Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 1940/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 1335/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 im Versicherungskonto des Klägers als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigen ist.
Der 1941 im oberschlesischen G geborene Kläger zog im Oktober 1957 aus Polen nach Deutschland, wo er als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt wurde und viele Jahre versicherungspflichtig tätig war. Seit 2000 lebt er in Spanien.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens machte der Kläger erstmals geltend, dass für ihn vom 1. September 1956 bis zum 30. September 1957 "ein praktisches Lehrverhältnis, jedoch ohne Lehrvertrag, als Landmaschinenmechaniker bei der Firma P in G/Polen" (P O M, - D) bestanden habe. Eine Ausbildungsvergütung, deren Höhe ihm nicht bekannt sei, habe seine verstorbene Mutter erhalten. Die Berufsschule habe er ebenfalls in G/Polen besucht. In einem am 27. Juli 1996 ausgefüllten Fragebogen zur Klärung von in Polen zurückgelegten Zeiten trug er die entsprechende Zeit in die Rubrik "Berufsgrundschule für die nichtberufstätige Jugend" ein. Zum Beleg für seine Angaben fügte er eine Zeugenerklärung seiner 1933 geborenen Schwester A K vom 15. Juni 1989 bei, in der es heißt: "Hiermit bestätige ich meinem Bruder D B, geb. 1941 in G OS., wohnhaft an der Z , B/B, dass er vom 1.9.1956 bis 30.9.1957 bei P in Guttentag als Mechanikerlehrling tätig war." Weitere Unterlagen könne er nach 32 Jahren nicht mehr beibringen. Eine wohl von der Beklagten eingeholte Auskunft der P in D vom 19. Dezember 1989 besagt, dass der Kläger dort nicht im Mitarbeiterregister geführt werde. Mit Bescheid vom 26. August 1996 lehnte die Beklagte die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit ab. Sie könne nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, da die Ausbildung vor Vollendung des 16. Lebensjahres zurückgelegt worden sei.
Im September 2001 beantragte der Kläger eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind, und teilte mit, dass der bisher festgestellte Versicherungsverlauf fehlerhaft sei, da unter anderem die Zeit von September 1956 bis September 1957 nicht berücksichtigt worden sei. Zum Beleg reichte er neben den bereits bekannten Unterlagen eine weitere Zeugenerklärung seiner Schwester vom 27. November 2001 ein, mit der sie erneut bestätigte, dass der Kläger am 1. September 1956 eine Lehre als Mechaniker bei der P begonnen habe, die bis zum 30. September 1957 gedauert habe. Ihre Angaben würden auf eigener Kenntnis beruhen, da sie als Schwester damals in der Nachbarschaft gewohnt habe. Mit Bescheid vom 1. Februar 2002 gewährte die Beklagte die begehrte Rente ab dem 1. Januar 2002 unter Zugrundelegung versicherungsrechtlicher Tatbestände vom 2. Oktober 1957 bis 31. Juli 1997. Ergänzend wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger hinsichtlich des Zeitraums vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 nach Überprüfung der Entscheidung vom 26. August 1996 weitere Mitteilung erhalten werde.
Mit Bescheid vom 4. März 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Sachverhalte ab. Für die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 könnten Beitragszeiten bzw. Beschäftigungszeiten nicht anerkannt werden, weil diese Zeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27. März 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er in besagter Zeit auf einer Berufsschule gewesen sei und Traktormechaniker gelernt habe. Deutsche seien insofern diskriminiert worden, dass es für sie Teilnahmebescheinigungen oder Zeugnisse nicht gegeben habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2003, beim Kläger eingegangen am 12. Januar 2004, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf den Kläger sei das Abkommen zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 (DPSVA 1990) anzuwenden. Danach seien polnische Versicherungszeiten bei der Berechnung der deutschen Rentenleistung nicht zu berücksichtigen. Die Versicherungsträger würden Leistungen nur aus den in ihrem Hoheitsgebiet zurückgelegten Zeiten gewähren. Eine Leistung aus den in Polen zurückgelegten Beitragszeiten könne allenfalls in der polnischen Rentenleistung erfolgen. Auch eine Berücksichtigung polnischer Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) komme nicht in Betracht, da eine Zahlung aus diesen Zeiten in das Ausland im Falle von Personen, die wie der Kläger erst nach dem 19. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, nicht erfolgen könne.
