L 2 U 25/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 373/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 25/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der Lenden-wirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1942 geborene Kläger, der von April 1957 bis Dezember 1959 eine Herrenschneiderlehre absolviert hatte und in den Jahren 1960 bis 1965 als Meier bzw. als Former beschäftigt war, übt seit Januar 1966 eine selbständige Tätigkeit als Zuschneider (Zwischenmeister) in der Da-menkonfektion aus. Im Juli 1996 stellte der Kläger einen Antrag „auf Berufsunfähigkeits-Rente“, im August 1996 ging seine Anzeige über eine Berufskrankheit bei der Beklagten ein. In dieser machte er geltend, 1992 seien bei ihm erstmals Beschwerden im Bereich der Halswir-belsäule und der Lendenwirbelsäule aufgetreten. Bis Oktober 1994 sei er Belastungen durch Zuschneiden in extremer Rumpfbeugung sowie durch Heben und Tragen von Stoffballen mit einem Gewicht von 25 bis 30 kg ausgesetzt gewesen. Diese Tätigkeit habe er am 1. November 1994 eingestellt, von diesem Zeitpunkt an übe er nur noch direktive Tätigkeiten aus. Ab 1. November 1994 erhalte er eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der Landesversiche-rungsanstalt (LVA) Berlin.

Der Kläger hatte in einem ihm von der Beklagten übersandten Erhebungsbogen zur Ermittlung der beruflichen Belastungen angegeben, er habe Stoffballen mit einem Gewicht von 25 bis 30 kg ca. 35 mal pro Arbeitstag an 300 Arbeitstagen im Jahr ca. 10 m weit vor dem Körper bzw. auf der Schulter getragen. Der einzelne Hebe- oder Tragevorgang habe ca. 90 Sekunden gedauert. Des Weiteren habe er - beim Zuschneiden - ca. 300 Minuten pro Arbeitstag an 300 Arbeitstagen im Jahr in Rumpfbeugehaltung gearbeitet. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten gab aufgrund einer am 6. Januar 1997 durchgeführten Befragung des Klägers in dessen Betrieb am 29. Januar 1997 einen Bericht über dessen berufliche Belastungen ab.

Die Beklagte zog die Akten der LVA Berlin bei und übersandte die Vorgänge dem Landesinstitut für Arbeitsmedizin - Landesgewerbearzt - mit der Bitte um gutachterliche Stellungnahme, ob eine Berufskrankheit vorliege. Die Landesgewerbeärztin Dr. F. empfahl in ihrer Stellung-nahme vom 13. März 1997, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 und 2109 nicht anzuerkennen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Verursachung der Berufskrankheit nicht gegeben seien.

Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 6. Mai 1997 die Anerkennung einer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2109 der Anlage 1 zur BKVO mit der Begründung ab, die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die von ihm ausgeübten Tätigkeiten und die Arbeitsabläufe noch einmal ausführlich schilderte, wies die Beklagte nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des TAD vom 15. Oktober 1997 mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 1998 zurück.

