Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 431/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 62/04 -16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000.
Der 1973 geborene Kläger, der als Maurer bei der A Bau GmbH beschäftigt war, erlitt am 08. Dezember 2000 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall, indem er sich beim Hochstemmen einer Treppe die Brustwirbelsäule (BWS) verstauchte. Der Kläger schilderte am 20. Juni 2001 den Unfallhergang gegenüber der Beklagten wie folgt: "Ich sollte unterhalb der provisorischen Treppe die Wand putzen, deshalb löste ich die Treppe vom oberen Podest und stellte mich unter die Treppe und stemmte sie nach oben, bis ich dachte, sie zwischen Wand und Geländer verkeilt zu haben. Dann gab die Treppe wieder nach und drückte mit ca. 80 bis 100 kg auf mich und dabei hat es geknackt in meinem Rücken."
Nach seinen späteren Angaben (Anlage zum Gutachten Dr.) ging der Kläger nach dem Unfall zunächst nach Hause, nahm ein Bad und suchte dann seine Ärztin Frau Dr. H auf, die ihm eine Spritze in den Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gab und ihm riet, sich beim Durchgangsarzt vorzustellen. Der Durchgangsarzt und Arzt für Chirurgie Dr. P diagnostizierte nach Fertigung von Röntgenbildern eine Verstauchung der BWS, jedoch keine Knochenverletzung und keine neurologischen Ausfälle (Durchgangsarztbericht vom 11. Dezember 2000).
Durch Vermittlung der Frau Dr. H stellte der Kläger einen Antrag auf medizinische Rehabilitation. Die Ärztin überwies ihn zur Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren, Frau Dipl-Med. K, die ihn wegen anhaltender Beschwerden zur Röntgenabteilung überwies. Die dort durchgeführte MRT vom 09. April 2001 ergab eine Chondrosis intervertebralis L5/S1 mit Abbildung eines kleinen Prolaps bei L5/S1. Da es unter der ambulanten Physiotherapie zu keiner wesentlichen Besserung der Beschwerdesymptomatik kam, absolvierte der Kläger vom 29. Mai bis zum 19. Juni 2001 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklink L Ein dort am 07. Juni 2001 gefertigtes CT bestätigte den MRT-Befund eines Bandscheibenprolaps ohne Nervenwurzelbeteiligung in Höhe L5/S1. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M C bestätigte in einer neurologischen Untersuchung vom 13. Juni 2001 die Diagnose eines discoradikulären Syndroms L 5. Da der Kläger auch unter Durchführung von krankengymnastischen Übungen und analgestischer Therapie über fortbestehende Beschwerden klagte, erfolgte nach Abschluss der Reha-Maßnahme am 27. Juli 2001 eine neurochirurgische Vorstellung im Unfallkrankenhaus B zur weiteren Abstimmung der Therapie. Eine Indikation zur operativen Versorgung wurde nicht gesehen, es wurde ein Stützmieder verordnet. Seit dem 08. Dezember 2000 bestand Arbeitsunfähigkeit, seit dem 01. Februar 2001 war der Kläger arbeitslos.
Die Beklagte holte ein unfallchirurgisches Gutachten des Prof. Dr. E (untersuchende Ärzte Dres. H und W) vom 11. Oktober 2001 sowie ein neurologisches Zusatzgutachten des PD Dr. H vom 12. November 2001 (untersuchender Arzt Dr. G) ein. Prof. Dr. E kam zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen: - Bewegungseinschränkung im LWS-Bereich bei Beugung, Bewegungseinschränkung im BWS- und LWS-Bereich bei Rotation und Seitneigung, - paravertebraler Muskelhartspann im unteren LWS-Bereich mit lokalem Druckschmerz, - Hypästhesie am linken Ober- und Unterschenkel.
Zur Zusammenhangsfrage sei auszuführen, dass durch das plötzliche Abstürzen der Treppe mit einem Gewicht von 80 kg bis 100 kg, welche vom Kläger im Stand ohne Torsionsbewegung des Rückens mit beiden Händen abgestützt worden sei, ein Unfallmechanismus vorliege, welcher eher nicht geeignet sei, einen Bandscheibenprolaps auszulösen. Normale, nicht vorgeschädigte Bandscheiben würden nur zerreißen, wenn eine erhebliche Gewalteinwirkung auf sie auftrete, vorher komme es eher zu Deck- und Grundplatteneinbrüchen der Wirbelkörper. Eine knöcherne Verletzung habe beim Kläger jedoch nicht vorgelegen. Zudem spreche der erste klinische Untersuchungsbefund von Dr. P mit Schmerzen im Bereich der BWS gegen einen frischen Bandscheibenprolaps in der Höhe L5/S1, da sich die Schmerzen bei einem frischen traumatischen Schaden im unteren LWS-Bereich hätten befinden müssen. Damit spreche sowohl der Unfallmechanismus als auch der erste klinische Befund gegen einen akuten Bandscheibenprolaps aufgrund des Unfallereignisses vom 08. Dezember 2000; zu vermuten sei vielmehr ein degenerativer Schaden. Durch das plötzliche Abstützen der Treppe sei es zu einer Zerrung der Rückenmuskulatur gekommen, diese sollte jedoch sechs Wochen nach dem Unfallereignis abgeheilt sein. Die weiteren Beschwerden seien auf den unfallunabhängig bestehenden Bandscheibenvorfall zurückzuführen. Die Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit aufgrund des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 habe sechs Wochen nach dem Unfallereignis am 19. Januar 2001 geendet. Unfallfolgen aufgrund des Unfallereignisses bestünden nicht, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergebe sich nicht. Die noch bestehenden Gesundheitsschäden seien als unfallunabhängig einzuschätzen.
In seinem neurologischen Zusatzgutachten kam Prof. Dr. H zu dem Ergebnis, ein sicherer Zusammenhang der lumboischialgieformen Beschwerden zum Unfall vom 08. Dezember 2000 sei aus neurologischer Sicht nicht herzustellen. Nach anfänglicher BWS-Beschwerdesymptomatik infolge des Verhebetraumas sei es im Verlauf zu einem Befundwandel mit in der Folge lumboischialgieformen Beschwerden gekommen, wobei die Empfindungsstörungen dann wiederum in der Folge hinzugetreten seien. Inwieweit der kleine dorsomediale Bandscheibenvorfall bei L5/S1 als Folge des Unfalls anzusehen sei, könne aus neurologischer Sicht nicht eingeschätzt werden, es sei aber die pathogenetische Relevanz des Bandscheibenvorfalls aus neurologischer Sicht wegen fehlender radikulärer Beeinträchtigung ohnehin zweifelhaft. Eine Erkrankung oder Funktionsstörung auf neurologischem Gebiet, die zu einer MdE führen könnte, sei als Folge des Unfalls nicht ersichtlich.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 08. Februar 2002 fest, dass die Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Maße über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus gemindert sei, und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2002, den gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. E und Prof. Dr. H folgend, als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt und vorgetragen, die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Prof. Dr. E und des Dr. H seien lediglich als bloßer Parteivortrag zu würdigen, da beide Gutachter im Unfallkrankenhaus Bangestellt seien, deren Träger die gewerblichen Berufsgenossenschaften, also auch die Beklagte, seien. Beide Gutachter schienen davon auszugehen, er habe am Tage seines Arbeitsunfalls zufällig einen Bandscheibenvorfall erlitten. Dies sei offenkundig falsch und ohne substanzielle Grundlage. So habe der Gutachter E festgestellt, er habe zum Zeitpunkt der Untersuchung keinerlei Vorschädigung an der WS gehabt. Dies bestätigten auch sämtliche vorliegenden ärztlichen Befunde (Reha-Entlassungsbericht der LVA – Klinik L vom 03. Juli 2001, Befund Klinikum C, Abteilung Röntgendiagnostik vom 07. Juni 2001, Befund Röntgeninstitut S vom 16. Januar 2001, Befund von Prof. Dr. G vom 05. März 2002). Bei einem gesunden 27jährigen Mann ohne Vorschäden im WS-Bereich, der nach dem Arbeitsunfall einen Bandscheibenprolaps aufweise, sei von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Erkrankung der WS auszugehen. Die Beklagte und die von ihr beauftragten Parteigutachter hätten die herrschende sozialmedizinische Literaturmeinung ignoriert, nach der gerade ungewöhnliche, überraschende und daher unkoordinierte Kraftanstrengungen (z. B. Ausrutschen oder Sturz mit schwerer Last, vorliegend ca. 100 kg), bei denen das Überraschungsmoment im Vordergrund stehe, typische Beispiele für ein geeignetes Unfallereignis darstellten (Schönberger/Mehrtens/Vallentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, Seite 42).
