Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 486/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 wird, soweit die sofortige Vollziehung - hinsichtlich der Erstattung von Arbeitslosenhilfe - mit Verfügung vom 17. Januar 2008 angeordnet worden ist, wiederhergestellt.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger greift mit seiner Berufung das Urteil des Sozialgerichts Konstanz (SG) vom 25. September 2007 an, soweit seine Klage gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Erstattung dieser Leistung mit Bescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 abgewiesen wurde. Die Klage gegen diesen Bescheid hatte, soweit sie die Kassation der teilweisen Aufhebung der Bewilligung zum Inhalt hatte, keine aufschiebende Wirkung, denn es handelte sich um eine Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit im Sinn von § 86a Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), auf welchen § 336a Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ausdrücklich verweist. Soweit die Anfechtungsklage auf Beseitigung der Erstattung abzielt, hat sie nach § 86a Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG aufschiebende Wirkung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B -, vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER -). Deshalb hat die Agentur für Arbeit R. am 17. Januar 2008 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 allerdings lediglich hinsichtlich der Erstattung von Alhi in Höhe von 7.450,28 EUR (ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) angeordnet.
Der Kläger hat am 29. Januar 2008 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage beantragt. Dieser Antrag ist zulässig und begründet. Dass in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGG die nach der Anordnung des Sofortvollzugs vom Belastenden erstrebte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eigens aufgeführt ist, schadet nicht, denn aus der ausdrücklichen Erwähnung einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Sofortvollzuganordnungen einstweiligen Rechtsschutzes durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat einräumen wollen (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2003 a.a.O., vom 25. August 2003 a.a.O., vom 21. November 2006 - L 8 AS 4680/06 ER- B – und vom 13. März 2007 - L 13 AS 211/07 ER-B -, vgl. auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B –, veröffentlicht in Juris und vom 19. Juni 2007 – L 7 AL 1572/07 ER-B - jeweils m.w.N.). Da die Pflicht zur Erstattung auf der Grundlage einer aufgehobenen Bewilligung erbrachter Leistungen hier gemäß § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) unmittelbar aus der, wie dargelegt, sofort vollziehbaren Aufhebung der Bewilligung folgt, fragt sich jedoch, ob der Antrag des Klägers, dessen Begehren eindeutig darin liegt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von der Pflicht zur Rückerstattung der erbrachten Alhi verschont zu bleiben, auch als Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Aufhebungsentscheidung auszulegen ist. Für das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) allerdings entschieden, dass der Eintritt der aufschiebenden Wirkung keine rechtsgestaltende Wirkung dahin habe, dass der Verwaltungsakt als vorläufig nicht existent zu behandeln wäre. Die Behörde dürfe auf der Grundlage ihres Verwaltungsakts nur keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsakts zu qualifizieren sind. Damit bleiben die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts, die vor seiner Anfechtung bereits eingetreten waren, auflösend bedingt wirksam. Die Behörde darf nur aus ihrem Verwaltungsakt keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsakts zu qualifizieren sind (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1982 - 3 C 6.82 -, BVerwGE 66, 218; zum Meinungsstand Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 5 m.w.N.). Damit bleibt es auch im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zunächst dabei, dass bereits die wirksame Aufhebung das Entstehen und die Fälligkeit der Erstattungsforderung bewirkt hat. Die damit angesprochenen Fragen für den vorläufigen Rechtsschutz bedürfen hier keiner abschließenden Klärung. Denn dem vorliegenden Rechtsschutzbegehren ist in jedem Fall dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens nach § 86b Abs. 1 SGG gegen den behördlich angeordneten Sofortvollzug der Erstattungsverfügung – im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Garantie eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG)) sowie des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) - auch die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die Aufhebungsverfügung geprüft werden (vgl. zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die durch eine Ausweisung bedingte Versagung der Aufenthaltserlaubnis Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 1997 - 11 S 3271/96 -, veröffentlicht in Juris). Wenn man die zitierte