fällen, in denen Übergangsgeld – mangels Vorbeschäftigungszeiten – nicht erbracht werden kann. Das Ausbildungsgeld tritt insoweit an die Stelle des Übergangsgeldes, dessen unterhaltssichernder Charakter anerkannt ist. Mit Urteil vom 19. Dezember 1995 5 c 27/93, FEVS 46, 309 – hat das Bundesverwaltungsgericht insoweit ausgeführt, Übergangsgeld sei eine ergänzende, unselbständige Rehabilitationsleistung mit Lohnersatzfunktion (vgl. auch die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung in § 50 SGB IX als "Entgeltersatzleistung"). Wörtlich heißt es: "Der an einer berufsfördernden Leistung zur Rehabilitation teilnehmende Behinderte erhält kein Entgelt für eine Arbeitsleistung, sondern eine Sozialleistung aufgrund von öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Sie soll Erwerbseinkommen für die Dauer der Rehabilitationsmaßnahme ersetzen, um den Unterhalt des Behinderten und ggf. seiner Familienangehörigen während dieser Zeit sicherzustellen und ihm die berufliche Rehabilitation finanziell zu ermöglichen" (BVerwG, a.a.O.).

In dieser Funktion erschöpft sich der Zweck des Ausbildungsgeldes jedoch nicht. Zu beachten ist zunächst, dass der Gesetzgeber zwischen dem nach Maßgabe der §§ 105, 106, 108 Abs. 2 SGB III erbrachten Ausbildungsgeld i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III während einer beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und dem vorliegend streitgegenständlichen nach Maßgabe der §§ 107, 108 Abs. 1 SGB III erbrachten Ausbildungsgeld i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 2 SGB III während einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer WfbM differenziert.

Das Ausbildungsgeld i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III wird gem. §§ 105, 106, 108 Abs. 2 SGB III seiner Höhe nach gestaffelt in Abhängigkeit von der Art der Unterbringung des behinderten Menschen und abhängig von der Übernahme der Kosten für Unterbringung und Verpflegung durch die Agentur für Arbeit oder einen anderen Leistungsträger erbracht. Erfolgt keine anderweitige Kostenerstattung für Unterbringung und Verpflegung werden die Bedarfssätze des Bundesausbildungsförderungsgesetzes – BAföG – (§§ 12, 13 BAföG) zugrunde gelegt (vgl. § 105 Abs. 1 Nr. 4, § 106 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III). Erfolgt eine Kostenerstattung von dritter Seite wird Ausbildungsgeld in Höhe einer Pauschale gewährt (vgl. § 105 Abs. 1 Nr. 3, § 106 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Bereits aus dieser gesetzlichen Regelungssystematik wird deutlich, dass der Zweck des Ausbildungsgeldes i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III dem der Leistungen nach dem BAföG entspricht, nämlich für den Lebensunterhalt und die Ausbildung bestimmt zu sein (§ 11 BAföG). Diese Zweckbestimmung folgt auch aus der Regelung des § 104 Abs. 2 SGB III, demzufolge für das Ausbildungsgeld die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 59 ff SGB III) entsprechend gelten, sofern nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Arbeitsförderungsgesetz (S. 174 zu § 104; zitiert nach Niesel in Niesel, SGB III, Komm., 4. Aufl., 2007, § 104, Rn 7) wurde hinsichtlich der Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausbildungsgeld deshalb auf die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) verwiesen, weil es sich um vergleichbare Leistungen handelt. Nach § 59 SGB III umfasst der durch die BAB zu deckende Bedarf (sog. Gesamtbedarf) aber sowohl die Kosten des Lebensunterhalts als auch die Ausbildungskosten. Der Bedarfsbegriff des § 65 SGB III "Bedarf für den Lebensunterhalt bei beruflicher Ausbildung" entspricht dem des § 11 BAföG (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 65 Rn. 2).