Das SG hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. E eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30. März 2004 (Untersuchung des Klägers am 03. März 2004) ausgeführt, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen vorlägen: 1. Recidivierendes HWS-Syndrom mit Nacken-Schulterschmerzen und Schulter-Armschmerzen links im Sinne eines pseudoradiculären Schmerzsyndroms ohne nennenswerte degenerative HWS-Veränderungen, 2. LWS-Syndrom mit belastungsabhängigen Lumboischialgien als pseudoradiculäres Schmerzsyndrom bei deutlicher Bandscheibenvorwölbung bei L5/S1, 3. geringe Verschleißzeichen beider Kniescheibengleitlager, links mehr als rechts.
Infolge des unvorhergesehenen Niederfallens der Treppe sei es zwar zu einer unerwarteten Kraftanstrengung gekommen, gleichwohl sei das Ereignis nicht so schwerwiegend gewesen, als dass es direkt zu einem Bandscheibenvorfall bei L5/S1 geführt habe. In einem solchen Fall wäre es zu sofortigen ischialgieformen Schmerzen und auch zu einer neurologischen Symptomatik gekommen. Diese wichtige Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Traumafolge sei nicht erfüllt. Das Krankheitsbild, das zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten sei, sei durch eine mediale Bandscheibenvorwölbung mit Übergang zum Bandscheibenprolaps in der Etage L5/S1 bedingt, die auch bei nicht körperlich belasteten Menschen die Hauptlokalisation für einen Bandscheibenvorfall darstellten. Die unfallbedingte Gesundheitsstörung seitens der BWS sei abgeklungen. Eine unfallbedingte MdE bestehe nicht. Unter hypothetischer Anerkennung der im Bereich der WS nachgewiesenen Gesundheitsstörungen als Folgen des Ereignisses vom 08. Dezember 2000 wäre die MdE mit 10 v. H. zu bemessen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. Juli 2004 abgewiesen, da bei dem Kläger über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine Gesundheitsstörungen mehr nachweisbar seien, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 seien, und ihm daher eine Verletztenrente nicht zustehe. Die Sachverständigen hätten nachvollziehbar dargestellt, dass die bei dem Arbeitsunfall erlittene Verstauchung der BWS folgenlos abgeklungen sei. Die weiteren Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls gewesen. Auch wenn das plötzliche Abstützen einer Last von ca. 80 bis 100 kg ein geeigneter Unfallmechanismus für eine traumatische Bandscheibenschädigung sein könne, so sei doch die wichtigste Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls als Trauma, nämlich das sofortige Auftreten von Erscheinungen und Beschwerden im Sinne einer Ischialgie, nicht erfüllt. Der Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall lediglich über Beschwerden im Bereich der BWS geklagt, jedoch nicht im Bereich der LWS. Das Krankheitsbild einer Bandscheibenvorwölbung mit Übergang zum Prolaps in der Etage L5/S1 sei erst zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten. Zudem bestehe selbst unter der hypothetischen Annahme, alle im Bereich der WS nachgewiesenen Gesundheitsstörungen seien Folge des Ereignisses vom 08. Dezember 2000, mangels rentenberechtigender MdE in Höhe von 10 v. H. kein Anspruch auf Verletztenrente.
Gegen das ihm am 18. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. November 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er an seinem Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente festhält und ergänzend vorträgt, der Gutachter Dr. E halte immerhin den Unfallmechanismus dem Grunde nach für geeignet, den in Rede stehenden Prolaps verursacht zu haben, und sehe auch das Merkmal der unerwarteten Kraftanstrengung und das Moment des nicht Vorhergesehenen, Unentrinnbaren als erfüllt an. Nicht ausreichend berücksichtigt worden seien die bei dem gegebenen Unfallmechanismus entstehenden typischen Scher- und Hebelkräfte auf die WS. Er sei spontan einer auf ihn einwirkenden Last von mindestens 100 kg ausgesetzt gewesen, dieser Unfallmechanismus decke sich nahezu exemplarisch mit den Beispielen in der einschlägigen Fachliteratur, in der für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges bei Bandscheibenvorfällen explizit auf die ungewöhnliche, überraschende, daher unkoordinierte Kraftanstrengung abgestellt werde (Schönberger/Mehrtens/Vallentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 6. Auflage, Seite 492). Wenn aber die Gewalteinwirkung grundsätzlich geeignet sei, die geklagten Verletzungsfolgen zu bedingen und die Folgen auch bei einem gesunden Menschen eingetreten wären, sei es gänzlich unerheblich, ob diese Gewalteinwirkung gerade einen durch Alter oder Berufstätigkeit entsprechend vorgeschädigten Menschen getroffen hätte. Alters- bzw. degenerative Erscheinungen an der WS, den Gelenken etc., deren Vorhandensein bei ihm allerdings ausdrücklich bestritten werde, träten zurück. Er habe vor dem Unfall keinerlei Rückenschmerzen im Sinne einer Ischialgie verspürt, auch habe sich anhand des bildgebenden Materials kein Vorschaden feststellen lassen. Selbst wenn eine isolierte traumatische Bandscheibenverletzung selten sei, gehe ein unfallbedingter Prolaps nicht stets auch mit einer Wirbelkörperfraktur einher. Zudem müssten Beschwerden und Erscheinungen im Sinne einer Ischialgie nicht zwingend sofort nach dem Unfall auftreten. Im Übrigen habe er sofort nach dem Unfall gegenüber dem Durchgangsarzt über massive Schmerzen in der unteren BWS geklagt, mithin im Grenzbereich zwischen BWS und LWS. Eine genaue Lokalisation des Schmerzes sei wegen der segmentalen und neuronalen Verletzung dieser Abschnitte der WS nicht möglich gewesen.
Das LSG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurochirugie Dr. R mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. R ist in seinem Gutachten vom 07. April 2006 nach Untersuchung des Klägers am 10. März 2006 zu dem Ergebnis gekommen, die radiologischen Aufnahmen zeigten bis auf eine leichte Torsionsskoliose zwischen LWK 1 und LWK 3 vor allem anlagebedingte Fehlentwicklungen (zwei "Restrippen" sowie der fehlende knöcherne Bogenschluss von SWK 1). Durch diese anlagebedingten Schwächungen sei die LWS mit Sicherheit nie voll belastbar gewesen und diese Schäden trügen auch einen Teil zu den Beschwerden des Patienten bei. Auch der bestehende Morbus Crohn dürfe nicht außer Acht gelassen werden, wobei es hier zu häufigeren Beschwerden im Bereich des Bauches komme, welche wiederum durch Reflexbögen Beschwerden im Bereich der WS auslösten. Bereits vor dem Unfall hätten bei dem Kläger immer wieder leichte Beschwerden bestanden, die jedoch durch minimale Maßnahmen wie Entspannung bzw. Ruhe hätten gemindert werden können. Als unfallbedingt festzustellen sei das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie ein Großteil der Beschwerden im Bereich der gesamten WS. Die Beschwerden der BWS und HWS entstünden seit dem Unfall reflektorisch und seien durch die Fehlhaltung und die muskuläre Dysbalance im Bereich der LWS ausgelöst. Hierdurch komme es auch zu starken Verspannungen im Bereich der BWS und HWS, was wiederum lokal und häufig auch eigenständig Schmerzen in diesem Bereich auslöse. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörungen bzw. Körperschäden müssten die oben beschriebenen Anomalien im Bereich der LWS (zusätzliche Rippen und Bogenschlussanomalie) gewertet werden. Durch den Unfall vom 08. Dezember 2000 sei es zu einer richtungsweisenden Verschlechterung der Beschwerden gekommen. Als die Symptomatik negativ beeinflussend sei der Morbus Crohn festzustellen. Die MdE betrage aber höchstens 10 bis 15 v. H. Da die WS des Klägers anlagebedingt nicht 100%ig belastbar sei, wäre es auch ohne den Unfall auf Dauer gesehen zu den Problemen im Bereich der LWS und der Bandscheiben mit entsprechenden Einschränkungen im Berufsleben gekommen.