In Umsetzung des DPSVA 1990 teilte der polnische Versicherungsträger ZUS der Beklagten in Kenntnis der Zeugenerklärung der Schwester des Klägers im Dezember 2003 mit, dass polnische Versicherungszeiten fehlten. Versicherungsunterlagen seien nicht gefunden worden.
Die am 26. März 2004 vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin nach entsprechender Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2005, dem Kläger zugestellt am 13. Juli 2005, zurückgewiesen. Das Gericht hat dabei seiner Entscheidung nach Auslegung des klägerischen Vorbringens den Antrag zugrunde gelegt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 zu verurteilen, dem Kläger unter Anerkennung weiterer Beitragszeiten für den Zeitraum 1. September 1956 bis 30. September 1957 eine höhere Rente ab Rentenbeginn am 1. Januar 2002 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der begehrten Beitragszeit bei der Berechnung seiner nach Spanien gezahlten Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung habe. Dies folge aus den zutreffenden Gründen des Widerspruchsbescheides. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich auch aus den Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Union vom 14. Juni 1971 (EWG-VO 1408/71) nichts anderes ergebe. Diese Verordnung sehe lediglich die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten in anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Belegung von Wartezeiten und ähnlichem vor, nicht jedoch eine Eingliederung rentenrechtlicher Zeiten eines anderen Mitgliedstaates bei der Berechnung der jeweiligen Rente. Die Einleitung eines zwischenstaatlichen Feststellungsverfahrens, das innerstaatlich zu einer geänderten Gesamtleistungsbewertung führen könnte, sei nicht angezeigt, da die geltend gemachten polnischen Beitragszeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht seien. Der Kläger habe weder Unterlagen zu der geltend gemachten Zeit vorlegen können, noch habe eine Beitragsabführung durch die ZUS bestätigt werden können. Die Abführung von Beiträgen zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, da es sich nach dem Vortrag des Klägers um die Erlangung beruflicher Kenntnisse auf einer Berufsschule gehandelt habe. Selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens von 1975 würde der geltend gemacht Anspruch hieran scheitern.
Mit seiner am 24. August 2005 eingelegten Berufung hat der Kläger geltend gemacht, dass die von ihm eingereichten "eidesstattlichen Versicherungen" nicht berücksichtigt worden seien.
Der Kläger, der wiederum keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 1. Februar 2002 dahingehend zu ändern, dass auch die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit berücksichtigt und der Berechnung seiner Altersrente zugrunde gelegt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten sich hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen, denn sie ist unbegründet.
Der Bescheid vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Rentenbescheides vom 1. Februar 2002 und auf Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit.
Prüfungsmaßstab für den angefochtenen Bescheid vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003, der bei sachgerechter Auslegung zur Überprüfung der im Rentenbescheid vom 1. Februar 2002 nicht erfolgten Berücksichtigung der umstrittenen Ausbildungszeit ergangen ist, ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
In Anlegung dieses Maßstabes kommt eine Abänderung des Rentenbescheides vom 1. Februar 2002 nicht in Betracht, da er rechtmäßig ist. Zu Recht hat die Beklagte die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 nicht berücksichtigt.