Wird demnach bereits das Ausbildungsgeld i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, unabhängig davon, welche Ausbildungsart abgesichert werden soll, nicht ausschließlich für den Lebensunterhalt geleistet, sondern dient auch der Befriedigung eines besonderen ausbildungsgeprägten Bedarfs, tritt die Funktion der Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts im Falle des hier streitgegenständlichen Ausbildungsgeldes nach § 104 Abs. 1 Nr. 2, § 107 SGB III bei Teilnahme an einer Maßnahme in einer WfbM vollständig hinter dem Zweck der Sicherung des ausbildungsbedingten Mehrbedarfs zurück. Bei diesem Ausbildungsgeld handelt es sich gleichsam um einen "pauschalierten Aufwendungsersatz" für die an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich der WfbM teilnehmenden behinderten Menschen, der nicht deren Unterhaltsbedarf, sondern die besonderen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilnahme abdecken soll (ebenso Großmann in Hauck/Noftz, SGB III, Komm., Stand 2006, § 107 Rdnr. 2 und 15).

Ausbildungsgeld i.S.d. § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III wird gemäß § 107 SGB III in Höhe einer Pauschale unabhängig von der Art der Unterbringung und unabhängig von den den behinderten Menschen treffenden Kosten für Unterbringung und Verpflegung und somit unabhängig von dessen allgemeinen Lebenshaltungskosten erbracht. Daraus folgt, dass diese Leistung nicht zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten bestimmt ist. Der Vergleich der Höhe der in den §§ 105 und 106 SGB III festgelegten Pauschalen für Personen, deren Kosten für Unterbringung und Verpflegung von anderer Seite gedeckt sind (154 Euro bzw. 205 oder 236 Euro monatlich), mit der Höhe der Pauschalen nach § 107 SGB III (57 Euro monatlich bzw. 67 Euro monatlich) erhellt, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption mit der nach § 107 SGB III gewährten Pauschale auch kein sonstiger allgemeiner Bedarf befriedigt werden soll.

Vielmehr soll mit dem Ausbildungsgeld nach § 107 SGB III dem behinderten Menschen ein fester Geldbetrag nach Art eines Taschengeldes für kleinere Ausgaben im Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme (z. B. zusätzliche Verpflegungs- und Veranstaltungskosten) zur Verfügung gestellt und zugleich die Motivation für die Bildungsmaßnahme gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2001 B 1 KR 1/00 R, FEVS 53, 5 und Urteil vom 26. September 1990 - 9 b/7 RAr 100/89 - FEVS 41, 468). Als im Zusammenhang mit der Bildungsmaßnahme stehende Aufwendungen kommen u. a. in Betracht Kosten für sportliche und kulturelle Ausgleichsveranstaltungen, für Zwischenverpflegungen in den Pausen, für Kleidung und Kosmetik, Schreibmaterial und Porto, Zeitungen, Nahverkehrsmittel und dergleichen (Großmann a.a.O. Rn 15). Das Ausbildungsgeld nach § 107 SGB III stellt somit eine Leistung zur Deckung der durch die Teilnahme an der Maßnahme bedingten Kosten des Lebensunterhalts dar, der auch nicht durch den im Eckregelsatz enthaltenen allgemeinen "Taschengeldanteil" (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII) erfasst ist. Die eigentlichen, unabhängig von der Maßnahme bestehenden Lebenshaltungskosten der Teilnehmer sind daher auch anderweitig zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1990 – 9b/7 Rar 100/89, a.a.O. / Juris Rn. 17).

Dass die Bedarfssätze nach § 107 SGB III lediglich ergänzend bedarfssichernd sind, wird entsprechend der Systematik mit der Regelung des § 108 Abs. 1 SGB III (fehlende Einkommensanrechnung) verdeutlicht. § 108 Abs. 1 SGB III stellt sicher, dass das Ausbildungsgeld den in Maßnahmen einer WfbM eingebundenen behinderten Menschen unabhängig von den ihnen sonst zur Verfügung stehenden Finanzmitteln als besondere, d. h. zusätzliche, Leistung zur Verfügung steht, um ihren zusätzlichen durch die Teilnehme an der Maßnahme begründeten Bedarf zu decken.

