L 8 AL 4701/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 3344/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4701/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. August 2007 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2004 verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 2. Juni 2004 Arbeitslosengeld ohne Minderung zu gewähren.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Minderung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Der 1955 geborene Kläger ist als Schauspieler/Tonmeister/Regieassistent tätig. Seit (mindestens) 1992 war er jeweils ab Beginn der Spielzeit im September eines Jahres bis Ende März/Mai eines Folgejahres bei den Theaterbetrieben B. (B) GmbH in M. und anschließend bei den M. in M. bis Anfang August des Jahres engagiert. In Zeiträumen, in denen kein Engagement bestand, bezog der Kläger vom Arbeitsamt/Agentur für Arbeit Karlsruhe (AA) Arbeitslosengeld (Alg). Vom 06.09.2003 bis 31.05.2004 stand der Kläger als Schauspieler bei den Theaterbetrieben B wiederum in einem Arbeitsverhältnis.

Am 02.06.2004 meldete sich der Kläger bei der AA arbeitslos und beantragte erneut Alg. In der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der Theaterbetriebe B wurde u. a. angegeben, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger sei bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 31.05.2004 schriftlich befristet gewesen. Ab 15.09.2004 war der Kläger wieder bei den Theaterbetrieben B beschäftigt.

Mit Schreiben vom 02.06.2004 teilte die AA dem Kläger ergänzend zu einem ihm gesondert zugehenden Bewilligung-/Änderungsbescheid mit, dass er seiner Meldeobliegenheit nach § 37b SGB III um 93 Tage zu spät nachgekommen sei, dass sich sein Anspruch auf Leistungen um 1.500 EUR (50 EUR x 30 Tage) mindere und dass die Höhe des Abzuges von der täglichen Leistung 18 EUR betrage. Mit Bescheid vom 04.06.2004 bewilligte die AA dem Kläger Alg ab 02.06.2004 in Höhe von wöchentlich 252,00 EUR (Bemessungsentgelt 753,01 EUR, Leistungsgruppe A/0) unter Berücksichtigung eines Gesamtminderungsbetrages in Höhe von 1.500 EUR und einem täglichen Kürzungsbetrag in Höhe von 18,00 EUR.

Hiergegen legte der Kläger mit zwei Schreiben am 14.06.2004 bzw. 18.06.2004 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit den Theaterbetrieben B habe nicht bestanden, weshalb sein Arbeitsverhältnis nicht zeitlich befristet gewesen sei. Die abweichende falsche Mitteilung in der Arbeitsbescheinigung sei ihm nie aufgefallen. Ein Hinweis seiner Arbeitgeberin, sich arbeitsuchend melden zu müssen, sei nicht erfolgt. Es sei zu fragen, auf welchem Wege er von dem neuen Gesetz hätte Kenntnis erlangen sollen. Er habe von der AA keine Unterlagen erhalten, in denen ihm die Regelung zur Kenntnis gebracht worden sei. Bis zum 17.05.2004 sei er mit dem Theater auf Tournee gewesen. Danach sei er im Münchner Büro noch einige Tage mit Vorbereitungsarbeiten zur nächsten Tourneesaison beschäftigt gewesen. Anschließend hätte er die ab 21. Juli beginnende Tournee "Sekretärinnen" eines anderen Unternehmens für einige Tage begleiten sollen, um sich die Tontechnik dieser Produktion anzueignen. Es sei vorgesehen gewesen, dass er bei dieser Produktion die Tontechnik übernehme. Dieser Plan habe sich zerschlagen. Dies sei der Moment gewesen, als er mitgeteilt bekommen habe, dass seine Beschäftigung zum 01.06.2004 enden würde.