Der Kläger hat im umstrittenen Zeitraum keine sich aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) ergebende rentenrechtliche Zeit zurückgelegt. Eine Berücksichtigung als Beitragszeit gemäß § 55 Abs. 1 SGB VI, für die nach Bundesrecht Beiträge gezahlt worden sind, scheidet bereits deswegen aus, da es sich um eine Ausbildung in Polen handelt, auf die bundesdeutsches Beitragsrecht keine Anwendung fand. Auch ein Anspruch auf Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (§ 57 SGB VI) oder einer beitragsfreien Zeit (§ 54 Abs. 4 SGB VI) ist nicht ersichtlich. Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Die Berücksichtigung einer insoweit allein in Betracht kommenden Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 26. März 2001, BGBl. I S. 403) scheitert jedenfalls daran, dass hierfür nur eine Ausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr in Betracht kommt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Ausreise aus Polen indes erst 15 Jahre alt.
Auch eine Prüfung nach dem Fremdrentengesetz ergibt keine anzuerkennende rentenrechtliche Zeit. Zwar findet das FRG gemäß § 1 Abs. 1 a) FRG auf den Kläger als anerkannten Vertriebenen grundsätzlich Anwendung. Eine anzuerkennende Beitragszeit bei einem nichtdeutschen Träger der Rentenversicherung gemäß § 15 FRG ist indes nicht ersichtlich. Der zuständige polnische Rentenversicherungsträger (ZUS) hat der Beklagten im Rahmen des zwischenstaatlichen Verfahrens mitgeteilt, dass polnische Versicherungszeiten fehlten. Unabhängig hiervon ist eine Beitragszeit auch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht im Sinne von § 4 FRG. Danach ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet dementsprechend mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt vielmehr die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird, während gewisse noch verbleibende Zweifel unbeachtlich sind. Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Ist weder das Vorliegen noch das Nichtvorliegen einer Tatsache überwiegend wahrscheinlich, ist nicht etwa zugunsten des Anspruchstellers zu entscheiden. Ein solcher Grundsatz wäre dem Sozialversicherungsrecht fremd (BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 42/80 -; Beschluss vom 04.06.1975 – 11 BA 4/75 -, BSGE 40, 40).
Vorliegend kann offen bleiben, inwiefern im streitgegenständlichen Zeitraum in Polen Lehrlinge überhaupt in einem beitragspflichtigen Versicherungsverhältnis standen. Für das Vorliegen von Versicherungspflicht spricht insofern Teil I Ziffer 4 (2) (I) des ab Juli 1954 geltenden polnischen Erlasses über den allgemeinen Rentenschutz für Arbeiter und ihre Familien vom 25. Juni 1954 (zitiert nach Pin, Die gesetzliche Rentenversicherung), wonach jede Person, die eine Berufsschule besuchte, einem Arbeiter gleichstand, für den nach Ziffer 2 der allgemeine Rentenschutz garantiert gewesen ist. Jedenfalls nämlich ist nicht ausreichend glaubhaft im oben aufgezeigten Sinne, dass der Kläger eine dementsprechende rentenrechtlich relevante Beitragszeit zurückgelegt hat. Vorliegend sind die genauen Umstände, unter denen der Kläger die geltend gemachte Ausbildung durchlaufen hat, unklar geblieben. Der Kläger selbst hat keine Angaben über die versicherungsrechtliche Einordnung der Ausbildung machen können, insbesondere nicht zu der Frage, ob hierfür Beiträge zum polnischen Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind. Ebenso hat er offen gelassen, in welcher Höhe eine Ausbildungsvergütung gezahlt worden ist. Nicht dargelegt worden ist auch, welchen Umfang der Besuch der Berufsschule eingenommen hat. Unterlagen, die seine Angaben bestätigen könnten, hat weder der Kläger noch die polnische Rentenversicherung beibringen können. Ausdrücklich hat der Kläger vielmehr angegeben, dass ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen worden sei, was Zweifel an der rentenrechtlichen Bedeutung der Ausbildung und auch an der vorgetragenen