Rechtsprechung des BVerwG nicht auf die Aufhebungsentscheidung übertragen will und/oder die Vollstreckung der Erstattungsforderung als mittelbaren Vollzug der Aufhebungsentscheidung ansieht, ist der Kläger auch dann nicht auf einen - zusätzlichen - Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufhebungsentscheidung zu verweisen. Denn dies würde dem gesetzlichen Regelungssystem des § 336a Satz 2 SGB III i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG, dem das des § 39 SGB II entspricht, widersprechen, wonach der Leistungsempfänger nur dann, wenn er die Erbringung von Leistungen aus einer aufgehobenen Bewilligung vor der Entscheidung in der Hauptsache begehrt, vorläufigen Rechtsschutz gegen die Aufhebungsentscheidung in Anspruch nehmen muss, hinsichtlich der Rückzahlung erbrachter Leistungen dagegen im Regelfall bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont bleiben soll. Damit wird während des Anfechtungsverfahrens ein status quo geschaffen, in dem keine weiteren Zahlungen aufgrund der aufgehobenen Bewilligungsbescheide und der in Streit stehenden Aufhebungsbescheide durchsetzbar sind. Soweit dieser status quo verändert werden soll, liegt damit die Initiative jeweils bei demjenigen, der vor Abschluss der Hauptsache eine Leistung begehrt und damit im Falle der Erstattungsforderung bei der Behörde. Ordnet diese dementsprechend, wie hier, den Sofortvollzug einer Erstattungsentscheidung an, entspräche es weder dem dargelegten Regelungssystem noch den Anforderungen an einen effektiven Eilrechtsschutz, wenn der Kläger nun zunächst die Beseitigung der Vollziehbarkeit der Aufhebungsentscheidung anstreben müsste, damit ihm nicht die offensichtliche Rechtmäßigkeit der allein aus der - vollziehbaren - Aufhebungsentscheidung folgenden Erstattungsverfügung entgegen gehalten werden kann. Vielmehr kann der Bedeutung der Aufhebungsverfügung für die Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung, wie dargelegt, im Rahmen der Inzidentprüfung Rechnung getragen werden. Demgegenüber wird nach Ansicht des Senats die aus dem dargestellten Regelungssystem teilweise für die Anwendung des § 39 SGB II abgeleitete Annahme, dass die einheitliche Aufhebungsentscheidung, soweit sie die Vergangenheit betrifft, nicht sofort vollziehbar ist (Berendes, Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 39 Nr. 1 SGB II bei Rechtsbehelfen gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, SGb 2008, S. 215 ff m.w.N.), dem Problem nicht gerecht. Eine solche Differenzierung, für die der Wortlaut des § 336a Satz 2 SGB III i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (und auch der des § 39 SGB II) keinen Ansatzpunkt bietet, führt insbesondere nicht zu einer vollständigen verfahrensrechtlichen Einheitlichkeit der Rechtsmittel gegen die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung, weil im Falle der nicht seltenen vorläufigen Zahlungseinstellung die Erstattungsforderung nicht den gesamten Zeitraum der Aufhebung für die Vergangenheit abdeckt, mit der Folge, dass aus der aufgehobenen Bewilligung auch noch Forderungen auf Leistungen für die Vergangenheit bestehen, die dann, anders als die Leistungen für die Zukunft, weiter durchsetzbar wären. Dementsprechend hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass die Aufhebungsentscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (und ebenso im Bereich des SGB II gemäß § 39 SGB II) insgesamt sofort vollziehbar ist. Den Antrag auf vorläufigen Rechtschutz muss der Adressat, der von der Vollstreckung der Rückzahlungsforderung bis zum Abschluss der Hauptsache verschont bleiben will, dennoch nur gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Erstattungsverfügung richten.
Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Das formelle Erfordernis, dass die Agentur für Arbeit die Vollziehungsanordnung erlassen und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 17. Januar 2008 verfügten Erstattung schriftlich begründet hat, ist erfüllt. Die Agentur für Arbeit R. hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt sei, da die Forderung aus einer lang zurückliegenden Zeit im Jahr 1998 resultiere und der Kläger inzwischen 63 Jahre alt sei, so dass mit zunehmender Zeit die Vermögensgefährdung bzw. ein Vermögensverlust wahrscheinlich werde und drohe. Dem stünden keine vergleichbar berechtigten privaten Interessen des Klägers gegenüber. Zudem habe die Erstattung nicht zwingend in einem Betrag zu erfolgen. Damit enthält die Anordnung eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, weshalb wegen eines besonderen öffentlichen Interesses ausnahmsweise die sofortige Vollziehung der Erstattung notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Klägers, weiter in den Genuss der aufschiebenden Wirkung zu kommen, zurücktreten muss und genügt damit den formalen Anforderungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG; das Interesse an der sofortigen Vollziehung ist hinreichend schriftlich begründet.
Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt vom Gericht eine eigene originäre Entscheidung unter Abwägung der betroffenen Interessen, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Keller a.a.O., § 86b Rn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschlüsse vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 - m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 1997 - 13 S 1132/96 -, beide veröffentlicht in Juris sowie Beschlüsse des Senats vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B -, vom 9. Januar 2003 a.a.O. und vom 25. August 2003 a.a.O.); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O., m.w.N.). Bei offensichtlicher Begründetheit scheidet ein öffentliches Vollzugsinteresse schlichtweg aus. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist ausgehend von der gesetzgeberischen Wertung des § 86a Abs. 1 SGG, nach der der Rechtsbehelf gegen die behördliche Entscheidung in der Regel aufschiebende Wirkung entfaltet, für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, dass den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Inhaltlich ist dieses Vollziehungsinteresse nicht bloß ein gesteigertes Erlassinteresse, sondern von qualitativ anderer Art. Es genügt für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts daher nicht, dass dieser keinen ernstlichen Rechtmäßigkeitsbedenken unterliegt. Es muss vielmehr anhand der Umstände des konkreten Falles ein zusätzliches Beschleunigungsinteresse als besonderes Vollzugsinteresse ermittelt werden, das in der Eilbedürftigkeit der Realisierung des als wahrscheinlich rechtmäßig erkannten Verwaltungsakts liegt (vgl. zum Ganzen: Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 80 Rn. 265 f.).
Davon, dass die vom Kläger erhobene Klage gegen die Erstattungsentscheidung und gegen die inzident zu prüfende - Aufhebungsentscheidung offensichtlich ohne Erfolgsaussicht wäre, kann hier ebensowenig ausgegangen werden wie von dem Gegenteil. Im Rahmen der im Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen summarischen Prüfung erweist sich der Ausgang des Rechtsstreits vielmehr derzeit jedenfalls als noch weitgehend offen. Die Entscheidung wird vom Erfolg bzw. Ergebnis weiterer Ermittlungen abhängen. Soweit sich nach Abschluss der Ermittlungen und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) der Verbleib des ursprünglich bei der Türkiye Cumhuriyet Merkez Bankasi angelegten Betrags nicht feststellen lässt, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im Rahmen des § 45 SGB X grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide trägt (vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr. 1, S. 11). Allerdings kann eine Umkehr der Beweislast dann gerechtfertigt sein, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind (BSG, Urteile vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - und - B 11a AL 49/05 R -, veröffentlicht in Juris). Zu welchen Lasten die nicht Feststellbarkeit des Verbleibs in diesem Fall geht, ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend zu beurteilen und u.U. auch von weiteren Erkenntnissen abhängig. Damit bestehen jedenfalls gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung. Für die Frage, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig ist, kommt es damit auf eine Abwägung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung mit dem entgegenstehenden Interesse des Klägers an, bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids von dessen Vollziehung und den sich daraus ergebenden Folgen verschont zu bleiben. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden, dass es dann, wenn sich die Verwaltungsbehörde bereits auf zwei zu ihren Gunsten ergangene Gerichtsentscheidungen berufen kann, auch bei offenem Verfahrensausgang Angelegenheit des Klägers ist, diejenigen Umstände darzutun, die sein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 1972 - BVerwG IV C 49.72 - (Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 21)). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist hier danach dann geboten, wenn dem Interesse des Klägers, von der Vollziehung eines Bescheids einstweilen verschont zu bleiben, gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids der Vorrang zukommt (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 1997 - 11 S 3170/96 -). Dabei ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so stärker und darf um so weniger zurückstehen, je schwerer die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (BVerfGE 35, 382 (401 f.); 69, 220 (227 f.); BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, vom 25. Januar 1996 - 2 BvR 2718/95 -, vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 -, vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 -, veröffentlicht in Juris).