Der Kläger hat daraufhin vorgeschlagen, die Beklagte möge Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung mit einer MdE in der vom Sachverständigen Dr. R vorgeschlagenen Höhe anerkennen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des SG Berlin vom 29. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren, hilfsweise, festzustellen, dass das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie die Beschwerden im Bereich der gesamten WS Folge des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 sind und die aus ihnen resultierende MdE 10 – 15 v.H. auf Dauer betrage.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung seien nicht anzuerkennen, da der Sachverständige Dr. R einerseits mit den Ausführungen von Dr. E, mit Ausnahme von kleinen Nuancen, zum großen Teil übereinstimme, gleichwohl jedoch eine unfallbedingte richtungsweisende Verschlechterung der Beschwerden attestiere, andererseits aber ausschließlich von unfallunabhängigen Verschleißerkrankungen der LWS spreche. Zudem gehe Dr. R von falschen tatsächlichen Voraussetzunge aus, wenn er feststelle, der Kläger habe sofort nach dem Unfall Schmerzen im Bereich der LWS und nach ca. zwei bis drei Tagen auch Schmerzen in den beiden unteren Extremitäten gehabt. Der Sachverhalt sei demgegenüber dahingehend geklärt, dass direkt nach dem Unfallgeschehen nur Beschwerden im Bereich der BWS, nicht jedoch im Bereich der LWS aufgetreten seien.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2006 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte bzw. der Unfallakte der Beklagten die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ihm steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 nicht zu.
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (Entscheidungen des Bundessozialgerichts [BSGE] 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren und sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten sowie der vorgelegten medizinischen Unterlagen und radiologischen Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keine Verletztenrente beanspruchen kann, weil nach Ablauf von 26 Wochen nach dem Arbeitsunfall vom 08. Dezember 2000 keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vorgelegen haben und auch jetzt nicht vorliegen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen. Der Unfall hat auch nicht zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Gesundheitsschadens geführt.
Nach den übereinstimmenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. Ein seinem Gutachten vom 30. März 2004 und der Verwaltungsgutachter Prof. Dr. Eund Dr. H in ihren Gutachten vom 11. Oktober 2001 und 12. November 2001 ist davon auszugehen, dass der Kläger bei dem Unfall eine Verstauchung der BWS mit einer daraus resultierenden Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitunfähigkeit bis zum 19. Januar 2001 erlitten hatte, die jedoch danach keine weiteren unfallbedingten Beschwerden hinterlassen hatte.
Demgegenüber ist der bei der MRT-Untersuchung vom 09. April 2001 und bei der CT-Untersuchung am 07. Juni 2001 festgestellte Bandscheibenschaden in der Etage L5/S1 nach übereinstimmender Feststellung der Sachverständigen Dr. E und Prof. Dr. Enicht traumatisch verursacht, sondern anlagebedingt. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dr. E, aber auch der auf Antrag des Klägers beauftragte Arzt für Neurochirurgie Dr. R, den in den MRT- bzw. CT-Befunden beschriebenen kleinen Bandscheibenprolaps nur als eine Bandscheibenprotrusion beurteilt haben. Vor allem aber war das Unfallereignis vom 08. Dezember 2000 seiner Art und Schwere nach nicht geeignet, einen Bandscheibenvorfall herbeizuführen. Durch das Abstützen der sich aus der Verankerung lösenden Treppe war es zwar für den Kläger zu einer starken Druckbelastung und damit zu einer unerwarteten, unvorhersehbaren Kraftanstrengung gekommen, die größer war als bei arbeitsüblichen Handlungen. Als geeignete Unfallereignisse für Bandscheibenverletzungen gelten jedoch andere Belastungen, nämlich Bewegungen mit Scher-, Rotationswirkung, Überbeugung, Überstreckung sowie Zugbelastung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 527 f). Gegen eine traumatische Verursachung des kleinen Bandscheibenvorfalls bzw. der Bandscheibenvorwölbung spricht auch das Fehlen typischer Begleitverletzungen. Durch Unfälle hervorgerufene Bandscheibenschäden gehen stets mit begleitenden knöchernen Verletzungen oder Bandverletzungen einher. Bei einer Kompressionsbelastung, wie sie im Fall des Klägers vorgelegen hat ("Verhebetrauma"), wird der Faserring undurchlässiger, mit Erhöhung des Drucks kommt es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich, ohne dass eine Faserringverletzung oder ein Bandscheibenvorfall hervorgerufen wird. Nach der Analyse des Schadensbildes ergeben sich Rückschlüsse auf die biomechanische Einwirkung durch das Unfallereignis und damit auch auf dessen Geeignetheit, eine bestimmte Gesundheitsstörung hervorzurufen. Ohne Begleitverletzungen ist die Schadensanlage wesentlich und der Unfall nur Gelegenheitsursache (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O).
Eine derartige, typische Verletzung der Wirbelkörper wurde beim Kläger ebenso wenig wie neurologische Ausfälle festgestellt; Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Beines wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt beschrieben. Dem entspricht auch die festgestellte Beschwerdeentwicklung. Der Kläger gab direkt nach dem Unfall Schmerzen in der BWS an, wogegen Schmerzen im LWS-Bereich und eine Schmerzausstrahlung bis in die Füße erst zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten waren. Ein Prolaps als Traumafolge hätte jedoch zu sofortigen ischialgieformen Schmerzen und einer neurologischen Symptomatik führen müssen. Diese Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Unfallfolge ist bei dem Kläger mithin nicht erfüllt.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger seine ursprüngliche Behauptung der völligen Beschwerdefreiheit vor dem Unfall relativiert und angegeben hat, es hätten auch zuvor immer wieder leichte Beschwerden bestanden, die jedoch durch minimale Maßnahmen, wie Entspannung bzw. Ruhe hätten gemindert werden können. Für eine bandscheibenbedingte Vorbelastung sprechen schließlich auch die Angaben im Vorerkrankungsverzeichnis. Darin ist vermerkt: "M54.1, Krankheit vom 02. bis 09. Oktober 1998 und vom 17. bis 20. Juli 2000". Bei der mit "M54.1" bezeichneten Krankheit handelt es sich um eine Radikulopathie, also eine Erkrankung der Nervenwurzeln, unter der der Kläger immerhin auch bereits vor dem Arbeitsunfall zeitweise gelitten hat. Hinzu kommt, dass die Bandscheibenetage L5/S1 auch bei nicht körperlich belasteten Menschen die Hauptlokalisation für einen Bandscheibenvorfall darstellt.