Mit der gegen diese Entscheidung erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er leide seit Mitte der 80er Jahre ständig an Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule. Diese Gesundheitsschäden führe er auf die langjährige wirbelsäulenbelastende Tätigkeit zurück, die er bis 1994 ausgeübt habe. Als selbständiger Zwischenmeister in der Her-stellung von Damenoberbekleidung habe er Stoffballen und zugeschnittene Halb- und Fertigware heben, tragen und über längere Entfernungen transportieren müssen. Diese Hebe- und Tragevorgänge hätten neben seiner eigentlichen Arbeit als Zwischenmeister ca. 20 bis 25 % der täglichen Arbeitszeit ausgemacht. Das Lastgewicht eines Stoffballens habe 20 bis 30 kg betragen. Ende des Jahres 1989 habe er seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen (wegen Wir-belsäulenbeschwerden) umgestellt, so dass sich die wöchentliche Produktion von zuvor durch-schnittlich 1.000 produzierten Teilen auf 300 bis 400 reduziert habe.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. M. vom 5. September 1998 eingeholt. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, keine der bei dem Kläger im Bereich der Wirbelsäule vorliegenden Beeinträchtigungen lasse sich dem Krankheitsbild der Berufskrank-heit Nr. 2108 oder Nr. 2109 zuordnen. Ausschlaggebend für die Gesundheitsstörungen sei die durchgemachte Poliomyelitis im frühesten Säuglingsalter und die aus ihr resultierende motorische Lähmung des rechten Beines, die aufgrund der dauernden unphysiologischen Bewegungsbelastung zu den fortgeschrittenen schweren Bandscheibenerkrankungen geführt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 1. Februar 1999 mit der Begründung abgewiesen, die Aufnahme der bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule in die Liste der Berufskrankheiten sei, wie das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen durch Urteil vom 5. Februar 1998 - L 6 U 178/97 - für die Nr. 2108 entschieden habe, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der vollziehenden Gewalt nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz unwirksam, so dass es für das Begehren des Klägers an einer Rechtsgrundlage fehle.

Gegen das am 26. Februar 1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. März 1999 Berufung eingelegt. Er weist darauf hin, dass bei ihm über den Normbereich hinausgehende bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule vorlägen. Diese seien auch durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden. Nach dem im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Ursache reiche es aus, wenn den beruflichen Belastungen neben anderen Bedingungen eine wesentliche Mitursächlichkeit zukomme. Auch eine nicht „annähernd gleichwertige“, sondern rechnerisch, also verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung könne für den Erfolg rechtlich wesentlich sein. Rechtlich wesentlich sei danach eine Bedingung, die mindestens den Wert von einem Drittel aller sonst zu berücksichtigenden Umstände erreicht habe. Die bei ihm wegen der durchgemachten Poliomyelitis bestehende Krankheitsanlage schließe es nicht aus, den Schaden als durch die berufliche Tätigkeit mitverursacht anzusehen. Es genüge vielmehr, wenn der Körperschaden zu einem - nicht unwesentlich - späteren Zeitpunkt aufgetreten wäre, dieser aber durch die schädigende Einwirkung erheblich - also mindestens ein Jahr - vorverlegt worden sei. Nach der herrschenden Lehrmeinung schließe auch das Vorliegen einer monosegmentalen Bandscheibenerkrankung die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 nicht aus.

Der Kläger beantragt (nach der Formulierung seines Prozessbevollmächtigten in dem Schriftsatz vom 17. Mai 1999),

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Februar 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1998 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur BKVO Verletztenteilrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren, hilfsweise, festzustellen, dass die Krankheiten „erhebliche Ausbildung einer Spondylosis deformans mit einer stark ausgeprägten Erniedrigung der Bandscheibensegmente im Bereich L3/L4“ Folgen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur BKVO sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Obwohl für den Kläger zur mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2000 niemand erschienen ist, konnte der Senat in der Sache verhandeln und entscheiden. Ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses ist die Ladung zu diesem Termin seinem Prozessbevollmächtigten am 7. Januar 2000, einen Monat vor dem Termin, zugestellt worden. Dessen am 3. Februar 2000 nach 19.00 Uhr per Telefax gestellter Antrag auf Verlegung des Termins war nicht zu entsprechen. Ihm wäre nur zu folgen gewesen, wenn erhebliche Gründe geltend gemacht worden wären (§ 202 Sozialgerichtsgesetz -SGG- i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung -ZPO-). Diese sind bei einer vorhersehbar urlaubsbedingten Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gegeben (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 29. März 1984 - 2 RU 71/82 - veröffentlicht u.a. in SozSich 1984, 326, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 14, 195). Der bevollmächtigte Rechtsbeistand des Klägers hätte die Möglichkeit gehabt, einen anderen Rechtsbeistand oder einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung des Termins am 8. Februar 2000 zu beauftragen. Dass er hierzu nicht in der Lage war, beispielsweise weil er unvorhergesehen in das Ausland reisen musste, ist von ihm nicht vorgetragen worden. Wegen der späten Antragstellung unmittelbar vor dem Termin, der ihm allerdings schon fast vier Wochen bekannt war, konnte die Entscheidung über den Antrag erst unmittelbar vor dem Termin getroffen und ihm vorher nicht mehr bekannt gegeben werden.