Die danach vorzunehmende Abwägung geht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zugunsten des Klägers aus. Zunächst ist insoweit das besondere öffentliche Interesse, das zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit zu gewichten ist, - ohne Bindung des Gerichts an die behördliche Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG, der dies noch deutlicher zum Ausdruck bringt als § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO - positiv festzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für öffentlich-rechtliche Geldforderungen in § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 Finanzgerichtsordnung und § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die sofortige Vollziehbarkeit von Bescheiden weitgehend gesetzlich angeordnet hat. Bewusst hat er damit aber davon abgesehen, jeglichen Bescheid, der auf eine Geldleistung zu Gunsten der öffentlichen Haushalte gerichtet ist, für sofort vollziehbar zu erklären. Dies entspricht der Erkenntnis, dass andere Geldleistungen, insbesondere Erstattungsforderungen haushaltsmäßig regelmäßig nicht eingeplant sind (Verwaltungsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 2 K 873/03 -, veröffentlicht in Juris). Dennoch können fiskalische Interessen im Einzelfall auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Erstattungsbescheids rechtfertigen. Soweit damit Zinsnachteile vermieden werden sollen, ist dies für die Anordnung des Sofortvollzugs allerdings nicht ausreichend, weil der Gesetzgeber, soweit er, wie hier, anders als in den Fällen des § 50 Abs. 2a SGB X eine Verzinsung nicht geregelt hat, den Zinsverlust grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Erstattungsentscheidung hingenommen hat (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1993 a.a.O.). Das besondere öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug kann daher nur in einer darüber hinausgehenden Dringlichkeit des Vollzugs liegen. Anerkannt ist dies in den Fällen, in denen ansonsten die Verwirklichung der Geldforderung gefährdet erschiene, derentwegen vollstreckt werden soll - beispielsweise wegen drohender Insolvenz des Schuldners - (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2003 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O.; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. August 2005 - L 9 AL 234/04 ER - m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1993 - 8 S 1023/92 ; Bayerischer VGH; Beschluss vom 26. Mai 1987 23 AS 87.00408 -; Hessischer VGH, Beschlüsse 6. Juni 1983 - I TH 59/82 , vom 24. November 1988 - 1 TH 4097/88 - und 12. Januar 1989 5 TH 4916/88 jeweils veröffentlicht in Juris; vgl. auch Kopp/Schenke VwGO, 14. Aufl. 2005, § 80 Rn. 99). Auf eine solche Gefährdung hat sich die Agentur für Arbeit in der Anordnung berufen. Der Senat neigt dazu, wie der 7. Senat (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O.), das Bestehen einer solchen Gefährdung grundsätzlich in Fällen, in denen unsubstantiierte oder, wie hier, unschlüssige und widersprüchliche Angaben zu den früheren und aktuellen Vermögensverhältnissen gemacht werden, auch unter Berücksichtigung des regelmäßig eingetretenen Zeitablaufs anzunehmen. Allerdings kann hier jedoch, anders als in der Entscheidung des 7. Senats, die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Erstattungsverfügung nicht festgestellt und aus gleichen Gründen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass verschwiegenes Vermögen und Zins- oder Mieteinkommen – weiterhin - vorhanden und die Gefahr des Verlustes nicht auszuschließen ist. Hinzukommt, dass im Falle der offensichtlichen Rechtmäßigkeit ein festgestelltes besonderes Vollzugsinteresse in der Regel die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigt. Im Falle der hier unabhängig von den Erfolgsaussichten vorzunehmenden Interessensabwägung kann das vorliegende besondere Vollzugsinteresse aber nur dann überwiegen, wenn es unabhängig von dem im Rahmen der Aufhebungsentscheidung zugrunde gelegten Vermögen konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Vollstreckung derzeit erfolgreich sein könnte und sich diese Situation während des Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einer Weise verschlechtern wird, die eine spätere Durchsetzung erheblich gefährden würde. Weiterhin müsste der Wegfall der Realisierbarkeit der geltend gemachten Forderung des angegriffenen Bescheids gegenüber dem Interesse des Klägers an der freien Disposition über sein Einkommen und Vermögen der angefochtenen Entscheidung überwiegen, so dass dieser auf einen Rückzahlungsanspruch nach rechtskräftigem Abschluss der Hauptsache verwiesen werden könnte, Für den Fall, dass sich die Forderung als rechtswidrig erweisen würde. Ein solches Abwägungsergebnis scheidet hier jedoch derzeit schon deshalb aus, weil es an konkreten Anhaltspunkten für eine deutliche Verschlechterung der Realisierbarkeit der umstrittenen Forderung während der Dauer des Verfahrens fehlt. Allein aus dem Alter des Klägers, der spätestens ab Vollendung des 65. Lebensjahr einen Rentenspruch gegen einen deutschen Rentenversicherungsträger haben dürfte, ergibt sich dies nicht.
