Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 2947/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5410/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin eine Berufkrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt (und zu entschädigen ist).
Die 1953 geborene Klägerin war ab 01. März 1988 bei der Firma T.-D.-Werk GmbH und Co KG (Fa. T.) in Bodman-Ludwigshafen beschäftigt und dabei - nach ihrer Ansicht gehörschädigendem - Maschinenlärm ausgesetzt. Sie macht einen seit 2001 vorliegenden Hörschaden geltend.
Unter dem 02. Dezember 2005 erstattete die HNO-Ärztin Dr. H.-L. eine ärztliche Anzeige wegen Verdachts des Vorliegens einer BK. Die Klägerin führe eine Hörminderung auf Arbeiten an einer Maschine zurück. Es werde eine Lärmschädigung des Innenohrs bei beidseitiger Schallempfindungsschwerhörigkeit angenommen. Hierzu hat sie ein Audiogramm vom 01. Dezember 2005 vorgelegt.
Die Auswertung des Audiogramms vom 01. Dezember 2005 ergab einen prozentualen Hörverlust für Zahlen von rechts 80 % und links 40 %, beim einfachen Gesamtwortverstehen von rechts 80 % und links 40 % sowie aus dem Tonaudiogramm von rechts 65 % und links 30 %.
Die Fa. T. teilte in der Auskunft vom 26. Januar 2006 mit, die Klägerin sei in der Dü-belabpackerei beschäftigt gewesen und habe hauptsächlich Tischarbeiten sowie außerdem auch Arbeiten an einer Blister- und Beutelmaschine verrichtet. Außerdem hat sie auf eine Lärmmessung durch die Beklagte (damals Berufsgenossenschaft Metall Süd, jetzt Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd) bzw. deren Mitarbeiter B. vom 23. April 2002 verwiesen. Nach Beiziehung des Vorerkrankungsverzeichnisses der Krankenkasse gelangte der Präventionsdienst (Mitarbeiter Seidel) der Beklagten am 27. Februar 2006 zum Ergebnis, die Klägerin sei vom 01. März 1988 bis 31. Dezember 1999 bei den Tischarbeiten und gelegentlichen Arbeiten an der Blistermaschine einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) und vom 01. Januar 2000 bis Februar 2006 beim Verpacken von Dübeln durch eine Beutelabpackmaschine mit Wendelförderer einem äquivalenten Dauerschallpegel von 79 dB(A) ausgesetzt gewesen. Die überwiegende Tischarbeit sei mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 67 dB(A) und die Tätigkeit an der Blistermaschine (Einlegen von Schrauben und Dübeln) mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 74 dB(A) verbunden gewesen. Bei der Tätigkeit von zwei Stunden am Tag an der Beutelabpackmaschine mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 77 dB(A) und ansonsten Tischarbeit mit einem Dauerschallpegel von 67 dB(A) ergebe sich ein gesamter äquivalenter Dauerschallpegel für diese Zeit von 78,5 dB(A).
Dr. H.-L. legte ein weiteres Tonaudiogramm vom 24. September 2001 vor und vertrat am 2. Juni 2006 die Auffassung, die bestehende Schallempfindungsschwerhörigkeit sei zum Teil konstitutionell bedingt, werde durch Lärmbelastung jedoch verstärkt.
Mit Bescheid vom 12. April 2006 entschied die Beklagte, eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV bestehe nicht und die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Leistungen, auch nicht nach § 3 BKV, weil sie bei der Fa. T. zu keiner Zeit einer Lärmbelastung ausgesetzt gewesen sei, die nach arbeitsmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet sei, die Hörschäden zu verursachen. Der Lärmbeurteilungspegel habe dauerhaft unter dem als gehörschädigend anerkannten Grenzwert von 85 dB(A) gelegen. Die Entstehung einer BK drohe nicht, da die Einwirkung ungeeignet gewesen sei bzw. sei, einen Gehörschaden hervorzurufen. Den Widerspruch der Klägerin, mit welchem diese geltend machte, ihr Arzt vertrete die Ansicht, es liege eine BK vor, und sie sei erheblichem Lärm ausgesetzt gewesen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 23. Oktober 2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die zu Grunde gelegten Messungen erfolgt seien. Wichtig sei insbesondere, ob die wirklichen Messdaten aus den früheren Zeiten vorlägen oder ob die derzeitigen, hiervon abweichenden Verhältnisse gemessen worden seien. Sie gehe von einem höheren Schaltpegel aus. Im übrigen seien auch niedrigere dB(A)-Werte geeignet, eine Lärmschwerhörigkeit hervorzurufen, wenn der Geräuschpegel stark hochfrequente Anteile enthalte, wozu keine Ermittlungen erfolgt seien. Bei der Lärmmessung vom 23. April 2002 sei nicht ersichtlich, an welcher Stelle sie erfolgt sei. Es lägen offensichtlich keine Daten im Verlauf der Zeit seit 1988 vor, weswegen die Beklagte nicht wissen könne, dass eine schädigende Lärmexposition nicht stattgefunden habe.