(2) Der Zweck der im vorliegenden Fall in Frage stehenden Leistung der Grundsicherung nach § 41 Abs. 1 SGB XII hingegen ist auf die Deckung des sozialhilferechtlich notwendigen Bedarfs gerichtet. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen den für den Leistungsberechtigten maßgeblichen Regelsatz nach § 28 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII), Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII), die Mehrbedarfe entsprechend § 30 SGB XII sowie die einmaligen Bedarfe nach § 31 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII), die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 32 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII) und Hilfen nach § 34 SGB XII (§ 42 Satz 1 Nr. 5 SGB XII). Mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten wurden dem Kläger Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1) und 2) gewährt. Der dem Kläger danach gemäß § 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 28 SGB XII gewährte Regelsatz umfasst den "notwendigen Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung".

(3) Die so festgestellten Zwecke der streitgegenständlichen Leistungen sind mithin nicht identisch. Das Ausbildungsgeld i.S.d. §§ 104, 107 SGB III als "pauschalierter Aufwendungsersatz" für die an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich der WfbM teilnehmenden behinderten Menschen ist zwar eine Leistung zum Lebensunterhalt (§ 44 SGB IX), jedoch keine solche zur Bestreitung des – notwendigen – Lebensunterhaltes. Sie soll vielmehr die besonderen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Maßnahme in der WfbM abdecken. Der Regelsatz nach §§ 42, 28 SGB XII dient mit der Deckung des "notwendigen Lebensunterhaltes" einem hiervon unterschiedenen Zweck. Folglich ist das Ausbildungsgeld nach §§ 104 Abs. 1 Nr. 2, 107 SGB III mangels Zweckidentität bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach §§ 41 ff SGB XII nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen (im Ergebnis ebenso: OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2006 16 A 176/05, Juris; OVG NRW Beschluss vom 22. Dezember 2006 12 a 2320/05 – Juris; Nds. OVG, Urteil vom 22. Februar 2001 12 L 3923/00, FEVS 52, 508; Lauterbach in Gagel, a.a.O. § 104 Rdnr. 4; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O. § 83 Rdnr. 12; Lücking in Hauck/Noftz, a.a.O. § 83 Rdnr. 9; Decker in Oestreicher a.a.O. SGB XII § 83 Rdnr. 13; Brühl in LPK - SGB XII, Kommentar 8. Aufl., § 83 Rdnr. 16; Großmann a.a.O. § 107 Rdnr. 16; a.A. nur SG Karlsruhe, Urteil vom 20. September 2007, - S 4 SO 4758 -, Juris).

Das Sozialgericht hat nach alledem den Beklagten zu Recht verurteilt, die mit den angefochtenen Bescheiden bewilligten Leistungen der Grundsicherung ohne Anrechnung des Ausbildungsgeldes als Einkommen zu gewähren. Einer Verurteilung des Beklagten zur insoweit anrechnungsfreien Leistungsgewährung für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 steht auch nicht das vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entwickelte sozialhilferechtliche Strukturprinzip "keine Hilfe für die Vergangenheit" (vgl. BVerwGE 68, 285, FEVS 55, 320), entgegen. Denn aufgrund der von den Regelungen des BSHG abweichenden gesetzlichen Struktur der Bestimmungen über die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 16. Oktober 2007 – B 8/9b SO 8/06 R, Juris, Rn. 20 mwN) ist die Rechtsprechung des BVerwG auf diese Vorschriften nicht übertragbar. Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII werden vielmehr unabhängig von einem aktuellen Bedarf gewährt (BSG a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision wird zur Klärung der Rechtsfrage, ob Ausbildungsgeld im Sinne der §§ 104 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, § 107 SGB III im Rahmen der Sozialhilfe als Einkommen anzurechnen ist, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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