Bedenken gegen die Verwertbarkeit der im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten von Prof. Dr. Eund Dr. H bestehen entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Die Beklagte hat Gutachten von nicht in ihrem Dienst stehenden Ärzten eingeholt. Die Tätigkeit eines Arztes als Gutachter in berufsgenossenschaftlichen Verwaltungsverfahren begründet für sich gesehen keine Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit. Er wird in dieser Funktion nicht als Parteigutachter, sondern im Rahmen der den Sozialleistungsträgern obliegenden Pflicht tätig, die Voraussetzungen von Sozialleistungsansprüchen u. a. durch Einholung von medizinischen Gutachten in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren zu prüfen [vgl. auch § 20 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)]. Die von Berufsgenossenschaften zur Aufklärung des Sachverhalts herangezogenen Ärzte haben - ebenso wie die Behörde selbst - den Sachverhalt objektiv zu ermitteln und müssen dabei auch die für den Versicherten günstigen Umstände berücksichtigen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2006 - L 4 U 63/05 -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 118 Rdnr. 12 l). Ein derartiges von der Verwaltungsbehörde eingeholtes Gutachten ist als Urkundsbeweis bei der Entscheidungsfindung zu verwerten. Dabei handelt es sich nicht um ein Parteigutachten (vgl. BSG in SozSich 1989, S. 220). Das Gutachten kann auch Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sein (BSG in SozR § 118 Nr. 66).
Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Gutachten vom 07. April 2006 des auf seinen Antrag beauftragten Arztes für Neurochirurgie Dr. R herleiten. Dr. R kommt zu einer weitgehenden Übereinstimmung mit den Feststellungen des Gutachters Dr. E Er weist auf anlagebedingte Fehlentwicklungen und Schwächungen, wie zwei überzählige Rippenanlagen und den fehlenden Bogenschluss, hin, wodurch die LWS nie voll belastbar gewesen sei. Diese anlagebedingten Schäden sowie der hinzukommende Morbus Crohn trügen einen Teil zu den (aktuellen) Beschwerden des Klägers bei.
Soweit Dr. R feststellt, das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie ein Großteil der Beschwerden im Bereich der gesamten WS seien unfallbedingt, überzeugt diese Auffassung nicht. Bei der Würdigung des Gutachtens ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger den Unfallhergang und seine Beschwerden gegenüber Dr. Rzum Teil anders geschildert hat als gegenüber der Beklagten und den Gutachtern Prof. Dr. Eund Dr. EDr. R gibt den Bericht des Klägers in der Form wieder, dass dieser sofort nach dem Auffangen der Treppe Schmerzen im Bereich der LWS und deren Verlauf und in den beiden unteren Extremitäten gehabt habe und dass ein Taubheitsgefühl und eine Fußheberschwäche bereits ca. zwei bis drei Tage nach dem Unfall – und nicht erst zwei oder drei Wochen später - aufgetreten seien. Diese Beschwerden seien seitdem konstant vorhanden und nähmen je nach Belastung an Intensität zu bzw. ab. Eine Auseinandersetzung mit der früheren, teilweise abweichenden Darstellung des Klägers erfolgt jedoch nicht.
Auch begründet der Sachverständige Dr. R seine Feststellung, die Beschwerden der WS seien ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, nicht näher. Dies wäre aber gerade unter Berücksichtigung der auch von ihm festgestellten, anlagebedingt fehlenden vollen Belastbarkeit der WS, die auch ohne den Unfall auf Dauer gesehen zu Problemen im Bereich der LWS und der Bandscheiben geführt hätte, notwendig gewesen. Besteht ein Vorschaden - hier in Form anlagebedingter Fehlentwicklungen und Schwächungen sowie des hinzu gekommenen Morbus Crohn (entsprechende Symptome wurden bereits während der Reha-Maßnahme beobachtet; vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 03. Juli 2001 und neurologischer Befund des Dr. M vom 13. Juni 2001) -, so bedingt dieser das Krankheitsbild im Sinne einer konkurrierenden Kausalität mit. Welches Gewicht dieser konkurrierenden Ursache bei der Kausalitätsprüfung zukommt, hat der Gutachter aber nicht weiter ausgeführt. Er hat auch keine Ausführungen dahingehend gemacht, ob der Unfallhergang überhaupt geeignet war zur Verursachung von Bandscheibenerkrankungen; hierzu hätte aber gerade wegen der von der sozialmedizinischen Literatur aufgeführten, zur Verursachung von Bandscheibenerkrankungen geeigneten Unfallereignissen Anlass bestanden.
Im übrigen kommt auch Dr. R nicht zu dem Ergebnis, dass beim Kläger unfallbedingte Gesundheitsstörungen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen, vorlägen; vielmehr nimmt auch er eine MdE in nicht rentenberechtigender Höhe von höchstens 10 – 15 v. H. an.
Auch das weitere Begehren des Klägers, die Beklagte möge Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung mit einer MdE in der vom Gutachter Dr. R vorgeschlagenen Höhe anerkennen, hat keinen Erfolg.
Zwar kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG mit der Klage die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist, begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Hierbei ist es für ein solches Feststellungsinteresse genügend, aber auch erforderlich, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Leistungspflicht der Beklagten durch das Auftreten weiterer bisher noch nicht erkennbarer voraussehbarer Unfallfolgen besteht. Ein Feststellungsurteil hat zum Ziel, dem Verletzten für den Fall der Verschlimmerung oder des Hinzutretens von Spätfolgen eines Arbeitsunfalls bei der Realisierung künftiger Ansprüche vor allem die Beweisführungslast hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität zu ersparen (BSG, Urteil vom 18. September 1991 - 8 RKnU 3/90 -, SozR 3-1500 § 55 Nr. 6).
Im Streitfall kommt die begehrte Feststellung indes nicht in Betracht, da nach den obigen Ausführungen nach Ablauf von 26 Wochen nach dem Arbeitsunfall vom 08. Dezember 2000 keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vorgelegen haben und es daher am notwendigen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den bestehenden Gesundheitsstörungen fehlt. Die von Dr. R angenommene richtunggebende Verschlimmerung einer vorbestehenden WS-Erkrankung ist – wie dargelegt - nicht ausreichend dokumentiert und somit nicht zu objektivieren. Eine solche Annahme eines Kausalzusammenhangs wäre rein spekulativ.
Für das weitere Begehren des Klägers, festzustellen, dass der Arbeitsunfall eine MdE von 10 – 15 v. H. entsprechend dem Gutachten von Dr. R bedingt hat, fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage. Die isolierte Feststellung einer MdE ist nicht möglich, da es sich hierbei nicht um ein Rechtsverhältnis, d h. um rechtlich geregelte Beziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, handelt, dessen Bestehen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG festgestellt werden könnte. Vielmehr stellt der Grad der MdE lediglich einen Faktor zur Berechnung der Verletztenrente, mithin ein Element des Anspruchs auf Verletztenrente dar, das einer isolierten Feststellung nicht zugänglich ist (BSG, Urteil vom 22. März 1983 - 2 RU 37/82 -, SozR 2200 § 581 Nr. 17).
Zusammenfassend sind die Feststellungen des Sachverständigen Dr. Rnicht geeignet, den Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 08. Dezember 2000 und der festgestellten Verletzung an der BWS und die Annahme einer richtunggebenden Verschlimmerung des WS-Leidens nachvollziehbar zu begründen. Vielmehr hat sich der Kläger anlässlich des Unfallereignisses vom 08. Dezember 2000 eine Prellung der BWS zugezogen, die aber lediglich zu einem vorübergehenden Beschwerdebild – hier sechs Wochen - geführt und nach Ablauf dieser Zeit keine Unfallfolgen, die eine den Rentenanspruch bedingende MdE auslösen könnten, hinterlassen hat. Darüber hinausgehende Beschwerden sind nicht mehr auf das Unfallgeschehen zurückzuführen.
Die Berufung musste daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000.