Die Beklagte hat unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Mitarbeiters K. vom Präventionsdienst vorgetragen, die Klägerin sei zu keiner Zeit im Lärmbereich tätig gewesen. Die hochfrequenten Töne seien bei der Berechnung des maßgeblichen Beurteilungspegels berücksichtigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes K. hat am 16. April 2007 ausgeführt, eine orientierende Lärmmessung sei am 23. April 2002 für den gesamten Betrieb der Fa. T. erfolgt, an der der Sicherheitsbeauftragte des Betriebes, der auch Vorgesetzter der Klägerin gewesen sei, und der Mitarbeiter des Präventionsdienstes B. teilgenommen hätten. Nach Angaben des Vorgesetzten der Klägerin sei diese vor 2006 an zwei Arbeitsplätzen eingesetzt gewesen, nämlich in der Abpackerei (mit einer Beutelpackmaschine) durchschnittlich zwei Stunden täglich und im übrigen im Bereich Retourware/manuelles Abpacken sechs Stunden am Tag. In der Abpackerei habe eine durchschnittliche Lärmbelastung von 82,8 dB(A) vorgelegen, im Bereich der Retourware von 74,3 dB(A). Zu keiner Zeit sei die Klägerin in einem Lärmbereich tätig gewesen. Seit dem Umzug des Unternehmens in ein neues Werk im August 2006 gebe es die Beutelpackmaschine nicht mehr. Der Wirkung hochfrequenter Töne auf das Gehör sei bei der Lärmbewertung in dB(A), nämlich der Bewertung über einen A-Filter mit Gewichtung verschieden energiehaltiger Frequenzen bezogen auf das Gehör unter Mitberücksichtigung hochfrequenter Geräusche, Rechnung getragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 16. April 2007 verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV liege nicht vor. Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der arbeitstechnischen Untersuchung keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, diese BK zu verursachen. Es bestünden keine Bedenken, die Messergebnisse des TAD-Berichts vom 16. April 2007 zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. November 2007 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat der Bevollmächtigte der Klägerin innerhalb der ihm gesetzten Frist und auf weitere Hinweise des Gerichts zunächst nicht abgegeben. Erst am 23. Juni 2008 hat er mit Telefax eine Berufungsbegründung übersandt, nachdem am 15. Mai 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf 24. Juni 2008 worden war. Bezüglich des Inhalts wird auf das Schreiben vom 23. Juni 2008 verwiesen.
Die Klägerin beantragt zum Teil sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV vorliegt, und die Beklagte zu verurteilen, ihr die gesetzlichen Leistungen hieraus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf das ihr noch vor dem Termin übermittelte Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 23. Juni 2008 im Termin zur mündlichen Verhandlung durch ihren Sitzungsvertreter erklärt, weitere Lärmmessungen als die vom 23. April 2002 seien im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nicht erfolgt, und das Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls über die Messung vom 23. April 2002 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Da die Beklagte jedwedige Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat die Klägerin bei sinnentsprechender Auslegung ihres Vorbringens (BSG, Urteil vom 07. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2 und BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 29/06 R) auch getan. Außerdem wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Gewährung von Leistungen. Die Berufung ist sachlich nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens einer BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, Erkrankungen in der Rechtsverordnung als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählt nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV die Lärmschwerhörigkeit. Diese BK ist sowohl hinsichtlich der Erkrankung, als auch der geeigneten Einwirkungen konkret gefasst. Sie meint eine durch einen gewissen Zeitraum andauernde - beruflich bedingte - Lärmbelastung in bestimmter Höhe hervorgerufene Schwerhörigkeit (BSG in SozR 4-2700 § 9 Nr. 5).