Die AA hörte die Inhaberin der Theaterbetriebe B schriftlich an. Diese teilte am 12.07.2004 mit, in der Arbeitsbescheinigung sei die Rubrik Befristung des Arbeitsvertrages falsch ausgefüllt worden. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Kläger habe es in all den Jahren nicht gegeben, da der Zeitrahmen des Arbeitsverhältnisses jeweils von vorneherein durch sein Sommerengagement in M. abgesteckt gewesen und lückenlos ineinander übergegangen sei. Der Kläger sei in der Vergangenheit, mindestens 15 Jahre lang, jeweils ab dem Beginn der Spielzeit Anfang September bis Anfang/Mitte/Ende Mai beschäftigt gewesen und habe anschließend jeweils ein Anschlussengagement bei den M. in M. gehabt. Dieses Jahr sei er aber nicht engagiert worden. Sie habe in der Folge versucht, für den Kläger bei einem ab 21.07.2004 bis Anfang September 2004 laufenden Gastspiel Arbeit zu finden. Dieses Engagement habe sich aber kurzfristig zerschlagen, wovon sie Ende Mai erfahren habe. So habe sie dem Kläger sagen müssen, dass sie für ihn nach dem 31.05.2004 keine Arbeit habe. Der Kläger sei bemüht gewesen, Arbeit zu finden und habe sich eigentlich nicht arbeitslos melden wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2004 wurden die Widersprüche des Klägers gegen den Bescheid vom 04.06.2004 in Verbindung mit dem Schreiben vom 02.06.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger gehöre zum Personenkreis, für den die Meldepflicht des § 37b SGB III gelte. Das Arbeitsverhältnis sei bis 31.05.2004 befristet gewesen. Die Meldepflicht sei damit spätestens am 01.03.2004 entstanden. Auch wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorgelegen habe, sei dem Kläger bekannt gewesen, dass das versicherungspflichtige Arbeitsverhältnis im April/Mai 2004 enden werde. Der Kläger habe sich aber erst am 02.06.2004 - und damit nicht unverzüglich - persönlich bei der AA gemeldet. Gründe für die verspätete Meldung seien nicht anzuerkennen. Die Pflicht zur Meldung bestehe unabhängig davon, ob der Kläger persönlich Kenntnis von der gesetzlichen Regelung gehabt habe. Auch gelte im Arbeitsförderungsrecht der Grundsatz, dass im Allgemeinen zu erwarten stehe, dass Versicherte ihre Rechtspflichten kennen und bei Unkenntnis hierüber Pflichtverstöße grundsätzlich nicht entschuldigt würden. Die unterlassene Information des Arbeitgebers ändere daran nichts. Auch die vom Kläger angeführten Gründe führten nicht zu einer Änderung der Entscheidung. Maßgebend sei, ob der Kläger sich unverzüglich gemeldet habe. Dies sei nicht der Fall. Die Minderung betrage für jeden Verspätungstag 50 EUR. Bei 30 Tagen errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1500 EUR. Dieser Minderungsbetrag sei auf die zustehende Leistung anzurechnen, wobei dem Kläger die Hälfte des Betrages verbleibe, der ihm als Leistung zustehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 10.08.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er wiederholte zur Begründung sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und berief sich darauf, nach der Auskunft der Theaterbetriebe B sich umgehend nach der Bekanntgabe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos gemeldet zu haben. Ihm könne weder subjektive noch objektive Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie machte geltend, der Kläger sei durch Hinweise in einem gegen ihn wegen der Arbeitsaufnahme ergangenen Aufhebungsbescheid vom 05.09.2003 über seine Meldepflicht belehrt worden und hat hierzu ein Muster des Aufhebungsbescheides in Kopie vorgelegt.

Auf Nachfrage des SG trug der Kläger ergänzend vor, den Originalaufhebungsbescheid habe er nicht in seinem Besitz. Ob und inwieweit der von der Beklagten genannte Hinweis auf der Rückseite des Aufhebungsbescheides vermerkt gewesen sei, entziehe sich seiner Kenntnis und werde rein vorsorglich bestritten.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.08.2007 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers am 28.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.09.2007 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung im Wesentlichen ergänzend vorgetragen, das SG habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu Recht von einem befristeten Arbeitsverhältnis ausgegangen. Diese Auffassung sei falsch und entspreche nicht dem Sachverhalt, worauf er unter Beweisangebot hingewiesen habe. Weiter habe das SG zu Unrecht angenommen, dass ein Verschulden vorliege. Er habe am 01.06.2004 erfahren, dass er entgegen der ursprünglichen Planung für die Produktion "Sekretärinnen" nicht eingesetzt werden könne. Er habe sich sodann unverzüglich am 02.06.2004 arbeitslos gemeldet.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 17. August 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2004 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 2. Juni 2004 Arbeitslosengeld ohne Minderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.