Der 1973 geborene Kläger, der als Maurer bei der A Bau GmbH beschäftigt war, erlitt am 08. Dezember 2000 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall, indem er sich beim Hochstemmen einer Treppe die Brustwirbelsäule (BWS) verstauchte. Der Kläger schilderte am 20. Juni 2001 den Unfallhergang gegenüber der Beklagten wie folgt: "Ich sollte unterhalb der provisorischen Treppe die Wand putzen, deshalb löste ich die Treppe vom oberen Podest und stellte mich unter die Treppe und stemmte sie nach oben, bis ich dachte, sie zwischen Wand und Geländer verkeilt zu haben. Dann gab die Treppe wieder nach und drückte mit ca. 80 bis 100 kg auf mich und dabei hat es geknackt in meinem Rücken."
Nach seinen späteren Angaben (Anlage zum Gutachten Dr.) ging der Kläger nach dem Unfall zunächst nach Hause, nahm ein Bad und suchte dann seine Ärztin Frau Dr. H auf, die ihm eine Spritze in den Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gab und ihm riet, sich beim Durchgangsarzt vorzustellen. Der Durchgangsarzt und Arzt für Chirurgie Dr. P diagnostizierte nach Fertigung von Röntgenbildern eine Verstauchung der BWS, jedoch keine Knochenverletzung und keine neurologischen Ausfälle (Durchgangsarztbericht vom 11. Dezember 2000).
Durch Vermittlung der Frau Dr. H stellte der Kläger einen Antrag auf medizinische Rehabilitation. Die Ärztin überwies ihn zur Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren, Frau Dipl-Med. K, die ihn wegen anhaltender Beschwerden zur Röntgenabteilung überwies. Die dort durchgeführte MRT vom 09. April 2001 ergab eine Chondrosis intervertebralis L5/S1 mit Abbildung eines kleinen Prolaps bei L5/S1. Da es unter der ambulanten Physiotherapie zu keiner wesentlichen Besserung der Beschwerdesymptomatik kam, absolvierte der Kläger vom 29. Mai bis zum 19. Juni 2001 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklink L Ein dort am 07. Juni 2001 gefertigtes CT bestätigte den MRT-Befund eines Bandscheibenprolaps ohne Nervenwurzelbeteiligung in Höhe L5/S1. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M C bestätigte in einer neurologischen Untersuchung vom 13. Juni 2001 die Diagnose eines discoradikulären Syndroms L 5. Da der Kläger auch unter Durchführung von krankengymnastischen Übungen und analgestischer Therapie über fortbestehende Beschwerden klagte, erfolgte nach Abschluss der Reha-Maßnahme am 27. Juli 2001 eine neurochirurgische Vorstellung im Unfallkrankenhaus B zur weiteren Abstimmung der Therapie. Eine Indikation zur operativen Versorgung wurde nicht gesehen, es wurde ein Stützmieder verordnet. Seit dem 08. Dezember 2000 bestand Arbeitsunfähigkeit, seit dem 01. Februar 2001 war der Kläger arbeitslos.
Die Beklagte holte ein unfallchirurgisches Gutachten des Prof. Dr. E (untersuchende Ärzte Dres. H und W) vom 11. Oktober 2001 sowie ein neurologisches Zusatzgutachten des PD Dr. H vom 12. November 2001 (untersuchender Arzt Dr. G) ein. Prof. Dr. E kam zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen: - Bewegungseinschränkung im LWS-Bereich bei Beugung, Bewegungseinschränkung im BWS- und LWS-Bereich bei Rotation und Seitneigung, - paravertebraler Muskelhartspann im unteren LWS-Bereich mit lokalem Druckschmerz, - Hypästhesie am linken Ober- und Unterschenkel.
Zur Zusammenhangsfrage sei auszuführen, dass durch das plötzliche Abstürzen der Treppe mit einem Gewicht von 80 kg bis 100 kg, welche vom Kläger im Stand ohne Torsionsbewegung des Rückens mit beiden Händen abgestützt worden sei, ein Unfallmechanismus vorliege, welcher eher nicht geeignet sei, einen Bandscheibenprolaps auszulösen. Normale, nicht vorgeschädigte Bandscheiben würden nur zerreißen, wenn eine erhebliche Gewalteinwirkung auf sie auftrete, vorher komme es eher zu Deck- und Grundplatteneinbrüchen der Wirbelkörper. Eine knöcherne Verletzung habe beim Kläger jedoch nicht vorgelegen. Zudem spreche der erste klinische Untersuchungsbefund von Dr. P mit Schmerzen im Bereich der BWS gegen einen frischen Bandscheibenprolaps in der Höhe L5/S1, da sich die Schmerzen bei einem frischen traumatischen Schaden im unteren LWS-Bereich hätten befinden müssen. Damit spreche sowohl der Unfallmechanismus als auch der erste klinische Befund gegen einen akuten Bandscheibenprolaps aufgrund des Unfallereignisses vom 08. Dezember 2000; zu vermuten sei vielmehr ein degenerativer Schaden. Durch das plötzliche Abstützen der Treppe sei es zu einer Zerrung der Rückenmuskulatur gekommen, diese sollte jedoch sechs Wochen nach dem Unfallereignis abgeheilt sein. Die weiteren Beschwerden seien auf den unfallunabhängig bestehenden Bandscheibenvorfall zurückzuführen. Die Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit aufgrund des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 habe sechs Wochen nach dem Unfallereignis am 19. Januar 2001 geendet. Unfallfolgen aufgrund des Unfallereignisses bestünden nicht, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergebe sich nicht. Die noch bestehenden Gesundheitsschäden seien als unfallunabhängig einzuschätzen.
In seinem neurologischen Zusatzgutachten kam Prof. Dr. H zu dem Ergebnis, ein sicherer Zusammenhang der lumboischialgieformen Beschwerden zum Unfall vom 08. Dezember 2000 sei aus neurologischer Sicht nicht herzustellen. Nach anfänglicher BWS-Beschwerdesymptomatik infolge des Verhebetraumas sei es im Verlauf zu einem Befundwandel mit in der Folge lumboischialgieformen Beschwerden gekommen, wobei die Empfindungsstörungen dann wiederum in der Folge hinzugetreten seien. Inwieweit der kleine dorsomediale Bandscheibenvorfall bei L5/S1 als Folge des Unfalls anzusehen sei, könne aus neurologischer Sicht nicht eingeschätzt werden, es sei aber die pathogenetische Relevanz des Bandscheibenvorfalls aus neurologischer Sicht wegen fehlender radikulärer Beeinträchtigung ohnehin zweifelhaft. Eine Erkrankung oder Funktionsstörung auf neurologischem Gebiet, die zu einer MdE führen könnte, sei als Folge des Unfalls nicht ersichtlich.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 08. Februar 2002 fest, dass die Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Maße über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus gemindert sei, und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2002, den gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. E und Prof. Dr. H folgend, als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt und vorgetragen, die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Prof. Dr. E und des Dr. H seien lediglich als bloßer Parteivortrag zu würdigen, da beide Gutachter im Unfallkrankenhaus Bangestellt seien, deren Träger die gewerblichen Berufsgenossenschaften, also auch die Beklagte, seien. Beide Gutachter schienen davon auszugehen, er habe am Tage seines Arbeitsunfalls zufällig einen Bandscheibenvorfall erlitten. Dies sei offenkundig falsch und ohne substanzielle Grundlage. So habe der Gutachter E festgestellt, er habe zum Zeitpunkt der Untersuchung keinerlei Vorschädigung an der WS gehabt. Dies bestätigten auch sämtliche vorliegenden ärztlichen Befunde (Reha-Entlassungsbericht der LVA – Klinik L vom 03. Juli 2001, Befund Klinikum C, Abteilung Röntgendiagnostik vom 07. Juni 2001, Befund Röntgeninstitut S vom 16. Januar 2001, Befund von Prof. Dr. G vom 05. März 2002). Bei einem gesunden 27jährigen Mann ohne Vorschäden im WS-Bereich, der nach dem Arbeitsunfall einen Bandscheibenprolaps aufweise, sei von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Erkrankung der WS auszugehen. Die Beklagte und die von ihr beauftragten Parteigutachter hätten die herrschende sozialmedizinische Literaturmeinung ignoriert, nach der gerade ungewöhnliche, überraschende und daher unkoordinierte Kraftanstrengungen (z. B. Ausrutschen oder Sturz mit schwerer Last, vorliegend ca. 100 kg), bei denen das Überraschungsmoment im Vordergrund stehe, typische Beispiele für ein geeignetes Unfallereignis darstellten (Schönberger/Mehrtens/Vallentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, Seite 42).