Für die Feststellung einer BK müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (hinsichtlich Art, Ausmaß und Intensität) und die als Folge der beruflichen Einwirkung geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen seien, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555 a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits am Nachweis, dass die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz Lärmeinwirkungen ausgesetzt war, die geeignet sind, einen Gehörschaden hervorzurufen.
Ohne ausreichende Lärmexposition kann eine Lärmschwerhörigkeit nicht entstehen. Es muss eine langjährige Tätigkeit an einem lärmexponierten Arbeitsplatz vorliegen. Hierbei schwankt die Lärmempfindlichkeit individuell. Gehörschädigend ist ein Dauerlärm von oberhalb 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit. Liegt der Beurteilungspegel unter 90 dB(A) hat er aber den Wert von 85 dB(A) erreicht kommt bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Gehörsensibilität eine Lärmschädigung in Betracht, wobei die Grenze von 85 dB(A) als weit nach oben gezogen gilt. Hat die Lärmexposition durchweg unter 85 dB(A) gelegen, ist eine Lärmschwerhörigkeit ausgeschlossen, es sei denn der Geräuschpegel enthält stark hochfrequente Anteile, die für das Gehör besonders schädigend sind (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 417 f. m.w.N.).
Gemessen an den vorstehend dargelegten Voraussetzungen ist es nicht nachgewiesen, dass die Klägerin während der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit einer Lärmexposition ausgesetzt war, die geeignet gewesen wäre, eine Gehörschädigung herbeizuführen. Dies ergibt sich für den Senat bereits aus den Darlegungen des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten, Herrn Seidel, vom 27. Februar 2006 und des Mitarbeiters des Präventionsdienstes K. vom 16. April 2007. Im Übrigen ergibt sich dies auch aus dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002. Die Möglichkeit, auch dieses Protokoll vor der Entscheidung des Senats einzusehen und sich dazu zu äußern, bestand in der mündlichen Verhandlung. Dadurch dass die Klägerin und ihr Bevollmächtigter an dieser nicht teilgenommen haben, war der Senat nicht an einer Entscheidung gehindert, zumal die Ladung zum Termin entsprechende Hinweise, es könne auch in Abwesenheit entschieden werden, enthielt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat weder einen Vertagungsantrag gestellt, noch lagen Gründe vor, wegen seines auch nicht entschuldigten Nichterscheinens nicht zu verhandeln und zu entscheiden.
Der Senat hat keine Veranlassung, die von der Beklagten ermittelten Lärmbelastungen am Arbeitsplatz der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Nach diesen hat auch unter großzügiger Schätzung zugunsten der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Lärmbelastung vorgelegen, die geeignet gewesen wäre, einen Gehörschaden hervorzurufen. Die ermittelten Werte liegen maximal und auch nur für kurze Zeiträume bei 82,8 dB(A) bei den Tätigkeiten in der Abpackerei und mit der Beutelpackmaschine. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um länger währende Tätigkeiten, sondern für einen vorübergehenden Zeitraum um solche von etwa zwei Stunden am Tag. Während der übrigen Zeiträume war die Lärmbelastung deutlich geringer. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Mitarbeiters K. vom Präventionsdienst vom 16. April 2007 sowie das Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002 verwiesen. Der Senat hat keinen Zweifel, dass diese Feststellungen zutreffend sind. Sie beruhen u. a. auf der vom Präventionsdienst der Beklagten am 23. April 2002 durchgeführten Messung und den Angaben des Vorgesetzten der Klägerin, des auch als Sicherheitsfachkraft tätigen Mitarbeiters Martin. Die Einwände der Klägerin hiergegen sind unsubstantiiert. Im übrigen bemängelt und vermutet sie, dass die Ergebnisse auf "derzeitigen" Verhältnissen beruhten, die nicht denen aus früherer Zeit entsprächen. Hierzu ist festzustellen, dass es zwar seit August 2006 nach dem Umzug des Unternehmens die Beutelpackmaschine in dem Werk nicht mehr gibt, jedoch die zu Grunde liegenden Messungen vom 23. April 2002 datieren, also auch aus einer Zeit, als diese Maschine noch vorhanden war. Das bloße Bestreiten der Richtigkeit der von der Beklagten durchgeführten Messung und der Bewertung ihres Präventionsdienstes durch die Klägerin ist nicht geeignet, den erforderlichen Vollbeweis einer höheren Lärmbelastung, insbesondere von 85 dB(A) und mehr, zu erbringen. Die Klägerin hat auch weder dargetan, noch ist ersichtlich, welche konkreten Ermittlungen hier noch hätten durchgeführt werden sollen. Allein ihre Vermutung, sie sei einer stärkeren Lärmexposition ausgesetzt gewesen, belegt dies nicht. Gründe, deretwegen von einer Umkehr der Beweislast auszugehen wäre, liegen nicht vor. Insbesondere stellt der Umstand, dass keine weiteren Messungen als die vom 23. April 2002 erfolgten, nachdem diese keinen schädigenden Lärm ergeben hatte, keinen Grund dar, die Beweislast der Beklagten aufzuerlegen. Soweit die Klägerin auf die Wirkung hochfrequenter Töne verweist, die auch bei niedrigeren dB(A)-Werten zu einer Gehörschädigung führen können, ergibt sich aus den Ausführungen des Präventionsdienstes, dass dies bei der Lärmbewertung in dB(A) mit Berücksichtigung eines A-Filters hinreichend Beachtung gefunden hat. Somit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine höhere als die vom Präventionsdienst ermittelte Lärmbelastung am Arbeitsplatz der Klägerin nicht nachgewiesen ist.