Zahlung einer Ausbildungsvergütung weckt. Auch der Ausbildungsbetrieb P in Polen hat zur Glaubhaftmachung keinen Beitrag leisten können, sondern im Gegenteil lediglich mitgeteilt, den Kläger in seinen Unterlagen nicht als Mitarbeiter registriert zu haben. Widersprüchlich ist der Vortrag des Klägers, soweit er im Formular zur Klärung von in Polen zurückgelegten Zeiten angegeben hat, eine Berufsgrundschule für die nichtberufstätige Jugend besucht zu haben, denn ein solcher Schulbesuch ist nach den polnischen Vorschriften jedenfalls nicht als rentenrechtliche Zeit anrechenbar (vgl. Poletzky, Landesversicherungsanstalt Berlin, Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen, 2. Aufl. 1990, Seite 60). Die Zeugenerklärung der Schwester des Klägers bestätigt zwar, dass er die Ausbildung absolviert hat, enthält jedoch keinerlei Angaben zur Ausbildungsvergütung oder Beitragsentrichtung und erwähnt auch nicht den Besuch einer Berufsschule. Weitere Stellen, die bei der Aufklärung des Sachverhaltes behilflich sein könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger selbst hat darauf hingewiesen, dass Unterlagen nicht mehr zu beschaffen und Verwandte verstorben oder verzogen seien. Allein der in entscheidenden Punkten vage gebliebene Vortrag des Klägers und die wesentliche Fragen offen lassende Zeugenerklärung der Schwester vermögen jedoch nicht, eine Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG überwiegend wahrscheinlich zu machen, die weder der Ausbildungsbetrieb noch der zuständige polnische Rentenversicherungsträger bestätigt haben.
Die ebenfalls zu prüfende Anerkennung einer Beschäftigungszeit nach § 16 FRG kommt nicht in Betracht, da eine unterstellte Beschäftigung in Polen jedenfalls nicht – wie erforderlich – nach vollendetem 17. Lebensjahr verrichtet worden wäre.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung einer abkommensrechtlich zu berücksichtigenden Zeit. Zum Zeitpunkt des Erlasses sowohl des Rentenbescheides als auch der angefochtenen Bescheide, also noch vor Beitritt Polens zur EU zum 1. Mai 2004, war auf den Kläger das DPSVA 1990 anzuwenden. Dies folgt aus dessen Art. 27 Abs. 1 Satz 2, wonach das Abkommen für Ansprüche der Personen galt, die – wie der seit 2000 in Spanien lebende Kläger – nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnort in einem Drittstaat haben, also nicht in Polen oder Deutschland. Nach Art. 18 DPSVA 1990 ermittelt allerdings der jeweils zuständige Träger eigenständig die Versicherungszeiten nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften. Da der polnische Versicherungsträger ZUS auf entsprechende Anfrage der Beklagten das Fehlen von Versicherungszeiten mitgeteilt hat, besteht auch in Anwendung des Abkommensrechts keinerlei Verpflichtung der Beklagten, Zeiten zu berücksichtigen.
Gleiches gilt schließlich für den Geltungsbereich der EWG-VO 1408/71 und der EWG-VO 574/72, die mit dem EU-Beitritt Polens zum 1. Mai 2004 das DPSVA 1990 abgelöst haben. Auch hieraus kann der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer rentenrechtlichen Zeit ableiten. Das Bundessozialgericht hat aus Art. 1 r) EWG-VO 1408/71, wo für die Anerkennung einer Versicherungszeit auf die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften abgestellt wird, überzeugend hergeleitet, dass nur der jeweilige mitgliedstaatliche Versicherungsträger verbindlich und einheitlich für alle Mitgliedstaaten über die nach seinen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten entscheidet (Urteil vom 25. Februar 1992 – 4 RA 28/91, Rnr. 27 bei juris). Eine entsprechende positive Entscheidung des polnischen Versicherungsträgers über das Vorliegen von Versicherungszeiten gibt es indes nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und entspricht dem Ausgang des Berufungsverfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 im Versicherungskonto des Klägers als rentenrechtliche Zeit zu berücksichtigen ist.