Das SG hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. E eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30. März 2004 (Untersuchung des Klägers am 03. März 2004) ausgeführt, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen vorlägen: 1. Recidivierendes HWS-Syndrom mit Nacken-Schulterschmerzen und Schulter-Armschmerzen links im Sinne eines pseudoradiculären Schmerzsyndroms ohne nennenswerte degenerative HWS-Veränderungen, 2. LWS-Syndrom mit belastungsabhängigen Lumboischialgien als pseudoradiculäres Schmerzsyndrom bei deutlicher Bandscheibenvorwölbung bei L5/S1, 3. geringe Verschleißzeichen beider Kniescheibengleitlager, links mehr als rechts.
Infolge des unvorhergesehenen Niederfallens der Treppe sei es zwar zu einer unerwarteten Kraftanstrengung gekommen, gleichwohl sei das Ereignis nicht so schwerwiegend gewesen, als dass es direkt zu einem Bandscheibenvorfall bei L5/S1 geführt habe. In einem solchen Fall wäre es zu sofortigen ischialgieformen Schmerzen und auch zu einer neurologischen Symptomatik gekommen. Diese wichtige Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Traumafolge sei nicht erfüllt. Das Krankheitsbild, das zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten sei, sei durch eine mediale Bandscheibenvorwölbung mit Übergang zum Bandscheibenprolaps in der Etage L5/S1 bedingt, die auch bei nicht körperlich belasteten Menschen die Hauptlokalisation für einen Bandscheibenvorfall darstellten. Die unfallbedingte Gesundheitsstörung seitens der BWS sei abgeklungen. Eine unfallbedingte MdE bestehe nicht. Unter hypothetischer Anerkennung der im Bereich der WS nachgewiesenen Gesundheitsstörungen als Folgen des Ereignisses vom 08. Dezember 2000 wäre die MdE mit 10 v. H. zu bemessen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. Juli 2004 abgewiesen, da bei dem Kläger über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine Gesundheitsstörungen mehr nachweisbar seien, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 seien, und ihm daher eine Verletztenrente nicht zustehe. Die Sachverständigen hätten nachvollziehbar dargestellt, dass die bei dem Arbeitsunfall erlittene Verstauchung der BWS folgenlos abgeklungen sei. Die weiteren Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls gewesen. Auch wenn das plötzliche Abstützen einer Last von ca. 80 bis 100 kg ein geeigneter Unfallmechanismus für eine traumatische Bandscheibenschädigung sein könne, so sei doch die wichtigste Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls als Trauma, nämlich das sofortige Auftreten von Erscheinungen und Beschwerden im Sinne einer Ischialgie, nicht erfüllt. Der Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall lediglich über Beschwerden im Bereich der BWS geklagt, jedoch nicht im Bereich der LWS. Das Krankheitsbild einer Bandscheibenvorwölbung mit Übergang zum Prolaps in der Etage L5/S1 sei erst zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten. Zudem bestehe selbst unter der hypothetischen Annahme, alle im Bereich der WS nachgewiesenen Gesundheitsstörungen seien Folge des Ereignisses vom 08. Dezember 2000, mangels rentenberechtigender MdE in Höhe von 10 v. H. kein Anspruch auf Verletztenrente.
Gegen das ihm am 18. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. November 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er an seinem Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente festhält und ergänzend vorträgt, der Gutachter Dr. E halte immerhin den Unfallmechanismus dem Grunde nach für geeignet, den in Rede stehenden Prolaps verursacht zu haben, und sehe auch das Merkmal der unerwarteten Kraftanstrengung und das Moment des nicht Vorhergesehenen, Unentrinnbaren als erfüllt an. Nicht ausreichend berücksichtigt worden seien die bei dem gegebenen Unfallmechanismus entstehenden typischen Scher- und Hebelkräfte auf die WS. Er sei spontan einer auf ihn einwirkenden Last von mindestens 100 kg ausgesetzt gewesen, dieser Unfallmechanismus decke sich nahezu exemplarisch mit den Beispielen in der einschlägigen Fachliteratur, in der für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges bei Bandscheibenvorfällen explizit auf die ungewöhnliche, überraschende, daher unkoordinierte Kraftanstrengung abgestellt werde (Schönberger/Mehrtens/Vallentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 6. Auflage, Seite 492). Wenn aber die Gewalteinwirkung grundsätzlich geeignet sei, die geklagten Verletzungsfolgen zu bedingen und die Folgen auch bei einem gesunden Menschen eingetreten wären, sei es gänzlich unerheblich, ob diese Gewalteinwirkung gerade einen durch Alter oder Berufstätigkeit entsprechend vorgeschädigten Menschen getroffen hätte. Alters- bzw. degenerative Erscheinungen an der WS, den Gelenken etc., deren Vorhandensein bei ihm allerdings ausdrücklich bestritten werde, träten zurück. Er habe vor dem Unfall keinerlei Rückenschmerzen im Sinne einer Ischialgie verspürt, auch habe sich anhand des bildgebenden Materials kein Vorschaden feststellen lassen. Selbst wenn eine isolierte traumatische Bandscheibenverletzung selten sei, gehe ein unfallbedingter Prolaps nicht stets auch mit einer Wirbelkörperfraktur einher. Zudem müssten Beschwerden und Erscheinungen im Sinne einer Ischialgie nicht zwingend sofort nach dem Unfall auftreten. Im Übrigen habe er sofort nach dem Unfall gegenüber dem Durchgangsarzt über massive Schmerzen in der unteren BWS geklagt, mithin im Grenzbereich zwischen BWS und LWS. Eine genaue Lokalisation des Schmerzes sei wegen der segmentalen und neuronalen Verletzung dieser Abschnitte der WS nicht möglich gewesen.
Das LSG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurochirugie Dr. R mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. R ist in seinem Gutachten vom 07. April 2006 nach Untersuchung des Klägers am 10. März 2006 zu dem Ergebnis gekommen, die radiologischen Aufnahmen zeigten bis auf eine leichte Torsionsskoliose zwischen LWK 1 und LWK 3 vor allem anlagebedingte Fehlentwicklungen (zwei "Restrippen" sowie der fehlende knöcherne Bogenschluss von SWK 1). Durch diese anlagebedingten Schwächungen sei die LWS mit Sicherheit nie voll belastbar gewesen und diese Schäden trügen auch einen Teil zu den Beschwerden des Patienten bei. Auch der bestehende Morbus Crohn dürfe nicht außer Acht gelassen werden, wobei es hier zu häufigeren Beschwerden im Bereich des Bauches komme, welche wiederum durch Reflexbögen Beschwerden im Bereich der WS auslösten. Bereits vor dem Unfall hätten bei dem Kläger immer wieder leichte Beschwerden bestanden, die jedoch durch minimale Maßnahmen wie Entspannung bzw. Ruhe hätten gemindert werden können. Als unfallbedingt festzustellen sei das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie ein Großteil der Beschwerden im Bereich der gesamten WS. Die Beschwerden der BWS und HWS entstünden seit dem Unfall reflektorisch und seien durch die Fehlhaltung und die muskuläre Dysbalance im Bereich der LWS ausgelöst. Hierdurch komme es auch zu starken Verspannungen im Bereich der BWS und HWS, was wiederum lokal und häufig auch eigenständig Schmerzen in diesem Bereich auslöse. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörungen bzw. Körperschäden müssten die oben beschriebenen Anomalien im Bereich der LWS (zusätzliche Rippen und Bogenschlussanomalie) gewertet werden. Durch den Unfall vom 08. Dezember 2000 sei es zu einer richtungsweisenden Verschlechterung der Beschwerden gekommen. Als die Symptomatik negativ beeinflussend sei der Morbus Crohn festzustellen. Die MdE betrage aber höchstens 10 bis 15 v. H. Da die WS des Klägers anlagebedingt nicht 100%ig belastbar sei, wäre es auch ohne den Unfall auf Dauer gesehen zu den Problemen im Bereich der LWS und der Bandscheiben mit entsprechenden Einschränkungen im Berufsleben gekommen.