Da diese Lärmbelastung nicht geeignet ist, einen Gehörschaden hervorzurufen, ist das Vorliegen der geltend gemachten BK nicht feststellbar.
Im Übrigen ergibt sich auch aus der Tatsache, dass eine (zumindest teilweise) konstitutionell bedingte Schallempfindungsschwerhörigkeit besteht (so Dr. H.-L.) und aus der Auswertung des Tonaudiogrammes vom 1. Dezember 2005, nach der der prozentuale Hörverlust in allen Bereichen rechts deutlich höher als links und damit asymmetrisch ist, dass zumindest nicht mehr für als gegen eine beruflich verursacht Hörsstörung spricht. Auch dies steht der Feststellung der BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKVO entgegen.
Somit hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Leistungen, die sie im übrigen auch nicht näher bezeichnet hat. Da sie keinem potenziell gehörschädigenden Lärm am Arbeitsplatz ausgesetzt war und ist, besteht insbesondere auch nicht die Gefahr des Entstehung einer BK im Sinne von § 3 BKV.
Da die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist und das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin eine Berufkrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt (und zu entschädigen ist).
Die 1953 geborene Klägerin war ab 01. März 1988 bei der Firma T.-D.-Werk GmbH und Co KG (Fa. T.) in Bodman-Ludwigshafen beschäftigt und dabei - nach ihrer Ansicht gehörschädigendem - Maschinenlärm ausgesetzt. Sie macht einen seit 2001 vorliegenden Hörschaden geltend.
Unter dem 02. Dezember 2005 erstattete die HNO-Ärztin Dr. H.-L. eine ärztliche Anzeige wegen Verdachts des Vorliegens einer BK. Die Klägerin führe eine Hörminderung auf Arbeiten an einer Maschine zurück. Es werde eine Lärmschädigung des Innenohrs bei beidseitiger Schallempfindungsschwerhörigkeit angenommen. Hierzu hat sie ein Audiogramm vom 01. Dezember 2005 vorgelegt.
Die Auswertung des Audiogramms vom 01. Dezember 2005 ergab einen prozentualen Hörverlust für Zahlen von rechts 80 % und links 40 %, beim einfachen Gesamtwortverstehen von rechts 80 % und links 40 % sowie aus dem Tonaudiogramm von rechts 65 % und links 30 %.
Die Fa. T. teilte in der Auskunft vom 26. Januar 2006 mit, die Klägerin sei in der Dü-belabpackerei beschäftigt gewesen und habe hauptsächlich Tischarbeiten sowie außerdem auch Arbeiten an einer Blister- und Beutelmaschine verrichtet. Außerdem hat sie auf eine Lärmmessung durch die Beklagte (damals Berufsgenossenschaft Metall Süd, jetzt Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd) bzw. deren Mitarbeiter B. vom 23. April 2002 verwiesen. Nach Beiziehung des Vorerkrankungsverzeichnisses der Krankenkasse gelangte der Präventionsdienst (Mitarbeiter Seidel) der Beklagten am 27. Februar 2006 zum Ergebnis, die Klägerin sei vom 01. März 1988 bis 31. Dezember 1999 bei den Tischarbeiten und gelegentlichen Arbeiten an der Blistermaschine einem äquivalenten Dauerschallpegel von 70 dB(A) und vom 01. Januar 2000 bis Februar 2006 beim Verpacken von Dübeln durch eine Beutelabpackmaschine mit Wendelförderer einem äquivalenten Dauerschallpegel von 79 dB(A) ausgesetzt gewesen. Die überwiegende Tischarbeit sei mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 67 dB(A) und die Tätigkeit an der Blistermaschine (Einlegen von Schrauben und Dübeln) mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 74 dB(A) verbunden gewesen. Bei der Tätigkeit von zwei Stunden am Tag an der Beutelabpackmaschine mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 77 dB(A) und ansonsten Tischarbeit mit einem Dauerschallpegel von 67 dB(A) ergebe sich ein gesamter äquivalenter Dauerschallpegel für diese Zeit von 78,5 dB(A).