Der 1941 im oberschlesischen G geborene Kläger zog im Oktober 1957 aus Polen nach Deutschland, wo er als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt wurde und viele Jahre versicherungspflichtig tätig war. Seit 2000 lebt er in Spanien.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens machte der Kläger erstmals geltend, dass für ihn vom 1. September 1956 bis zum 30. September 1957 "ein praktisches Lehrverhältnis, jedoch ohne Lehrvertrag, als Landmaschinenmechaniker bei der Firma P in G/Polen" (P O M, - D) bestanden habe. Eine Ausbildungsvergütung, deren Höhe ihm nicht bekannt sei, habe seine verstorbene Mutter erhalten. Die Berufsschule habe er ebenfalls in G/Polen besucht. In einem am 27. Juli 1996 ausgefüllten Fragebogen zur Klärung von in Polen zurückgelegten Zeiten trug er die entsprechende Zeit in die Rubrik "Berufsgrundschule für die nichtberufstätige Jugend" ein. Zum Beleg für seine Angaben fügte er eine Zeugenerklärung seiner 1933 geborenen Schwester A K vom 15. Juni 1989 bei, in der es heißt: "Hiermit bestätige ich meinem Bruder D B, geb. 1941 in G OS., wohnhaft an der Z , B/B, dass er vom 1.9.1956 bis 30.9.1957 bei P in Guttentag als Mechanikerlehrling tätig war." Weitere Unterlagen könne er nach 32 Jahren nicht mehr beibringen. Eine wohl von der Beklagten eingeholte Auskunft der P in D vom 19. Dezember 1989 besagt, dass der Kläger dort nicht im Mitarbeiterregister geführt werde. Mit Bescheid vom 26. August 1996 lehnte die Beklagte die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit ab. Sie könne nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, da die Ausbildung vor Vollendung des 16. Lebensjahres zurückgelegt worden sei.
Im September 2001 beantragte der Kläger eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind, und teilte mit, dass der bisher festgestellte Versicherungsverlauf fehlerhaft sei, da unter anderem die Zeit von September 1956 bis September 1957 nicht berücksichtigt worden sei. Zum Beleg reichte er neben den bereits bekannten Unterlagen eine weitere Zeugenerklärung seiner Schwester vom 27. November 2001 ein, mit der sie erneut bestätigte, dass der Kläger am 1. September 1956 eine Lehre als Mechaniker bei der P begonnen habe, die bis zum 30. September 1957 gedauert habe. Ihre Angaben würden auf eigener Kenntnis beruhen, da sie als Schwester damals in der Nachbarschaft gewohnt habe. Mit Bescheid vom 1. Februar 2002 gewährte die Beklagte die begehrte Rente ab dem 1. Januar 2002 unter Zugrundelegung versicherungsrechtlicher Tatbestände vom 2. Oktober 1957 bis 31. Juli 1997. Ergänzend wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger hinsichtlich des Zeitraums vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 nach Überprüfung der Entscheidung vom 26. August 1996 weitere Mitteilung erhalten werde.
Mit Bescheid vom 4. März 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Sachverhalte ab. Für die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 könnten Beitragszeiten bzw. Beschäftigungszeiten nicht anerkannt werden, weil diese Zeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27. März 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er in besagter Zeit auf einer Berufsschule gewesen sei und Traktormechaniker gelernt habe. Deutsche seien insofern diskriminiert worden, dass es für sie Teilnahmebescheinigungen oder Zeugnisse nicht gegeben habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2003, beim Kläger eingegangen am 12. Januar 2004, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf den Kläger sei das Abkommen zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 (DPSVA 1990) anzuwenden. Danach seien polnische Versicherungszeiten bei der Berechnung der deutschen Rentenleistung nicht zu berücksichtigen. Die Versicherungsträger würden Leistungen nur aus den in ihrem Hoheitsgebiet zurückgelegten Zeiten gewähren. Eine Leistung aus den in Polen zurückgelegten Beitragszeiten könne allenfalls in der polnischen Rentenleistung erfolgen. Auch eine Berücksichtigung polnischer Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) komme nicht in Betracht, da eine Zahlung aus diesen Zeiten in das Ausland im Falle von Personen, die wie der Kläger erst nach dem 19. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, nicht erfolgen könne.