Damit rechtfertigt das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Erstattungsbescheids hier die Anordnung des Sofortvollzugs nicht mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen der Anfechtung des Erstattungsbescheids wiederherzustellen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger greift mit seiner Berufung das Urteil des Sozialgerichts Konstanz (SG) vom 25. September 2007 an, soweit seine Klage gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Erstattung dieser Leistung mit Bescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 abgewiesen wurde. Die Klage gegen diesen Bescheid hatte, soweit sie die Kassation der teilweisen Aufhebung der Bewilligung zum Inhalt hatte, keine aufschiebende Wirkung, denn es handelte sich um eine Entziehung laufender Leistungen in Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit im Sinn von § 86a Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), auf welchen § 336a Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ausdrücklich verweist. Soweit die Anfechtungsklage auf Beseitigung der Erstattung abzielt, hat sie nach § 86a Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG aufschiebende Wirkung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B -, vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER -). Deshalb hat die Agentur für Arbeit R. am 17. Januar 2008 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 allerdings lediglich hinsichtlich der Erstattung von Alhi in Höhe von 7.450,28 EUR (ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) angeordnet.
Der Kläger hat am 29. Januar 2008 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage beantragt. Dieser Antrag ist zulässig und begründet. Dass in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGG die nach der Anordnung des Sofortvollzugs vom Belastenden erstrebte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eigens aufgeführt ist, schadet nicht, denn aus der ausdrücklichen Erwähnung einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Sofortvollzuganordnungen einstweiligen Rechtsschutzes durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat einräumen wollen (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2003 a.a.O., vom 25. August 2003 a.a.O., vom 21. November 2006 - L 8 AS 4680/06 ER- B – und vom 13. März 2007 - L 13 AS 211/07 ER-B -, vgl. auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B –, veröffentlicht in Juris und vom 19. Juni 2007 – L 7 AL 1572/07 ER-B - jeweils m.w.N.). Da die Pflicht zur Erstattung auf der Grundlage einer aufgehobenen Bewilligung erbrachter Leistungen hier gemäß § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) unmittelbar aus der, wie dargelegt, sofort vollziehbaren Aufhebung der Bewilligung folgt, fragt sich jedoch, ob der Antrag des Klägers, dessen Begehren eindeutig darin liegt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von der Pflicht zur Rückerstattung der erbrachten Alhi verschont zu bleiben, auch als Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Aufhebungsentscheidung auszulegen ist. Für das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) allerdings entschieden, dass der Eintritt der aufschiebenden Wirkung keine rechtsgestaltende Wirkung dahin habe, dass der Verwaltungsakt als vorläufig nicht existent zu behandeln wäre. Die Behörde dürfe auf der Grundlage ihres Verwaltungsakts nur keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsakts zu qualifizieren sind. Damit bleiben die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts, die vor seiner Anfechtung bereits eingetreten waren, auflösend bedingt wirksam. Die Behörde darf nur aus ihrem Verwaltungsakt keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsakts zu qualifizieren sind (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1982 - 3 C 6.82 -, BVerwGE 66, 218; zum Meinungsstand Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 5 m.w.N.). Damit bleibt es auch im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zunächst dabei, dass bereits die wirksame Aufhebung das Entstehen und die Fälligkeit der Erstattungsforderung bewirkt hat. Die damit angesprochenen Fragen für den vorläufigen Rechtsschutz bedürfen hier keiner abschließenden Klärung. Denn dem vorliegenden Rechtsschutzbegehren ist in jedem Fall dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens nach § 86b Abs. 1 SGG gegen den behördlich angeordneten Sofortvollzug der Erstattungsverfügung – im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Garantie eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG)) sowie des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) - auch die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die Aufhebungsverfügung geprüft werden (vgl. zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die durch eine Ausweisung bedingte Versagung der Aufenthaltserlaubnis Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 1997 - 11 S 3271/96 -, veröffentlicht in Juris). Wenn man