Dr. H.-L. legte ein weiteres Tonaudiogramm vom 24. September 2001 vor und vertrat am 2. Juni 2006 die Auffassung, die bestehende Schallempfindungsschwerhörigkeit sei zum Teil konstitutionell bedingt, werde durch Lärmbelastung jedoch verstärkt.
Mit Bescheid vom 12. April 2006 entschied die Beklagte, eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV bestehe nicht und die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Leistungen, auch nicht nach § 3 BKV, weil sie bei der Fa. T. zu keiner Zeit einer Lärmbelastung ausgesetzt gewesen sei, die nach arbeitsmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet sei, die Hörschäden zu verursachen. Der Lärmbeurteilungspegel habe dauerhaft unter dem als gehörschädigend anerkannten Grenzwert von 85 dB(A) gelegen. Die Entstehung einer BK drohe nicht, da die Einwirkung ungeeignet gewesen sei bzw. sei, einen Gehörschaden hervorzurufen. Den Widerspruch der Klägerin, mit welchem diese geltend machte, ihr Arzt vertrete die Ansicht, es liege eine BK vor, und sie sei erheblichem Lärm ausgesetzt gewesen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 23. Oktober 2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die zu Grunde gelegten Messungen erfolgt seien. Wichtig sei insbesondere, ob die wirklichen Messdaten aus den früheren Zeiten vorlägen oder ob die derzeitigen, hiervon abweichenden Verhältnisse gemessen worden seien. Sie gehe von einem höheren Schaltpegel aus. Im übrigen seien auch niedrigere dB(A)-Werte geeignet, eine Lärmschwerhörigkeit hervorzurufen, wenn der Geräuschpegel stark hochfrequente Anteile enthalte, wozu keine Ermittlungen erfolgt seien. Bei der Lärmmessung vom 23. April 2002 sei nicht ersichtlich, an welcher Stelle sie erfolgt sei. Es lägen offensichtlich keine Daten im Verlauf der Zeit seit 1988 vor, weswegen die Beklagte nicht wissen könne, dass eine schädigende Lärmexposition nicht stattgefunden habe.
Die Beklagte hat unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Mitarbeiters K. vom Präventionsdienst vorgetragen, die Klägerin sei zu keiner Zeit im Lärmbereich tätig gewesen. Die hochfrequenten Töne seien bei der Berechnung des maßgeblichen Beurteilungspegels berücksichtigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes K. hat am 16. April 2007 ausgeführt, eine orientierende Lärmmessung sei am 23. April 2002 für den gesamten Betrieb der Fa. T. erfolgt, an der der Sicherheitsbeauftragte des Betriebes, der auch Vorgesetzter der Klägerin gewesen sei, und der Mitarbeiter des Präventionsdienstes B. teilgenommen hätten. Nach Angaben des Vorgesetzten der Klägerin sei diese vor 2006 an zwei Arbeitsplätzen eingesetzt gewesen, nämlich in der Abpackerei (mit einer Beutelpackmaschine) durchschnittlich zwei Stunden täglich und im übrigen im Bereich Retourware/manuelles Abpacken sechs Stunden am Tag. In der Abpackerei habe eine durchschnittliche Lärmbelastung von 82,8 dB(A) vorgelegen, im Bereich der Retourware von 74,3 dB(A). Zu keiner Zeit sei die Klägerin in einem Lärmbereich tätig gewesen. Seit dem Umzug des Unternehmens in ein neues Werk im August 2006 gebe es die Beutelpackmaschine nicht mehr. Der Wirkung hochfrequenter Töne auf das Gehör sei bei der Lärmbewertung in dB(A), nämlich der Bewertung über einen A-Filter mit Gewichtung verschieden energiehaltiger Frequenzen bezogen auf das Gehör unter Mitberücksichtigung hochfrequenter Geräusche, Rechnung getragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 16. April 2007 verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV liege nicht vor. Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der arbeitstechnischen Untersuchung keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, diese BK zu verursachen. Es bestünden keine Bedenken, die Messergebnisse des TAD-Berichts vom 16. April 2007 zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. November 2007 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat der Bevollmächtigte der Klägerin innerhalb der ihm gesetzten Frist und auf weitere Hinweise des Gerichts zunächst nicht abgegeben. Erst am 23. Juni 2008 hat er mit Telefax eine Berufungsbegründung übersandt, nachdem am 15. Mai 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf 24. Juni 2008 worden war. Bezüglich des Inhalts wird auf das Schreiben vom 23. Juni 2008 verwiesen.