Der Senat hat die Inhaberin der Theaterbetriebe B schriftlich als Zeugin gehört. Sie hat in einem am 20.02.2008 vorgelegten Schreiben vom 21.01.2008 angegeben, der Kläger habe ihr bei seiner Arbeitsaufnahme im Herbst 2003 mitgeteilt, dass er bei den M. in M. ab dem kommenden Jahr (Sommer 2004) nicht mehr beschäftigt sein würde. Spätestens im Frühjahr 2004 habe sie den Kläger davon unterrichtet, dass sie versuchen werde, ihn als Tontechniker bei dem Projekt "Sekretärinnen" unterzubringen. In der vorletzten Maiwoche habe sie vom Produzenten von "Sekretärinnen" bei einem Telefonat erfahren, dass ein eigener Tontechniker mitkommen würde. Dies habe sie dem Kläger in den darauf folgenden Tagen in einem Gespräch mitgeteilt. Die Situation wegen der Arbeitsbescheinigung beruhe wohl auf einem Missverständnis. Außerdem wolle sie auf einen Zusatz der Arbeitsagentur hinweisen, in dem stehe, "Erfahren Sie von der Beendigung weniger als drei Monate vorher (dies gilt auch bei der Aufnahme von befristeten Beschäftigungen von weniger als drei Monaten), müssen sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis von der Beendigung melden.". Den Kläger treffe sicher kein Verschulden für die verspätete Meldung, da sich dies erst kurzfristig ergeben habe.

Die Beklagte hat auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters weiter ausgeführt, im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme im Herbst 2003 bei den Theaterbetriebe B habe der Kläger einen Aufhebungsbescheid vom 05.09.2003 für den Bezug von Alg erhalten. Dieser habe einen ausdrücklichen Hinweis auf die Verpflichtung zur Arbeitslosmeldung gemäß dem seit 01.07.2003 geltenden § 37b SGB III enthalten. Dem Kläger sei nach dem bisherigen Verlauf bekannt gewesen, dass das Beschäftigungsverhältnis immer von September bis Mai angedauert habe. Weiter habe er bereits im Herbst 2003 gewusst, dass es zu keinem Anschlussengagement in M. kommen werde. Somit habe der Kläger allen Grund gehabt, sich unverzüglich bzw. drei Monate vor Beendigung des Engagements bei den Theaterbetriebe B, also bis zum 01.03.2004, arbeitslos zu melden. Allein der Versuch, den Kläger als Tontechniker bei der Produktion "Sekretärinnen" unterzubringen, entbinde den Kläger nicht von seiner Meldepflicht. Dass der Kläger gedacht habe, dass eine Beschäftigung bei der Produktion "Sekretärinnen" zu Stande komme, sei nach der Rechtsprechung des BSG und des LSG Baden-Württemberg nicht entscheidungsrelevant. Eine endgültige Entscheidung, dass der Kläger bei der Produktion "Sekretärinnen" beschäftigt werden würde, sei bis zum Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung (01.03.2004) nicht getroffen worden. Der Kläger habe durch die Aussagen von Frau B die mehr oder weniger vage Hoffnung gehabt, dass eine weitere Beschäftigung zu Stande komme. Dies reiche keinesfalls aus, um beim Kläger den Fahrlässigkeitsvorwurf zu verneinen. Auch der Kläger hätte leicht erkennen können, dass er ohne schriftliche Zusage nichts habe, was ihm Sicherheit hätte vermitteln können. Die am 02.06.2004 erfolgte Meldung sei somit nicht unverzüglich. Hätte der Kläger des weiteren bei seiner Arbeitsaufnahme die AA darüber informiert, dass sein Engagement im Mai des kommenden Jahres auslaufe und ein Anschlussengagement nicht zu Stande komme, so hätte die AA durch diese Meldung bereits die Kenntnis erlangt, auf die die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitssuche abziele.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Rechtsstreits sind das Schreiben der Beklagten vom 02.06.2004 (wegen Minderung) und der Bewilligungsbescheid vom 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2004. Diese Bescheide stellen eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides über die Bewilligung von Arbeitslosengeld und damit auch die Höhe des Anspruchs auf Alg dar (BSG, Urteile vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - und - B 11a/11 AL 47/04 R -). Die Bescheide sind nur insoweit angefochten, als sie sich auf die Entscheidung über die Minderung des Anspruchs auf Alg beziehen (BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/11 AL 4/05 R -). Der Kläger hat den Streitgegenstand auf die Zahlung von Alg in ungeminderter Höhe begrenzt, wie sich aus dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag und aus seinem im Verlaufe des Verfahrens gemachten Vorbringen ergibt. Die Überprüfung durch den Senat bleibt damit auf die Minderung des Alg-Anspruches als solche beschränkt.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung (SGG) ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt insgesamt 1.500 EUR.