die zitierte Rechtsprechung des BVerwG nicht auf die Aufhebungsentscheidung übertragen will und/oder die Vollstreckung der Erstattungsforderung als mittelbaren Vollzug der Aufhebungsentscheidung ansieht, ist der Kläger auch dann nicht auf einen - zusätzlichen - Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufhebungsentscheidung zu verweisen. Denn dies würde dem gesetzlichen Regelungssystem des § 336a Satz 2 SGB III i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG, dem das des § 39 SGB II entspricht, widersprechen, wonach der Leistungsempfänger nur dann, wenn er die Erbringung von Leistungen aus einer aufgehobenen Bewilligung vor der Entscheidung in der Hauptsache begehrt, vorläufigen Rechtsschutz gegen die Aufhebungsentscheidung in Anspruch nehmen muss, hinsichtlich der Rückzahlung erbrachter Leistungen dagegen im Regelfall bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont bleiben soll. Damit wird während des Anfechtungsverfahrens ein status quo geschaffen, in dem keine weiteren Zahlungen aufgrund der aufgehobenen Bewilligungsbescheide und der in Streit stehenden Aufhebungsbescheide durchsetzbar sind. Soweit dieser status quo verändert werden soll, liegt damit die Initiative jeweils bei demjenigen, der vor Abschluss der Hauptsache eine Leistung begehrt und damit im Falle der Erstattungsforderung bei der Behörde. Ordnet diese dementsprechend, wie hier, den Sofortvollzug einer Erstattungsentscheidung an, entspräche es weder dem dargelegten Regelungssystem noch den Anforderungen an einen effektiven Eilrechtsschutz, wenn der Kläger nun zunächst die Beseitigung der Vollziehbarkeit der Aufhebungsentscheidung anstreben müsste, damit ihm nicht die offensichtliche Rechtmäßigkeit der allein aus der - vollziehbaren - Aufhebungsentscheidung folgenden Erstattungsverfügung entgegen gehalten werden kann. Vielmehr kann der Bedeutung der Aufhebungsverfügung für die Rechtmäßigkeit der Erstattungsentscheidung, wie dargelegt, im Rahmen der Inzidentprüfung Rechnung getragen werden. Demgegenüber wird nach Ansicht des Senats die aus dem dargestellten Regelungssystem teilweise für die Anwendung des § 39 SGB II abgeleitete Annahme, dass die einheitliche Aufhebungsentscheidung, soweit sie die Vergangenheit betrifft, nicht sofort vollziehbar ist (Berendes, Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 39 Nr. 1 SGB II bei Rechtsbehelfen gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, SGb 2008, S. 215 ff m.w.N.), dem Problem nicht gerecht. Eine solche Differenzierung, für die der Wortlaut des § 336a Satz 2 SGB III i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (und auch der des § 39 SGB II) keinen Ansatzpunkt bietet, führt insbesondere nicht zu einer vollständigen verfahrensrechtlichen Einheitlichkeit der Rechtsmittel gegen die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung, weil im Falle der nicht seltenen vorläufigen Zahlungseinstellung die Erstattungsforderung nicht den gesamten Zeitraum der Aufhebung für die Vergangenheit abdeckt, mit der Folge, dass aus der aufgehobenen Bewilligung auch noch Forderungen auf Leistungen für die Vergangenheit bestehen, die dann, anders als die Leistungen für die Zukunft, weiter durchsetzbar wären. Dementsprechend hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass die Aufhebungsentscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (und ebenso im Bereich des SGB II gemäß § 39 SGB II) insgesamt sofort vollziehbar ist. Den Antrag auf vorläufigen Rechtschutz muss der Adressat, der von der Vollstreckung der Rückzahlungsforderung bis zum Abschluss der Hauptsache verschont bleiben will, dennoch nur gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Erstattungsverfügung richten.
Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Das formelle Erfordernis, dass die Agentur für Arbeit die Vollziehungsanordnung erlassen und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 17. Januar 2008 verfügten Erstattung schriftlich begründet hat, ist erfüllt. Die Agentur für Arbeit R. hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt sei, da die Forderung aus einer lang zurückliegenden Zeit im Jahr 1998 resultiere und der Kläger inzwischen 63 Jahre alt sei, so dass mit zunehmender Zeit die Vermögensgefährdung bzw. ein Vermögensverlust wahrscheinlich werde und drohe. Dem stünden keine vergleichbar berechtigten privaten Interessen des Klägers gegenüber. Zudem habe die Erstattung nicht zwingend in einem Betrag zu erfolgen. Damit enthält die Anordnung eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, weshalb wegen eines besonderen öffentlichen Interesses ausnahmsweise die sofortige Vollziehung der Erstattung notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Klägers, weiter in den Genuss der aufschiebenden Wirkung zu kommen, zurücktreten muss und genügt damit den formalen Anforderungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG; das Interesse an der sofortigen Vollziehung ist hinreichend schriftlich begründet.
Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt vom Gericht eine eigene originäre Entscheidung unter Abwägung der betroffenen Interessen, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Keller a.a.O., § 86b Rn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschlüsse vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 - m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 1997 - 13 S 1132/96 -, beide veröffentlicht in Juris sowie Beschlüsse des Senats vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B -, vom 9. Januar 2003 a.a.O. und vom 25. August 2003 a.a.O.); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O., m.w.N.). Bei offensichtlicher Begründetheit scheidet ein öffentliches Vollzugsinteresse schlichtweg aus. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist ausgehend von der gesetzgeberischen Wertung des § 86a Abs. 1 SGG, nach der der Rechtsbehelf gegen die behördliche Entscheidung in der Regel aufschiebende Wirkung entfaltet, für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, dass den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Inhaltlich ist dieses Vollziehungsinteresse nicht bloß ein gesteigertes Erlassinteresse, sondern von qualitativ anderer Art. Es genügt für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts daher nicht, dass dieser keinen ernstlichen Rechtmäßigkeitsbedenken unterliegt. Es muss vielmehr anhand der Umstände des konkreten Falles ein zusätzliches Beschleunigungsinteresse als besonderes Vollzugsinteresse ermittelt werden, das in der Eilbedürftigkeit der Realisierung des als wahrscheinlich rechtmäßig erkannten Verwaltungsakts liegt (vgl. zum Ganzen: Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 80 Rn. 265 f.).
Davon, dass die vom Kläger erhobene Klage gegen die Erstattungsentscheidung und gegen die inzident zu prüfende - Aufhebungsentscheidung offensichtlich ohne Erfolgsaussicht wäre, kann hier ebensowenig ausgegangen werden wie von dem Gegenteil. Im Rahmen der im Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen summarischen Prüfung erweist sich der Ausgang des Rechtsstreits vielmehr derzeit jedenfalls als noch weitgehend offen. Die Entscheidung wird vom Erfolg bzw. Ergebnis weiterer Ermittlungen abhängen. Soweit sich nach Abschluss der Ermittlungen und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) der Verbleib des ursprünglich bei der Türkiye Cumhuriyet Merkez Bankasi angelegten Betrags nicht feststellen lässt, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im Rahmen des § 45 SGB X grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide trägt (vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr. 1, S. 11). Allerdings kann eine Umkehr der Beweislast dann gerechtfertigt sein, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind (BSG, Urteile vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - und - B 11a AL 49/05 R -, veröffentlicht in Juris). Zu welchen Lasten die nicht Feststellbarkeit des Verbleibs in diesem Fall geht, ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend zu beurteilen und u.U. auch von weiteren Erkenntnissen abhängig. Damit bestehen jedenfalls gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung. Für die Frage, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig ist, kommt es damit auf eine Abwägung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung mit dem entgegenstehenden Interesse des Klägers an, bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids von dessen Vollziehung und den sich daraus ergebenden Folgen verschont zu bleiben. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden, dass es dann, wenn sich die Verwaltungsbehörde bereits auf zwei zu ihren Gunsten ergangene Gerichtsentscheidungen berufen kann, auch bei offenem Verfahrensausgang Angelegenheit des Klägers ist, diejenigen Umstände darzutun, die sein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 1972 - BVerwG IV C 49.72 - (Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 21)). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist hier danach dann geboten, wenn dem Interesse des Klägers, von der Vollziehung eines Bescheids einstweilen verschont zu bleiben, gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids der Vorrang zukommt (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 1997 - 11 S 3170/96 -). Dabei ist der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so stärker und darf um so weniger zurückstehen, je schwerer die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (BVerfGE 35, 382 (401 f.); 69, 220 (227 f.); BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, vom 25. Januar 1996 - 2 BvR 2718/95 -, vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 -, vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 -, veröffentlicht in Juris).