Die Klägerin beantragt zum Teil sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass eine BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV vorliegt, und die Beklagte zu verurteilen, ihr die gesetzlichen Leistungen hieraus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf das ihr noch vor dem Termin übermittelte Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 23. Juni 2008 im Termin zur mündlichen Verhandlung durch ihren Sitzungsvertreter erklärt, weitere Lärmmessungen als die vom 23. April 2002 seien im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nicht erfolgt, und das Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls über die Messung vom 23. April 2002 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Da die Beklagte jedwedige Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat die Klägerin bei sinnentsprechender Auslegung ihres Vorbringens (BSG, Urteil vom 07. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2 und BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 29/06 R) auch getan. Außerdem wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Gewährung von Leistungen. Die Berufung ist sachlich nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens einer BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, Erkrankungen in der Rechtsverordnung als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählt nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV die Lärmschwerhörigkeit. Diese BK ist sowohl hinsichtlich der Erkrankung, als auch der geeigneten Einwirkungen konkret gefasst. Sie meint eine durch einen gewissen Zeitraum andauernde - beruflich bedingte - Lärmbelastung in bestimmter Höhe hervorgerufene Schwerhörigkeit (BSG in SozR 4-2700 § 9 Nr. 5).
Für die Feststellung einer BK müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (hinsichtlich Art, Ausmaß und Intensität) und die als Folge der beruflichen Einwirkung geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen seien, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555 a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits am Nachweis, dass die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz Lärmeinwirkungen ausgesetzt war, die geeignet sind, einen Gehörschaden hervorzurufen.
Ohne ausreichende Lärmexposition kann eine Lärmschwerhörigkeit nicht entstehen. Es muss eine langjährige Tätigkeit an einem lärmexponierten Arbeitsplatz vorliegen. Hierbei schwankt die Lärmempfindlichkeit individuell. Gehörschädigend ist ein Dauerlärm von oberhalb 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit. Liegt der Beurteilungspegel unter 90 dB(A) hat er aber den Wert von 85 dB(A) erreicht kommt bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Gehörsensibilität eine Lärmschädigung in Betracht, wobei die Grenze von 85 dB(A) als weit nach oben gezogen gilt. Hat die Lärmexposition durchweg unter 85 dB(A) gelegen, ist eine Lärmschwerhörigkeit ausgeschlossen, es sei denn der Geräuschpegel enthält stark hochfrequente Anteile, die für das Gehör besonders schädigend sind (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 417 f. m.w.N.).
Gemessen an den vorstehend dargelegten Voraussetzungen ist es nicht nachgewiesen, dass die Klägerin während der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit einer Lärmexposition ausgesetzt war, die geeignet gewesen wäre, eine Gehörschädigung herbeizuführen. Dies ergibt sich für den Senat bereits aus den Darlegungen des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten, Herrn Seidel, vom 27. Februar 2006 und des Mitarbeiters des Präventionsdienstes K. vom 16. April 2007. Im Übrigen ergibt sich dies auch aus dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002. Die Möglichkeit, auch dieses Protokoll vor der Entscheidung des Senats einzusehen und sich dazu zu äußern, bestand in der mündlichen Verhandlung. Dadurch dass die Klägerin und ihr Bevollmächtigter an dieser nicht teilgenommen haben, war der Senat nicht an einer Entscheidung gehindert, zumal die Ladung zum Termin entsprechende Hinweise, es könne auch in Abwesenheit entschieden werden, enthielt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat weder einen Vertagungsantrag gestellt, noch lagen Gründe vor, wegen seines auch nicht entschuldigten Nichterscheinens nicht zu verhandeln und zu entscheiden.
