L 21 R 187/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 360/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 187/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Gewährung der Rente wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt wurde.

Der 1954 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01. Juli 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Am 13. Januar 2003 beantragte er, ihm anstelle dieser Rente eine solche wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung zuzuerkennen.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I - bis zur Nachholung der notwendigen Mitwirkung mit der Begründung ab, dass der Kläger wiederholt fruchtlos aufgefordert worden sei, sich begutachten zu lassen. Über den Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit könne nicht ohne weitere Begutachtung entschieden werden, der Kläger sei unter Hinweis auf §§ 60 ff. SGB I auf seine Mitwirkungspflichten und auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen worden.

Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06. Mai 2004 zurück.

Mit seiner am 19. Mai 2004 bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger begehrt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide vom 27. Januar und 06. Mai 2004 zu verpflichten, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, der Kläger habe bis zur Nachholung der von ihm von der Beklagten zu Recht geforderten Mitwirkungshandlung keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil die Voraussetzungen hierfür nicht nachgewiesen seien.

Der Kläger hat gegen das ihm am 25. Februar 2005 zugestellte Urteil am 18. März 2005 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Vom 18. Januar bis 22. Februar 2006 nahm der Kläger an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der S Klinik in L teil, aus der er mit ärztlichem Entlassungsbericht vom 3. März 2006 als – mit bestimmten qualitativen Einschränkungen - vollschichtig arbeitsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde. Unter dem 11. September 2006 hat der Arzt für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Rettungsmedizin und spezielle Schmerztherapie Dr. A K ein anästhesiologisch-schmerzpsychologisches Gutachten erstellt, in dem der Kläger als seit 2001 überhaupt nicht mehr leistungsfähig beschrieben wird. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 24. August 2007 erklärt, sie werte die Untersuchung bei Dr. K als Mitwirkungshandlung des Klägers im anhängigen Verwaltungsverfahren. Mit Bescheid vom 25. Mai 2007 hat sie den Bescheid vom 27. Januar 2004 aufgehoben und ferner den Antrag vom 13. Januar 2003 auf Rente wegen voller Erwerbsminderung mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine volle Erwerbsminderung nicht vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, die vorgelegen hat und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Nachdem die Beklagte den mit der Anfechtungsklage angefochtenen Bescheid vom 27. Januar 2004 mit Bescheid vom 25. Mai 2007 aufgehoben hat, ist die Anfechtungsklage des Klägers gegenstandslos geworden. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Aufrechterhaltung der Klage besteht nicht. Dasselbe gilt hinsichtlich der Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2004, der mit Aufhebung des Bescheides vom 27. Januar 2004 ebenfalls gegenstandslos geworden ist.

Soweit der Kläger mit der Klage und Berufung darüber hinaus im vorliegenden Verfahren die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung der beantragten Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, war seine Klage von Beginn an unzulässig. Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben (Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 17. Februar 2004 B 1 KR 4/02 R , juris m. w. N.). Streitgegenstand ist allein das Begehren, das Verwaltungsverfahren nach Aufhebung des Versagensbescheides fortzusetzen. Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren (BSG, a. a. O.). Zwar soll nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14. November 1987 – 3 RK 11/87, juris) eine mit der Anfechtungsklage kombinierte Leistungsklage dann nicht unzulässig sein, wenn das Vorliegen aller Leistungsvoraussetzungen behauptet wird; ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, es wäre "aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar", lediglich die Versagung wegen mangelnder Mitwirkung aufzuheben und den Versicherten auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen, wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen seien. So liegt der Fall hier jedoch nicht, da die Beklagte gerade das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs bestreitet und diese auch aufgrund der sich widersprechenden ärztlichen Angaben in dem Reha-Entlassungsbericht und dem Sachverständigengutachten objektiv nicht feststehen. Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -, der zur Rechtfertigung der o.g. Rechtsprechung des BSG herangezogen wird, gebietet es in einer solchen prozessualen Konstellation geradezu, dem Kläger die Möglichkeit offen zu halten, diese Auffassung der Verwaltung im – materiellen – Widerspruchsverfahren sowie im Klageverfahren überprüfen zu lassen. Durch die – angenommene – Zulässigkeit einer kombinierten Leistungsklage würde den Beteiligten diese Möglichkeit genommen.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2007, mit dem diese erstmals über den geltend gemachten Leistungsanspruch ablehnend - entschieden hat, ändert oder ersetzt auch nicht etwa den auf die fehlende Mitwirkung gestützten Versagungsbescheid und wird daher nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden auf die Aufhebung des Versagungsbescheides gerichteten Gerichtsverfahrens. Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung in dem Bescheid vom 25. Mai 2007 hat der Kläger die dort genannten Rechtsbehelfe zur Weiterverfolgung seines Rentenanspruchs zu ergreifen, was er nach eigenen Angaben auch bereits getan hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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