In Umsetzung des DPSVA 1990 teilte der polnische Versicherungsträger ZUS der Beklagten in Kenntnis der Zeugenerklärung der Schwester des Klägers im Dezember 2003 mit, dass polnische Versicherungszeiten fehlten. Versicherungsunterlagen seien nicht gefunden worden.
Die am 26. März 2004 vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin nach entsprechender Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2005, dem Kläger zugestellt am 13. Juli 2005, zurückgewiesen. Das Gericht hat dabei seiner Entscheidung nach Auslegung des klägerischen Vorbringens den Antrag zugrunde gelegt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 zu verurteilen, dem Kläger unter Anerkennung weiterer Beitragszeiten für den Zeitraum 1. September 1956 bis 30. September 1957 eine höhere Rente ab Rentenbeginn am 1. Januar 2002 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der begehrten Beitragszeit bei der Berechnung seiner nach Spanien gezahlten Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung habe. Dies folge aus den zutreffenden Gründen des Widerspruchsbescheides. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich auch aus den Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Union vom 14. Juni 1971 (EWG-VO 1408/71) nichts anderes ergebe. Diese Verordnung sehe lediglich die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten in anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Belegung von Wartezeiten und ähnlichem vor, nicht jedoch eine Eingliederung rentenrechtlicher Zeiten eines anderen Mitgliedstaates bei der Berechnung der jeweiligen Rente. Die Einleitung eines zwischenstaatlichen Feststellungsverfahrens, das innerstaatlich zu einer geänderten Gesamtleistungsbewertung führen könnte, sei nicht angezeigt, da die geltend gemachten polnischen Beitragszeiten weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht seien. Der Kläger habe weder Unterlagen zu der geltend gemachten Zeit vorlegen können, noch habe eine Beitragsabführung durch die ZUS bestätigt werden können. Die Abführung von Beiträgen zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, da es sich nach dem Vortrag des Klägers um die Erlangung beruflicher Kenntnisse auf einer Berufsschule gehandelt habe. Selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens von 1975 würde der geltend gemacht Anspruch hieran scheitern.
Mit seiner am 24. August 2005 eingelegten Berufung hat der Kläger geltend gemacht, dass die von ihm eingereichten "eidesstattlichen Versicherungen" nicht berücksichtigt worden seien.
Der Kläger, der wiederum keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 1. Februar 2002 dahingehend zu ändern, dass auch die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit berücksichtigt und der Berechnung seiner Altersrente zugrunde gelegt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten sich hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen, denn sie ist unbegründet.
Der Bescheid vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Rentenbescheides vom 1. Februar 2002 und auf Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 als rentenrechtliche Zeit.
Prüfungsmaßstab für den angefochtenen Bescheid vom 4. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2003, der bei sachgerechter Auslegung zur Überprüfung der im Rentenbescheid vom 1. Februar 2002 nicht erfolgten Berücksichtigung der umstrittenen Ausbildungszeit ergangen ist, ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
In Anlegung dieses Maßstabes kommt eine Abänderung des Rentenbescheides vom 1. Februar 2002 nicht in Betracht, da er rechtmäßig ist. Zu Recht hat die Beklagte die Zeit vom 1. September 1956 bis 30. September 1957 nicht berücksichtigt.