Die Berufung ist auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Der davon abweichenden Ansicht des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Rechtsgrundlage für die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist § 140 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4607), eingefügt mit Wirkung zum 1. Juli 2003. Diese Vorschrift ist nach § 434m SGB III, eingefügt durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I, S. 3676), weiterhin anzuwenden.

Hat sich ein Arbeitsloser entgegen § 37b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 SGB III (in der bis 30.12.2005 geltenden Fassung) das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt 1. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 60 EUR 7 EUR, 2. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 100 EUR 35 EUR und 3. bei einem Bemessungsentgelt über 100 EUR 50 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird.

Nach § 37b SGB III (in ab 01.01.2004 bis 31.12.2005 gültigen Fassung) sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.

Der Kläger unterfällt dieser Regelung des § 37b SGB III. Denn sowohl Beginn (06.09.2003) als auch Ende (31.05.2004) seines Beschäftigungsverhältnisses bei den Theaterbetrieben B lagen nach dem In-Kraft-Treten der Vorschrift.

Hiervon ausgehend hätte sich der Kläger (nach der tatsächlichen Sachlage) allerdings spätestens am 01.03.2004 bei der AA arbeitsuchend melden müssen und nicht erst, wie unstreitig erfolgt, am 02.06.2004. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei den Theaterbetrieben B war - wie in den Vorjahren - aufgrund der Vorgaben des Theaterbetriebes von Anfang an zeitlich bis Mai 2004 begrenzt, und zwar unabhängig von der Frage, ob schriftlich ein bis 31.05.2004 befristeter Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Dieser Umstand löst (objektiv) die Meldeobliegenheit des § 37b Satz 2 SGB III aus, jedenfalls nachdem das in den Vorjahren übliche Anschlussengagement des Klägers bei den M. in M. nicht fortgeführt wurde. Hierin folgt der Senat dem SG.

Die am 02.06.2004 erfolgte verspätete Meldung des Klägers als arbeitsuchend gereicht dem Kläger jedoch nicht zum Vorwurf. Zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "unverzüglich" in § 37b Satz 1 SGB III ist auf die Legaldefinition des § 121 Abs 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ("ohne schuldhaftes Zögern") zurückzugreifen. Im Rahmen des Kriteriums "ohne schuldhaftes Zögern" ist zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts anders als nach dem BGB ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist. Maßgeblich ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat. Durch die Prüfung eines Verschuldens bestehen auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsfolgen des § 140 SGB III (zum Ganzen z.B. BSG Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R -).

Nach diesen Grundsätzen fällt dem Kläger eine - subjektive - Fahrlässigkeit nicht zur Last. Er hat im Laufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibend vorgetragen, von der Meldeobliegenheit des § 37b SGB III keine Kenntnis gehabt zu haben. Weiter hat er vorgetragen, dass vorgesehen gewesen sei, dass er im Anschluss an das Engagement bei den Theaterbetrieben B als Tontechniker bei der Produktion "Sekretärinnen", das als Gastspiel in einem zu den Theaterbetrieben B gehörenden Haus vorgesehen gewesen sei, tätig sein zu können. Dieser Plan habe sich jedoch zerschlagen, wie er von Frau B erfahren habe. Frau B habe ihm mitgeteilt, dass seine Beschäftigung zum 01.06.2004 ende. Dieses Vorbringen wird durch die Inhaberin der Theaterbetriebe B mit ihren schriftlichen Stellungnahmen bestätigt. Sie hat insbesondere bei ihrer schriftlichen Anhörung als Zeugin durch den Senat in ihrer Stellungnahme vom 21.01.2008 angegeben, sie habe nicht versuchen müssen, für den Kläger Arbeit zu suchen, denn Arbeit sei an der Komödie im Bayrischen Hof als Tontechniker bei "Sekretärinnen" vorhanden gewesen. Sie habe dem Kläger im Frühjahr 2004 mitgeteilt, dass sie versuche, ihn dort unterzubringen. In der vorletzten Maiwoche, nachdem sie die Kalkulation für das Gastspiel durchgerechnet habe, habe sie telefonisch erfahren, dass ein Tontechniker des Unternehmens mitkommen werde. Dies habe sie dem Kläger in den darauffolgenden Tagen in einem Gespräch mitgeteilt. Aufgrund dieser Angaben, an deren Glaubwürdigkeit der Senat keine Zweifel hat, ist im Falle des Klägers davon auszugehen, dass er wegen der Mitteilungen der Inhaberin der Theaterbetriebe B berechtigt davon ausgehen durfte, im Anschluss an sein Engagement bei den Theaterbetrieben B als Tontechniker weiter tätig sein zu können ("Sekretärinnen"). Dass es sich bei der Anschlusstätigkeit als Tonmeister um eine bloße vage Hoffnung des Klägers gehandelt hat, wovon die Beklagte ausgeht, kann nach dem Vorbringen des Klägers und den Aussagen der B nicht angenommen werden.