Auch das Vorbringen in dem Schriftsatz vom 3. Februar 2000, es lägen „hier neue medizinische Erkenntnisse zu der Wirbelsäulenerkrankung“ vor, „die die Einholung eines orthopädischen Zusammenhangsgutachtens nach § 109 SGG als notwendig erscheinen lassen“, konnte den Senat nicht veranlassen, dem Antrag auf Terminsverlegung zu entsprechen. Der Prozessbevollmächtigte hätte die ihm vorliegenden neuen medizinischen Erkenntnisse dem Schriftsatz vom 3. Februar 2000 beifügen können. Er hätte auch einen Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes gemäß § 109 SGG stellen können. Seine Erklärung, dass ein Gutachten nach § 109 SGG notwendig sei, ist nicht als ein solcher Antrag zu werten. Dieser erfordert, dass der Arzt, der das Gutachten erstatten soll, namentlich bezeichnet, zumindest dass er bestimmbar ist (Meyer-Ladewig, Komm. zum SGG 6. Auflage, § 109 Rz. 6).

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zwar mit einer unzutreffenden Begründung, aber im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung seiner Wirbelsäulenerkrankungen als - was im Berufungsverfahren allein streitig ist - Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO.

Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden nach § 547 Reichsversicherungsordnung (RVO), der hier gemäß § 212 Sozialgesetzbuch Siebentes Buch -SGB VII- zur Anwendung kommt, weil ein Versicherungsfall vor dem Außerkrafttreten des Dritten Buches der RVO am 31. Dezember 1996 (Artikel 35 Nr. 1, 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes -UVEG- vom 7. August 1996, BGBl I S. 1254, 1317) geltend gemacht wird, nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewährt, soweit die jeweiligen Voraussetzungen der begehrten Leistung erfüllt sind. Als Arbeitsunfall gilt nach § 551 Abs. 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, als Verletztenrente der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grade der MdE entspricht.

Als Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente kommt nur § 551 Abs. 1 RVO i.V.m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKVO vom 18. Dezember 1992 (2. ÄndVO -BGBl I S. 2343-) in Betracht. Hiernach sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als Berufskrankheit anzusehen.

Der Senat hat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Aufnahme der genannten Berufskrankheit in die BKVO. Das Urteil des LSG Niedersachsen vom 5. Februar 1998 (L 6 U 178/97), auf dessen Ausführungen das Sozialgericht seine Rechtsauffassung gestützt hat, dem zu folgen aber der erkennende Senat bereits in der Vergangenheit nicht in Erwägung gezogen hat, ist von dem Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 23. März 1999 (B 2 U 12/98 R) aufgehoben worden.

Die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers kann aber nicht als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO anerkannt und entschädigt werden, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der Kläger diesen Gesundheitsschaden durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung zugezogen hat. Die Feststellung der vorgenannten Berufskrankheit setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen in der Person des Klägers gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsausfüllende Kausalität).