Der Kläger hat im umstrittenen Zeitraum keine sich aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) ergebende rentenrechtliche Zeit zurückgelegt. Eine Berücksichtigung als Beitragszeit gemäß § 55 Abs. 1 SGB VI, für die nach Bundesrecht Beiträge gezahlt worden sind, scheidet bereits deswegen aus, da es sich um eine Ausbildung in Polen handelt, auf die bundesdeutsches Beitragsrecht keine Anwendung fand. Auch ein Anspruch auf Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (§ 57 SGB VI) oder einer beitragsfreien Zeit (§ 54 Abs. 4 SGB VI) ist nicht ersichtlich. Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Die Berücksichtigung einer insoweit allein in Betracht kommenden Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 26. März 2001, BGBl. I S. 403) scheitert jedenfalls daran, dass hierfür nur eine Ausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr in Betracht kommt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Ausreise aus Polen indes erst 15 Jahre alt.
Auch eine Prüfung nach dem Fremdrentengesetz ergibt keine anzuerkennende rentenrechtliche Zeit. Zwar findet das FRG gemäß § 1 Abs. 1 a) FRG auf den Kläger als anerkannten Vertriebenen grundsätzlich Anwendung. Eine anzuerkennende Beitragszeit bei einem nichtdeutschen Träger der Rentenversicherung gemäß § 15 FRG ist indes nicht ersichtlich. Der zuständige polnische Rentenversicherungsträger (ZUS) hat der Beklagten im Rahmen des zwischenstaatlichen Verfahrens mitgeteilt, dass polnische Versicherungszeiten fehlten. Unabhängig hiervon ist eine Beitragszeit auch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht im Sinne von § 4 FRG. Danach ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet dementsprechend mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt vielmehr die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird, während gewisse noch verbleibende Zweifel unbeachtlich sind. Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Ist weder das Vorliegen noch das Nichtvorliegen einer Tatsache überwiegend wahrscheinlich, ist nicht etwa zugunsten des Anspruchstellers zu entscheiden. Ein solcher Grundsatz wäre dem Sozialversicherungsrecht fremd (BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 42/80 -; Beschluss vom 04.06.1975 – 11 BA 4/75 -, BSGE 40, 40).
Vorliegend kann offen bleiben, inwiefern im streitgegenständlichen Zeitraum in Polen Lehrlinge überhaupt in einem beitragspflichtigen Versicherungsverhältnis standen. Für das Vorliegen von Versicherungspflicht spricht insofern Teil I Ziffer 4 (2) (I) des ab Juli 1954 geltenden polnischen Erlasses über den allgemeinen Rentenschutz für Arbeiter und ihre Familien vom 25. Juni 1954 (zitiert nach Pin, Die gesetzliche Rentenversicherung), wonach jede Person, die eine Berufsschule besuchte, einem Arbeiter gleichstand, für den nach Ziffer 2 der allgemeine Rentenschutz garantiert gewesen ist. Jedenfalls nämlich ist nicht ausreichend glaubhaft im oben aufgezeigten Sinne, dass der Kläger eine dementsprechende rentenrechtlich relevante Beitragszeit zurückgelegt hat. Vorliegend sind die genauen Umstände, unter denen der Kläger die geltend gemachte Ausbildung durchlaufen hat, unklar geblieben. Der Kläger selbst hat keine Angaben über die versicherungsrechtliche Einordnung der Ausbildung machen können, insbesondere nicht zu der Frage, ob hierfür Beiträge zum polnischen Rentenversicherungsträger entrichtet worden sind. Ebenso hat er offen gelassen, in welcher Höhe eine Ausbildungsvergütung gezahlt worden ist. Nicht dargelegt worden ist auch, welchen Umfang der Besuch der Berufsschule eingenommen hat. Unterlagen, die seine Angaben bestätigen könnten, hat weder der Kläger noch die polnische Rentenversicherung beibringen können. Ausdrücklich hat der Kläger vielmehr angegeben, dass ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen worden sei, was Zweifel an der rentenrechtlichen Bedeutung der Ausbildung und auch an der