Unter Berücksichtigung der dem Kläger von der Beklagten eingeräumten 7-Tage-Frist kann dem Kläger bei diesen Umständen hinsichtlich seiner Meldung am 02.06.2004 keine Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Ein solcher Vorwurf ist frühestens ab dem Zeitpunkt berechtigt, ab dem der Kläger sicher davon ausgehen konnte, dass sein Beschäftigungsverhältnis zu einem konkreten Zeitpunkt enden würde (vgl. BSG, Urteile vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 80/04 - und 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R -). Dies war beim Kläger aber erst Ende Mai 2004 der Fall.

Zu Gunsten des Klägers ist außerdem zu berücksichtigen, dass der "Normbefehl" der Vorschrift des § 37b Satz 2 SGB III hinsichtlich des Zeitpunkts des Entstehens der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse klarer und eindeutiger hätte formuliert werden können. Dies gilt sowohl für den Zeitpunkt des Entstehens der Obliegenheit im Falle eines von vornherein auf eine Dauer von unter drei Monaten befristeten Arbeitsverhältnisses als auch für die Obliegenheit bei befristeten Arbeitsverhältnissen generell. Bei der Prüfung der "subjektiven Vorwerfbarkeit" einer Obliegenheitsverletzung durch einen Versicherten ist es deshalb angemessen zu dessen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Norm des § 37b Satz 2 SGB III von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit unterschiedlich ausgelegt worden ist und teilweise die Meinung vertreten wurde, § 37b Satz 2 SGB III sei so verworren und unklar, dass eine eindeutige Obliegenheit aus dieser Norm nicht abgeleitet werden könne (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 28/05 R - und 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R -). Dabei fällt beim Kläger zusätzlich ins Gewicht, dass er viele Jahre vor der Arbeitslosmeldung am 02.06.2004 - wie auch danach - bei den Theaterbetrieben B und anschließend (zuletzt bis 06.08.2003) als Tontechniker bei den M. in M. "befristet" im jährlichen Turnus beschäftigt war. Dies war der Beklagten aufgrund des Leistungsbezuges des Klägers auch bekannt. Bei diesen Gegebenheiten liegt der Gedanke der Notwendigkeit einer frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend eher fern. Die Beklagte räumt dem Kläger sogar ein, hätte er die AA bei seiner Arbeitsaufnahme (am 05.09.2003) darüber informiert, dass sein Engagement im Mai kommenden Jahres auslaufe und ein Anschlussengagement nicht zustande komme, hätte die AA durch diese Meldung bereits die Kenntnis erlangt, auf die die Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuche in § 37b SGB III abziele. Damit hätte es vorliegend einer gezielten Belehrung durch die AA bedurft, die den Kläger über seine Meldeobliegenheit und deren Voraussetzungen in Kenntnis setzt (vgl. zur Frage der Notwendigkeit einer Belehrung BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11A/7a AL 44/06 R -), was der Beklagten während des Leistungsbezuges des Klägers in der Zeit vom 26.08.2003 bis 04.09.2003 auch möglich war. Ein solcher Hinweis erfolgte jedoch nicht. Die von der Beklagten dem Kläger wegen der Arbeitsaufnahme am 05.09.2003 im Aufhebungsbescheid erteilten allgemeinen Hinweise, worauf sie sich beruft, reichen im Hinblick auf die beim Kläger bestehenden besonderen Gegebenheiten nicht aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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