Die danach vorzunehmende Abwägung geht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zugunsten des Klägers aus. Zunächst ist insoweit das besondere öffentliche Interesse, das zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit zu gewichten ist, - ohne Bindung des Gerichts an die behördliche Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG, der dies noch deutlicher zum Ausdruck bringt als § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO - positiv festzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für öffentlich-rechtliche Geldforderungen in § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 Finanzgerichtsordnung und § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die sofortige Vollziehbarkeit von Bescheiden weitgehend gesetzlich angeordnet hat. Bewusst hat er damit aber davon abgesehen, jeglichen Bescheid, der auf eine Geldleistung zu Gunsten der öffentlichen Haushalte gerichtet ist, für sofort vollziehbar zu erklären. Dies entspricht der Erkenntnis, dass andere Geldleistungen, insbesondere Erstattungsforderungen haushaltsmäßig regelmäßig nicht eingeplant sind (Verwaltungsgericht Leipzig, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 2 K 873/03 -, veröffentlicht in Juris). Dennoch können fiskalische Interessen im Einzelfall auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Erstattungsbescheids rechtfertigen. Soweit damit Zinsnachteile vermieden werden sollen, ist dies für die Anordnung des Sofortvollzugs allerdings nicht ausreichend, weil der Gesetzgeber, soweit er, wie hier, anders als in den Fällen des § 50 Abs. 2a SGB X eine Verzinsung nicht geregelt hat, den Zinsverlust grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Erstattungsentscheidung hingenommen hat (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1993 a.a.O.). Das besondere öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug kann daher nur in einer darüber hinausgehenden Dringlichkeit des Vollzugs liegen. Anerkannt ist dies in den Fällen, in denen ansonsten die Verwirklichung der Geldforderung gefährdet erschiene, derentwegen vollstreckt werden soll - beispielsweise wegen drohender Insolvenz des Schuldners - (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2003 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O.; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. August 2005 - L 9 AL 234/04 ER - m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1993 - 8 S 1023/92 ; Bayerischer VGH; Beschluss vom 26. Mai 1987 23 AS 87.00408 -; Hessischer VGH, Beschlüsse 6. Juni 1983 - I TH 59/82 , vom 24. November 1988 - 1 TH 4097/88 - und 12. Januar 1989 5 TH 4916/88 jeweils veröffentlicht in Juris; vgl. auch Kopp/Schenke VwGO, 14. Aufl. 2005, § 80 Rn. 99). Auf eine solche Gefährdung hat sich die Agentur für Arbeit in der Anordnung berufen. Der Senat neigt dazu, wie der 7. Senat (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2007 a.a.O.), das Bestehen einer solchen Gefährdung grundsätzlich in Fällen, in denen unsubstantiierte oder, wie hier, unschlüssige und widersprüchliche Angaben zu den früheren und aktuellen Vermögensverhältnissen gemacht werden, auch unter Berücksichtigung des regelmäßig eingetretenen Zeitablaufs anzunehmen. Allerdings kann hier jedoch, anders als in der Entscheidung des 7. Senats, die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Erstattungsverfügung nicht festgestellt und aus gleichen Gründen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass verschwiegenes Vermögen und Zins- oder Mieteinkommen – weiterhin - vorhanden und die Gefahr des Verlustes nicht auszuschließen ist. Hinzukommt, dass im Falle der offensichtlichen Rechtmäßigkeit ein festgestelltes besonderes Vollzugsinteresse in der Regel die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigt. Im Falle der hier unabhängig von den Erfolgsaussichten vorzunehmenden Interessensabwägung kann das vorliegende besondere Vollzugsinteresse aber nur dann überwiegen, wenn es unabhängig von dem im Rahmen der Aufhebungsentscheidung zugrunde gelegten Vermögen konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Vollstreckung derzeit erfolgreich sein könnte und sich diese Situation während des Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einer Weise verschlechtern wird, die eine spätere Durchsetzung erheblich gefährden würde. Weiterhin müsste der Wegfall der Realisierbarkeit der geltend gemachten Forderung des angegriffenen Bescheids gegenüber dem Interesse des Klägers an der freien Disposition über sein Einkommen und Vermögen der angefochtenen Entscheidung überwiegen, so dass dieser auf einen Rückzahlungsanspruch nach rechtskräftigem Abschluss der Hauptsache verwiesen werden könnte, Für den Fall, dass sich die Forderung als rechtswidrig erweisen würde. Ein solches Abwägungsergebnis scheidet hier jedoch derzeit schon deshalb aus, weil es an konkreten Anhaltspunkten für eine deutliche Verschlechterung der Realisierbarkeit der umstrittenen Forderung während der Dauer des Verfahrens fehlt. Allein aus dem Alter des Klägers, der spätestens ab Vollendung des 65. Lebensjahr einen Rentenspruch gegen einen deutschen Rentenversicherungsträger haben dürfte, ergibt sich dies nicht.
Damit rechtfertigt das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Erstattungsbescheids hier die Anordnung des Sofortvollzugs nicht mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen der Anfechtung des Erstattungsbescheids wiederherzustellen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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