L 13 AS 803/08 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2407/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 803/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 145 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) am 19. Februar 2008 eingelegte statthafte und zulässige Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg ist unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.

Zunächst ist festzustellen, dass, nachdem das Sozialgericht die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, die Berufung der Zulassung auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts bedarf (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung), denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt bei der erhobenen kombinierten Anfechtungsklage und Leistungsklage, soweit sie noch Gegenstand der angegriffenen Entscheidung war, 500 EUR nicht. Mit der Klage wollten die Kläger erreichen, dass ihnen für den Monat März 2007 um 39,82 EUR höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährt werden; der Beschwerdewert beläuft sich auf lediglich 39,82 EUR und erreicht damit den gesetzlichen Beschwerdewert nicht. Es liegt auch nicht der Fall des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vor, wonach die Berufung nicht beschränkt ist, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Die Berufung ist nicht zuzulassen. § 144 Abs. 2 SGG verpflichtet zur Zulassung der Berufung, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die gerügte Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Meyer-Ladewig, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 29. November 2007 nicht aufgestellt. Das Sozialgericht hat die Klage als unzulässig angesehen, weil die Klägerin zu 2 in dem gegen den angegriffene Bescheid eingelegten Widerspruch lediglich die Überprüfung begehrt habe, ob die ihrem Sohn entstandenen Fahrtkosten richtig berücksichtigt worden sind. Damit richtete sich der Widerspruch nach Ansicht des Gerichts nicht gegen die im Bescheid enthaltene eigenständige Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung, so dass der Bescheid insoweit bestandskräftig geworden sei. Das SG hat sich dabei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - gestützt, in der ausgeführt wird, ein Bescheid könne im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen (Verwaltungsakte i.S. des § 31 SGB X) enthalten. Um eine derartige eigenständige, abgrenzbare Verfügung handelt es sich bei dem bewilligten Betrag für Unterkunft und Heizungskosten, der im Bewilligungsbescheid erkennbar zugewiesen ist. Das SG hat damit offensichtlich in seiner Entscheidung einen allgemeingültigen Rechtssatz, der den von den Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen widersprechen könnte, weder ausdrücklich aufgestellt noch zugrunde gelegt. Es hat vielmehr den Rechtsbehelf ausgehend von der darin enthalten Begründung im konkreten Fall auslegt. Diese Entscheidung steht unabhängig davon, dass es hierauf für die Zulassung der Berufung nicht ankommt, auch nicht aufgrund der materiellen Rechtsanwendung im Widerspruch zu diesen Entscheidungen. Denn Ausgangspunkt der Auslegung von Anträgen ist immer das Begehren. Etwas anderes lässt sich auch den vom Beschwerdeführer genannten Entscheidungen nicht entnehmen. Auch nach diesen Entscheidungen richtet sich der sachdienliche Antrag grundsätzlich nach dem Begehren, das dem wahren Willen des Rechtsmittelführers entspricht. Danach richtete sich der in Streit stehende Widerspruch, über den der Beklagte in der Sache nicht entschieden hat, gegen den Änderungsbescheid vom 9. Februar 2007, soweit hierin vom Erwerbseinkommen in Höhe von 400,- EUR ein Betrag in Höhe von 240,- EUR als anrechenbar zugrunde gelegt worden ist. Dieses Begehren berührt offensichtlich nicht die in dem Änderungsbescheid enthaltene selbständige Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung. Eine andere Annahme musste sich hier auch nicht aufdrängen, zumal der nun angegriffene Abzug in Höhe von 39,82 EUR von der Miete nicht Teil der Änderung war, sondern bereits im Bescheid vom 29. Januar 2007 vorgenommen worden war.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Zulassungsgrundes zu § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seit BSGE 2, 129, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG in der bis zum 28. Februar 1993 geltenden Fassung). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr. 16). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie bereits entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4 S. 5; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7). Klärungsbedürftige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind hier nicht zu beantworten.

Schließlich ist auch nicht der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG erfüllt. Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel ist nicht gegeben. Das SG hatte ausgehend von der Annahme der Unzulässigkeit der Klage, die die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg gerügt haben, die angemessenen Kosten der Unterkunft nicht zu ermitteln. Auf den hierzu gemachten Ausführungen beruht die angegriffene Entscheidung nicht.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. November 2007 wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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