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der streitigen Berufskrankheit erfüllt sind. Der Kläger kann mit seinem Begehren bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil es an der erforderlichen Kausalität zwischen der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit und den Veränderungen an der Wirbelsäule fehlt. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den vorhandenen Gesundheitsschäden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Nach dem im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Grundsatz von der wesentlichen Bedingung, der im Recht der Berufskrankheiten nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls gilt (vgl. u.a. BSGE 2, 178, 181), ist eine Bedingung als ursächlich oder mitursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (u.a. BSG SozR 2200 § 551 Nr.33). Hiernach ist ein bestimmter Erfolg durch eine Berufstätigkeit auch dann als verursacht anzusehen, wenn eine schon bestehende Krankheit durch die Berufstätigkeit richtunggebend verschlimmert wird und mittelbar die entschädigungspflichtige Folge herbeiführt (BSGE 2, 178, 181; 40, 273, 274 und SozR a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BSG sowie der darauf gestützten überwiegenden Meinung im Schrifttum reicht für die Bejahung der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. BSGE 45, 285, 286; 58, 76, 79; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Auflage, S.480 m). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286).

Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines bestehenden Leidens ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen sind, nicht.

Dies entnimmt der Senat dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. vom 5. September 1998, der ausgeführt hat, die bei dem Kläger vorhandenen Bandscheibenerkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule seien als Folge der erheblichen Skoliosebildung im Bereich der Lendenwirbelsäule zu beurteilen, die ihrerseits durch die Auswirkungen der Folgen der Poliomyelitis im rechten Bein verursacht worden sei. Der Sachverständige hat die im frühesten Kindesalter aufgetretene Poliomyelitis als ausschlaggebend, richtunggebend und als das ganze Bild des Zentrums des Bewegungsapparates der Wirbelsäule bestimmend bezeichnet. Die Folgen der Poliomyelitis hätten zu einer motorischen Lähmung aller Gelenke des rechten Beines geführt. Dadurch sei es schon im Jugend-, Wachstums- und Entwicklungsalter zu einer dauernden, völlig unphysiologischen Bewegungsausübung und damit auch Bewegungseinwirkung auf die Wirbelsäule gekommen. Daraus resultiere wieder die starke Skoliosebildung, die vornehmlich im Bereich der Lendenwirbelsäule ausgeprägt sei. Diese Schlussfolgerungen des Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie stimmen auch mit den Aussagen in der vom Kläger im Rentenverfahren der LVA Berlin vorgelegten Ärztlichen Bescheinigung des ihn behandelnden Arztes Dr. B. vom 10. August 1995 überein, in dem es heißt, wegen der rechtsseitigen Beinlähmung bestünden zugleich erhebliche dauerhafte Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, die auf die fortwährende Fehlhaltung zurückzuführen seien.

Auch ein Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der vom Kläger angegebenen Verstärkung der Schmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein und dem Auftreten von Schmerzen im linken Fuß seit 1989 kann nicht hergestellt werden. Die Auffassung des Sachverständigen, dass hierfür die Poliomyelitisauswirkung bzw. die dadurch bedingte Fehlbelastung verantwortlich sei, ist auch in einem in der Rentenakte enthaltenen MDK-Gutachten vom 20. April 1995 vertreten worden, in dem ausgeführt worden ist, infolge der einseitigen körperlichen Belastung des linken Beines seien dort zunehmend Schmerzen aufgetreten.

Es gibt keinen Anhalt für die vom Kläger angenommene Mitursächlichkeit der behaupteten beruflichen Tätigkeit für die Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Der Senat hat daher keine Bedenken, dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. insoweit zu folgen, als dieser zu dem Ergebnis gelangt ist, dass mögliche berufliche Einwirkungen gutachterlich absolut in den Hintergrund gerückt werden müssten und dass ihnen weder im Sinne einer Verursachung noch einer Verschlimmerung der Charakter einer wesentlichen Teilursache zugeordnet werden könne.

Die Frage, ob bei einer monosegmentalen Schädigung die berufsbedingte Verursachung ausgeschlossen werden könne, bedarf hier keiner Erörterung, weil ein Primärschaden in einem Segment nicht besteht.

Da es an einer Mitursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für die bei dem Kläger vorliegenden Schäden an der Lendenwirbelsäule fehlt, konnte auch sein hilfsweise gestellter Feststellungsantrag keinen Erfolg haben.

Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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