Der Kläger hat daraufhin vorgeschlagen, die Beklagte möge Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung mit einer MdE in der vom Sachverständigen Dr. R vorgeschlagenen Höhe anerkennen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des SG Berlin vom 29. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren, hilfsweise, festzustellen, dass das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie die Beschwerden im Bereich der gesamten WS Folge des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 sind und die aus ihnen resultierende MdE 10 – 15 v.H. auf Dauer betrage.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung seien nicht anzuerkennen, da der Sachverständige Dr. R einerseits mit den Ausführungen von Dr. E, mit Ausnahme von kleinen Nuancen, zum großen Teil übereinstimme, gleichwohl jedoch eine unfallbedingte richtungsweisende Verschlechterung der Beschwerden attestiere, andererseits aber ausschließlich von unfallunabhängigen Verschleißerkrankungen der LWS spreche. Zudem gehe Dr. R von falschen tatsächlichen Voraussetzunge aus, wenn er feststelle, der Kläger habe sofort nach dem Unfall Schmerzen im Bereich der LWS und nach ca. zwei bis drei Tagen auch Schmerzen in den beiden unteren Extremitäten gehabt. Der Sachverhalt sei demgegenüber dahingehend geklärt, dass direkt nach dem Unfallgeschehen nur Beschwerden im Bereich der BWS, nicht jedoch im Bereich der LWS aufgetreten seien.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2006 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte bzw. der Unfallakte der Beklagten die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ihm steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Dezember 2000 nicht zu.
Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (Entscheidungen des Bundessozialgerichts [BSGE] 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren und sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten sowie der vorgelegten medizinischen Unterlagen und radiologischen Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keine Verletztenrente beanspruchen kann, weil nach Ablauf von 26 Wochen nach dem Arbeitsunfall vom 08. Dezember 2000 keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vorgelegen haben und auch jetzt nicht vorliegen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen. Der Unfall hat auch nicht zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Gesundheitsschadens geführt.
Nach den übereinstimmenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. Ein seinem Gutachten vom 30. März 2004 und der Verwaltungsgutachter Prof. Dr. Eund Dr. H in ihren Gutachten vom 11. Oktober 2001 und 12. November 2001 ist davon auszugehen, dass der Kläger bei dem Unfall eine Verstauchung der BWS mit einer daraus resultierenden Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitunfähigkeit bis zum 19. Januar 2001 erlitten hatte, die jedoch danach keine weiteren unfallbedingten Beschwerden hinterlassen hatte.
Demgegenüber ist der bei der MRT-Untersuchung vom 09. April 2001 und bei der CT-Untersuchung am 07. Juni 2001 festgestellte Bandscheibenschaden in der Etage L5/S1 nach übereinstimmender Feststellung der Sachverständigen Dr. E und Prof. Dr. Enicht traumatisch verursacht, sondern anlagebedingt. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dr. E, aber auch der auf Antrag des Klägers beauftragte Arzt für Neurochirurgie Dr. R, den in den MRT- bzw. CT-Befunden beschriebenen kleinen Bandscheibenprolaps nur als eine Bandscheibenprotrusion beurteilt haben. Vor allem aber war das Unfallereignis vom 08. Dezember 2000 seiner Art und Schwere nach nicht geeignet, einen Bandscheibenvorfall herbeizuführen. Durch das Abstützen der sich aus der Verankerung lösenden Treppe war es zwar für den Kläger zu einer starken Druckbelastung und damit zu einer unerwarteten, unvorhersehbaren Kraftanstrengung gekommen, die größer war als bei arbeitsüblichen Handlungen. Als geeignete Unfallereignisse für Bandscheibenverletzungen gelten jedoch andere Belastungen, nämlich Bewegungen mit Scher-, Rotationswirkung, Überbeugung, Überstreckung sowie Zugbelastung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 527 f). Gegen eine traumatische Verursachung des kleinen Bandscheibenvorfalls bzw. der Bandscheibenvorwölbung spricht auch das Fehlen typischer Begleitverletzungen. Durch Unfälle hervorgerufene Bandscheibenschäden gehen stets mit begleitenden knöchernen Verletzungen oder Bandverletzungen einher. Bei einer Kompressionsbelastung, wie sie im Fall des Klägers vorgelegen hat ("Verhebetrauma"), wird der Faserring undurchlässiger, mit Erhöhung des Drucks kommt es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich, ohne dass eine Faserringverletzung oder ein Bandscheibenvorfall hervorgerufen wird. Nach der Analyse des Schadensbildes ergeben sich Rückschlüsse auf die biomechanische Einwirkung durch das Unfallereignis und damit auch auf dessen Geeignetheit, eine bestimmte Gesundheitsstörung hervorzurufen. Ohne Begleitverletzungen ist die Schadensanlage wesentlich und der Unfall nur Gelegenheitsursache (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O).
Eine derartige, typische Verletzung der Wirbelkörper wurde beim Kläger ebenso wenig wie neurologische Ausfälle festgestellt; Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Beines wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt beschrieben. Dem entspricht auch die festgestellte Beschwerdeentwicklung. Der Kläger gab direkt nach dem Unfall Schmerzen in der BWS an, wogegen Schmerzen im LWS-Bereich und eine Schmerzausstrahlung bis in die Füße erst zwei bis drei Wochen nach dem Unfall aufgetreten waren. Ein Prolaps als Traumafolge hätte jedoch zu sofortigen ischialgieformen Schmerzen und einer neurologischen Symptomatik führen müssen. Diese Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Unfallfolge ist bei dem Kläger mithin nicht erfüllt.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger seine ursprüngliche Behauptung der völligen Beschwerdefreiheit vor dem Unfall relativiert und angegeben hat, es hätten auch zuvor immer wieder leichte Beschwerden bestanden, die jedoch durch minimale Maßnahmen, wie Entspannung bzw. Ruhe hätten gemindert werden können. Für eine bandscheibenbedingte Vorbelastung sprechen schließlich auch die Angaben im Vorerkrankungsverzeichnis. Darin ist vermerkt: "M54.1, Krankheit vom 02. bis 09. Oktober 1998 und vom 17. bis 20. Juli 2000". Bei der mit "M54.1" bezeichneten Krankheit handelt es sich um eine Radikulopathie, also eine Erkrankung der Nervenwurzeln, unter der der Kläger immerhin auch bereits vor dem Arbeitsunfall zeitweise gelitten hat. Hinzu kommt, dass die Bandscheibenetage L5/S1 auch bei nicht körperlich belasteten Menschen die Hauptlokalisation für einen Bandscheibenvorfall darstellt.