Der Senat hat keine Veranlassung, die von der Beklagten ermittelten Lärmbelastungen am Arbeitsplatz der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Nach diesen hat auch unter großzügiger Schätzung zugunsten der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Lärmbelastung vorgelegen, die geeignet gewesen wäre, einen Gehörschaden hervorzurufen. Die ermittelten Werte liegen maximal und auch nur für kurze Zeiträume bei 82,8 dB(A) bei den Tätigkeiten in der Abpackerei und mit der Beutelpackmaschine. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um länger währende Tätigkeiten, sondern für einen vorübergehenden Zeitraum um solche von etwa zwei Stunden am Tag. Während der übrigen Zeiträume war die Lärmbelastung deutlich geringer. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Mitarbeiters K. vom Präventionsdienst vom 16. April 2007 sowie das Protokoll über die Lärmmessung vom 23. April 2002 verwiesen. Der Senat hat keinen Zweifel, dass diese Feststellungen zutreffend sind. Sie beruhen u. a. auf der vom Präventionsdienst der Beklagten am 23. April 2002 durchgeführten Messung und den Angaben des Vorgesetzten der Klägerin, des auch als Sicherheitsfachkraft tätigen Mitarbeiters Martin. Die Einwände der Klägerin hiergegen sind unsubstantiiert. Im übrigen bemängelt und vermutet sie, dass die Ergebnisse auf "derzeitigen" Verhältnissen beruhten, die nicht denen aus früherer Zeit entsprächen. Hierzu ist festzustellen, dass es zwar seit August 2006 nach dem Umzug des Unternehmens die Beutelpackmaschine in dem Werk nicht mehr gibt, jedoch die zu Grunde liegenden Messungen vom 23. April 2002 datieren, also auch aus einer Zeit, als diese Maschine noch vorhanden war. Das bloße Bestreiten der Richtigkeit der von der Beklagten durchgeführten Messung und der Bewertung ihres Präventionsdienstes durch die Klägerin ist nicht geeignet, den erforderlichen Vollbeweis einer höheren Lärmbelastung, insbesondere von 85 dB(A) und mehr, zu erbringen. Die Klägerin hat auch weder dargetan, noch ist ersichtlich, welche konkreten Ermittlungen hier noch hätten durchgeführt werden sollen. Allein ihre Vermutung, sie sei einer stärkeren Lärmexposition ausgesetzt gewesen, belegt dies nicht. Gründe, deretwegen von einer Umkehr der Beweislast auszugehen wäre, liegen nicht vor. Insbesondere stellt der Umstand, dass keine weiteren Messungen als die vom 23. April 2002 erfolgten, nachdem diese keinen schädigenden Lärm ergeben hatte, keinen Grund dar, die Beweislast der Beklagten aufzuerlegen. Soweit die Klägerin auf die Wirkung hochfrequenter Töne verweist, die auch bei niedrigeren dB(A)-Werten zu einer Gehörschädigung führen können, ergibt sich aus den Ausführungen des Präventionsdienstes, dass dies bei der Lärmbewertung in dB(A) mit Berücksichtigung eines A-Filters hinreichend Beachtung gefunden hat. Somit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine höhere als die vom Präventionsdienst ermittelte Lärmbelastung am Arbeitsplatz der Klägerin nicht nachgewiesen ist.
Da diese Lärmbelastung nicht geeignet ist, einen Gehörschaden hervorzurufen, ist das Vorliegen der geltend gemachten BK nicht feststellbar.
Im Übrigen ergibt sich auch aus der Tatsache, dass eine (zumindest teilweise) konstitutionell bedingte Schallempfindungsschwerhörigkeit besteht (so Dr. H.-L.) und aus der Auswertung des Tonaudiogrammes vom 1. Dezember 2005, nach der der prozentuale Hörverlust in allen Bereichen rechts deutlich höher als links und damit asymmetrisch ist, dass zumindest nicht mehr für als gegen eine beruflich verursacht Hörsstörung spricht. Auch dies steht der Feststellung der BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKVO entgegen.
Somit hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Leistungen, die sie im übrigen auch nicht näher bezeichnet hat. Da sie keinem potenziell gehörschädigenden Lärm am Arbeitsplatz ausgesetzt war und ist, besteht insbesondere auch nicht die Gefahr des Entstehung einer BK im Sinne von § 3 BKV.
Da die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist und das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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