vorgetragenen Zahlung einer Ausbildungsvergütung weckt. Auch der Ausbildungsbetrieb P in Polen hat zur Glaubhaftmachung keinen Beitrag leisten können, sondern im Gegenteil lediglich mitgeteilt, den Kläger in seinen Unterlagen nicht als Mitarbeiter registriert zu haben. Widersprüchlich ist der Vortrag des Klägers, soweit er im Formular zur Klärung von in Polen zurückgelegten Zeiten angegeben hat, eine Berufsgrundschule für die nichtberufstätige Jugend besucht zu haben, denn ein solcher Schulbesuch ist nach den polnischen Vorschriften jedenfalls nicht als rentenrechtliche Zeit anrechenbar (vgl. Poletzky, Landesversicherungsanstalt Berlin, Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen, 2. Aufl. 1990, Seite 60). Die Zeugenerklärung der Schwester des Klägers bestätigt zwar, dass er die Ausbildung absolviert hat, enthält jedoch keinerlei Angaben zur Ausbildungsvergütung oder Beitragsentrichtung und erwähnt auch nicht den Besuch einer Berufsschule. Weitere Stellen, die bei der Aufklärung des Sachverhaltes behilflich sein könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger selbst hat darauf hingewiesen, dass Unterlagen nicht mehr zu beschaffen und Verwandte verstorben oder verzogen seien. Allein der in entscheidenden Punkten vage gebliebene Vortrag des Klägers und die wesentliche Fragen offen lassende Zeugenerklärung der Schwester vermögen jedoch nicht, eine Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG überwiegend wahrscheinlich zu machen, die weder der Ausbildungsbetrieb noch der zuständige polnische Rentenversicherungsträger bestätigt haben.
Die ebenfalls zu prüfende Anerkennung einer Beschäftigungszeit nach § 16 FRG kommt nicht in Betracht, da eine unterstellte Beschäftigung in Polen jedenfalls nicht – wie erforderlich – nach vollendetem 17. Lebensjahr verrichtet worden wäre.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung einer abkommensrechtlich zu berücksichtigenden Zeit. Zum Zeitpunkt des Erlasses sowohl des Rentenbescheides als auch der angefochtenen Bescheide, also noch vor Beitritt Polens zur EU zum 1. Mai 2004, war auf den Kläger das DPSVA 1990 anzuwenden. Dies folgt aus dessen Art. 27 Abs. 1 Satz 2, wonach das Abkommen für Ansprüche der Personen galt, die – wie der seit 2000 in Spanien lebende Kläger – nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnort in einem Drittstaat haben, also nicht in Polen oder Deutschland. Nach Art. 18 DPSVA 1990 ermittelt allerdings der jeweils zuständige Träger eigenständig die Versicherungszeiten nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften. Da der polnische Versicherungsträger ZUS auf entsprechende Anfrage der Beklagten das Fehlen von Versicherungszeiten mitgeteilt hat, besteht auch in Anwendung des Abkommensrechts keinerlei Verpflichtung der Beklagten, Zeiten zu berücksichtigen.
Gleiches gilt schließlich für den Geltungsbereich der EWG-VO 1408/71 und der EWG-VO 574/72, die mit dem EU-Beitritt Polens zum 1. Mai 2004 das DPSVA 1990 abgelöst haben. Auch hieraus kann der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer rentenrechtlichen Zeit ableiten. Das Bundessozialgericht hat aus Art. 1 r) EWG-VO 1408/71, wo für die Anerkennung einer Versicherungszeit auf die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften abgestellt wird, überzeugend hergeleitet, dass nur der jeweilige mitgliedstaatliche Versicherungsträger verbindlich und einheitlich für alle Mitgliedstaaten über die nach seinen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten entscheidet (Urteil vom 25. Februar 1992 – 4 RA 28/91, Rnr. 27 bei juris). Eine entsprechende positive Entscheidung des polnischen Versicherungsträgers über das Vorliegen von Versicherungszeiten gibt es indes nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und entspricht dem Ausgang des Berufungsverfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG).
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