Bedenken gegen die Verwertbarkeit der im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten von Prof. Dr. Eund Dr. H bestehen entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Die Beklagte hat Gutachten von nicht in ihrem Dienst stehenden Ärzten eingeholt. Die Tätigkeit eines Arztes als Gutachter in berufsgenossenschaftlichen Verwaltungsverfahren begründet für sich gesehen keine Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit. Er wird in dieser Funktion nicht als Parteigutachter, sondern im Rahmen der den Sozialleistungsträgern obliegenden Pflicht tätig, die Voraussetzungen von Sozialleistungsansprüchen u. a. durch Einholung von medizinischen Gutachten in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren zu prüfen [vgl. auch § 20 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)]. Die von Berufsgenossenschaften zur Aufklärung des Sachverhalts herangezogenen Ärzte haben - ebenso wie die Behörde selbst - den Sachverhalt objektiv zu ermitteln und müssen dabei auch die für den Versicherten günstigen Umstände berücksichtigen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2006 - L 4 U 63/05 -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 118 Rdnr. 12 l). Ein derartiges von der Verwaltungsbehörde eingeholtes Gutachten ist als Urkundsbeweis bei der Entscheidungsfindung zu verwerten. Dabei handelt es sich nicht um ein Parteigutachten (vgl. BSG in SozSich 1989, S. 220). Das Gutachten kann auch Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sein (BSG in SozR § 118 Nr. 66).
Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Gutachten vom 07. April 2006 des auf seinen Antrag beauftragten Arztes für Neurochirurgie Dr. R herleiten. Dr. R kommt zu einer weitgehenden Übereinstimmung mit den Feststellungen des Gutachters Dr. E Er weist auf anlagebedingte Fehlentwicklungen und Schwächungen, wie zwei überzählige Rippenanlagen und den fehlenden Bogenschluss, hin, wodurch die LWS nie voll belastbar gewesen sei. Diese anlagebedingten Schäden sowie der hinzukommende Morbus Crohn trügen einen Teil zu den (aktuellen) Beschwerden des Klägers bei.
Soweit Dr. R feststellt, das Taubheitsgefühl im Bereich der linken Extremität sowie ein Großteil der Beschwerden im Bereich der gesamten WS seien unfallbedingt, überzeugt diese Auffassung nicht. Bei der Würdigung des Gutachtens ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger den Unfallhergang und seine Beschwerden gegenüber Dr. Rzum Teil anders geschildert hat als gegenüber der Beklagten und den Gutachtern Prof. Dr. Eund Dr. EDr. R gibt den Bericht des Klägers in der Form wieder, dass dieser sofort nach dem Auffangen der Treppe Schmerzen im Bereich der LWS und deren Verlauf und in den beiden unteren Extremitäten gehabt habe und dass ein Taubheitsgefühl und eine Fußheberschwäche bereits ca. zwei bis drei Tage nach dem Unfall – und nicht erst zwei oder drei Wochen später - aufgetreten seien. Diese Beschwerden seien seitdem konstant vorhanden und nähmen je nach Belastung an Intensität zu bzw. ab. Eine Auseinandersetzung mit der früheren, teilweise abweichenden Darstellung des Klägers erfolgt jedoch nicht.
Auch begründet der Sachverständige Dr. R seine Feststellung, die Beschwerden der WS seien ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, nicht näher. Dies wäre aber gerade unter Berücksichtigung der auch von ihm festgestellten, anlagebedingt fehlenden vollen Belastbarkeit der WS, die auch ohne den Unfall auf Dauer gesehen zu Problemen im Bereich der LWS und der Bandscheiben geführt hätte, notwendig gewesen. Besteht ein Vorschaden - hier in Form anlagebedingter Fehlentwicklungen und Schwächungen sowie des hinzu gekommenen Morbus Crohn (entsprechende Symptome wurden bereits während der Reha-Maßnahme beobachtet; vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 03. Juli 2001 und neurologischer Befund des Dr. M vom 13. Juni 2001) -, so bedingt dieser das Krankheitsbild im Sinne einer konkurrierenden Kausalität mit. Welches Gewicht dieser konkurrierenden Ursache bei der Kausalitätsprüfung zukommt, hat der Gutachter aber nicht weiter ausgeführt. Er hat auch keine Ausführungen dahingehend gemacht, ob der Unfallhergang überhaupt geeignet war zur Verursachung von Bandscheibenerkrankungen; hierzu hätte aber gerade wegen der von der sozialmedizinischen Literatur aufgeführten, zur Verursachung von Bandscheibenerkrankungen geeigneten Unfallereignissen Anlass bestanden.
Im übrigen kommt auch Dr. R nicht zu dem Ergebnis, dass beim Kläger unfallbedingte Gesundheitsstörungen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen, vorlägen; vielmehr nimmt auch er eine MdE in nicht rentenberechtigender Höhe von höchstens 10 – 15 v. H. an.
Auch das weitere Begehren des Klägers, die Beklagte möge Unfallfolgen nach richtungsweisender Verschlimmerung mit einer MdE in der vom Gutachter Dr. R vorgeschlagenen Höhe anerkennen, hat keinen Erfolg.
Zwar kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG mit der Klage die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist, begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Hierbei ist es für ein solches Feststellungsinteresse genügend, aber auch erforderlich, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Leistungspflicht der Beklagten durch das Auftreten weiterer bisher noch nicht erkennbarer voraussehbarer Unfallfolgen besteht. Ein Feststellungsurteil hat zum Ziel, dem Verletzten für den Fall der Verschlimmerung oder des Hinzutretens von Spätfolgen eines Arbeitsunfalls bei der Realisierung künftiger Ansprüche vor allem die Beweisführungslast hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität zu ersparen (BSG, Urteil vom 18. September 1991 - 8 RKnU 3/90 -, SozR 3-1500 § 55 Nr. 6).
Im Streitfall kommt die begehrte Feststellung indes nicht in Betracht, da nach den obigen Ausführungen nach Ablauf von 26 Wochen nach dem Arbeitsunfall vom 08. Dezember 2000 keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vorgelegen haben und es daher am notwendigen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den bestehenden Gesundheitsstörungen fehlt. Die von Dr. R angenommene richtunggebende Verschlimmerung einer vorbestehenden WS-Erkrankung ist – wie dargelegt - nicht ausreichend dokumentiert und somit nicht zu objektivieren. Eine solche Annahme eines Kausalzusammenhangs wäre rein spekulativ.
Für das weitere Begehren des Klägers, festzustellen, dass der Arbeitsunfall eine MdE von 10 – 15 v. H. entsprechend dem Gutachten von Dr. R bedingt hat, fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage. Die isolierte Feststellung einer MdE ist nicht möglich, da es sich hierbei nicht um ein Rechtsverhältnis, d h. um rechtlich geregelte Beziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, handelt, dessen Bestehen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG festgestellt werden könnte. Vielmehr stellt der Grad der MdE lediglich einen Faktor zur Berechnung der Verletztenrente, mithin ein Element des Anspruchs auf Verletztenrente dar, das einer isolierten Feststellung nicht zugänglich ist (BSG, Urteil vom 22. März 1983 - 2 RU 37/82 -, SozR 2200 § 581 Nr. 17).
Zusammenfassend sind die Feststellungen des Sachverständigen Dr. Rnicht geeignet, den Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 08. Dezember 2000 und der festgestellten Verletzung an der BWS und die Annahme einer richtunggebenden Verschlimmerung des WS-Leidens nachvollziehbar zu begründen. Vielmehr hat sich der Kläger anlässlich des Unfallereignisses vom 08. Dezember 2000 eine Prellung der BWS zugezogen, die aber lediglich zu einem vorübergehenden Beschwerdebild – hier sechs Wochen - geführt und nach Ablauf dieser Zeit keine Unfallfolgen, die eine den Rentenanspruch bedingende MdE auslösen könnten, hinterlassen hat. Darüber hinausgehende Beschwerden sind nicht mehr auf das Unfallgeschehen zurückzuführen.
Die Berufung musste daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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